Normen
AVG §7 Abs1;
AVG §7;
B-VG Art133 Abs4;
LDG 1984 §92 Abs2 idF 2011/I/140;
LDG 1984 §93 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der Disziplinar- und Leistungsfeststellungskommission für Landeslehrerinnen und Landeslehrer an Volks- und Hauptschulen, Neuen Mittelschulen, Sonderschulen und Polytechnischen Schulen sowie an Berufsschulen beim Landesschulrat für Oberösterreich (in der Folge: DK) vom 30. November 2016 wurde gegen den im Jahr 1960 geborenen Revisionswerber als damaligen Leiter einer Volksschule die Einleitung eines Disziplinarverfahrens wegen des Verdachts verfügt, im Zeitraum Juli bis September 2016 in fünf näher beschriebenen Vorkommnissen (Nichtentsprechung einer Weisung, Unterlassung der fristgerechten Vorlage von medizinischen Befunden seines Hausarztes zur Beurteilung seiner Dienstfähigkeit trotz schriftlicher Aufforderung, unrichtige Angaben zu einer Gesundschreibung, ungerechtfertigte Abwesenheit vom Dienst sowie unentschuldigtes Fernbleiben von einer Leiterdienstbesprechung) gegen Dienstpflichten nach §§ 29, 30, 32 und 35 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes (LDG 1984) verstoßen zu haben. Weiters erfolgte im selben Bescheid die Bekanntgabe der Zusammensetzung des für das Disziplinarverfahren zuständigen Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bzw. der wegen geltend gemachter Befangenheit eintretenden Mitglieder.
2 Das Landesverwaltungsgericht wies nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis die vom Revisionswerber gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für nicht zulässig erklärt.
3 Zur Begründung der Entscheidung führte das Verwaltungsgericht - soweit im Revisionsfall von Bedeutung - im Wesentlichen zu der in der Beschwerde geltend gemachten Befangenheit von acht (der neun) Kommissions(ersatz)mitgliedern aus, dass diese als Ergebnis der Zeugeneinvernahmen in der Verhandlung dem Revisionswerber nicht mit einer tendenziösnegativen Haltung gegenüberstünden, dass es keinerlei Beeinflussungsversuche ihnen gegenüber gegeben habe und auch keinerlei Situation vorgefallen sei, aufgrund welcher eine persönlich negative Haltung gegenüber dem Revisionswerber resultiere; ebenso seien keine - wie vom Revisionswerber postuliert und vermutet - Umstände zu Tage getreten, die ein besonderes Naheverhältnis einer der Zeuginnen bzw. Zeugen zu den bisher mit den Vorkommnissen rund um die Person des Revisionswerbers betrauten Repräsentanten annehmen lassen würden. Auch für eine Anscheinsbefangenheit böten sich keine Anhaltspunkte. Die vom Revisionswerber in der Verhandlung dargelegten Schlussfolgerungen zur Beeinflussung der Kommissionsmitglieder hätten das Stadium bloßer Vermutung nicht überstiegen.
4 Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Revision.
5 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Hat das Verwaltungsgericht wie im vorliegenden Fall im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, so hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird. Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich aus dieser gesonderten Darstellung ergeben (vgl. die hg. Beschlüsse vom 20. Juni 2016, Ra 2016/09/0071, und vom 25. Jänner 2016, Ra 2015/09/0144).
8 Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (vgl. den hg. Beschluss vom 10. Dezember 2014, Ra 2014/20/0115).
9 Der Revisionswerber behauptet in seiner Revision, in den "Rechten auf Ablehnung offenkundig befangener Mitglieder einer Disziplinarkommission sowie auf Entscheidung im Disziplinarverfahren durch unabhängige Mitglieder dieser Kommission" verletzt zu sein.
10 Dazu ist vorweg festzuhalten, dass der Bekanntgabe der Zusammensetzung des Senates eine bloße Tatbestandswirkung für die Ausübung des gemäß § 93 Abs. 3 LDG 1984 daran vor der Dienstrechts-Novelle 2011 anknüpfenden Rechts des Disziplinarbeschuldigten zugekommen ist, ein oder mehrere Mitglieder des Senates ohne Begründung abzulehnen (vgl. zum Ablehnungsrecht die hg. Erkenntnisse vom 3. Juli 2000, 2000/09/0006, vom 21. Juni 2000, 99/09/0230, und vom 15. März 2000, 97/09/0354, und zur Problematik Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 4. Auflage 2010, 587). Mit der Dienstrechts-Novelle 2011 ist dieses Ablehnungsrecht überhaupt entfallen, "da dieses immer wieder zu Verfahrensverzögerungen führte" (so der Verfassungsausschuss des Nationalrates zur Dienstrechts-Novelle 2011, 1610 BlgNR 24. GP , 10, 18). Zugleich hat der Verfassungsausschuss des Nationalrates aber - zutreffend - Folgendes festgehalten:
"Die in § 7 AVG enthaltene allgemeine Regelung über die Amtsenthaltung bei Befangenheit von Verwaltungsorganen gilt auch im Disziplinarverfahren. Demnach haben sich Mitglieder des Disziplinarsenates ihres Amtes ohnehin zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn einer der in § 7 Abs. 1 AVG aufgezählten Gründe vorliegt." (a.a.O.)
Die Bekanntgabe der Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder an den Disziplinarbeschuldigten gemäß § 92 Abs. 2 zweiter Satz LDG 1984 idF nach der Dienstrechts-Novelle 2011 entfaltet daher zwar keine der Rechtskraft fähige normative Wirkung für den Disziplinarbeschuldigten. Sie soll ihm aber nach wie vor die Möglichkeit eröffnen, die Disziplinarkommission vor der Verhandlung auf mögliche Befangenheitsgründe hinzuweisen.
11 Soweit der Revisionswerber ein Recht auf Ablehnung von Mitgliedern der DK geltend macht, kann er daher mit dem angefochtenen Erkenntnis jedoch deswegen nicht verletzt sein, weil das LDG 1984 idF der Dienstrechts-Novelle 2011 kein solches Recht auf Ablehnung vorsieht.
12 Wenn der Revisionswerber sich im Übrigen im Recht auf Entscheidung im Disziplinarverfahren durch unabhängige Mitglieder dieser Kommission als verletzt erachtet und damit deren Befangenheit moniert, ist ihm entgegenzuhalten, dass er mit der bloßen Wiederholung der Befangenheitseinwände gegen zwei der Kommissionsmitglieder im Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision keine Rechtsfragen aufzuwerfen vermag, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sofern er auch auf ein beigelegtes Gedächtnisprotokoll zur Verhandlung im anschließenden Disziplinarverfahren vor der DK am 14. März 2017 Bezug nimmt, ist ihm zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts gemäß § 41 VwGG auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zu prüfen hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 11. November 2016, Ro 2016/12/0010, mwN). Daraus wird auch abgeleitet, dass neue Tatsachen, die erst im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorgebracht werden, bei der Entscheidung über die Revision keine Berücksichtigung finden können (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 14. September 2016, Ra 2016/18/0222, und vom 30. September 2016, Ra 2016/20/0149).
13 Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen. Wien, am 9. August 2017
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