VwGH Ra 2016/10/0150

VwGHRa 2016/10/015025.1.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision der Medizinischen Universität Wien in 1090 Wien, Spitalgasse 23, vertreten durch die Finanzprokuratur, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. November 2016, Zl. W128 2014435- 1/5E, betreffend eine Angelegenheit nach dem UG 2002 (mitbeteiligte Partei: A P in Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §9;
B-VG Art133 Abs6 Z1;
B-VG Art133 Abs6 Z2;
UniversitätsG 2002 §4;
UniversitätsG 2002 §45;
UniversitätsG 2002 §92 Abs1 Z5;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §9 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §9 Abs2;
VwRallg;
AVG §9;
B-VG Art133 Abs6 Z1;
B-VG Art133 Abs6 Z2;
UniversitätsG 2002 §4;
UniversitätsG 2002 §45;
UniversitätsG 2002 §92 Abs1 Z5;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §9 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §9 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Rektorats der Medizinischen Universität Wien (in der Folge: Universität) vom 3. Juni 2014 wurde der Antrag des Mitbeteiligten auf Erlass des vorgeschriebenen Studienbeitrages wegen Erwerbstätigkeit gemäß § 92 Abs. 1 Z 5 Universitätsgesetz 2002 iVm § 2b Abs. 4 Z 3 Studienbeitragsverordnung 2004 für das Sommersemester 2014 und das Wintersemester 2014/2015 zurückgewiesen.

2 Infolge der dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde wurde der Bescheid mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. November 2016 aufgehoben.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der Universität, in der zur "Legitimation der Revisionswerberin" ausgeführt wird:

"Gemäß Art 133 Abs 6 Z 2 B-VG kann die belangte Behörde des Ausgangsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht (hier: Medizinische Universität Wien) wegen Rechtswidrigkeit Revision gegen das

Erkenntnis des Verwaltungsgerichts erheben. ... Zur Legitimation

der Revisionswerberin ist außerdem festzuhalten, dass über Anträge auf Erlass des Studienbeitrages gemäß § 92 Abs 2 UG zwar das Rektorat entscheidet. Die Revisionserhebung setzt jedoch Rechtsfähigkeit (aus prozessualer Sicht Parteifähigkeit) des

Revisionswerbers voraus. ... Aus diesem Grund erfolgt im Licht der

Rechtsprechung des VfGH (28.9.2007, VfSlg 18221), wonach weder dem Rektorat noch dem Senat der Universität (im dortigen Fall) Beschwerdelegitimation zukommt, da diese zwar Organqualität, nicht aber eigene Rechtspersönlichkeit besitzen, die gegenständliche Revisionserhebung durch die Medizinische Universität selbst."

4 Die Revision ist unzulässig.

5 Die Universitäten sind gemäß § 4 UG 2002 juristische Personen des öffentlichen Rechts. Sie sind mit voller Rechtsfähigkeit ausgestattet; als juristische Personen handeln die Universitäten durch ihre Organe (vgl. Mayer in Mayer (Hrsg) Kommentar UG2 (2010) § 4 I.). Sie unterliegen der Rechtsaufsicht des Bundes (§ 45 UG 2002).

6 Art. 133 B-VG lautet (auszugsweise):

"Artikel 133. (1) Der Verwaltungsgerichtshof erkennt über

1. Revisionen gegen das Erkenntnis eines

Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit;

...

(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen

Rechtswidrigkeit Revision erheben:

1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu

sein behauptet;

2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem

Verwaltungsgericht;

...

(8) Wer in anderen als den in Abs. 6 genannten Fällen wegen Rechtwidrigkeit Revision erheben kann, bestimmen die Bundes- oder Landesgesetze.

..."

7 § 9 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), lautet auszugsweise:

"Inhalt der Beschwerde

§ 9. (1) ...

(2) Belangte Behörde ist

1. in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat,

..."

8 Bei der vorliegenden Revision handelt es sich nicht um eine Amtsrevision der belangten Behörde gemäß Art. 133 Abs. 6 Z. 2 B-VG. Die Frage, wer im Sinn dieser Bestimmung belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht ist, ist nach § 9 Abs. 2 VwGVG zu beurteilen. Aus § 9 Abs. 2 Z. 1 VwGVG ergibt sich, dass in einem Verfahren, welches die Beschwerde gegen einen verwaltungsbehördlichen Bescheid zum Gegenstand hat, jene Behörde, die diesen Bescheid erlassen hat, belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht ist. Damit ist vorliegend das Rektorat der revisionswerbenden Universität als belangte Behörde anzusehen, dem daher auch die Befugnis zugekommen wäre, gegen das angefochtene Erkenntnis Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Eine derartige Berechtigung zur Erhebung einer Amtsrevision kann der Universität als Rechtsträgerin dieser Behörde selbst nicht zukommen, weil sie den angefochtenen Bescheid nicht erlassen hat und folglich - entgegen der Revisionsauffassung - auch nicht als belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht zu behandeln ist (vgl. zu all dem die auf den vorliegenden Fall übertragbaren Darlegungen im hg. Beschluss vom 27. November 2014, Zl. Ra 2014/03/0039, betreffend die auf den vorliegenden Fall übertragbaren Darlegungen im Disziplinarausschuss des Tiroler Jägerverbandes).

9 Die Universität kann im vorliegenden Fall ihre Revisionslegitimation auch nicht - wie an anderer Stelle im Revisionsschriftsatz angedeutet - auf Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG stützen, zumal eine Verletzung in subjektiven Rechten der Universität in der Revision gar nicht behauptet wird - die Revision enthält eine "Erklärung über den Umfang der Anfechtung gemäß § 28 Abs. 2 VwGG" (und wurde daher gemäß dieser Bestimmung nicht wegen Verletzung in Rechten erhoben) - und eine solche auch nicht ersichtlich ist.

In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass aus dem Hinweis in der Revision auf das - zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 ergangene - Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. September 2007, B 2007/06 = VfSlg 18.221, nichts zu gewinnen ist. In dieser Entscheidung ging es um eine nach Art. 144 B-VG aF erhobene Beschwerde der Wirtschaftsuniversität Wien gegen einen von der Bundesministerin für Wissenschaft, Bildung und Kultur als Aufsichtsbehörde erlassenen Bescheid, der - als Aufsichtsmittel - geeignet war, die beschwerdeführende Universität in ihren Rechten zu berühren. Im Gegensatz zu einem im aufsichtsbehördlichen Verfahren erlassenen Bescheid erfolgt die Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide durch Verwaltungsgerichte aber im Rahmen der gerichtlichen Vollziehung von Rechtsvorschriften, welcher die verwaltungsbehördlichen Bescheide von Behörden aller Rechtsträger gleichermaßen unterworfen sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Entscheidung von Verwaltungsgerichten über Beschwerden gegen verwaltungsbehördliche Bescheide kein staatliches Aufsichtsmittel gegenüber Selbstverwaltungseinrichtungen ist (vgl. neben dem erwähnten hg. Beschluss Zl. Ra 2014/03/0039 die zur gemeindlichen Selbstverwaltung ergangenen hg. Beschlüsse vom 22. April 2015, Zl. Ro 2015/16/0001, und vom 24. April 2015, Zl. Ro 2014/17/0144). Diese Überlegungen sind auf verwaltungsgerichtliche Entscheidungen über Beschwerden gegen verwaltungsbehördliche Bescheide von Universitätsorganen übertragbar: Derartige Entscheidungen stellen kein staatliches Aufsichtsmittel (§ 45 UG 2002) gegenüber Universitäten dar. Eine Verletzung der revisionswerbenden Universität in subjektiven Rechten durch das vorliegende Erkenntnis kommt daher nicht in Betracht.

10 Eine auf Art. 133 Abs. 8 B-VG gestützte gesetzliche Anordnung, derzufolge die Universität in einem Fall wie dem vorliegenden Revision erheben könnte, ist insbesondere im UG 2002 nicht ersichtlich und wurde von der revisionswerbenden Partei auch nicht behauptet.

11 Aus dem Gesagten folgt für die vorliegende Revision, dass ihr der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegen steht, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen war.

Wien, am 25. Jänner 2017

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte