Normen
AsylG 2005 §35;
FrPolG 2005 §11;
FrPolG 2005 §11a Abs2;
FrPolG 2005 §11a;
VwRallg;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin, eine syrische Staatsangehörige, stellte am 5. Jänner 2016 beim Österreichischen Generalkonsulat Istanbul einen auf § 35 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) gestützten Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels. Diesen begründete die Revisionswerberin damit, dass ihrem Ehemann in Österreich der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei.
2 Mit Bescheid des Österreichischen Generalkonsulates Istanbul vom 24. November 2016 wurde dieser Antrag infolge negativer Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gemäß § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) in Verbindung mit § 35 AsylG 2005 abgewiesen. Die Ehe zwischen der Revisionswerberin und der angegebenen Bezugsperson habe nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden, weshalb die Revisionswerberin keine Familienangehörige im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 sei.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde gemäß § 35 AsylG 2005 ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
4 Begründend führte das BVwG zusammengefasst aus, es bestünden gravierende Zweifel am Bestehen einer gültigen Ehe zwischen der Revisionswerberin und der genannten Bezugsperson. Die im Verfahren gemachten Angaben der Revisionswerberin und der Bezugsperson seien in vielerlei Hinsicht widersprüchlich und ließen sich mit den im Verfahren vorgelegten Urkunden nicht in Einklang bringen. Die erst mit der Beschwerde vorgelegten Kopien von Fotos (gemeint: Hochzeitsfotos) sowie der erst mit Vorlageantrag vorgelegte "Zustimmungs- und Heiratsvertrag" würden dem in § 11a Abs. 2 FPG festgelegten Neuerungsverbot unterliegen, weswegen sich eine nähere Auseinandersetzung damit erübrige. Der Revisionswerberin sei es somit nicht gelungen, die behauptete Eheschließung nachzuweisen.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Die vorliegende Revision macht zur Begründung ihrer Zulässigkeit geltend, dass das in Visaangelegenheiten bestehende Neuerungsverbot gemäß § 11a Abs. 2 FPG nicht auf Verfahren gemäß § 35 AsylG 2005 angewendet werden könne, weil in diesen Verfahren eine neuerliche Antragstellung wegen "res iudicata" nicht möglich sei und weil sich der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 - im Vergleich zu anderen Visatypen - auf das Vorliegen einer Gefahr im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK stütze. Darüber hinaus seien die Fotos bereits im Asylverfahren der Bezugsperson vorgelegt worden.
10 Gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 hat die Vertretungsbehörde dem Fremden aufgrund eines Antrages auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Gemäß § 20 Abs. 1 Z 6 FPG handelt es sich bei einem Visum nach § 26 FPG um ein nationales Visum (Visum D) nach dem 4. Hauptstück des FPG.
11 Für die Annahme, dass die Bestimmungen über das Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden (§ 11 FPG) und über das Beschwerdeverfahren gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden (§ 11a FPG) in Verfahren gemäß § 35 AsylG 2005 nicht zur Anwendung gelangen, liefert die Gesetzeslage keine Anhaltspunkte und ist daher - angesichts des klaren Wortlauts der Bestimmungen und deren Systematik im Visaregime - von deren Anwendbarkeit auch in diesen Verfahren auszugehen (vgl. in Bezug auf die Anwendbarkeit von § 11 FPG schon VwGH vom 9. September 2014, Ro 2014/22/0033, mwN).
12 Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 1. März 2016, Ro 2015/18/0002 bis 0007, bereits zum Ausdruck gebracht, dass das Neuerungsverbot nach § 11a Abs. 2 FPG grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren gegen abweisende Entscheidungen nach § 35 AsylG 2005 gilt.
13 Sofern die Revision die Nichtanwendbarkeit von § 11a Abs. 2 FPG mit dem Argument zu begründen versucht, dass einer neuerlichen Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 der Einwand der entschiedenen Sache entgegenstehe, ist zu entgegnen, dass auch diese Annahme keine Deckung in den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen findet. Vielmehr hat der Gesetzgeber in den Erläuterungen zu § 11a Abs. 2 FPG (2144 BlgNR 24. GP 21) ausdrücklich festgehalten, dass es in Visaverfahren jederzeit möglich sei, neue Visaanträge zu stellen; dabei ist nicht ersichtlich, dass dies für Anträge gemäß § 35 AsylG 2005 nicht gelten soll.
14 Mit dem Vorbringen, die erstmals im Beschwerdeverfahren der Revisionswerberin vorgelegten Fotos seien bereits im Asylverfahren der Bezugsperson vorgelegt worden, entfernt sich die Revision vom festgestellten Sachverhalt und zeigt daher das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht auf; im Übrigen würde damit auch nicht die Relevanz einer allfälligen Nichtberücksichtigung der Fotos dargelegt, zumal nicht ersichtlich ist, inwiefern die Ausdrucke der im Jahr 2015 gespeicherten Fotodateien einen Beweis für die behauptetermaßen im Jahr 2013 stattgefunden habende Hochzeit liefern könnten.
15 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 27. Juni 2017
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