Normen
B-VG Art15a;
Mindestsicherung Vereinbarung Art15a B-VG 2010 impl;
Mindestsicherung Vereinbarung Art15a B-VG 2010;
MSG Slbg 2010 §10 Abs1 Z1;
MSG Slbg 2010 §10 Abs1 Z2;
MSG Slbg 2010 §10 Abs1 Z3;
MSG Slbg 2010 §3 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RO2015100046.J00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 9. Juni 2015 wurde dem Mitbeteiligten gemäß § 10 Salzburger Mindestsicherungsgesetz (Sbg. MSG) bedarfsorientierte Mindestsicherung für den Monat Dezember 2014 in der Höhe von EUR 37,33 und für den Monat Jänner 2015 in der Höhe von EUR 620,09 als Hilfe für den Lebensunterhalt und Wohnbedarf zuerkannt (Spruchpunkt 1.). Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei (Spruchpunkt 2.).
2 Begründend ging das Verwaltungsgericht nach Darstellung des Verfahrensganges davon aus, dass der am 26. Juli 1994 geborene Mitbeteiligte mit seiner am 21. April 1997 geborenen, im verfahrensgegenständlichen Zeitraum noch minderjährigen Lebensgefährtin M.B. und der gemeinsamen Tochter A.B. (geboren am 29. September 2014) in einer Wohnung an einer näher bezeichneten Adresse in Salzburg wohne. Der Mitbeteiligte sowie seine Lebensgefährtin und seine Tochter seien türkische Staatsangehörige, der Mitbeteiligte und seine Lebensgefährtin verfügten über Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU".
3 Der Mitbeteiligte habe im Dezember 2014 ein Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von EUR 791,46 sowie Arbeitslosenunterstützung in Höhe von EUR 73,04 bezogen. Die Lebensgefährtin habe Wochengeld in Höhe von EUR 400,56 bezogen. Unter Berücksichtigung des Berufsfreibetrages gemäß § 6 Abs. 4 Sbg. MSG in der Höhe von EUR 146,52 habe das Gesamteinkommen damit EUR 1.118,54 betragen. Im Jänner 2015 habe der Mitbeteiligte Arbeitslosenunterstützung in Höhe von EUR 555,41 bezogen; seine Lebensgefährtin habe kein Einkommen erzielt. Sowohl für die Lebensgefährtin als auch für die gemeinsame Tochter habe in den beiden verfahrensgegenständlichen Monaten Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden; diese sei auch ausbezahlt worden. Die Miete für die gemeinsame Wohnung habe inklusive Betriebskosten EUR 635,-- betragen.
4 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht - soweit für das gegenständliche Verfahren von Relevanz - aus, das Sbg. MSG sei unter anderem vor dem Hintergrund der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über die Bedarfsorientierte Mindestsicherung (Mindestsicherungsvereinbarung) zu verstehen. Gemäß Art. 10 Abs. 3 Z. 1 lit. a der Mindestsicherungsvereinbarung sei für volljährige Personen, die mit anderen Volljährigen im gemeinsamen Haushalt lebten, 75 % des Mindeststandards und für minderjährige Personen, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe und die mit zumindest einem Volljährigen im gemeinsamen Haushalt lebten, gemäß Art. 10 Abs. 3 Z. 2 lit. a der Mindestsicherungsvereinbarung 18 % des Mindeststandards vorgesehen. Da die Lebensgefährtin des Mitbeteiligten noch nicht volljährig sei und für sie ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe, falle sie unter Art. 10 Abs. 3 Z. 2 lit. a der Mindestsicherungsvereinbarung und habe daher Anspruch auf 18 % des Mindeststandards für Alleinstehende und Alleinerzieherinnen. Dagegen falle der Mitbeteiligte weder unter die Bestimmung des Art. 10 Abs. 3 Z. 1 noch unter jene des Art. 10 Abs. 3 Z. 2 der Mindestsicherungsvereinbarung, da er weder mit anderen Volljährigen in einem Haushalt wohne noch minderjährig sei. Für ihn sei daher Art. 10 Abs. 2 der Mindestsicherungsvereinbarung und damit 100 % des Mindeststandards anwendbar.
5 Aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 2 Sbg. MSG sei nicht eindeutig erkennbar, ob damit nur volljährige oder auch minderjährige Personen umfasst werden sollten. In den Erläuterungen zu § 10 Sbg. MSG werde davon ausgegangen, dass nur zwei volljährige Personen gemeinsam 150 % des Mindeststandards erhalten sollten. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Gesetzgeber für Ehegatten, Lebensgefährten oder eingetragene Partner, die noch minderjährig seien, eine zusätzliche Leistung im Vergleich zur Mindestsicherungsvereinbarung einführen habe wollen. Dies ergebe sich auch daraus, dass der Gesetzgeber in jenen Punkten, in denen er eine Verbesserung gegenüber den Leistungen der Mindestsicherungsvereinbarung erzielen habe wollen, dies in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten habe. So sei in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten worden, dass für Kinder das bisherige Leistungsniveau der Sozialhilfe gehalten werden solle; der Mindeststandard für Kinder sei anstatt mit 18 %, wie in der Mindestsicherungsvereinbarung vorgesehen, mit 21 % des Mindeststandards für Alleinstehende und Alleinerzieherinnen festgelegt worden. Vor diesem Hintergrund sei § 10 Abs. 1 Z. 2 Sbg. MSG so zu interpretieren, dass diese Ziffer nur für volljährige Personen zur Anwendung komme.
6 Die Lebensgefährtin des Mitbeteiligten, die noch minderjährig (gewesen) sei und für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden habe, falle daher unter § 10 Abs. 1 Z. 3 Sbg. MSG und habe Anspruch auf 21 % des Mindeststandards. Der Mitbeteiligte, der mit keiner anderen volljährigen Person im gemeinsamen Haushalt lebe, falle dagegen unter § 10 Abs. 1 Z. 1 Sbg. MSG und erhalte daher 100 % des Mindeststandards. Bei Berücksichtigung des Mindeststandards für den Mitbeteiligten nach § 10 Abs. 1 Z. 1 Sbg. MSG und des Mindeststandards für die Lebensgefährtin und für die Tochter nach § 10 Abs. 1 Z. 3 Sbg. MSG sowie des anrechenbaren Einkommens würden sich die im Spruch angeführten Leistungen ergeben.
7 Die Revision gegen dieses Erkenntnis ließ das Verwaltungsgericht mit der Begründung zu, dass zur Frage, welche Ziffern des § 10 Abs. 1 Sbg. MSG und damit welche Mindeststandards für Partner einer Lebensgemeinschaft anzuwenden seien, von denen einer volljährig und der andere minderjährig sei und für den Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision gemäß Art. 133 Abs. 8 B-VG iVm § 16 Sbg. Landesverwaltungsgerichtsgesetz.
9 Das Verwaltungsgericht legte die Verfahrensakten vor. Der Mitbeteiligte erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 Das Salzburger Mindestsicherungsgesetz, LGBl. Nr. 63/2010
idF Nr. 90/2014 (Sbg. MSG), lautet auszugsweise:
"Begriffsbestimmungen
§ 3
Im Sinn dieses Gesetzes bedeuten die Begriffe:
1. Alleinstehende: Personen, deren Haushalt keine anderen
Personen angehören;
2. Alleinerziehende: Personen, die nur mit ihnen gegenüber
unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindern im gemeinsamen
Haushalt leben;
3. Bedarfsgemeinschaft:
a) im gemeinsamen Haushalt lebende Ehegatten, eingetragene
Partner oder Lebensgefährten,
b) im gemeinsamen Haushalt mit ihren Eltern oder einem
Elternteil lebende unterhaltsberechtigte minderjährige oder noch
in Ausbildung befindliche volljährige Kinder einschließlich
Adoptiv- oder Stiefkinder;
4. Hilfesuchende: eine Person oder eine aus mehreren
Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft, die ohne Hilfe der Gemeinschaft nicht in der Lage ist, den Lebensunterhalt, den Wohnbedarf oder den bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung auftretenden Bedarf zu decken;
...
Hilfe für den Lebensunterhalt und den Wohnbedarf
§ 10
(1) Der monatliche Mindeststandard für die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs beträgt:
- 1. für Alleinstehende oder Alleinerziehende 744,01 EUR;
2. für Ehegatten, eingetragene Partner, in
Lebensgemeinschaft lebende Personen oder volljährige Personen, die
mit anderen Volljährigen im gemeinsamen Haushalt leben, je Person
75 % des Betrages gemäß Z 1;
3. für minderjährige Personen, die mit zumindest einer
ihnen gegenüber unterhaltspflichtigen oder volljährigen Person im gemeinsamen Haushalt leben und für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht 21 % des Betrages gemäß Z 1."
11 Die Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung, BGBl. I Nr. 96/2010 (Mindestsicherungsvereinbarung), lautete auszugsweise:
"Artikel 2
Grundsätze
...
(4) Bei den Verpflichtungen aus dieser Vereinbarung handelt es sich um bundesweit zu gewährleistende Mindeststandards. Die Erbringung weitergehender Leistungen oder die Einräumung günstigerer Bedingungen bleibt jeder Vertragspartei unbenommen. Das derzeit bestehende haushaltsbezogene Leistungsniveau darf durch die in Umsetzung dieser Vereinbarung erlassenen Regelungen nicht verschlechtert werden.
...
Artikel 10
Mindeststandards
(1) Die Länder gewährleisten nach Maßgabe des Art. 4 dieser Vereinbarung monatliche Geldleistungen zur Deckung des Lebensunterhaltes (Art. 3 Abs. 1) und des angemessenen Wohnbedarfes (Art. 3 Abs. 2) als Mindeststandards.
(2) Ausgangswert ist der für alleinstehende AusgleichszulagenbezieherInnen monatlich vorgesehene Betrag abzüglich des davon einzubehaltenden Beitrages zur Krankenversicherung. Dieser Mindeststandard gilt für Alleinstehende und AlleinerzieherInnen.
(3) Die Mindeststandards für andere Personen betragen folgende Prozentsätze des Ausgangswertes nach Abs. 2:
1. für volljährige Personen, die mit anderen Volljährigen
im gemeinsamen Haushalt leben:
- a) pro Person 75 %;
- b) ab der dritten leistungsberechtigten volljährigen Person, wenn diese einer anderen Person im gemeinsamen Haushalt gegenüber unterhaltsberechtigt ist 50 %;
2. für minderjährige Personen, für die ein Anspruch auf
Familienbeihilfe besteht und die mit zumindest einem Volljährigen
im gemeinsamen Haushalt leben:
a) für das älteste, zweit- und drittälteste dieser Kinder
18 %,
b) ab dem viertältesten Kind 15 %.
..."
12 Die Revisionswerberin macht u.a. geltend, die Mindestsicherungsvereinbarung lege Mindeststandards fest, die durch § 10 Sbg. MSG nicht wörtlich übernommen worden seien, sodass eine von der Mindestsicherungsvereinbarung abweichende Regelung vorliege. Die Mindestsicherungsvereinbarung könne als Auslegungshilfe des betreffenden Landesgesetzes herangezogen werden, sie sei aber nicht "unmittelbar wirksam", sodass eine Subsumtion unter Art. 10 der Mindestsicherungsvereinbarung nicht rechtskonform sei. Dies werde vom Verwaltungsgericht übersehen.
13 Die Revision ist aus den vom Verwaltungsgericht angeführten Gründen zulässig. Sie erweist sich auch als berechtigt.
14 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass § 10 Abs. 1 Z. 2 Sbg. MSG, wonach der auf 75 % verminderte Mindeststandard für "Ehegatten, eingetragene Partner, in Lebensgemeinschaft lebende Personen oder volljährige Personen, die mit anderen Volljährigen im gemeinsamen Haushalt leben", gilt, so auszulegen ist, dass dieser Mindeststandard auf Ehegatten, eingetragene Partner und Lebensgefährten nur anzuwenden ist, wenn sie in Haushaltsgemeinschaft leben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2012, Zl. 2011/10/0139 = VwSlg. 18.485 A).
15 Entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung lässt sich aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 2 Sbg. MSG nicht ableiten, dass davon nur volljährige Lebensgefährten umfasst wären. Weder wird Derartiges ausdrücklich normiert (so heißt es nicht: "in Lebensgemeinschaft lebende volljährige Personen") noch auf andere Weise (etwa: "oder sonstige volljährige Personen, die mit anderen Volljährigen im gemeinsamen Haushalt leben") zum Ausdruck gebracht. Auch der systematische Zusammenhang spricht nicht für diese Auslegung, hätte der Gesetzgeber sich doch insofern darauf beschränken können, diesen Mindeststandard für volljährige Personen, die mit anderen Volljährigen im gemeinsamen Haushalt leben, vorzusehen, ohne Ehegatten, eingetragene Partner und in Lebensgemeinschaft lebende Personen, die - ausgenommen eingetragene Partner - nicht notwendigerweise bereits volljährig sind, gesondert zu erwähnen.
16 Auch der Ansicht des Verwaltungsgerichtes, aus den Gesetzesmaterialien zu § 10 Sbg. MSG sei abzuleiten, dass "nur zwei volljährige Personen gemeinsam 150 % des Mindeststandards erhalten sollen", ist nicht zu folgen. Die Materialien (RV 687 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Salzburger Landtages, 14 GP. S. 47f) führen auszugsweise Folgendes aus:
"Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung sind jenen Personen zu gewähren, die auch nur einen der erfassten Bedarfsbereiche nicht für sich selbst bzw für die Bedarfsgemeinschaft decken können. Die Zugehörigkeit zu einer solchen ist entscheidend für die Berechnung des Bedarfs, insbesondere auch im Hinblick auf die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen.
Ausgangswert für die Bemessung der Mindeststandards ist der aus dem Ausgleichszulagenrichtsatz für Alleinstehende (§ 293 Abs 1 lit a sublit bb ASVG) abzüglich der Krankenversicherungsbeiträge (von derzeit 5,1 %) resultierende Nettobetrag in Höhe von derzeit 744,01 EUR. Dieser Ausgangswert für die Mindeststandards gilt nicht nur für Alleinstehende, sondern auch für Alleinerzieher und Alleinerzieherinnen, also Personen, die nur mit ihnen gegenüber unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindern im gemeinsamen Haushalt leben. Mit dieser ausdrücklich vorgenommenen Differenzierung soll der besonderen Armutsgefährdung gerade dieser Personengruppe Rechnung getragen werden, indem alleinerziehenden Personen ein höherer Mindeststandard gewährleistet wird als nach dem bisherigen Status als ‚Hauptunterstützte'.
Die Mindeststandards für alle anderen Personen werden mit Prozentsätzen dieses Ausgangswertes einheitlich festgelegt. Dabei wird in Anlehnung an EU-SILC (European Union Statistics on Income and Living Conditions) 2006 davon ausgegangen, dass der Regelbedarf eines Haushalts mit zwei volljährigen Personen 150 % dessen einer allein stehenden Person beträgt. Allerdings wird nicht mehr zwischen Haupt- und Mitunterstützten unterschieden, sondern ein emanzipatorischer Ansatz verfolgt, nach dem jede dieser Person ,gleich viel wert' ist. Zwei Personen in einer Partnerschaft erhalten demnach zusammen 2 x 75 % des Ausgangswertes. Diese Regelung korrespondiert mit dem nach § 20 Abs 1 gewährleisteten selbständigen Antragsrecht, aber auch mit der Anrechnung von Partnereinkommen nach § 5 Abs 2.
Durch Abs 1 Z 2 werden auch bloße Haushalts- oder Wohngemeinschaften erfasst, da bei diesen ebenfalls regelmäßig von einem geringeren Aufwand für den Lebensunterhalt als bei allein lebenden Personen auszugehen ist. Es ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung, ob die anderen Mitbewohner ebenfalls eine Leistung aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung erhalten, und es spielt auch keine Rolle, ob zwischen den im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen unterhaltsrechtliche Beziehungen bestehen oder nicht."
17 Entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Ansicht lässt sich aus diesen Ausführungen nicht ableiten, dass "nur zwei volljährige Personen gemeinsam 150 % des Mindeststandards erhalten sollen". Die Bezugnahme darauf, dass der Regelbedarf eines Haushalts mit zwei volljährigen Personen 150 % dessen einer alleinstehenden Person beträgt, dient erkennbar lediglich der Begründung der Höhe des in § 10 Abs. 1 Z. 2 Sbg. MSG festgesetzten Prozentsatzes. Im Übrigen wird aber davon ausgegangen, dass nur Alleinstehende und Alleinerziehende den vollen Mindeststandard, alle anderen Personen nur Prozentsätze dieses Ausgangswertes erhalten sollen, so etwa "zwei Personen in einer Partnerschaft ... zusammen 2 x 75 % des Ausgangswertes". Eine Einschränkung dahin, dass dies nur im Falle von volljährigen Partnern zum Tragen kommen soll, lässt sich diesen Ausführungen nicht entnehmen.
18 Die Annahme des Verwaltungsgerichtes, in einer Konstellation wie der hier vorliegenden sei für die volljährige Person der Mindeststandard nach § 10 Abs. 1 Z. 1 Sbg. MSG und für die minderjährige Person (im Falle des Bestehens eines Anspruchs auf Familienbeihilfe) derjenige nach § 10 Abs. 1 Z. 3 Sbg. MSG anzuwenden, lässt sich mit dem Gesetz schon deshalb nicht in Einklang bringen, weil nach der Begriffsbestimmung des § 3 Z. 1 Sbg. MSG als Alleinstehende, denen nach § 10 Abs. 1 Z. 1 Sbg. MSG der volle Mindeststandard zusteht, jene Personen bestimmt werden, deren Haushalt "keine anderen Personen angehören". Dies trifft aber für in Haushaltsgemeinschaft lebende Lebensgefährten von vornherein nicht zu. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung, es sei für die volljährige Person der Lebensgemeinschaft der Mindeststandard nach § 10 Abs. 1 Z. 1 Sbg. MSG anzuwenden, weil diese Person "mit keiner anderen volljährigen Person im gemeinsamen Haushalt" lebe, steht mit der Begriffsbestimmung des § 3 Z. 1 Sbg. MSG nicht im Einklang.
19 Auch der Umstand, dass in Ansehung der minderjährigen in Lebensgemeinschaft mit einem Volljährigen lebenden Person im Falle des Bestehens eines Anspruchs auf Familienbeihilfe - dem Wortlaut nach - sowohl der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 2 Sbg. MSG als auch jener nach § 10 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. erfüllt erscheint, steht dem nicht entgegen, weil § 10 Abs. 1 Z. 2 Sbg. MSG zufolge des diesfalls zusätzlichen Tatbestandsmerkmales "in Lebensgemeinschaft lebende Person" als die speziellere Norm anzusehen ist, die die Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 3 Sbg. MSG ausschließt. Dieses Ergebnis wird auch durch die wiedergegebenen Materialien bestätigt, die bei "zwei Personen in einer Partnerschaft" generell von einem Anspruch der Bedarfsgemeinschaft auf 150 % des Ausgangswertes ausgehen.
20 Es ergibt sich daher weder aus dem Wortlaut noch aus dem systematischen Zusammenhang ein Hinweis dafür, dass für in Lebensgemeinschaft lebende Personen im Falle der Minderjährigkeit eines der Lebensgefährten nicht der Mindeststandard nach § 10 Abs. 1 Z. 2 Sbg. MSG zur Anwendung gelangen soll. Derartiges lässt sich - wie ausgeführt - auch den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. Es bedarf daher insoweit keines Rückgriffes auf die Mindestsicherungsvereinbarung, die nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung der - ihrer Umsetzung dienenden - Mindestsicherungsgesetze der Länder heranzuzuziehen ist (vgl. den hg. Beschluss vom 24. Juni 2015, Zl. Ra 2015/10/0060, mwN).
21 Mit Blick auf die wiedergegebene Begründung des Verwaltungsgerichtes ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Mindestsicherungsvereinbarung als Vereinbarung nach Art. 15a B-VG nur die vertragschließenden Gebietskörperschaften selbst gebunden hat. Darüber hinausgehende Rechtswirkungen bedürfen der Transformation in die Landesrechtsordnung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Dezember 2013, Zl. 2013/10/0081, mwN).
22 Im vorliegenden Fall ist aber auch nicht ersichtlich, dass - wollte man von der Annahme des Verwaltungsgerichtes ausgehen, für den Mitbeteiligten sei der Mindeststandard nach Art. 10 Abs. 2 und für die Lebensgefährtin jener nach Art. 10 Abs. 3 Z. 2 lit. a der Mindestsicherungsvereinbarung anzuwenden, sodass nach dieser für die aus dem Mitbeteiligten und seiner Lebensgefährtin bestehende Bedarfsgemeinschaft ein Bedarf von 118 % des Mindeststandards vorgesehen sei - die Mindeststandards der Mindestsicherungsvereinbarung durch die hier in Rede stehende landesgesetzliche Regelung, die einer derartigen Bedarfsgemeinschaft 150 % des Mindeststandards zuerkennt, unterschritten werden.
23 Das angefochtene Erkenntnis ist daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Wien, am 23. Mai 2017
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