VwGH Ra 2017/20/0282

VwGHRa 2017/20/028225.9.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, in der Rechtssache der Revision des S S in G, vertreten durch Mag. Martin Sauseng, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2017, Zl. W220 1424405- 2/29E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §45 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017200282.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 9. Jänner 2012 wies das Bundesasylamt (nunmehr: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz vom 22. Juli 2011 als unbegründet ab und wies den Revisionswerber nach Nepal aus. Die dagegen erhobene Beschwerde erledigend, hob der Asylgerichtshof den Bescheid mit Erkenntnis vom 4. November 2013 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung sowie zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück.

2 Nach Verfahrensergänzung wies das BFA mit Bescheid vom 28. März 2014 den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich Asyls und subsidiären Schutzes ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte unter einem fest, dass die Abschiebung nach Nepal zulässig sei.

3 Die Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 30. Juni 2017 abgewiesen. Die Entscheidung begründete das BVwG im Wesentlichen mit der mangelnden Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Diese bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, der Revisionswerber habe bereits im ersten Rechtsgang, im Rahmen der Einvernahme am 15. Dezember 2011, ein handschriftlich verfasstes und unterfertigtes Schreiben des "Station Manager" des Radiosenders, für den der Revisionswerber tätig gewesen sei, als Beweismittel vorgelegt. Das BVwG habe dieses Schreiben als Gefälligkeitsschreiben qualifiziert. Diese Würdigung sei rechtswidrig, "weil es gerade nicht zulässig ist, ein vermutetes Ergebnis noch nicht aufgenommener Beweise vorweg zu nehmen. Vielmehr hätte sich der Revisionsgegner (gemeint ist das BVwG) beweiswürdigend begründend damit auseinander setzen müssen, warum dieser zu dem rechtlich relevanten Ergebnis gelangt, dass es sich beim im Original vorgelegten Bestätigungsschreiben um ein "Gefälligkeitsschreiben" handeln soll. Eine solche durch den Revisionsgegner vorgenommene Würdigung ist der Sache nach eine unzulässige vorgreifende Beweiswürdigung." Dieses Schreiben wäre abstrakt geeignet gewesen, "jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, welche die erkennende Einzelrichterin der belangten Behörde/Revisionsgegner zur Entscheidung geführt haben oder zumindest die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt hätte."

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz grundsätzlich nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung berufen. Diese ist nur dahingehend der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Die Richtigkeit der Beweiswürdigung ist vor dem Verwaltungsgerichtshof daher nicht zu überprüfen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. den hg. Beschluss vom 2. August 2016, Ra 2016/20/0054, mwN).

10 Das BVwG hat sich mit dem Schreiben des "Station Manager" der Radiostation beweiswürdigend auseinandergesetzt und festgehalten, dass dieses - im Lichte der aufgezeigten Widersprüche im Vorbringen des Revisionswerbers - nur als Gefälligkeitsschreiben gewertet werden könne und es jedenfalls die Erwägungen zur fehlenden Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens nicht zu entkräften vermöge.

11 Damit hat das BVwG das vom Revisionswerber vorgelegte Beweismittel einer nicht unschlüssigen Beweiswürdigung unterzogen. Diese Beweiswürdigung bezieht sich auf einen aufgenommenen Beweis, nämlich ein vom Revisionswerber vorgelegtes und zum Akt genommenes Schreiben, sodass es sich schon unter diesem Aspekt um keine unzulässige antizipierende Beweiswürdigung handelt. Eine solche läge dann vor, wenn ein vermutetes Ergebnis noch nicht aufgenommener Beweise vorweggenommen würde (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 zu § 45 AVG, Pkt 13., und bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 45, Rz 19, zitierte hg. Judikatur).

12 Die Revision zeigt sohin einen krassen Fehler der Beweiswürdigung im Sinne der hg. Rechtsprechung nicht auf.

13 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

14 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 25. September 2017

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