VwGH Ra 2016/05/0118

VwGHRa 2016/05/011827.6.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision 1. des F L und 2. der A L, beide in H, beide vertreten durch List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 8. Oktober 2016, Zl. LVwG-AV-923/001-2016, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Stadtrat der Stadtgemeinde H;

weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung;

mitbeteiligte Parteien: 1. G D und 2. A D, beide in H, beide vertreten durch Dr. Kristina Venturini, Rechtsanwältin in 2020 Hollabrunn, Raiffeisenplatz 1/3), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §42 Abs1;
AVG §42;
AVG §8;
BauO NÖ 2014 §14;
BauO NÖ 2014 §15 Abs1 Z17;
BauO NÖ 2014 §15 Abs2;
BauO NÖ 2014 §15;
BauO NÖ 2014 §4 Z21;
BauO NÖ 2014 §4 Z3;
BauO NÖ 2014 §6 Abs1;
BauO NÖ 2014 §6 Abs2 Z3;
BauO NÖ 2014 §6 Abs2;
BauO NÖ 2014;
BauRallg;
B-VG Art132 Abs1 Z1;
ROG NÖ 2014 §31 Abs1 Z2;
ROG NÖ 2014 §31 Abs1 Z4;
VwRallg;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Die Stadtgemeinde H hat den Revisionswerbern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit am 29. Juni 2015 bei der Stadtgemeinde H eingelangter Eingabe stellten die Mitbeteiligten einen Antrag auf Baubewilligung gemäß § 14 der NÖ Bauordnung 2014 (BO) für die Errichtung eines Carports und einer Einfriedung auf dem Grundstück Nr. 756/3, KG H. Die Revisionswerber sind Eigentümer des westlich daran angrenzenden Grundstückes Nr. 756/2, KG H.

2 Bei der mündlichen Bauverhandlung am 16. September 2015 führte der bautechnische Amtssachverständige Ing. A. zum überdachten Autounterstellplatz (Carport) aus, dieser werde im Seitenabstand (Anmerkung: zur Liegenschaft der Revisionswerber) hergestellt. Das Nachbargrundstück weise in diesem Bereich keine Bebauung auf. Straßenseitig werde ein Deckensektionaltor eingebaut. Weiters sei ein Pultdach mit Blecheindeckung vorgesehen. Das Wohnhaus der Revisionswerber sei mindestens 3 m von der Grundgrenze entfernt, und eine Beeinträchtigung des Lichteinfalls auf dieses Wohnhaus sei nicht gegeben.

An der Grundgrenze zur Nachbarliegenschaft der Revisionswerber solle außerdem eine Einfriedung in Form einer Stahlträgerkonstruktion mit eingeschobenen Paneelen mit einer Alubeschichtung mit einer Höhe von 2,2 m bis 2,46 m geländebedingt hergestellt werden. Das Wohnhaus der Revisionswerber sei mindestens 3 m von der Grundgrenze entfernt, und es sei keine Beeinträchtigung des Lichteinfalls auf dieses Wohnhaus gegeben.

3 Die Revisionswerber ("Erklärung der Ehegatten L.") gaben im Wesentlichen zu Protokoll, durch das Schließen der straßenseitigen Wand mittels eines Tores sei kein Carport mehr gegeben. Die Bauliegenschaft befinde sich nach dem Bebauungsplan in "OK- 40/I II", das heiße, es könne nur eine offene oder gekuppelte Bebauungsweise ausgeführt werden. Auf dem Einreichplan fehle der Baukörper des errichteten Sitzplatzes mit Überdachung zur rechten (Anmerkung: östlichen) Grundgrenze (Grundstück Nr. 757/1). Daher entstehe durch den Einbau des Tores der Charakter der geschlossenen Verbauung. Daher erhöben sie Einspruch gegen den Einbau des Tores, da die "geschlossene Verbauung" (40/g/I II) erst auf der rechten angrenzenden Parzelle 757/1-G beginne. Ferner erhoben die Revisionswerber Einwendungen gegen die Einfriedung, da es nicht ortsüblich sei, im Bauland-Wohngebiet 2,5 m hohe Blechwände an der Grundgrenze zum Nachbarn zu errichten. Außerdem sei ein vollkommen intakter Gartenzaun vorhanden und würde sich im Zwischenraum von diesem und dem geplanten Zaun Unrat und Unkraut ansammeln. Sie sähen keinen Sinn in der Errichtung dieser Wand.

4 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde H vom 1. Oktober 2015 wurden die beantragte Baubewilligung für die "Errichtung von drei hintereinander angeordneten überdachten Unterstellplätzen, welcher eine Abstellfläche für drei Kraftfahrzeuge biete", und die Bewilligung für die Errichtung einer Einfriedung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Die Einwendungen der Revisionswerber wurden spruchgemäß "zum Teil als unbegründet abgewiesen und zum Teil als unzulässig zurückgewiesen". Einwendungen der Revisionswerber hinsichtlich der Beeinträchtigung von Pflanzen und Sträuchern und damit verbundener finanzieller Schäden wurden auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

5 Gegen diesen Bescheid erhoben die Revisionswerber Berufung. 6 Mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde H vom 22. Juni 2016 wurde die Berufung der Revisionswerber als unbegründet abgewiesen.

7 Gegen diesen Bescheid erhoben die Revisionswerber Beschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich.

8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde der Zweitrevisionswerberin, "soweit sie die Bewilligung zur Errichtung eines überdachten Kfz-Unterstellplatzes betrifft", gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen. Unter einem wurden "im Übrigen" die Beschwerden der Zweitrevisionswerberin (hinsichtlich der Einfriedung) und des Erstrevisionswerbers (Einfriedung und Kfz-Unterstellplatz) gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen. Die ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

9 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, im Anzeigeverfahren nach § 15 BO hätten die Nachbarn keine Parteistellung. Dies gelte insbesondere auch in Bezug auf eine Einfriedung im Sinne des § 15 Abs. 1 Z 17 BO. Der maßgebliche Zweck einer Einfriedung bestehe darin, dass sie das Grundstück schützend umgebe. Sie müsse sich aber weder auf die gesamte Grundgrenze erstrecken noch unmittelbar an der Grundgrenze errichtet werden. Die Revisionswerber vermeinten jedoch, dass vorliegend nicht von einer Einfriedung im Sinne des Gesetzes ausgegangen werden könne, zumal das Bauwerk in einem Abstand von 6 cm zur Grundstücksgrenze errichtet werden solle und sich an dieser Grenze bereits eine von den Revisionswerbern errichtete Einfriedung befinde, sodass es keiner weiteren bedürfe bzw. eine solche ex definitione gar nicht mehr errichtet werden könne.

10 Diesem Ansatz könne nicht gefolgt werden. Der Abstand zur Grundstücksgrenze betrage hier lediglich 6 cm. An der Qualifikation als Einfriedung vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass an der Grundstücksgrenze bereits ein Maschendrahtzaun errichtet worden sei. Einerseits obliege die Beurteilung der Notwendigkeit des Schutzes des Grundstückes grundsätzlich seinem Eigentümer oder dem sonst Nutzungsberechtigten und es sei der Behörde verwehrt, die objektive Notwendigkeit von Einfriedungen zu prüfen. Anderseits dürfe die Schutzfunktion nicht bloß im Sinne einer Verhinderung des körperlichen Eindringens Unbefugter verstanden werden, sondern könnten Einfriedungen naturgemäß auch dem Zweck eines Sichtschutzes dienen. Dass ein schlichter Maschendrahtzaun keinen solchen Sichtschutz biete, sei evident. Da es sich bei dem Projekt um eine Einfriedung im Sinne des § 15 Abs. 1 Z 17 BO handle, komme den Revisionswerbern in diesem (vom übrigen Projekt trennbaren) Bereich keine Parteistellung zu und sei eine solche auch durch die gemeinsame Erledigung mit dem Kfz-Unterstellplatz und der Zustellung des Bescheides nicht begründet. Auf die Einwendungen gegen die Einfriedung habe das Verwaltungsgericht daher nicht eingehen dürfen.

11 Anderes gelte grundsätzlich für den überdachten

Kfz-Unterstellplatz, der (mangels Zustimmung der Revisionswerber im Sinne des § 15 Abs. 1 Z 19 BO) unabhängig von seiner Qualifikation als Carport eine bewilligungspflichtige Maßnahme darstelle. Bezüglich der behaupteten Überschreitung der vorderen (südlichen) Baufluchtlinie bestehe kein Nachbarrecht der Revisionswerber, da Nachbarn nur die Überschreitung der ihrer Liegenschaft zugekehrten Baufluchtlinie geltend machen könnten. Nichts anderes gelte für das im Ergebnis das Ortsbild betreffende Vorbringen, wonach durch das Projekt der Eindruck einer geschlossenen Bebauungsweise entstehe.

12 Anderes gelte allerdings für die erst in der

öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erstattete Einwendung, wonach der Unterstellplatz zu Unrecht im seitlichen (westlichen) Bauwich projektiert sei. Doch ergebe sich aus § 51 Abs. 2 BO, dass im seitlichen Bauwich Nebengebäude und Nebengebäudeteile sowie oberirdische bauliche Anlagen, deren Verwendung der von Gebäuden gleiche, errichtet werden dürften, sofern dies der Bebauungsplan nicht verbiete, die bebaute Fläche der baulichen Anlage insgesamt nicht mehr als 100 m2 sowie die Höhe dieser Bauwerke nicht mehr als 3 m betrage. Der Bebauungsplan sehe ein solches Verbot nicht vor. Der Unterstellplatz habe eine Fläche von 45,56 m2 und eine Höhe von maximal 2,625 m. Die genannten Größenmerkmale würden daher nicht überschritten, sodass die Errichtung im seitlichen Bauwich zulässig sei. Eine Beeinträchtigung von Nachbarrechten der Revisionswerber finde damit nicht statt.

13 Während die zuletzt behandelte Einwendung

hinsichtlich der Zweitrevisionswerberin unberechtigt sei, erweise sie sich hinsichtlich des Erstrevisionswerbers als unzulässig. Es seien beide Revisionswerber unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen mit gemeinsamem Zustellnachweis zur Bauverhandlung geladen worden. Die Ladung sei vom Erstrevisionswerber übernommen worden. Während die Ladung ihm gegenüber sohin rechtens erfolgt sei und auch Präklusionsfolgen habe nach sich ziehen können, gelte dies für die Zweitrevisionswerberin nicht. Eine ordnungsgemäße Zustellung habe auch bei Ehegatten mittels zweier Sendungen (hier: Rückscheinbriefe) zu erfolgen. Eine Sendung (Rückscheinbrief), die an beide Ehegatten adressiert sei und von einem Ehegatten übernommen werde, könne für den anderen Ehegatten nicht "als Ersatzzustellung wirksam sein". Auch dann, wenn nicht mehr festgestellt werden könne, ob eine solche gemeinsame Ladung zu einer Bauverhandlung, die postamtlich hinterlegt worden sei, einem der beiden Adressaten tatsächlich zugekommen sei, sei er insofern als übergangene Partei anzusehen. Zumal es darüber hinaus auch an einer doppelten Kundmachung im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG gefehlt habe und die öffentliche Bekanntmachung lediglich an der Amtstafel der Stadtgemeinde H angeschlagen worden sei, sei die Zweitrevisionswerberin auch noch vor dem Verwaltungsgericht berechtigt, wirksame Einwendungen zu erheben, der Erstrevisionswerber hingegen nicht. Seine Beschwerde sei daher auch hinsichtlich des Unterstellplatzes zurückzuweisen gewesen, jene der Zweitrevisionswerberin nach inhaltlicher Behandlung abzuweisen.

14 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die

vorliegende Revision mit dem Antrag, es wegen Rechtswidrigkeit des

Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von

Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

15 Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat

die Akten des Verfahrens vorgelegt.

16 Die mitbeteiligten Parteien haben eine

Revisionsbeantwortung vorgelegt mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig abzuweisen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

17 Die Revision ist in Anbetracht der Frage der

Einhaltung der Bebauungsweise und eines Bauwichs zulässig.

18 In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt,

der Begriff der Einfriedung im Sinne des § 15 Abs. 1 Z 17 BO sei durch teleologische Reduktion auf jene Einfriedungen einzuengen, die bauliche Anlagen seien und gegen öffentliche Verkehrsflächen errichtet würden, weil aus dem Motivenbericht zur BO klar hervorgehe, dass lediglich solche Einfriedungen von der Bewilligungspflicht in die Anzeigepflicht verschoben werden sollten, die bauliche Anlagen seien und zugleich gegen öffentliche Verkehrsflächen errichtet würden. Die gegenständliche Anlage sei aber nicht gegen eine öffentliche Verkehrsfläche, sondern gegen das Nachbargrundstück der Revisionswerber gerichtet. Auch im Übrigen müsste man im Zusammenhang mit der Einfriedung den Revisionswerbern Parteistellung zuerkennen, weil die geplante Blechwand von 2,46 m Höhe, die lediglich 6 cm von der Grundstücksgrenze entfernt errichtet werden solle, keine Einfriedung sein könne. Die Blechwand solle lediglich 6 cm von einer bestehenden, intakten Einfriedung entfernt errichtet werden. Der Zweck der Anlage könne daher nicht daran liegen, das Grundstück der mitbeteiligten Parteien schützend zu umgeben. Vielmehr würde den Revisionswerbern Licht entzogen bzw. würden sie mit Lärmimmissionen wegen der Blechkonstruktion in der Lebensqualität beeinträchtigt. Die Stahlkonstruktion in dermaßen geringem Abstand von der bestehenden Einfriedung würde zur Ansammlung von Unrat bzw. Unkraut führen, die zu Geruchsimmissionen führen würden. Für die Einfriedung fehle im Bauland-Wohngebiet im Hinblick auf deren Höhe und die Ortsunüblichkeit jegliche Rechtsgrundlage. Das Bauwerk sei nicht zum täglichen Bedarf der im Wohngebiet wohnenden Bevölkerung geeignet und widerspreche daher der Widmungsart. Die Höhe sei nicht ortsüblich, weil die meisten Einfriedungen in der Umgebung maximal 2,2 m hoch seien. Somit liege keine Einfriedung vor, sondern eine ganz normale bauliche Anlage, die der Bewilligungspflicht unterliege. Sonst könnte man unter dem Titel der Einfriedung beliebig hohe Wände errichten, die geeignet seien, die Nachbarn in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten zu beeinträchtigen, ohne einer Bewilligung zu bedürfen. Die Revisionswerber hätten vorgebracht, dass die bauliche Anlage von 2,46 m Höhe aufgrund des geringen Abstands zum Wohnhaus der Revisionswerber (3,4 m) und zur bereits bestehenden Einfriedung jedenfalls unzulässig sei. Im Ortsbildgutachten werde nicht auf die Höhe der Stahlwand eingegangen. Außerdem stelle eine Mauer eine typische Einfriedungsart im Wohngebiet dar, was aber auf die Stahlwand nicht zutreffe. Die Hauptfenster des Wohngebäudes der Revisionswerber befänden sich lediglich 3,4 m von der Stahlwand entfernt, sodass mit einem wesentlichen Lichtentzug zu rechnen sei.

19 Die Wohnhäuser der Revisionswerber und der

Bauwerber seien in offener Bebauungsweise errichtet worden. Den Mitbeteiligten stehe daher kein Wahlrecht hinsichtlich der Bebauungsweise mehr zu. Es gelte ausschließlich die offene Bebauungsweise. Damit sei jedenfalls ein seitlicher Bauwich von Nebengebäuden und oberirdischen baulichen Anlagen freizuhalten. Da der andere seitliche Bauwich bereits mit dem Wohngebäude der mitbeteiligten Parteien verbaut sei, sei jener zum Grundstück der Revisionswerber freizuhalten. Bereits bei der mündlichen Bauverhandlung vom 16. September 2015 hätten die Revisionswerber vorgebracht, dass die Errichtung der Kfz-Stellplätze unzulässig sei, weil dadurch der Charakter einer geschlossenen Verbauung entstünde. Damit hätten sie faktisch die Überschreitung des seitlichen Bauwichs bemängelt, auch wenn der Ausdruck seitlicher Bauwich nicht ausdrücklich erwähnt worden sei. Aus der Einwendung der geschlossenen Verbauung sei die Überschreitung des seitlichen Bauwichs eindeutig erkennbar. Somit sei keine Präklusion des Erstrevisionswerbers in Bezug auf die Überschreitung des seitlichen Bauwichs eingetreten. Die Errichtung der gegenständlichen Garage im seitlichen Bauwich stelle eine Beeinträchtigung der Nachbarrechte dar, weil dadurch die Bebaubarkeit des Grundstückes der Revisionswerber faktisch ausgeschlossen werde, da der Bauplatz der Revisionswerber beschattet würde.

20 § 53 des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014 (ROG), LGBl. Nr. 3/2015, idF LGBl. Nr. 63/2016 lautet auszugsweise:

"§ 53

Übergangsbestimmungen

...

(11) Ein nach den §§ 3, 7 und 8 der NÖ Bauordnung, LGBl. 166/1969, oder den §§ 4 bis 7 der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200, oder den §§ 68 bis 72 der NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200, erlassener Bebauungsplan gilt als Bebauungsplan nach den §§ 29 bis 36 dieses Gesetzes

..."

21 § 31 ROG, LGBl. Nr. 3/2015, idF LGBl. Nr. 63/2016 lautet

auszugsweise:

"§ 31

Regelung der Bebauung

(1) Die Bebauungsweise regelt die Anordnung der Hauptgebäude auf dem Grundstück. Sie kann auf eine der folgenden Arten festgelegt werden:

1. geschlossene Bebauungsweise

Die Bebauung ist überwiegend durch Hauptgebäude straßenseitig in einer geschlossenen Flucht von seitlicher zu seitlicher Grundstücksgrenze vorzunehmen. Weiters kann die Bebauung bis zu einer Baufluchtlinie (z. B. Eckbauplätze) oder einer Abgrenzung im Sinn des § 4 Z 3 der Verordnung über die Ausführung des Bebauungsplanes, LGBl. 8200/1-3, erfolgen. Grundstücke, die vor Inkrafttreten der NÖ Bauordnung 1996 mit einer Reiche (max. 1,20 m Gebäudeabstand) errichtet wurden, gelten als geschlossen bebaut.

2. gekuppelte Bebauungsweise

Die Hauptgebäude auf zwei Bauplätzen sind an der gemeinsamen seitlichen Grundstücksgrenze überwiegend aneinander anzubauen und an den anderen seitlichen Grundstücksgrenzen ist ein Bauwich einzuhalten.

3. einseitig offene Bebauungsweise

Alle Hauptgebäude sind an eine für alle Bauplätze gleich festgelegte seitliche Grundstücksgrenze überwiegend anzubauen, wobei dies auch für einen einzelnen Bauplatz festgelegt werden kann. An der anderen seitlichen Grundstücksgrenze ist ein Bauwich einzuhalten.

4. offene Bebauungsweise

An beiden Seiten ist ein Bauwich einzuhalten.

Die Bebauungsweise darf wahlweise als offene oder gekuppelte festgelegt werden. Der Bauwerber darf ein Wahlrecht zwischen offener und gekuppelter Bebauungsweise nur unter Bedachtnahme auf die bereits bestehenden und bewilligten Gebäude ausüben, sofern das Wahlrecht nicht schon durch frühere Bauvorhaben verbraucht ist.

..."

22 Im vorliegenden Fall kommt die NÖ Bauordnung 2014 (BO), LGBl. Nr. 1/2015, idF LGBl. Nr. 37/2016 zur Anwendung.

23 § 4 BO lautet auszugsweise:

"§ 4

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes gelten als

1. Abstellanlage für Kraftfahrzeuge: für das

Abstellen von Kraftfahrzeugen bestimmter Raum (z. B. Garage), bauliche Anlage (z. B. Carport) oder Fläche einschließlich der Rangierflächen und Zu- und Abfahrten;

...

3. ausreichende Belichtung: jene Belichtung auf

Hauptfenster, die durch einen freien Lichteinfall unter 45 Grad (gemessen von der Horizontalen) bei einer seitlichen Abweichung (Verschwenkung) um nicht mehr als 30 Grad ausgehend von der Höhenlage des nach § 53 Abs. 2 Z 1 maßgeblichen Geländes gegeben ist;

...

6. bauliche Anlagen: alle Bauwerke, die nicht

Gebäude sind;

7. Bauwerk: ein Objekt, dessen fachgerechte

Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen

erfordert und das mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist;

8. Bauwich: der vorgeschriebene

Mindestabstand eines Hauptgebäudes zu den Grundstücksgrenzen (seitlicher und hinterer Bauwich) oder zur Straßenfluchtlinie (vorderer Bauwich);

...

11. Bebauungsweise: Festlegung der Anordnung der

Hauptgebäude auf dem Grundstück (§ 31 Abs. 1 NÖ Raumordnungsgesetz 2014, LGBl. Nr. 3/2015 in der geltenden Fassung);

...

15. Gebäude: ein oberirdisches Bauwerk mit

einem Dach und wenigstens 2 Wänden, welches von Menschen betreten werden kann und dazu bestimmt ist, Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen;

Nebengebäude: ein Gebäude mit einer bebauten Fläche bis zu 100 m2, das oberirdisch nur ein Geschoß aufweist, keinen Aufenthaltsraum enthält und seiner Art nach dem Verwendungszweck eines Hauptgebäudes untergeordnet ist, unabhängig davon, ob ein solches tatsächlich besteht (z. B. Kleingarage, Werkzeughütte); es kann auch an das Hauptgebäude angebaut sein;

...

21. Hauptfenster: Fenster, die zur

ausreichenden Belichtung von Aufenthaltsräumen erforderlich sind;

alle anderen Fenster sind Nebenfenster;

..."

24 § 6 BO lautet auszugsweise:

"§ 6

Parteien und Nachbarn

(1) In Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 34 Abs. 2 und § 35 haben Parteistellung:

1. der Bauwerber und der Eigentümer des Bauwerks

2. der Eigentümer des Baugrundstücks

3. die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück

angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z. B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn), und

4. die Eigentümer eines ober- oder unterirdischen Bauwerks

auf den Grundstücken nach Z 2 und 3, z.B. Superädifikat, Baurechtsobjekt, Keller (Nachbarn).

Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das fertiggestellte Bauvorhaben bzw. das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten beeinträchtigt werden können.

(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014, LGBl. Nr. 3/2015 in der geltenden Fassung, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die

1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz

der bewilligten oder angezeigten Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z 4)

sowie

2. den Schutz vor Emissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Zwecken jeder Art der Wohnnutzung ergeben,

gewährleisten und über

3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die

Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung auf Hauptfenster (§ 4 Z 3 und 21) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen.

..."

25 § 14 BO lautet auszugsweise:

"§ 14

Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

Nachstehende Bauvorhaben bedürfen einer

Baubewilligung:

1. Neu- und Zubauten von Gebäuden;

2. die Errichtung von baulichen Anlagen;

..."

26 § 15 BO lautet auszugsweise:

"§ 15

Anzeigepflichtige Vorhaben

(1) Folgende Vorhaben sind der Baubehörde schriftlich anzuzeigen:

...

17. Einfriedungen, die bauliche Anlagen sind oder die gegen

öffentliche Verkehrsflächen gerichtet werden;

...

19. die Errichtung überdachter und höchstens an einer Seite

abgeschlossener baulicher Anlagen (z.B. Carports) mit einer überbauten Fläche von nicht mehr als 50 m2, sofern die nachweisliche Zustimmung jener Nachbarn, die durch dieses Bauvorhaben in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten beeinträchtigt werden könnten, vorliegt;

...

(2) Werden Maßnahmen nach Abs. 1 mit einem Vorhaben nach § 14 Z 1 und 3 bei der Baubehörde eingereicht, sind sie in diesem Baubewilligungsverfahren mitzubehandeln und in den Bewilligungsbescheid aufzunehmen. Dadurch wird eine Parteistellung der Nachbarn nicht begründet.

...

(4) Die Baubehörde erster Instanz hat eine Anzeige binnen 8 Wochen zu prüfen, wobei diese Frist erst beginnt, wenn der Baubehörde alle für die Beurteilung des Vorhabens ausreichenden Unterlagen vorliegen. Reichen die Unterlagen für die Beurteilung des Vorhabens nicht aus, so hat dies die Baubehörde dem Anzeigeleger binnen 4 Wochen ab Einlangen der Anzeige mitzuteilen.

(5) Ist zur Beurteilung des Vorhabens die Einholung eines Gutachtens notwendig, dann muss die Baubehörde dies dem Anzeigeleger innerhalb von 4 Wochen nach Einlangen der vollständigen Unterlagen nachweislich mitteilen. In diesem Fall hat die Baubehörde eine Anzeige binnen 3 Monaten ab der Mitteilung des Gutachtenbedarfs zu prüfen. Für die Mitteilung gilt Abs. 6 letzter Satz sinngemäß.

(6) Widerspricht das angezeigte Vorhaben den Bestimmungen

(7) Der Anzeigeleger darf das Vorhaben ausführen, wenn die Baubehörde

Nach Ablauf dieser Fristen oder der Mitteilung ist eine Untersagung nicht mehr zulässig.

..."

27 § 51 BO lautet auszugsweise:

"§ 51

Bauwerke im Bauwich

(1) Im vorderen Bauwich dürfen Garagen

einschließlich angebauter Abstellräume mit einer bebauten Fläche

von nicht mehr als insgesamt 100 m2 errichtet werden, wenn

- das Gefälle zwischen der Straßenfluchtlinie und der

vorderen Baufluchtlinie mehr als 15 % beträgt oder

- der Bebauungsplan dies ausdrücklich erlaubt.

Abs. 2 Z 3 gilt sinngemäß.

(2) Im seitlichen und hinteren Bauwich dürfen

Nebengebäude und -teile sowie oberirdische bauliche

Anlagen, deren Verwendung der von Gebäuden gleicht, errichtet

werden, wenn

1. der Bebauungsplan dies nicht verbietet,

2. die bebaute Fläche der Gebäude und die überbaute Fläche

der baulichen Anlagen insgesamt nicht mehr als 100 m2 und

3. die Höhe dieser Bauwerke nicht mehr als 3 m beträgt; bei Hanglage des Grundstücks darf diese Höhe hangabwärts entsprechend dem gegebenen Niveauunterschied überschritten werden, wenn die ausreichende Belichtung der Hauptfenster zulässiger Gebäude auf den Nachbargrundstücken nicht beeinträchtigt wird.

(3) Bei der gekuppelten und der einseitig offenen Bebauungsweise muss der seitliche Bauwich, bei der offenen Bebauungsweise, ausgenommen bei Eckbauplätzen, ein seitlicher Bauwich von Nebengebäuden und oberirdischen baulichen Anlagen, deren Verwendung der von Gebäuden gleicht, freigehalten werden.

...

(5) Bauliche Anlagen, die nicht den Abs. 2 und 3

unterliegen, sind im Bauwich zulässig, wenn

- sie die ausreichende Belichtung der Hauptfenster

zulässiger Gebäude auf Nachbargrundstücken nicht beeinträchtigen

und

- der Bebauungsplan dies nicht verbietet.

Für Vorbauten gilt § 52.

..."

28 Was unter einer Einfriedung zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht definiert. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter einer Einfriedung eine Einrichtung zu verstehen, die ein Grundstück einfriedet, das heißt schützend umgibt. Daraus folgt, dass bei einer Einfriedung die grundsätzliche Eignung gegeben sein muss, die Liegenschaft nach außen abzuschließen. Entscheidend ist es nicht, ob sich die Einfriedung auf die gesamte Grundgrenze erstreckt, und auch nicht, ob sie unmittelbar an der Grundgrenze errichtet wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2014, Zl. 2013/05/0185, sowie den hg. Beschluss vom 4. November 2016, Zl. Ra 2016/05/0105, jeweils mwN).

29 Entgegen der Auffassung der Revision kommt es, da es keine diesbezügliche nähere gesetzliche Einschränkung gibt, bei der Frage, ob eine Einfriedung im Sinne des § 15 Abs. 1 Z 17 BO vorliegt, nicht auf die Baumaterialien an und ebenso nicht auf die Ortsüblichkeit. Eine Einfriedung liegt im Übrigen auch dann vor, wenn an der Grundstücksgrenze bereits eine andere Einfriedung besteht, jedenfalls wenn diese, wie vom Landesverwaltungsgericht unbestritten festgestellt wurde, von den Revisionswerbern als Nachbarn errichtet worden ist. Dadurch, dass das Nachbargrundstück bereits schützend umgeben ist, wird der Bauwerber nicht gehindert, auch sein eigenes Grundstück durch eine eigene Einfriedung schützend zu umgeben und wird dadurch seinem Bauvorhaben der Charakter der Einfriedung nicht genommen. Nicht von Bedeutung ist es dabei auch, wenn dadurch zwischen den beiden Einfriedungen ein nur schmaler Streifen freibleiben sollte.

30 Auch in Bezug auf die Höhe des Bauvorhabens von 2,46 m kann nicht davon ausgegangen werden, dass dadurch die Qualität einer Einfriedung nicht mehr gegeben wäre. Auf die Ortsüblichkeit kommt es, wie bereits ausgeführt, nicht an.

31 Soweit sich die Revisionswerber auf die Gesetzesmaterialien stützen und ausführen, dass der Wille des Gesetzgebers dahin gegangen sei, die Bauanzeige nur für Einfriedungen genügen zu lassen, die bauliche Anlagen sind und gegen öffentliche Verkehrsflächen errichtet werden, ist zu bemerken, dass eine derartige Absicht im Gesetzestext keinen Niederschlag gefunden hat (vgl. den hg. Beschluss vom 26. Jänner 2017, Zl. Ra 2016/20/0231). Dieser ist vielmehr eindeutig, sodass sämtliche Einfriedungen, die bauliche Anlagen sind, sowie jene, die, auch ohne die Voraussetzungen für eine bauliche Anlage zu erfüllen, gegen öffentliche Verkehrsflächen errichtet werden, nur der Anzeigepflicht unterliegen. Dass die gegenständliche Einfriedung eine bauliche Anlage (§ 4 Z 6 BO) darstellt, ist zu Recht unbestritten.

32 Das Verwaltungsgericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass eine Einfriedung vorliegt und dass den Revisionswerbern diesbezüglich keine Parteienrechte zukommen. Das Vorbringen der Revisionswerber im Zusammenhang mit Beeinträchtigungen des Lichteinfalls und mit Immissionen aufgrund der Einfriedung geht daher ins Leere.

33 Dennoch erweist sich die spruchgemäße Zurückweisung der Beschwerden der Revisionswerber in Bezug auf die Einfriedung als rechtswidrig:

34 Es wurde eine bescheidmäßige Bewilligung für die Errichtung der Einfriedung erteilt. Dies bedeutet, dass sich der im Verfahren beigezogene Nachbar im Falle der Rechtskraft dieser Bewilligung ihm gegenüber in der Folge nicht mehr darauf berufen kann, dass das Bauwerk konsenslos ist, insbesondere kann er die Frage der Konsenslosigkeit in einem baupolizeilichen Verfahren, in dem ihm gemäß § 6 Abs. 1 BO Parteistellung zukommt, nicht mehr in der Sache geltend machen. Mit der Bewilligung wurde insofern auch über subjektiv-öffentliche Rechte der Revisionswerber (vgl. § 6 Abs. 2 iVm Abs. 1 BO) abgesprochen, sodass sich das Verwaltungsgericht - was es im Übrigen in seiner Begründung auch zutreffend getan hat - inhaltlich mit der Beschwerde der Revisionswerber auseinanderzusetzen hatte (vgl. Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG).

35 Außerdem haben die Nachbarn bestritten, dass es sich um eine Einfriedung handelt, und damit auch geltend gemacht, dass das Bauwerk bewilligungspflichtig sei. Hinsichtlich der damit angesprochenen Frage, ob die Voraussetzungen des vereinfachten Bauanzeigeverfahrens gegeben sind, in dem ihnen keine Parteistellung zukommt (vgl. auch § 15 Abs. 2 letzter Satz BO), haben die Nachbarn aber jedenfalls ein subjektiv-öffentliches Recht und Parteistellung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 2015, Zl. 2013/06/0176, mwN). Die Nachbarbeschwerde gegen einen Bescheid, mit dem darüber abgesprochen wird, ob ein bloß bauanzeigepflichtiges Vorhaben gegeben ist, ist daher, auch in Fällen des § 15 Abs. 2 BO, zulässig (vgl. Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG).

36 Dahingestellt bleiben kann, wie all dies zu sehen ist, wenn gegenüber den Nachbarn kein Bewilligungsbescheid ergeht bzw. wenn das Vorhaben (nur) nach § 15 Abs. 4 ff BO abgehandelt wird (zu verweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass ein an sich bewilligungspflichtiges Vorhaben dadurch, dass eine Bauanzeige erstattet und von der Behörde als solche behandelt wird, nicht zu einem bloß anzeigepflichtigen wird, also auf diesem Wege keinen Konsens - der etwa dem Nachbarn in einem baupolizeilichen Verfahren entgegengehalten werden könnte - erlangt, vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 2013, Zl. 2010/05/0186, mwN, zur vergleichbaren Rechtslage nach der NÖ BO 1996).

37 Zur Bebauungsweise ist zunächst festzuhalten, dass dazu gemäß § 6 Abs. 2 Z 3 BO ein Nachbarrecht besteht. Die offene und die gekuppelte Bebauungsweise vermitteln das Nachbarrecht auf Einhaltung eines Bauwichs (sofern es nicht um jene Nachbargrenze geht, an die anzukuppeln ist). Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Erstrevisionswerber diesbezüglich präkludiert sei. Er habe nicht spätestens bei der mündlichen Bauverhandlung am 16. September 2015 entsprechende Einwendungen erhoben.

38 Dazu ist auszuführen, dass dem Begriff der Einwendung die Behauptung einer Verletzung mit Bezug auf ein bestimmtes Recht immanent ist, das heißt die Geltendmachung der Verletzung eines subjektiven Rechtes. Eine Einwendung im Rechtsinne liegt also vor, wenn das Vorbringen eine Behauptung der Verletzung eines subjektiven Rechtes durch das den Gegenstand des Bewilligungsverfahrens bildende Vorhaben zum Inhalt hat. Es muss wenigstens erkennbar sein, aus welchen Gründen sich der Nachbar gegen das Bauvorhaben des Bauwerbers wendet, welche Rechtsverletzung behauptet wird (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2006, Zl. 2005/05/0345). Um eine taugliche Einwendung nach § 6 Abs. 2 Z 3 BO zu erheben, reicht es aus, dass der Nachbar behauptet, das Bauvorhaben verletze Bestimmungen über die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen den Bauwerken oder deren zulässige Höhe. Dass das Bauvorhaben tatsächlich gegen diese Bestimmungen verstößt, ist nicht Voraussetzung für eine Einwendung im Rechtssinne, diese Frage ist vielmehr im Baubewilligungsverfahren zu prüfen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 6. September 2011, Zl. 2009/05/0278).

39 Nach dem Protokoll der mündlichen Bauverhandlung haben beide Revisionswerber die Nichteinhaltung der Bebauungsweise geltend gemacht. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes ist aus ihren diesbezüglichen Ausführungen hinreichend erkennbar, dass sich beide Revisionswerber wegen der Nichteinhaltung der vorgegebenen Bebauungsweise gegen das Bauvorhaben gewandt haben und mit dem Hinweis auf die Bebauung an der rechten Grundgrenze auch gegen die Situierung des Bauvorhabens an ihrer (linken) Grundgrenze. Die Auffassung, der Erstrevisionswerber sei in Bezug auf die Situierung des Bauvorhabens an der Nachbargrundgrenze der Revisionswerber präkludiert, trifft daher nicht zu.

40 Ist für das Baugrundstück ein Wahlrecht zwischen offener und gekuppelter Bebauungsweise festgelegt, dann wird ein solches durch die Errichtung eines Hauptgebäudes verbraucht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. April 2014, Zl. 2011/05/0078). Bei einer offenen Bebauungsweise ist am Bauplatz ein seitlicher Bauwich von Nebengebäuden und oberirdischen baulichen Anlagen, deren Verwendung der von Gebäuden gleicht, freizuhalten (§ 51 Abs. 3 BO). Die gegenständliche bauliche Anlage, die für das Abstellen von Kraftfahrzeugen bestimmt ist, ist eine solche, deren Verwendung der von Gebäuden gleicht, zumal sie von Menschen betreten werden kann und dazu bestimmt ist, Sachen, nämlich Kraftfahrzeuge, zu schützen.

41 Im vorliegenden Fall bringen die Revisionswerber vor, dass der zu ihrer Liegenschaft gerichtete seitliche Bauwich freizuhalten sei, weil auf der anderen Seite bereits eine Bebauung bestehe. Feststellungen zur Bebauung auf der anderen, dem Grundstück der Revisionswerber nicht zugekehrten Seite, hat das Verwaltungsgericht nicht getroffen. Sollte es zutreffen, dass der zu der Liegenschaft der Revisionswerber gerichtete Bauwich freizuhalten ist, wäre die gegenständliche Anlage daher gemäß § 51 Abs. 3 BO unzulässig.

42 Wie sich aus § 6 Abs. 2 Z 3 BO ergibt, besteht ein subjektiv-öffentliches Recht des Nachbarn auf Einhaltung der Bestimmungen über die Bebauungsweise und den Bauwich allerdings nur insoweit, als diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster der zulässigen (bestehenden bewilligten und zukünftig bewilligungsfähigen) Gebäude der Nachbarn dienen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2014, Zl. 2011/05/0043).

43 Nun hat zwar der bautechnische Amtssachverständige bei der mündlichen Bauverhandlung festgehalten, dass die gegenständliche bauliche Anlage keine Beeinträchtigung des Lichteinfalles auf die bestehenden Hauptfenster der Revisionswerber mit sich bringt. Ungeprüft blieb aber die Frage, ob zukünftig bewilligungsfähige Hauptfenster der Revisionswerber in ihrer ausreichenden Belichtung durch das gegenständliche Bauvorhaben beeinträchtigt wären. Ob eine Nachbarrechtsverletzung gegeben ist, steht somit nicht fest.

44 Aus den dargestellten Gründen war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

45 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014.

Wien, am 27. Juni 2017

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