VwGH Ra 2017/10/0061

VwGHRa 2017/10/006111.8.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. R B, 2. L KG, beide in Wien, beide vertreten durch Prof. Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Nußdorfer Straße 10-12, gegen das Erkenntnis vom 17. Februar 2017, 1) Zl. VGW-101/V/078/8037/2016 und 2) Zl. VGW- 101/078/8035/2016-13, des Verwaltungsgerichts Wien, betreffend Apothekenkonzession (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 - Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht; mitbeteiligte Partei: U P in Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

ApG 1907 §10 Abs1 Z2;
ApG 1907 §10 Abs1;
ApG 1907 §10 Abs2;
ApG 1907 §48 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit der angefochtenen Erledigung des Verwaltungsgerichts Wien vom 17. Februar 2017 wurden die Beschwerden der Revisionswerber gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 9. Mai 2016, mit dem der mitbeteiligten Partei die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke erteilt und die mitbeteiligte Partei verpflichtet worden war, eine Apothekenkonzessionstaxe und eine Verwaltungsabgabe zu entrichten, im Hinblick auf die Konzessionserteilung mit Erkenntnis abgewiesen (Spruchpunkt A.), hinsichtlich der Vorschreibung von Geldleistungen mit Beschluss als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt B.). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 Zu ihrer Zulässigkeit bringt die Revision vor, das Verwaltungsgericht habe sich auf die Prüfung der in § 10 Abs. 2 Apothekengesetz (ApG) genannten negativen Bedarfsvoraussetzungen beschränkt, aber nicht geprüft, ob überhaupt ein positiver Bedarf an der Errichtung einer neuen Apotheke bestehe. Gemäß § 48 Abs. 2 ApG stehe Inhabern von Apotheken, die von einer Neuerrichtung in ihrem bisherigen Einzugsgebiet betroffen seien, das Recht zu, wenn sie den Bedarf an einer neuen öffentlichen Apotheke als nicht gegeben erachteten, einen Einspruch gegen diese Neuerrichtung zu erheben. § 48 Abs. 2 ApG enthalte keine gesonderte Definition des Begriffs "Bedarf". Es sei daher bei der Interpretation des Bedarfsbegriffs gemäß § 10 ApG an diesen gesamtheitlichen Bedarfsbegriff anzuknüpfen. § 10 Abs. 1 Z 2 ApG sehe als - primäre - positive Bewilligungsvoraussetzung für die Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke vor, dass an dem beabsichtigten Standort überhaupt ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke bestehe. § 10 Abs. 2 ApG enthalte lediglich Ausschlusskriterien dafür, wann auf keinen Fall ein Bedarf an der Errichtung einer neuen öffentlichen Apotheke gegeben sei (negative Bedarfsvoraussetzungen). Es müsse daher zwischen diesen beiden Bedarfsbegriffen, dem positiven des § 10 Abs. 1 Z 2 ApG und dem negativen des § 10 Abs. 2 ApG eindeutig unterschieden werden. Ein positiver Bedarf an einer neuen Apotheke am beantragten Standort bestehe im vorliegenden Fall nicht, weil die Einwohner der umliegenden Wohngebiete, um diese Apotheke zu erreichen, weit längere Wege zurückzulegen hätten als zu den Apotheken der Revisionswerber.

6 Mit diesen Ausführungen wird schon deshalb keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, weil bereits die diesen Ausführungen zugrundeliegende Annahme der Revisionswerber, es sei trotz Feststellung des Fehlens der negativen Bedarfsvoraussetzungen nach § 10 Abs. 2 ApG eine weitere Bedarfsfeststellung vorzunehmen, mit dem Gesetz nicht im Einklang steht (vgl. VfGH vom 2. März 1998, VfSlg. 15.103, VwGH vom 22. Februar 2017, Ra 2016/10/0152, und vom 23. Mai 2017, Ro 2017/10/0017). Entgegen der Auffassung der Revisionswerber mangelt es demnach insofern nicht an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

7 Im Übrigen können nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Inhaber bestehender öffentlicher Apotheken im Verfahren über die Verleihung einer Apothekenkonzession den mangelnden Bedarf an der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke nur insofern geltend machen, als sie eine Existenzgefährdung ihrer Apotheke als Folge der Errichtung der neuen Apotheke vorzubringen berechtigt sind. Sie können daher geltend machen, die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte ihrer bestehenden öffentlichen Apotheke betrage weniger als 500 m oder die Zahl der von ihrer bestehenden öffentlichen Apotheke aus weiterhin zu versorgenden Personen werde sich infolge der Neuerrichtung verringern und weniger als 5.500 betragen. In den anderen Fragen des Verfahrens über die Verleihung einer Apothekenkonzession kommt den Inhabern bestehender öffentlicher Apotheken jedoch kein Mitspracherecht zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 2008, 2007/10/0029, und wiederum den hg. Beschluss vom 22. Februar 2017, Ra 2016/10/0152, jeweils mwN). In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden Revision werden allerdings keine grundsätzlichen Rechtsfragen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG in Bezug auf jene Fragen, in denen den Revisionswerbern ein Mitspracherecht zukommt, aufgezeigt.

8 Mangels Darlegung einer grundsätzlichen Rechtsfrage durch die Revisionswerber war die Revision daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 11. August 2017

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