VwGH Ra 2016/21/0179

VwGHRa 2016/21/017930.6.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Revision des M Z in L, vertreten durch Mag. Stefan Errath, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Untere Viaduktgasse 6/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. April 2016, Zl. G313 2107611- 1/9E, betreffend (insbesondere) Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines befristeten Einreiseverbotes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

BFA-VG 2014 §21 Abs7;
BFA-VG 2014 §9;
EMRK Art8;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §24;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
BFA-VG 2014 §9;
EMRK Art8;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §24;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der 1981 geborene Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, kam im März 2002 rechtmäßig nach Österreich zu seiner österreichischen Ehefrau. Er erhielt in der Folge Niederlassungsbewilligungen und, zuletzt am 23. Mai 2013, einen (nunmehr gemäß § 81 Abs. 29 NAG als Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" geltenden) Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt Familienangehöriger".

2 Mit seiner österreichischen Ehefrau hat der Revisionswerber zwei minderjährige Kinder (geboren am 3. Mai 2002 und am 10. Juni 2006), die ebenfalls österreichische Staatsbürger sind. In Österreich befinden sich noch weitere Verwandte des Revisionswerbers.

3 Der Revisionswerber wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Wels vom 5. Februar 2015 wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Er hatte seinem damaligen Dienstgeber S. zwischen 14. Jänner 2008 und 23. März 2009 sowie seinem späteren Dienstgeber L. zwischen 1. Jänner 2010 und 2. August 2013 in zahlreichen Angriffen Waren im Gesamtwert von EUR 292.999,60 in der Absicht gestohlen, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Diebstähle fortlaufende Einnahmen (u.a. zur Deckung des Lebensunterhalts sowie zum Erwerb einer Liegenschaft mit Haus in seinem Heimatort) zu verschaffen. Die Strafe verbüßte er - unter Anrechnung einer Vorhaft ab 3. August 2013 - bis zu seiner bedingten Entlassung aus der Strafhaft am 3. August 2015.

4 Angesichts dieser Straftaten wurden gegen den Revisionswerber mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 30. April 2015 (u.a.) gemäß § 52 Abs. 5 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) eine Rückkehrentscheidung und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein Einreiseverbot in der Dauer von sieben Jahren erlassen.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 25. April 2016 wurde die Beschwerde gegen diesen Bescheid des BFA insoweit als unbegründet abgewiesen. Weiters sprach das BVwG gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

6 In der Begründung erachtete es die Voraussetzungen des § 52 Abs. 5 FPG als (unbestritten) erfüllt. Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG falle die jahrelange Begehung massiver Straftaten, durch die der Revisionswerber seine Inhaftierung und die Trennung von der Familie in Kauf genommen habe, ins Gewicht. Seine Ehefrau habe selbst Diebstähle verübt, oben erwähnte gestohlene Gegenstände in Bosnien verkauft, weshalb sie rechtskräftig wegen Diebstahls und Hehlerei verurteilt worden sei, und habe den Revisionswerber dabei unterstützt, sich - mit dem angesprochenen Haus - eine Zukunft in Bosnien aufzubauen. Die gesamte Familie sei, zwecks Transportes der Beute, bis zu zehnmal im Jahr mit dem PKW nach Bosnien gereist. Im Hinblick auf aktuell aufrechte enge Beziehungen zum Heimatstaat, in dem Angehörige lebten, künftige Besuchsmöglichkeiten und die hohe vom Revisionswerber ausgehende Gefährlichkeit sei dessen Trennung von seiner österreichischen Familie im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen.

7 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision erweist sich als unzulässig:

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

10 Die diesbezüglichen Ausführungen in der Revision richten sich - unter dem Gesichtspunkt eines Abweichens von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - gegen die Unterlassung einer in der Beschwerde ausdrücklich beantragten Verhandlung, die der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks vom Revisionswerber und der Darstellung der Intensität seiner familiären Bindungen in Österreich hätte dienen sollen.

11 Richtig ist, dass der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt darauf hingewiesen hat, der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks komme bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen, insbesondere auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände, besondere Bedeutung zu (vgl. etwa das Erkenntnis vom 12. November 2015, Ra 2015/21/0101, Punkt 4.2. der Entscheidungsgründe, mwN).

Allerdings kann gemäß dem auch im vorliegenden Fall in Betracht zu ziehenden § 21 Abs. 7 BFA-VG - trotz Vorliegens eines diesbezüglichen Antrages - (ausnahmsweise) von der Durchführung einer Verhandlung unter anderem dann abgesehen werden, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (vgl. zu dieser Voraussetzung des Näheren das Erkenntnis vom 22. Jänner 2015, Ra 2014/21/0052, Punkt 4. der Entscheidungsgründe).

12 Bei den Ausführungen zur familiären, sozialen und beruflichen Situation lässt sich schon deshalb nicht erkennen, dass das BVwG von den in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien zur Verhandlungspflicht abgewichen wäre, weil der Revisionswerber die vom BFA getroffenen Feststellungen in seiner Beschwerde nicht substantiiert bestritten hat. Das BVwG hat sich den tragenden beweiswürdigenden Erwägungen des BFA angeschlossen. Damit war der Sachverhalt insoweit jedenfalls nicht als ungeklärt zu betrachten.

13 Darüber hinaus in der Beschwerde ins Treffen geführte Umstände (wie die berufliche Weiterbildung des Revisionswerbers und daraus folgende Aussichten sowie der aktuelle Aufenthalt weiterer Angehöriger) hätten im vorliegenden, insoweit ganz eindeutigen Fall zu keinem anderen Ergebnis, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die - auf einer Trennung des Revisionswerbers von seiner österreichischen Familie basierenden - Interessenabwägung, führen können. Ihnen fehlt daher die Relevanz, sodass diesbezüglich kein entscheidungswesentlicher klärungsbedürftiger Sachverhalt vorlag (vgl. in diesem Sinn etwa den hg. Beschluss vom 25. Februar 2016, Ra 2016/21/0022).

14 Das vom BVwG fallbezogen erzielte Ergebnis kann angesichts des vom Revisionswerber jahrelang fortgesetzten massiven Verbrechens, der außergewöhnlichen Höhe der Beute sowie der engen Einbeziehung der Familie in deren Verwertung jedenfalls nicht als unvertretbar angesehen werden.

15 Zusammenfassend ergibt sich daher, dass in der Revision keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt werden. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am 30. Juni 2016

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