VwGH Ra 2016/05/0058

VwGHRa 2016/05/005813.12.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth, die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision des Magistrates der Stadt Wien gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 21. April 2016, Zl. VGW-111/V/005/1768/2016-3, betreffend Anträge auf Zuerkennung der Parteistellung und Bescheidzustellung (mitbeteiligte Partei: Mag. I S W; weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4 impl;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §134a Abs1 litb;
BauO Wr §134a Abs1;
BauO Wr §70 Abs1;
BauO Wr §94 Abs2;
BauO Wr §94 Abs3;
BauRallg;
VwGVG 2014 §28 Abs1;
VwGVG 2014 §28;
AVG §66 Abs4 impl;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §134a Abs1 litb;
BauO Wr §134a Abs1;
BauO Wr §70 Abs1;
BauO Wr §94 Abs2;
BauO Wr §94 Abs3;
BauRallg;
VwGVG 2014 §28 Abs1;
VwGVG 2014 §28;

 

Spruch:

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 19. März 2015 erteilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, dem S gemäß § 70 Bauordnung für Wien (BO) die Baubewilligung, auf der Liegenschaft Z.-Gasse Nr. 23 über dem Flachdach des Hofgebäudes eine Terrasse in Stahlkonstruktion herzustellen.

2 Mit Eingabe vom 7. August 2015 beantragte die mitbeteiligte Partei als Miteigentümerin der Liegenschaft Z.-Gasse Nr. 21 Parteistellung im genannten Baubewilligungsverfahren und Zustellung des Baubewilligungsbescheides.

3 Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 18. August 2015 wurde gemäß § 134 Abs. 3 BO iVm § 8 AVG festgestellt, dass der mitbeteiligten Partei im mit Bescheid vom 19. März 2015 abgeschlossenen Baubewilligungsverfahren keine Parteistellung zukommt. Unter einem wurde der Antrag auf Zustellung des Baubewilligungsbescheides als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, da im gegenständlichen Bauvorhaben zur Herstellung einer Stahlkonstruktion mit Holzbelag auf der bereits bewilligten und bestehenden Terrasse keine der in § 134a BO genannten subjektiv-öffentlichen Anrainerrechte betroffen würden, sei keine Bauverhandlung abgehalten worden. Durch die bauliche Herstellung würden weder die Bestimmungen über die Abstände des Gebäudes zur Nachbargrundgrenze noch jene über die Gebäudehöhe berührt. Das Flachdach sei bereits 2011 in eine "Nutzung als Terrasse umgeändert" worden, eine entsprechende Bewilligung dafür sei erwirkt worden. Nach der nunmehr gegenständlichen Bewilligung werde lediglich die Konstruktion des Daches abgeändert. Es sei somit keine Partei übergangen worden, und es habe nach der Rechtslage auch gar keine Parteistellung erlangt werden können. Mangels Parteistellung sei auch der Antrag auf Bescheidzustellung unzulässig.

4 Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, eine schon bewilligte Terrasse solle in einer anderen Höhenlage errichtet werden. Das Gebäude dürfte nach den nunmehrigen Bebauungsbestimmungen nicht mehr errichtet werden, weshalb auch Veränderungen, jedenfalls aber Vergrößerungen desselben unzulässig seien. Das Parteiengehör leite sich aus den §§ 94 und 134a Abs. 1 lit a, b und c BO sowie den OIB-Richtlinien ab. Der genaue Inhalt der Bewilligung sei mangels Parteiengehörs nicht bekannt, Einwendungen könnten daher nur auf Grund von Vermutungen und Wahrnehmungen in der Natur erhoben werden. Es solle aber eine Dacherhöhung und Volumsvergrößerung erfolgen, ebenso eine Nutzungsänderung und eine Schaffung von Nutzflächen, und der Brandschutz sei nicht gegeben.

5 Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG der Beschwerde statt und behob den angefochtenen Bescheid vom 18. August 2015. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei Nachbarin im Sinne des § 134 Abs. 3 BO. Sie habe in ihrem Schreiben vom 7. August 2015 den nicht ausreichenden Brandschutz entlang der Grundstücksgrenze und die Überschreitung der maximalen baulichen Ausnützbarkeit von 70% angeführt, aber auch darauf hingewiesen, dass sie, da ihr keine Akteneinsicht gewährt worden sei, zum Bauvorhaben keine konkreten Einwendungen erheben könne. Diesem Vorbringen komme Berechtigung zu. Für die Parteistellung komme es nur auf die Möglichkeit einer Rechtsverletzung an, nicht aber darauf, ob diese durch das Bauvorhaben auch erfolge. Auch komme es nicht darauf an, ob eine Beeinträchtigung gegebenenfalls zulässig sei. Da das gegenständliche Baubewilligungsverfahren ohne mündliche Verhandlung durchgeführt worden sei, sei der mitbeteiligten Partei der Baubewilligungsbescheid zuzustellen und ihr Akteneinsicht in die Pläne zu gewähren, damit sie allfällige Einwendungen geltend machen könne. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung könne gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

6 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Revision mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Die Revision ist in Anbetracht der Frage der Rechtmäßigkeit der ersatzlosen Behebung des vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheides zulässig.

8 In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, das Verwaltungsgericht hätte in der Sache selbst entscheiden müssen anstatt der belangten Behörde eine Bescheidzustellung unter Gewährung von Akteneinsicht aufzutragen. Das Verwaltungsgericht habe nicht begründet, weshalb durch das gegenständliche Projekt eine Verletzung von subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten überhaupt denkbar sei. Das Verwaltungsgericht lasse außer Betracht, dass lediglich die Herstellung einer Stahlkonstruktion mit Holzbelag auf einer bereits bewilligten und bestehenden Terrasse projektiert sei, Brandschutz kein Nachbarrecht bilde und seitens der mitbeteiligten Partei gegenüber der belangten Behörde die Gewährung von Akteneinsicht nicht begehrt worden sei. Nicht bei jedem möglichen Projekt würden subjektiv-öffentliche Nachbarrechte berührt. So sei auch nicht bei jedem Bauvorhaben die Durchführung einer mündlichen Verhandlung samt Ladung der Nachbarn erforderlich. Verfahrensgegenständlich seien keine Maßnahmen, die Auswirkungen auf den Abstand des Gebäudes zur Nachbargrundgrenze oder auf die Gebäudehöhe hätten. Die für die Bemessung der Gebäudehöhe maßgebende Bausubstanz werde nicht verändert. Insbesondere würden keine weiteren Gebäudeteile in Massivbauweise aufgemauert, die Konstruktion samt Unterkonstruktion der Dachterrasse in Stahl und Holz werde nicht vollflächig bzw. dicht ausgeführt und diese Konstruktion sei auch nicht raumbildend. Die aus Stahl und Holz aufgesetzte Terrassenkonstruktion bilde keine Fortsetzung des eigentlichen Gebäudes.

9 § 70 der Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 (BO), idF

Nr. 42/1996 lautet auszugsweise:

"Bauverhandlung und Baubewilligung

§ 70. (1) Besteht die Möglichkeit, dass durch ein Bauvorhaben subjektiv-öffentliche Nachbarrechte berührt werden (§ 134a), ist, wenn nicht das vereinfachte Baubewilligungsverfahren zur Anwendung kommt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, zu der auch der Planverfasser und der Bauführer, sofern nicht § 65 Abs. 1 anzuwenden ist, zu laden sind.

..."

10 § 94 BO idF LGBl. Nr. 24/2008 lautet:

"Ausbreitung von Feuer auf andere Bauwerke

§ 94. (1) Bauwerke müssen so geplant und ausgeführt sein, dass der Ausbreitung von Feuer auf andere Bauwerke vorgebeugt wird.

(2) Die Außenwände von Bauwerken müssen so ausgeführt werden, dass das Übergreifen eines Brandes auf andere Bauwerke verhindert wird oder, sofern dies auf Grund der Größe und des Verwendungszweckes der Bauwerke genügt, ausreichend verzögert wird. Eine solche Ausführung der Außenwände ist nicht erforderlich, wenn die Bauwerke in einem entsprechenden Abstand voneinander errichtet werden. Dabei ist auch die zulässige Bebauung auf Nachbargrundstücken zu berücksichtigen.

(3) Dacheindeckungen, Dachaufbauten und lichtdurchlässige Elemente in Dächern (zB Dachflächenfenster, Lichtkuppeln, Lichtbänder) müssen so ausgeführt und angeordnet sein, dass eine Brandentstehung durch Flugfeuer oder Wärmestrahlung vermieden wird. Für Dachaufbauten und lichtdurchlässige Elemente in Dächern gilt Abs. 2 sinngemäß.

(4) Die Herstellung von Öffnungen in Feuermauern ist bei Einhaltung der Brandschutzanforderungen mit Zustimmung des Eigentümers der Nachbarliegenschaft zulässig. Bei der Beurteilung, ob ein Großbauvorhaben (§ 7b) oder ein Einkaufszentrum (§ 7c) vorliegt, gelten durch Öffnungen jeglicher Größe in Feuermauern verbundene Räume und andere Anlagenteile als eine Einheit."

11 § 134 BO idF LGBl. Nr. 25/2009 lautet auszugsweise:

"Parteien

...

(3) Im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes sind außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind wie Eigentümer der Liegenschaften zu behandeln. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a erschöpfend festgelegten subjektivöffentlichen Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet Abs. 4, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die geplante Bauführung erheben; das Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG) steht Nachbarn bereits ab Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde zu. Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG). Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben oder bis zu einer Breite von 6 m durch Fahnen oder diesen gleichzuhaltende Grundstreifen oder eine höchstens 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche von dieser Liegenschaft getrennt sind und im Falle einer Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche der zu bebauenden Liegenschaft gegenüberliegen. In allen übrigen Widmungsgebieten sowie bei Flächen des öffentlichen Gutes sind jene Liegenschaften benachbart, die in einer Entfernung von höchstens 20 m vom geplanten Bauwerk liegen.

..."

12 § 134a BO idF LGBl. Nr. 25/2014 lautet auszugsweise:

"Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte § 134 a. (1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte,

deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

a) Bestimmungen über den Abstand eines Bauwerkes zu den

Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der

Erdoberfläche;

b) Bestimmungen über die Gebäudehöhe;

c) Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von

Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten;

d) Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der

Fluchtlinien;

e) Bestimmungen, die den Schutz vor Immission, die sich aus

der widmungsgemäßen Benützung eines Bauwerkes ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Bauwerkes zu Wohnzwecken, für Schulen oder Kinderbetreuungseinrichtungen oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden;

f) Bestimmungen, die den Nachbarn zu Emissionen berechtigen.

..."

13 § 18 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), lautet:

"Parteien

§ 18. Partei ist auch die belangte Behörde."

14 § 28 VwGVG lautet auszugsweise:

15 Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

  1. 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
  2. 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das

    Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

(4) Hat die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben, hat das Verwaltungsgericht, wenn es nicht gemäß Abs. 2 in der Sache selbst zu entscheiden hat und wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

..."

16 § 31 VwGVG lautet auszugsweise:

"Beschlüsse

§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

..."

17 Vorweg ist festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung nicht auf § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG gestützt hat. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Spruch des angefochtenen Beschlusses, der § 28 Abs. 1 VwGVG zitiert, und auch daraus, dass keine Zurückverweisung an die belangte Behörde erfolgt ist. Zu bemerken ist, dass eine Vorgangsweise nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG auch der hg. Judikatur widersprechen würde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 2014, Zl. Ro 2014/03/0063, vom 27. August 2014, Zl. Ro 2014/05/0062, und vom 30. September 2015, Zl. Ra 2015/06/0049).

18 Das vorliegende Verfahren wurde durch den Antrag der mitbeteiligten Partei vom 7. August 2015 auf Zuerkennung der Parteistellung und Zustellung des Baubewilligungsbescheides ausgelöst. Über diesen Antrag war im Verfahren zu entscheiden. Die belangte Behörde hat dies in ihrem Bescheid vom 18. August 2015 dahingehend getan, dass sie festgestellt hat, dass der mitbeteiligten Partei im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren keine Parteistellung zukommt, und dass sie den Antrag auf Zustellung des Baubewilligungsbescheides als unzulässig zurückgewiesen hat. Auf Grund der dagegen gerichteten Beschwerde war das Verwaltungsgericht gemäß § 28 VwGVG gehalten, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (dass die Beschwerde im Sinne des § 28 Abs. 1 VwGVG zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen wäre, hat das Verwaltungsgericht nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich).

19 Eine ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde durch das Verwaltungsgericht kommt hingegen grundsätzlich nur in Frage, wenn der angefochtene Bescheid nicht hätte ergehen dürfen (vgl. zur vergleichbaren Rechtslage nach § 66 Abs. 4 AVG Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 97 ff). Ein derartiger Fall ist hier offensichtlich nicht gegeben.

20 Eine ersatzlose Behebung hat grundsätzlich zur Folge, dass über den Verfahrensgegenstand nicht mehr neuerlich entschieden werden darf, dass somit auch ein Parteienantrag unerledigt bleibt (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 108). Dies verschlägt nur dann nicht und macht eine ersatzlose Behebung nur dann nicht rechtswidrig, wenn besondere Gründe dafür vorliegen, etwa wenn eine positive Erledigung des Parteienantrages durch Bescheid gar nicht in Betracht kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. 2005/05/0374; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 13. April 2000, Zl. 99/07/0202, nach dem die ersatzlose Behebung eines Anlagenbewilligungsbescheides durch die Berufungsbehörde rechtmäßig ist, wenn in der Bescheidbegründung zweifelsfrei dargestellt wird, dass der Antrag auf Anlagengenehmigung damit unerledigt bleibt und von der Behörde erster Instanz unter Berücksichtigung der mittlerweile durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes bindend feststehenden Parteistellung einer mitbeteiligten Partei meritorisch zu erledigen ist).

21 Ein vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor. Verfahrensgegenständlich ist der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung der Parteistellung im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren bzw. auf Zustellung des Baubewilligungsbescheides. Eine Zustellung des Baubewilligungsbescheides, die der mitbeteiligten Partei eine Berufungsmöglichkeit eingeräumt hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2001, Zl. 99/06/0032, mwN), ist nicht erfolgt. Zwar kommt in der Begründung des angefochtenen Beschlusses zum Ausdruck, dass der mitbeteiligten Partei der Baubewilligungsbescheid zuzustellen und ihr Akteneinsicht im Baubewilligungsverfahren zu geben ist. Dies entbindet das Verwaltungsgericht aber nicht davon, spruchgemäß über den Antrag auf Parteistellung - in Bestätigung des angefochtenen Bescheides oder dessen Abänderung - abzusprechen.

22 Der angefochtene Beschluss war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

23 Dem Verwaltungsgericht ist im Übrigen Recht zu geben, dass es für die Parteistellung nur auf die Möglichkeit einer Rechtsverletzung ankommt, nicht aber darauf, ob diese durch das Bauvorhaben erfolgt, und dass es dabei auch nicht von Bedeutung ist, ob eine Beeinträchtigung gegebenenfalls zulässig ist. Allerdings hat sich die belangte Behörde in ihrem Bescheid vom 18. August 2015 darauf berufen, dass der geplante Bau gar nicht geeignet ist, die subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn zu berühren. Mit dieser Frage der Möglichkeit der Beeinträchtigung von Nachbarrechten hat sich das Verwaltungsgericht nicht auseinandergesetzt. Sollte es zutreffen, dass das konkrete Bauvorhaben von vornherein nicht geeignet ist, subjektivöffentliche Nachbarrechte zu berühren, käme eine Parteistellung nicht in Frage (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1990, Zl. 89/05/0240, vom 25. März 1997, Zl. 96/05/0261, und vom 30. Juni 2015, Zl. Ra 2015/03/0022; vgl. weiters § 70 Abs. 1 erster Satz BO, wonach auch der Gesetzgeber davon ausgeht, dass es Bauvorhaben gibt, die von vornherein eine Verletzung von Nachbarrechten nicht in Frage kommen lassen, und das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 2013, Zl. 2013/05/0206, wo der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht hat, dass dem Gesetzgeber auch angesichts des § 134 Abs. 3 BO nicht zugesonnen werden kann, dass er einer Nichtpartei ein Recht auf Akteneinsicht auch dann gewähren wollte, wenn für diese die nachträgliche Erlangung der Parteistellung gar nicht in Betracht kommt).

24 Zu Nachbarrechten ist schließlich noch auf das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2014, Zl. 2013/05/0168, hinzuweisen, wonach § 94 Abs. 2 BO (auf den auch der letzte Satz des § 94 Abs. 3 BO verweist) dem Nachbarn auch zum Brandschutz Nachbarrechte zuerkennt, sowie darauf, dass § 134a Abs. 1 lit. b BO Nachbarrechte auch in Bezug auf die einschlägigen Vorschriften betreffend Dächer einräumt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2007, Zl. 2005/05/0365, mwN).

Wien, am 13. Dezember 2016

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