VwGH Ra 2017/01/0267

VwGHRa 2017/01/026712.9.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie den Hofrat Dr. Kleiser und die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des U S R in F, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Februar 2017, Zl. I415 2116798- 1/12E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art133 Abs5;
B-VG Art7 Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 19. Oktober 2015 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den (Folge‑)Antrag des Revisionswerbers, eines Staatsangehörigen Nigerias, auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) sowie gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005, erließ eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) und stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.).

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die (nur) gegen Spruchpunkt II. und III. dieses Bescheides erhobene Beschwerde mit der Maßgabe einer näher ausgeführten Abänderung des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gegen dieses Erkenntnis gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 In der Revision wird zu deren Zulässigkeit zunächst vorgebracht, die Aussagen des BVwG zur innerstaatlichen Fluchtalternative gingen über den Einzelfall hinaus und behaupteten eine allgemeine Judikaturlinie, welche der Revisionswerber bestreite.

7 Dem ist zu entgegnen, dass sich der Revisionswerber mit diesem Vorbringen ausschließlich gegen die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative wendet. Das BVwG hat eine solche jedoch lediglich als Alternativbegründung angeführt. Die Revision hängt daher nicht entscheidungswesentlich von der Lösung der geltend gemachten Rechtsfragen ab (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 17. Jänner 2017, Ra 2016/19/0357).

8 Die Revision wendet sich - als Zulässigkeitsgrund - weiters gegen die Beurteilung des Privatlebens durch das BVwG.

9 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 5. September 2016, Ra 2016/19/0074). Dass die genannten Voraussetzungen für die durch das BVwG konkret vorgenommene Abwägung im vorliegenden Fall nicht vorlägen, zeigt die Revision nicht auf; nach Lage des Falles ist dafür auch kein Anhaltspunkt ersichtlich.

10 Darüber hinaus ist nach der ständigen hg. Rechtsprechung die Tatsache, dass das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, in die Abwägung miteinzubeziehen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 10. April 2017, Ra 2016/01/0175, mwN).

11 Wenn in der Revision darüber hinaus Feststellungsmängel gerügt werden, beschränkt sich das diesbezügliche Vorbringen auf die Geltendmachung von Verfahrensmängeln. Nach der ständigen hg. Rechtsprechung reicht es jedoch nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen (vgl. den hg. Beschluss vom 23. Februar 2016, Ra 2016/01/0012, mwN). Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 20. Dezember 2016, Ra 2016/01/0098, mwN, sowie den Beschluss vom 25. April 2017, Ra 2017/01/0108, mwN). Eine solche Relevanz wird fallbezogen nicht aufgezeigt.

12 Insofern die Revision schließlich in ihrer Zulässigkeitsbegründung rügt, dass "die Aufnahmerichtlinie und überhaupt das Unionsrecht" im angefochtenen Erkenntnis "gar nicht" vorkommen würden, womit ein Fall gänzlicher Unbegründetheit vorliege, der als Willkür auszulegen sei, ist ihr zu entgegnen, dass mit diesem allgemeinen Vorbringen und dem Verweis auf ein näher bezeichnetes Erkenntnis des Gerichthofes der Europäischen Union (EuGH) kein Abweichen von der hg. Rechtsprechung zur Begründungspflicht verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2017, Ra 2016/18/0277) dargelegt wird.

13 Darüber hinaus ist der Revisionswerber, insoweit er dem BVwG Willkür vorwirft, darauf zu verweisen, dass es sich hierbei nicht um vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbare Rechte handelt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 13. Jänner 2015, Ro 2014/02/0118, 0119). Gemäß Art. 133 Abs. 5 B-VG sind Rechtssachen, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören, von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen. Der Verfassungsgerichtshof hat die gegen das angefochtene Erkenntnis bei diesem erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 9. Juni 2017, E 869/2017-7, abgelehnt.

14 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

15 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 12. September 2017

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