Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 553,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Strittig war im Beschwerdeverfahren, ob Anträge des Revisionswerbers auf Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 1999 und 2000 gemäß § 295 Abs. 4 BAO und (alternativ) Anträge auf Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren 1999 und 2000 gemäß § 303 BAO fristgerecht eingebracht worden sind oder nicht.
2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Zur Zulässigkeit der Revision führt der Revisionswerber aus, er sei durch Rechtsmittelbelehrungen der Finanzverwaltung dazu angeleitet worden, nicht gegen seine Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1999 und 2000 hinsichtlich seiner Verlusttangenten als Kommanditist von Mitunternehmerschaften zu berufen: Nur eine Berufung gegen die Feststellungsbescheide der Mitunternehmerschaften sei nach § 252 BAO zulässig. Nach § 93 Abs. 6 BAO würden die Berufungen gegen die neu erlassenen Feststellungsbescheide (eingebracht beim die Feststellungsbescheide erlassenden Finanzamt auf Grund dessen Rechtsmittelbelehrung) als fristgerecht eingebrachte Berufungen der Mitunternehmer gegen die jeweiligen Einkommensteuerbescheide gelten. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Fiktion "richtig eingebrachter" Berufungen (Beschwerden) gegen Einkommensteuerbescheide im Gefolge erst vom VwGH als nichtig erkannter Feststellungsbescheide (Richtigkeitsfiktion der Einbringung von Rechtsbehelfen nach § 93 Abs. 6 BAO) liege noch nicht vor. Das Rechtsschutzziel des § 93 Abs. 6 BAO liege darin, Abgabepflichtige nicht mit Fehlern der Finanzverwaltung in der Rechtsmittelbelehrung zu belasten. Dieses Rechtsschutzziel sei auch für unrichtige Rechtsmittelbelehrungen im Gefolge von "Nichtbescheiden" zu erfüllen.
6 Darüber hinaus habe das AbgÄG 2011, BGBl. I Nr. 76/2011, in § 209a Abs. 4 und in § 295 Abs. 4 BAO eigene Vorkehrungen geschaffen, um im Gefolge von "Nichtbescheiden" die Effizienz des Rechtsschutzes zu gewährleisten. Sie seien im Revisionsfall anwendbar.
7 Schließlich würde auch eine verfassungskonforme Interpretation nach dem Rechtsstaatsprinzip zu einer Einkommensteuerveranlagung des Revisionswerbers in Bindung an die in Rechtskraft erwachsenen erklärungsgemäßen Feststellungsbescheide zwingen.
8 Eine grundsätzliche Rechtsfrage wird mit diesem Vorbringen von der Revision nicht aufgezeigt.
9 Zu den verfassungsrechtlichen Revisionsausführungen sowie zu dem Hinweis auf die durch das AbgÄG 2011, BGBl. I Nr. 76/2011, eingeführten Regelungen in § 209a Abs. 4 und in § 295 Abs. 4 BAO ist zunächst darauf zu verweisen, dass der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der diesbezüglichen Beschwerde des Revisionswerbers, die sich ebenfalls gegen deren Nichtanwendung richtete, mit Beschluss vom 9. Juni 2016, E 908/2015-12, abgelehnt hat. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof darin aus, "spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob das Bundesfinanzgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass § 209a Abs. 2 und 4 BAO im Beschwerdefall nicht anzuwenden gewesen war, nicht anzustellen, zumal die behauptete Rechtsschutzlücke in Anbetracht der Möglichkeit, Rechtsschutz durch Berufung gegen die auf Nichtbescheide gestützten Einkommensteuerbescheide zu erlangen, nicht erkennbar ist."
10 Bezüglich der Anträge auf Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 1999 und 2000 gemäß § 295 Abs. 4 BAO gleicht der Revisionsfall hinsichtlich des rechtserheblichen Sachverhalts und der zu beantwortenden Rechtsfrage im Übrigen jenem, den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 21. Dezember 2016, Ro 2015/13/0005, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, entschieden hat.
11 Darin hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits mit dem Verhältnis von § 295 Abs. 4 BAO und § 209a Abs. 4 BAO auseinandergesetzt und ausgesprochen, dass § 209a BAO zwar Abgabenfestsetzungen nach "Eintritt der Verjährung" (den Eintritt der Verjährung also voraussetzend und nicht etwa ausschließend) erlaubt, aber keine Durchbrechungen der Rechtskraft regelt. Wann diese auch nach "Eintritt der Verjährung" in Betracht kommen, regelt - soweit hier von Interesse - § 295 Abs. 4 in Verbindung mit § 304 BAO.
12 Wie auch der Verfassungsgerichtshof im oben zitierten Ablehnungsbeschluss hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 21. Dezember 2016, Ro 2015/13/0005, darauf hingewiesen, dass es dem Revisionswerber von Anfang an freigestanden wäre, die abgeleiteten Bescheide mangels Bescheidqualität der ihm bekannten Erledigungen, auf die sie sich gründeten, mit Berufung (nunmehr Beschwerde) zu bekämpfen. Erhebt der Revisionswerber gegen die Einkommensteuerbescheide aber keine Rechtsmittel, lässt er für den Fall einer späteren Zurückweisung der Rechtsmittel gegen die als Grundlagenbescheide herangezogenen Erledigungen das Erfordernis einer Rechtskraftdurchbrechung entstehen. Dass der Gesetzgeber in § 295 Abs. 4 BAO in der Folge ein für den Fall des Vorliegens einer Zurückweisung vereinfachtes, aber ebenfalls an die Bedingungen des § 304 BAO geknüpftes Verfahren zur Aufhebung von einem Nichtbescheid abgeleiteter Bescheide einführte, bedeutete lediglich eine zeitliche Begrenzung der solcherart möglichen alternativen Geltendmachung der fehlenden Bescheidqualität des Grundlagenbescheides.
13 Auch im vorliegenden Fall hat der Revisionswerber abgeänderte Einkommensteuerbescheide rechtskräftig werden lassen und ihre Aufhebung gemäß § 295 Abs. 4 BAO erst zu einem Zeitpunkt beantragt, in dem auch ein Wiederaufnahmeantrag sowohl nach der Rechtslage bis zum 31. Dezember 2013 (wegen Antragstellung mehr als fünf Jahre nach Rechtskraft) als auch nach nunmehriger Rechtslage (wegen Antragstellung nach Eintritt der Verjährung) gemäß § 304 BAO nicht mehr zum Erfolg geführt hätte. Durch die Zurückweisung der Anträge aus diesem Grund wurde der Revisionswerber - infolge der Verweisung des § 295 Abs. 4 auf
§ 304 BAO - somit nicht in Rechten verletzt (vgl. auch den Beschluss des VwGH vom 29. März 2017, Ra 2015/15/0047).
14 Was schließlich den von der Revision ins Treffen geführten
§ 93 Abs. 6 BAO betrifft, so genügt es darauf hinzuweisen, dass die Bestimmung auf den Revisionsfall nicht anwendbar ist, weil im Revisionsfall keine unrichtige Rechtsmittelbelehrung verwendet worden ist. So lautete die von der Revision offenbar angesprochene Rechtsmittelbelehrung: "Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann der Bescheid nicht mit einer Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind ... (§ 252 Abs. 1 und 2 BAO)". Aus dieser Rechtsmittelbelehrung ist jedoch - entgegen dem Revisionsvorbringen - nicht abzuleiten, dass auch bei Zweifeln am Bescheidcharakter einer behördlichen Erledigung keine Beschwerde gegen einen (diesfalls zu Unrecht) davon abgeleiteten Einkommensteuerbescheid erhoben werden soll, zumal in einem solchen Fall § 252 Abs. 1 und 2 BAO ja gerade nicht anwendbar sind.
15 Soweit der Revisionswerber vorbringt, durch unrichtige Rechtsmittelbelehrungen an der Einbringung von Berufungen gegen die Einkommensteuerbescheide gehindert gewesen zu sein, ist ihm im Übrigen zu entgegnen, dass er den - nach § 295 BAO abgeänderten - Bescheid betreffend Einkommensteuer 2000 vom 15. November 2006 sehr wohl mit Berufung bekämpft und darin gerade geltend gemacht hat, bei dem Feststellungsbescheid handle es sich um einen Nichtbescheid. Erst die Berufungsvorentscheidung vom 20. März 2007 blieb dann unbekämpft. Dies zeigt, dass ihm der offenstehende Rechtsweg auch bekannt war.
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 1. Juni 2017
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