VwGH Ra 2017/22/0044

VwGHRa 2017/22/004431.5.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Lorenz, in der Revisionssache der M C, vertreten durch Dr. Martin Mahrer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Graben 19/5. Stock, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 2. Februar 2017, VGW-151/071/2031/2016-38, betreffend Aufenthaltstitel nach dem NAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

VwGVG 2014 §6;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017220044.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien wurde die Beschwerde der Revisionswerberin, einer serbischen Staatsangehörigen, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. Jänner 2016, mit dem ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" abgewiesen worden war, abgewiesen. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

2 Das Verwaltungsgericht begründete die Abweisung - auf das Wesentliche zusammengefasst - damit, dass sich die Revisionswerberin auf eine Scheinehe berufe und überdies die finanzielle Leistungsfähigkeit im Sinn des § 11 Abs. 2 Z 4 NAG nicht vorliege, weil das monatliche Nettoeinkommen (abzüglich der Wohnkosten und einer Kreditverpflichtung) des Ehemannes der Revisionswerberin weit unter dem Richtsatz des § 293 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz liege und die Revisionswerberin über keine eigenen Einkünfte verfüge.

3 Dagegen wurde die gegenständliche außerordentliche Revision erhoben.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes betreffend die Feststellung einer Scheinehe bestritten.

8 Weiters wird in der Zulässigkeitsbegründung ausgeführt, es liege Nichtigkeit des Verfahrens vor, zumal sich erst bei Erlassung des Urteils ergeben habe, dass "offenkundig eine Befangenheit des Einzelrichters" vorgelegen sei. Und zwar habe der Richter des Verwaltungsgerichtes in der mündlichen Verhandlung vom 15. Juni 2016 mitgeteilt, dass er sich den "gegenständlichen Fall noch einmal genauer ansehen werde". Insbesondere habe er angekündigt, dass er die Frage der ausreichenden finanziellen Voraussetzungen noch näher überprüfen werde. Sollte diese Voraussetzung nicht gegeben sein, erübrige sich ein weiterer Verhandlungstermin, weil in diesem Fall die Frage einer Aufenthaltsehe nur noch von untergeordneter Bedeutung sei. Am 19. September 2016 sei jedoch eine weitere Verhandlung durchgeführt worden. Die Revisionswerberin hätte daher davon ausgehen dürfen, dass die finanziellen Voraussetzungen für die Erlangung eines Aufenthaltstitels gegeben seien. Weil diesbezüglich vom Richter keine Aufklärung erfolgt sei, habe er seine Manuduktionspflicht bzw. die Pflicht zur Aufklärung der Parteien verletzt, sodass die Revisionswerberin keine Möglichkeit gehabt habe, allfällige weitere Unterlagen vorzulegen bzw. weitere Beweisanträge zu stellen.

9 Abschließend wird in der Zulässigkeitsbegründung ausgeführt, diese Verletzung der Anleitungspflicht einerseits aber auch die bewusste Unterlassung eines Rechtsgespräches andererseits führten "zu einer eklatanten Verletzung prozessualer Rechte der Parteien, weshalb der Zugang zum Verwaltungsgerichtshof trotz Aberkennung der ordentlichen Revision möglich sein" müsse. Dies könne "nur mit der Befangenheit des Einzelrichters seinen Ursprung haben, weshalb auch Nichtigkeit des Verfahrens geltend gemacht" werde.

10 Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Befangenheit des zuständigen Richters aufzuzeigen. Auch wenn die Revisionswerberin dem Richter Verfahrensfehler vorhält, bildet dies - ohne Hinzutreten weiterer begründeter Umstände - keinen Anlass, die Befangenheit des Richters anzunehmen.

11 Soweit in der Revision ein Verfahrensmangel in Bezug auf die vom Verwaltungsgericht festgestellte fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit geltend gemacht wird, unterlässt sie es außerdem konkret darzulegen, inwieweit die gerügte Verletzung der Aufklärungspflicht und "Unterlassung eines Rechtsgespräches" im vorliegenden Fall Relevanz für den Verfahrensausgang hätte haben können. Insbesondere geht aus der Zulässigkeitsbegründung nicht hervor, welche konkreten Feststellungen das Verwaltungsgericht bei Vermeidung der behaupteten Verfahrensmängel hätte treffen müssen, um zu einer anderen, für die Revisionswerberin günstigeren Sachverhaltsgrundlage als der von ihm angenommenen zu gelangen (vgl. den hg. Beschluss vom 29. März 2017, Ra 2017/05/0036).

12 Zu dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Fehlen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 NAG wird in der Revision somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen.

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass eine Revision unzulässig ist, wenn das angefochtene Erkenntnis auf einer tragfähigen Alternativbegründung beruht und dieser Begründung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt (vgl. den hg. Beschluss vom 21. Februar 2017, Ra 2017/22/0005). Auf das weitere Revisionsvorbringen betreffend das Nichtvorliegen einer Scheinehe war daher nicht einzugehen.

14 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 31. Mai 2017

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte