VwGH Ra 2016/07/0009

VwGHRa 2016/07/000928.4.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Revision der *****, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 9. November 2015, Zl. LVwG 46.23-1689/2015-34, betreffend ein wasserrechtliches Kollaudierungsverfahren (belangte

Behörde: Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung; mitbeteiligte

Partei: *****), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016070009.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts wurde die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den wasserrechtlichen Kollaudierungsbescheid der belangten Behörde betreffend eine Wasserkraftanlage der mitbeteiligten Partei abgewiesen. Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen.

Die Revisionswerberin hatte ua geltend gemacht, durch die nachträgliche Genehmigung von Abweichungen der Anlage der mitbeteiligten Partei im Verfahren nach § 121 WRG 1959 werde ihr Wasserbenutzungsrecht (als Oberliegerin) beeinträchtigt; ihr stehe auf Grund eines Bewilligungsbescheides aus dem Jahr 1929 nämlich eine Konsenswassermenge von 2,5 m3/s zu. Demgegenüber ging das LVwG in Bezug auf die Anlage der Revisionswerberin mit näherer Begründung von einer Konsenswassermenge von 1,6 m3/s aus.

5 Die außerordentliche Revision der Revisionswerberin macht als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung geltend, das LVwG ignoriere den Inhalt des ursprünglichen Konsenses für ihre Anlage (aus dem Jahr 1929); es habe sich daher über die Rechtsprechung zur Auslegung solcher alter Bewilligungsbescheide hinweg gesetzt.

6 Die hier aufgeworfene Frage der Auslegung eines Bescheides stellt die Lösung eines Einzelfalls dar, dem regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. zur Auslegung eines in einer Verhandlungsschrift protokollierten Vorbringens den hg. Beschluss vom 26. Februar 2014, Ro 2014/04/0022). Allerdings weicht das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts auch in einer solchen Frage dann von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wenn es in seine Einzelfallbeurteilung Aspekte einbeziehen würde, welche nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutungslos sind, bzw. wenn es - davon abgesehen - seine Beurteilung allein auf einen Umstand stützt, welcher nach dieser Rechtsprechung für sich allein genommen eine solche nicht rechtfertigt, und solcherart die zu der in Rede stehenden Rechtsfrage entwickelten Grundsätze verkennen würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 2015, Ra 2014/12/0015).

7 Der letztgenannte Fall liegt hier aber nicht vor.

Entgegen der Darstellung der revisionswerbenden Partei ergibt sich im vorliegenden Fall aus dem Genehmigungsbescheid vom 25. Oktober 1929 kein eindeutiges Bild über das damit genehmigte Maß der Wasserbenutzung. So ist zum einen - im Zusammenhang mit dem erzielten Rohgefälle - von einer erwartbaren maximalen Betriebswassermenge von 2,5 m3/s und einer Leistung von 380 PS die Rede, zum anderen von einem Ausbau der Turbinenanlage nur für eine Leistung von 250 PS (= 1,6 m3/s) und dem Anschluss von zwei Spiralturbinen von je ca. 120 PS Leistung. Im Bescheid vom 7. Juli 1986, mit dem eine Vereinbarung zwischen den Verfahrensparteien über Erhaltungspflichten und Beitragsquoten genehmigt wurde, findet sich als Teil der Vereinbarung die von den Verfahrensparteien unbestrittene Angabe, dass "die Anlage (des Rechtsvorgängers) der Revisionswerberin mit maximal 256 PS begrenzt sei".

Nach § 13 Abs. 2 WRG 1959 gilt als Regel für den Fall, in dem sich bei einer bestehenden Anlage Zweifel über das Maß der dem Berechtigten zustehenden Wassernutzung ergeben, dass sich das Wasserbenutzungsrecht bloß auf den zur Zeit der Bewilligung maßgebenden Bedarf des Unternehmens erstreckt, sofern die Leistungsfähigkeit der Anlage nicht geringfügig ist. Vor diesem Hintergrund erscheint das Verständnis des LVwG, wonach der Konsens der Anlage der Revisionswerberin umgerechnet mit 1,6 m3/s begrenzt sei, jedenfalls vertretbar. Ein Widerspruch zur Rechtsprechung liegt nicht vor.

8 Dagegen sprechen auch nicht die in der Stellungnahme zur Revisionsbeantwortung vorgebrachten weiteren rechtlichen Überlegungen der Revisionswerberin. Entgegen ihrer Darstellung war das Maß der bewilligten Wasserbenutzung vor dem Hintergrund des Bescheides vom 25. Oktober 1929 keinesfalls eindeutig; es lag ein Zweifelsfall vor. Die von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Bestimmungen der §§ 18 und 23 des Steiermärkischen Landeswasserrechtsgesetzes vom 18. Jänner 1872, LGBl. Nr. 8 (diese entsprechen den Bestimmungen der §§ 19 und 26 des Reichsgesetzes vom 30. Mai 1869, RGBl. Nr. 93, betreffend die der Reichsgesetzgebung vorbehaltenen Bestimmungen des Wasserrechts), sahen aber ebenfalls vor, dass "im Zweifel über das Maß einer bestehenden Wassernutzung als Regel zu gelten habe, dass sich die Bewilligung und Erwerbung des Wasserbenützungsrechtes bloß auf den Bedarf der Unternehmung des Berechtigten beschränkt".

Auf das Verständnis dieser damaligen Regelungen in der damaligen Rechtsprechung kommt es aber im vorliegenden Fall schon deshalb nicht an, weil hier allein die Bestimmung des § 13 Abs. 2 WRG 1959 zur Anwendung gelangt. Abgesehen davon betont auch das von der Revisionswerberin zitierte, zum diesbezüglich inhaltsgleichen Böhmischen Landeswasserrechtsgesetz ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. März 1912, Budw. Slg. 8795, in Anwendung der genannten Zweifelsregel, dass es auf den im Zeitpunkt der Erteilung der Konzession notwendigen Bedarf und nicht auf die Kapazität der Wasserwerksvorrichtungen ankomme.

9 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. April 2016

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