VwGH Ra 2017/07/0134

VwGHRa 2017/07/013418.1.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision der K GmbH in S, vertreten durch die MM Metzler & Musel Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 13. September 2017, Zl. LVwG-551137/18/Wg, betreffend ein wasserrechtliches Überprüfungsverfahren (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Landeshauptmann von Oberösterreich; mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde St. Georgen an der Gusen, vertreten durch den Bürgermeister), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §56;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwGVG 2014 §17;
VwRallg impl;
VwRallg;
WRG 1959 §111 Abs3;
WRG 1959 §111 Abs4;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §121 Abs1;
WRG 1959 §121;
WRG 1959 §5;
WRG 1959 §60;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Rechtsvorgänger der revisionswerbenden Partei beabsichtigte, auf den in seinem Eigentum stehenden Grundstücken Nrn. 1688/2, 1688/3 und 459/1 (nunmehr: Nr. 459/2) eine Wohnhausanlage zu errichten; dazu erwies es sich als notwendig, einen bestehenden Kanalstrang der mitbeteiligten Gemeinde zu verlegen.

2 Die mitbeteiligte Gemeinde ersuchte um die wasserrechtliche Bewilligung der Verlegung des Kanalstranges; der Landeshauptmann von Oberösterreich (LH) führte darüber am 7. Juni 2011 eine mündliche Verhandlung durch. Der Rechtsvorgänger der revisionswerbenden Partei erklärte dabei, der neue Hauptsammler L1 sei auf seinen Grundstücken situiert bzw. geplant. Seine Zustimmung zur Grundstücksinanspruchnahme liege nicht vor. Vor Bescheiderlassung sei der Abschluss einer Vereinbarung mit der mitbeteiligten Marktgemeinde betreffend die Grundinanspruchnahme für den Hauptsammler notwendig; es müsse seine Zustimmung vorliegen. Sollte keine Vereinbarung zustande kommen, müsse dem vorliegenden Projekt die Zustimmung verweigert werden.

3 In weiterer Folge schlossen die mitbeteiligte Gemeinde und der Rechtsvorgänger der revisionswerbenden Partei eine Vereinbarung vom 20. Juni 2011. Unter Bezugnahme auf das eingereichte Projekt wurden darin nähere Vereinbarungen über die Kostentragung der Entfernung des alten Kanalbestandes, über Wartungs- und Reparaturarbeiten und über den Zeitpunkt der "Umlegung" des Ersatzstranges getroffen.

4 Der LH erteilte daraufhin mit Bescheid vom 28. Juni 2011 der mitbeteiligten Gemeinde die wasserrechtliche Genehmigung ua für die Verlegung des Kanalstranges auf Grundstücken des Rechtsvorgängers der revisionswerbenden Partei. Der Spruch des Bescheides nennt als ergänzende Bestandteile des Spruches ua die Verhandlungsschrift vom 7. Juni 2011; die Vereinbarung vom 20. Juni 2011 wird hingegen nicht gesondert erwähnt.

5 Im Jahr 2013 trat die revisionswerbende Partei an die Stelle ihres Rechtsvorgängers.

6 Der verfahrensgegenständliche Kanalabschnitt wurde verlegt. 7 Der LH führte ein wasserrechtliches Überprüfungsverfahren

durch, in dessen Rahmen am 12. September 2016 eine mündliche Verhandlung stattfand. Die revisionswerbende Partei wies in dieser Verhandlung auf das Fehlen ihrer Zustimmung zur Benutzung ihrer Grundstücke zur Kanalverlegung hin. Die getroffene Vereinbarung über die Kostenübernahme für die Entfernung des Kanalstrangs sei von der mitbeteiligten Gemeinde nämlich nicht eingehalten worden. Daher ziehe sie ihre Zustimmung zurück; dadurch sei die wasserrechtliche Bewilligung nicht rechtskräftig, weshalb sie den Rückbau der Leitung verlange.

8 Mit Bescheid des LH vom 18. Oktober 2016 wurde ua gemäß § 121 WRG 1959 festgestellt, dass die ausgeführte Anlage (Regenentlastung und Kanal) mit der mit Bescheid vom 28. Juni 2011 erteilten wasserrechtlichen Bewilligung im Wesentlichen übereinstimme; die Beseitigung näher angeführter Mängel wurde vorgeschrieben (Spruchpunkt I). Mit Spruchpunkt II wurde für (durch Planvorlage konkretisierte) abgeändert ausgeführte Anlagenteile eine nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung erteilt. Spruchpunkt V befasst sich mit den (ua im Zusammenhang mit Spruchpunkt II) freiwillig eingeräumten Dienstbarkeiten.

9 Die revisionswerbende Partei erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde, welche mit dem nun in Revision gezogenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich (LVwG) vom 13. September 2017 als unbegründet abgewiesen wurde; der Spruch des bekämpften Bescheides wurde (in einem hier nicht relevanten Punkt) ergänzt.

10 Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen. 11 Das LVwG vertrat - soweit im vorliegenden Fall von

Interesse - unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes 95/07/0114 den Standpunkt, die Zustimmungserklärung hätte mangels Projektsabweichung nicht wirksam widerrufen werden können. Entgegen der Ansicht der revisionswerbenden Partei stelle die Vereinbarung keine Bedingung oder Auflage des Bewilligungsbescheides dar. Die Frage, ob der revisionswerbenden Partei aus der Vereinbarung ein Ersatzanspruch zustehe, sei schuldrechtlicher Natur, die im Beschwerdeverfahren keine weiteren Vorschreibungen nach § 121 WRG 1959 rechtfertigte.

12 Schließlich sei der Kanal in dem Bereich, in dem er über das Grundstück der revisionswerbenden Partei führe, konsensgemäß ausgeführt worden. Daher wäre die Beschwerde abzuweisen gewesen.

13 Die ordentliche Revision sei unzulässig, weil die Rechtslage durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sei. Die Auslegung des bekämpften Bescheides und der Erklärungen im Verfahren stellten die Lösung eines Einzelfalles dar, welcher keine grundsätzliche Bedeutung zukomme.

14 In ihrer außerordentlichen Revision macht die revisionswerbende Partei Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

15 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

16 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

18 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (VwGH 21.11.2014, Ra 2014/02/0114, mwN). Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den VwGH erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (VwGH 10.2.2015, Ra 2015/02/0016; 25.3.2014, Ra 2014/04/0001, uvm).

19 In den Zulässigkeitsgründen macht die revisionswerbende Partei zum einen geltend, das Vorliegen einer Vereinbarung stelle eine verwaltungsrechtliche Bedingung dar, deren Eintritt im Kollaudierungsverfahren nach § 121 WRG 1959 zu prüfen sei. Die Bedingung sei nicht eingetreten, sodass das Verwaltungsverfahren auf den Bedingungseintritt nicht hätte aufbauen können. Es wären daher gegebenenfalls Zwangsrechte einzuräumen gewesen. Eine Kollaudierung komme aber nicht in Betracht.

20 Zum anderen weiche das Erkenntnis von der Rechtsprechung ab, weil dann, wenn der Grundeigentümer seine Zustimmung vom Zustandekommen und der Einhaltung einer Vereinbarung über die Kostentragung abhängig mache, ohne die Erfüllung dieser Vereinbarung seine Zustimmung nicht vorliege (VwGH 96/07/0195).

21 Die Revision erweist sich als unzulässig. Die revisionswerbende Partei verkennt zum einen die Rechtslage und übersieht, dass es zu der von ihr angesprochenen Thematik ausreichende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gibt, zu der sich das LVwG nicht in Widerspruch setzte.

22 Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ein wasserrechtliches Kollaudierungsverfahren.

Im Kollaudierungsverfahren ist zu prüfen, ob die Anlagen dem Bewilligungsbescheid entsprechend ausgeführt, die Bedingungen und Auflagen des Bewilligungsbescheides erfüllt wurden und ob allenfalls vorliegende Abweichungen vom bewilligten Projekt geringfügig sind und - wenn sie weder öffentlichen Interessen noch Rechten Dritter nachteilig sind - nachträglich genehmigt werden können oder beseitigt werden müssen (VwGH 25.6.2009, 2007/07/0050).

23 Die revisionswerbende Partei macht den Nichteintritt einer Bedingung für die Rechtswirksamkeit des zu prüfenden wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides und damit letztlich das Fehlen einer zu überprüfenden wasserrechtlichen Bewilligung geltend.

24 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits darauf hingewiesen, dass das Fehlen einer wasserrechtlichen Bewilligung (damals wegen einer Aufhebung nach § 66 Abs. 2 AVG) zwangsläufig auch zur Aufhebung des Überprüfungsbescheides führen müsse, weil sich mangels Bestandes der durch die Aufhebung weggefallenen wasserrechtlichen Bewilligung die Frage der Übereinstimmung von Ausführung und Bewilligung nicht mehr beurteilen lasse und der Überprüfungsbescheid damit seiner Grundlage beraubt sei (VwGH 18.1.1994, 91/07/0099).

25 Träfe die Ansicht der revisionswerbenden Partei daher zu, wonach im Zeitpunkt der Erlassung des Kollaudierungsbescheides keine wasserrechtliche Bewilligung vorliege, erwiese sich der Überprüfungsbescheid als rechtswidrig. Davon ist aber aus nachstehenden Gründen nicht auszugehen:

26 Nach den Bestimmungen des WRG 1959 kann eine beantragte wasserrechtliche Bewilligung nur erteilt werden, wenn sich der Bewilligungswerber mit dem Grundeigentümer über den beabsichtigten Eingriff und die dafür zu leistende Entschädigung geeinigt hat oder wenn ein entsprechendes Zwangsrecht begründet worden ist, ausgenommen die Fälle des § 111 Abs. 4 WRG 1959 (VwGH 6.9.1976, 2197/75; 19.9.1989, 89/07/0029, uvm). Eine wasserrechtliche Bewilligung ist auch dann zu erteilen, wenn zwar kein beurkundungsfähiges Übereinkommen vorliegt, sich der Konsenswerber aber mit dem Inhaber des der Verwirklichung des Projektes entgegenstehenden Rechts geeinigt hat (VwGH 12.2.1991, 90/07/0090; 24.5.2012, 2010/07/0184; siehe bereits VwGH 11.2.1965, 1339/64).

27 Ein Übereinkommen wie das vorliegende, das (von den Verfahrensparteien unbestritten) die Gestattung der Nutzung des Grundeigentums beinhaltet und darüber hinaus weitere detaillierte Vereinbarungen enthält, enthebt die Wasserrechtsbehörde daher der Verpflichtung, über die ansonsten noch zu klärende Frage der Einräumung eines Zwangsrechtes zu entscheiden. Genau dies geht auch aus dem seitens der revisionswerbenden Partei ins Treffen geführten hg. Erkenntnis vom 8. April 1997, 96/07/0195, hervor.

28 Im vorliegenden Fall lag im Zeitpunkt der Erteilung der damaligen wasserrechtlichen Bewilligung die Zustimmung des Grundeigentümers zur Grundinanspruchnahme in Form der Vereinbarung vom 20. Juni 2011 vor. Die wasserrechtliche Bewilligung verweist auf die damalige Verhandlungsschrift, woraus sich - bezogen auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung - das Fehlen einer aktuellen Zustimmung und die Notwendigkeit des Abschlusses einer Vereinbarung vor Bescheiderlassung ergibt. Der Abschluss dieser Vereinbarung - und damit der Eintritt der von der revisionswerbenden Partei so genannten "Bedingung" - ist aber unstrittig noch vor Bescheiderlassung erfolgt.

29 Der LH konnte daher, ausgehend vom Vorliegen einer Zustimmung zur Fremdgrundinanspruchnahme, die wasserrechtliche Bewilligung vom 28. Juni 2011 erteilen. Diese Bewilligung wurde rechtskräftig und ist es nach wie vor.

30 Entgegen der Ansicht der revisionswerbenden Partei wurde die wasserrechtliche Genehmigung unter keiner aufschiebenden Bedingung erteilt. Die revisionswerbende Partei irrt daher auch, wenn sie meint, eine für die Erteilung der damaligen Bewilligung essentielle "Bedingung" sei nicht eingetreten oder wieder weggefallen. Entscheidend war das Vorliegen der Vereinbarung zur Fremdgrundinanspruchnahme. Auf die Einhaltung und Erfüllung des Übereinkommens wurde im Spruch des Bewilligungsbescheides nicht abgestellt.

31 Die wasserrechtliche Bewilligung, um deren Überprüfung im Rahmen eines Kollaudierungsverfahrens es vorliegendenfalls geht, gehört daher dem Rechtsbestand an und konnte dem Verfahren zu Grunde gelegt werden. Die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung zeigten daher keinen Widerspruch zur Rechtslage oder zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf.

32 Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem in seinem Erkenntnis vom 8.7.2004, 2003/07/0097, zu einem vergleichbaren Fall (dort: eines beurkundeten Übereinkommens nach § 111 Abs. 3 WRG 1959) die Ansicht vertreten, dass § 121 WRG 1959 auf den nicht zulässigen Eingriff in fremde Rechte verweise. Unter diesen fremden Rechten seien subjektive, durch das WRG 1959 gewährleistete Rechte, wie zB. die Rechte nach § 12 Abs. 2 WRG 1959, zu verstehen. Das Recht auf Einhaltung einer Vereinbarung stelle aber kein durch das WRG 1959 geschütztes, sondern ein im Privatrecht wurzelndes Recht dar, dessen allfällige Beeinträchtigung daher nicht gegen die Bewilligung einer nachträglichen Abweichung nach § 121 Abs. 1 WRG 1959 ins Treffen geführt werden könne (vgl. dazu auch VwGH 31.1.2002, 2000/06/0107).

33 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

34 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 18. Jänner 2018

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