VwGH Ra 2016/22/0012

VwGHRa 2016/22/001211.2.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, die Hofrätin Mag.a Merl und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Lechner, in der Revisionssache des *****, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 26. November 2015, VGW-151/074/5771/2015-12, (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), betreffend Wiederaufnahme eines Aufenthaltstitelverfahrens, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
EMRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs1 Z2 idF 2010/I/111;
NAG 2005 §11 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art133 Abs4;
EMRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs1 Z2 idF 2010/I/111;
NAG 2005 §11 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Dem Revisionswerber wurde im Februar 2011 ein Aufenthaltstitel zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner damaligen Ehefrau erteilt und mehrmals verlängert; nach der Scheidung wurde ihm ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" mit Gültigkeitsdauer bis 24. März 2017 erteilt.

Mit Bescheid vom 24. April 2015 nahm der Landeshauptmann von Wien als zuständige Behörde sämtliche oben angeführte Verfahren gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm § 69 Abs. 3 AVG von Amts wegen wieder auf, weil der Revisionswerber unter anderem seinen früheren Familiennamen nicht angegeben habe, um eine Haftstrafe auf Grund einer Verurteilung in Deutschland und das anschließend ausgesprochene Aufenthaltsverbot aus Deutschland zu verschleiern. Die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln wurden abgewiesen.

Das Verwaltungsgericht Wien (VwG) wies die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und erklärte eine ordentliche Revision für unzulässig.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. In der Darlegung der Zulässigkeitsgründe wendet sich der Revisionswerber ausschließlich gegen das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes, nicht jedoch gegen die Abweisung der Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln.

Zunächst bringt er vor, das Verwaltungsgericht Wien (VwG) habe zur Frage des Vorliegens eines Wiederaufnahmegrundes unterschiedliche Erkenntnisse erlassen. Die rechtlichen Erwägungen betreffend die Wiederaufnahme im Fall einer Aufenthaltsehe und (wie im vorliegenden Fall) einer behaupteten Täuschung seien als gleichwertig einzustufen; in einem näher angeführten Erkenntnis habe das VwG hinsichtlich einer Aufenthaltsehe das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes verneint.

Damit zeigt die Revision schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, weil eine uneinheitliche Rechtsprechung eines oder mehrerer VwG für sich nicht den Tatbestand des Art. 133 Abs. 4 B-VG erfüllt, wenn es zu der betreffenden Frage eine (einheitliche) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gibt (vgl. den hg. Beschluss vom 26. März 2015, Ra 2015/22/0042 und 0044). Dass keine (einheitliche) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Wiederaufnahme gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG vorliege, behauptet der Revisionswerber nicht; dies ist auch nicht zu erkennen (vgl. die bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 69 Rz 13 f zitierte hg. Judikatur zum Verschweigen wesentlicher Umstände und zum unrichtigen oder unvollständigen Ausfüllen amtlicher Fragebögen, sowie etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2012, 2009/22/0084, mwN).

Ein absoluter Versagungsgrund gemäß § 11 Abs. 1 Z 2 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010, auf den das VwG seine Entscheidung stützt, lag im maßgeblichen Zeitpunkt vor, wenn gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot eines anderen EWR-Staates bestand. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist dieser Tatbestand - entgegen der Ansicht des Revisionswerbers - auch erfüllt, wenn das Aufenthaltsverbot "nur aufgrund nationaler Vorschriften" erlassen wurde und unabhängig davon, ob es im Schengener Informationssystem (SIS) eingetragen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. April 2010, 2007/21/0314).

Bei Vorliegen eines absoluten Versagungsgrundes ist eine Interessenabwägung nicht vorgesehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. September 2015, Ra 2015/22/0097, mwN); das darauf gerichtete Vorbringen in der Revision ist schon aus diesem Grund nicht zielführend.

Gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG liegt ein Wiederaufnahmegrund vor, wenn der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtliche strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen wurde. Weshalb eine Wiederaufnahme vom Amts wegen gemäß § 69 Abs. 3 leg. cit. - entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut des Abs. 1, auf welchen Abs. 3 verweist - nicht erfolgen dürfe, wenn der Bescheid sonstwie erschlichen wurde, lässt die Revision offen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird dadurch jedenfalls nicht aufgezeigt.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 11. Februar 2016

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