VwGH Ra 2016/21/0183

VwGHRa 2016/21/018317.11.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Halm-Forsthuber, über die Revision des J S (alias N S) in W, vertreten durch Mag. Andreas Lepschi, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währinger Straße 26/1/3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 7. April 2016, Zl. W220 1252515-2/2E, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Asylgesetz 2005, Erlassung einer Rückkehrentscheidung u.a. (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §55;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
BFA-VG 2014 §9;
FrPolG 2005 §52 Abs3;
VwGVG 2014 §24;
AsylG 2005 §55;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
BFA-VG 2014 §9;
FrPolG 2005 §52 Abs3;
VwGVG 2014 §24;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein indischer Staatsangehöriger, reiste am 27. Mai 2004 in das Bundesgebiet ein und brachte am 3. Juni 2004 unter einer Alias-Identität einen Asylantrag ein. Dieser wurde letztlich mit rechtskräftigem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 27. Oktober 2010, verbunden mit einer Ausweisung nach Indien, abgewiesen. Dennoch verblieb der Revisionswerber im Bundesgebiet. Ein Heimreisezertifikat von der indischen Vertretungsbehörde konnte, die verwendete Identität betreffend, nicht erlangt werden.

2 Am 21. Dezember 2015 brachte der Revisionswerber unter Offenlegung seiner richtigen Personalien einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005 persönlich beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) ein. Bei der Einbringung dieses Antrages wurde er (unter Hinweis auf die bisher gebrauchte falsche Identität, die unrichtige Aussage, kein Reisedokument zu besitzen, und den Ablauf der Gültigkeit des nunmehr in Kopie vorgelegten, bereits am 10. April 2000 ausgestellten Reisepasses) aufgefordert, einen gültigen Reisepass, aus dem sich Name und Geburtsdatum ergeben, vorzulegen. Dies hatte der Revisionswerber - einem Aktenvermerk vom 22. Dezember 2015 zufolge - für den Tag darauf, den 22. Dezember 2015, zugesagt, die Zusage jedoch nicht eingehalten.

3 In der Folge erließ das BFA am 13. Jänner 2016 gegenüber dem Revisionswerber unter Hinweis auf § 8 Abs. 1 AsylG-DV einen Verbesserungsauftrag, in dem neuerlich (u.a.) um Vorlage eines gültigen Reisedokumentes im Original bis zum 10. Februar 2016 ersucht wurde. Eine Reaktion des Revisionswerbers auf diesen Verbesserungsauftrag ist aus der Aktenlage nicht ersichtlich.

4 Mit Bescheid vom 18. Februar 2016 wies das BFA den genannten Antrag gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 als unzulässig zurück. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG erließ es gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 3 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG setzte es die Frist für seine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

5 Begründend legte das BFA zur Zurückweisung nach § 58 Abs. 11 AsylG 2005 dar, dass der Revisionswerber seiner Mitwirkungspflicht nicht im erforderlichen Ausmaß nachgekommen sei. Zum begehrten Aufenthaltstitel sei darauf zu verweisen, dass der Revisionswerber nach Scheitern seines Asylantrages unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben sei. Seine Abschiebung aus dem Bundesgebiet sei an wissentlich unrichtigen Angaben über seine Identität gescheitert. Zwar sei er für die "WNB Zustell GmbH" als selbständiger Unternehmer auf Werkvertragsbasis tätig geworden. Dabei handle es sich allerdings um eine arbeitnehmerähnliche Beschäftigung, für die eine arbeitsmarktbehördliche Bewilligung notwendig gewesen wäre, die gefehlt habe. Ebenso verfüge der Revisionswerber über keine Krankenversicherung. Wenn der Revisionswerber auch eine Deutschprüfung auf dem Niveau B1 erfolgreich abgelegt habe und ihm gewisse - näher dargestellte - soziale Kontakte zuzubilligen seien, fehlten insgesamt auch inhaltlich die Voraussetzungen für den begehrten Aufenthaltstitel. Es sei daher eine Rückkehrentscheidung (unter Setzung einer Frist für die freiwillige Ausreise) zu erlassen gewesen.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 7. April 2016 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde - ohne Durchführung der darin beantragten mündlichen Verhandlung - zur Gänze als unbegründet ab. Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

7 Begründend stellte es nach Wiedergabe des unstrittigen Verfahrensganges fest, der Revisionswerber sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Er sei vom Jänner bis November 2015 bei der "WNB Zustell GmbH" auf Werkvertragsbasis beschäftigt gewesen und habe in diesem Zeitraum EUR 10.100,45 verdient. Am 9. Juni 2015 habe er "ein ÖSD-Zertifikat Deutsch Österreich B1" erlangt. Er sei gesund, strafgerichtlich unbescholten und verfüge "über soziale Kontakte in Österreich".

In seiner rechtlichen Beurteilung teilte das BVwG die bereits vom BFA in Bezug auf die Zurückweisung des gegenständlichen Antrages sowie in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit der Rückkehrentscheidung vertretene Ansicht. Die Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung habe gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben können, weil der maßgebliche Sachverhalt bereits vom BFA abschließend ermittelt und vom Revisionswerber auch nicht substantiiert bestritten worden sei.

8 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision erweist sich als unzulässig:

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

11 Dazu verweist der Revisionswerber, der im Rahmen der Zulässigkeitsausführungen auf die Zurückweisung seines Antrages nach § 55 AsylG 2005 nicht zurückkommt, auf seinen mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt sowie das dabei erreichte Maß an sprachlicher und beruflicher Integration. Da diese fallbezogen allerdings - auch von der Revision unbestritten -

nur auf Grund der festgestellten Täuschungshandlung des Revisionswerbers durch absichtlichen Gebrauch einer - die Ausstellung eines Heimreisezertifikates vereitelnden - Aliasidentität ermöglicht worden war, erweist sich die vom BVwG angestellte Abwägung nach § 9 BFA-VG im Ergebnis nicht als unvertretbar (vgl. zur Bedeutung unrichtiger Identitätsangaben zuletzt etwa den hg. Beschluss vom 17. Oktober 2016, Ro 2016/22/0009, Rz 15, mwN). Ebenso hält sich das Unterbleiben der beantragten mündlichen Verhandlung im Rahmen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, weil die von der Revision in diesem Zusammenhang angesprochenen Integrationskriterien sowohl vom BFA als auch vom BVwG festgestellt worden waren. Darüber hinausgehende maßgeblich ins Gewicht fallende Sachverhaltselemente zeigt auch die Revision nicht auf. Da die in der Beschwerde geltend gemachten Umstände somit entweder vom BVwG seiner Beurteilung ohnehin zugrunde gelegt wurden bzw. sich nicht als entscheidungswesentlich erweisen, liegt mangels klärungsbedürftigen Sachverhalts im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG keine Verletzung der Verhandlungspflicht vor (vgl. dazu etwa die hg. Beschlüsse vom 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0076 und Ra 2016/21/0163).

14 Insgesamt werden somit in der Zulassungsbegründung keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, sodass die Revision gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen war.

15 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG Abstand genommen werden.

Wien, am 17. November 2016

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