Normen
MSG NÖ 2010 §11 Abs1;
MSG NÖ 2010 §11 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
MSG NÖ 2010 §11 Abs1;
MSG NÖ 2010 §11 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 28. Jänner 2016 hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der Revisionswerberin im zweiten Rechtsgang - nachdem dessen Erkenntnis vom 21. Jänner 2015 mit hg. Erkenntnis vom 11. August 2015, Zl. Ra 2015/10/0030, aufgehoben worden war - für den Zeitraum von Oktober 2014 bis Dezember 2014 eine monatliche Mindestsicherungsleistung von EUR 573,41 und für den Zeitraum von Jänner 2015 bis September 2015 eine monatliche Mindestsicherungsleistung von EUR 583,79 zuerkannt. Die Revision wurde nicht zugelassen.
2 Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren wesentlich - aus, die Wohnungskosten der alleine lebenden Revisionswerberin hätten für den Zeitraum von Oktober 2014 bis Juni 2015 EUR 509,58 monatlich, für den Zeitraum von Juli 2015 bis 30. September 2015 EUR 525,35 betragen, wobei die Revisionswerberin für den gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum einen monatlichen Wohnzuschuss in Höhe von EUR 250,-- bezogen habe.
3 Die "Wohnsituation" der Revisionswerberin sei "betreffend Ausstattung, Größe und Miete angemessen". Der von der Revisionswerberin nach Abzug des Wohnzuschusses von monatlich EUR 250,-- zu tragende Wohnungsaufwand betrage EUR 259,58 bzw. ab Juli 2015 EUR 275,35.
4 Diese Beträge überstiegen den 25%-igen Anteil des Mindeststandards (der bis Dezember 2014 EUR 203,50, ab Jänner 2015 EUR 209,95 ausmache), und zwar im Zeitraum von Oktober 2014 bis Dezember 2014 um EUR 56,08, vom Jänner bis Juni 2015 um EUR 52,63 sowie ab 1. Juli 2015 um EUR 68,40, weshalb die Wohnbauförderung (der Wohnzuschuss) als von dritter Seite erbrachte Leistung (auf das Einkommen der Revisionswerberin) angerechnet werden dürfe.
5 Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil mit dem angefochtenen Erkenntnis das hg. Erkenntnis zur Zl. 2015/10/0030 umgesetzt werde.
6 2. Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, welche das Verwaltungsgericht samt den Akten des Verfahrens vorgelegt hat.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
7 1. Die Revision, welche ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung vorbringt, ist zulässig und berechtigt.
8 In dem erwähnten Erkenntnis zur Zl. Ra 2015/10/0030 hat der Verwaltungsgerichtshof wie folgt ausgeführt:
9 "Grundsätzlich ist zwar davon auszugehen, dass durch den Mindeststandard zur Deckung des Wohnbedarfes iSd § 11 Abs. 3 NÖ MSG (in Höhe von 25% bzw. 12,5% des Mindeststandards) der Wohnbedarf des Hilfebedürftigen im Allgemeinen sichergestellt ist; eine Anrechnung von Leistungen von dritter Seite für den Wohnbedarf auf diesen 25%- bzw. 12,5%-Anteil hat aber jedenfalls zur Voraussetzung, dass Feststellungen über den für eine angemessene Wohnsituation des Hilfebedürftigen notwendigen Aufwand getroffen werden. Übersteigt nämlich der Aufwand für eine angemessene Wohnsituation den 25%- bzw. 12,5%-Anteil des Mindeststandards, so kommt eine Anrechnung der von dritter Seite für den Wohnbedarf erbrachten Leistungen (z.B. Wohnbauförderung) nur insoweit in Betracht, als diese den angemessenen Wohnungsaufwand abzüglich des 25%- bzw. 12,5%-Anteil des Mindeststandards übersteigen.
10 Das Verwaltungsgericht hat sich allerdings - ausgehend von seiner Rechtsauffassung - gar nicht damit befasst, wie hoch der für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation der Revisionswerberin notwendige Aufwand ist (und ob die von ihr belegten Wohnungskosten von EUR 509,58 diesen notwendigen Aufwand allenfalls übersteigen)."
11 2. Entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung kommt somit dann, wenn der Aufwand für eine angemessene Wohnsituation den (hier maßgeblichen) 25%-igen Anteil des Mindeststandards übersteigt, eine Anrechnung der von dritter Seite für einen Wohnbedarf erbrachten Leistungen (hier: des Wohnzuschusses) nur insoweit in Betracht, als diese Leistungen den angemessenen Wohnungsaufwand abzüglich des 25%-igen Anteil des Mindeststandards übersteigen.
12 3. Das Verwaltungsgericht geht im angefochtenen Erkenntnis davon aus, dass von der Revisionswerberin zu tragende Wohnaufwand angemessen ist.
13 Damit wäre etwa für den Oktober 2014 von dem Wohnungsaufwand von 509,58 zunächst der 25%-ige Anteil des Mindeststandards, also EUR 203,50, abzuziehen. Da die verbleibenden EUR 306,08 durch den gewährten monatlichen Wohnzuschuss von EUR 250,-- nicht abgedeckt werden, kommt eine Anrechnung dieses Wohnzuschusses auf das Einkommen der Revisionswerberin bei der Bemessung des Anspruchs auf Mindestsicherung nicht in Betracht. Entsprechende Berechnungen für die übrigen verfahrensgegenständlichen Monate ergeben ebenso, dass die von dritter Seite erbrachte Leistung (der Wohnzuschuss) den Betrag für den angemessenen Wohnungsaufwand abzüglich des 25%-igen Anteils des Mindeststandards nicht übersteigt.
14 4. Indem das Verwaltungsgericht somit das im hg. Erkenntnis zur Zl. Ra 2015/10/0030 Gesagte verkannt hat, hat es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb dieses gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
15 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 28. Juni 2016
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