Normen
ABGB §863;
ABGB §914;
ABGB §915;
BVergG 2006 §78;
BVergG 2006 §79;
ABGB §863;
ABGB §914;
ABGB §915;
BVergG 2006 §78;
BVergG 2006 §79;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit den angefochtenen Entscheidungen wurden die Anträge der Revisionswerberin, die Ausscheidensentscheidung der erstmitbeteiligten Auftraggeberin vom 19. Juni 2015 im Vergabeverfahren "Straßenbau: Schlosserarbeiten und Verkehrszeichenaufstellungen in Wien 2015" für nichtig zu erklären, abgewiesen (Erkenntnis), sowie die Zuschlagentscheidung der erstmitbeteiligten Partei für nichtig zu erklären, zurückgewiesen (Beschluss).
In beiden Fällen hat das Verwaltungsgericht die Revisionswerberin verpflichtet, die entrichteten Pauschalgebühren selbst zu tragen, und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig erklärt.
2 In seiner Begründung gab das Verwaltungsgericht zunächst folgende Ausschreibungsbestimmung wieder:
"Der Bieter muss für diesen Auftrag für jede Obergruppe 1 vollzeitbeschäftigte Ansprechperson sowie 1 vollzeitbeschäftigte Stellvertreterin namhaft machen. Die genannten Personen (Mindestqualifikation: Facharbeiter) müssen mindestens 5 Jahre Baustellenerfahrung nachweisen können. Dies ist in der Anlage 5 (Schlüsselpersonal) für jede Person zu dokumentieren. Die angegebenen Schlüsselpersonen dürfen für maximal 3 Obergruppen zum Einsatz kommen.
Vom Bieter ist zu belegen, dass die angegebenen Personen zum Zeitpunkt des Ablaufes der Angebotsfrist auch tatsächlich in einem Arbeitsverhältnis mit dem Bieter stehen. Der Nachweis der Beschäftigung dieser Arbeitskräfte kann beispielsweise durch die Übermittlung der aktuellen Liste der Bauarbeiterurlaubskasse oder der Sozialversicherung erfolgen.
Sollten die genannten Personen nicht beim Bieter beschäftigt sein, so ist das arbeitgebende Unternehmen als Subunternehmen namhaft zu machen."
3 Das Verwaltungsgericht führte dazu aus, die Eignungsanforderung betreffend Schlüsselpersonal werde nur von Personen erfüllt, die als vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis zur Bieterin stünden, bzw. in einem ebensolchen zu einem von der Bieterin namhaft gemachten Subunternehmen. Bei verständiger Würdigung könne diese Festlegung nur so verstanden werden, dass die Schlüsselpersonen im Sinn der gegenständlichen Eignungsanforderung in einem "Arbeitsverhältnis" stehen, also Arbeitnehmer der Bieterin sein müssen. Dies treffe auf den von der Revisionswerberin genannten Ing. S nicht zu, weil dieser als Geschäftsführer bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft versichert und zur Einkommenssteuer veranlagt sei.
4 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 3. Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit vor, es könne, nachdem die gegenständliche Ausschreibungsbestimmung außer dem Kriterium der tatsächlichen Vollzeitbeschäftigung keine darüber hinausgehenden Anforderungen an den Inhalt des Dienstverhältnisses vorgebe, schon bei wörtlicher Auslegung dieser Festlegungen nur darauf ankommen, dass die im Angebot angegebene Person beim Bieter tatsächlich vollzeitbeschäftigt sei und sie sich ihm gegenüber zur persönlichen Leistung verpflichtet habe, sodass ihm die volle Arbeitskraft dieser Person tatsächlich zur Verfügung stehe. Ein solches Arbeitsverhältnis werde auch durch einen freien Dienstvertrag begründet, weshalb die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass Arbeitskräfte im Sinn dieser Festlegung nur solche seien, die "in einem Verhältnis der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit" zum Bieter stünden, schon im krassen Widerspruch zum Wortlaut stehe.
6 Selbst wenn es die Absicht der mitbeteiligten Auftraggeberin gewesen sei, solche Schlüsselpersonen einzusetzen, die weisungsgebunden sind und somit auch einer weiteren unternehmensinternen Kontrolle unterliegen, würde das nicht die Auslegung ausschließen, dass ein freies Dienstverhältnis der Ansprechperson ausreichend sei. Gerade deshalb habe von einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung auch ein vollzeitbeschäftigter Geschäftsführer mit einem maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft als Ansprechperson genannt werden können. Der Geschäftsführer übe nämlich im Unternehmen der Gesellschaft die umfassende Kontrolle über die von ihr eingesetzten Arbeitskräfte aus und sei diesen gegenüber auch weisungsberechtigt. Umso mehr müsse es daher zulässig sein, dass der Geschäftsführer sich selbst als Schlüsselperson nenne, weil die Leistungserbringung damit auch seiner unternehmensinternen Kontrolle unterliege. Die gegenteilige Auslegung durch das Verwaltungsgericht widerspreche damit auch der erkennbaren Absicht der mitbeteiligten Auftraggeberin.
7 Auch die angeführten möglichen Nachweise, mit denen die Eignungsanforderung der angegebenen Schlüsselperson belegt werden könne (etwa Belege der Bauarbeiterurlaubskasse oder der Sozialversicherung), seien nicht zwingend verlangt worden. Wäre es der mitbeteiligten Auftraggeberin wirklich darauf angekommen, dass nur unselbständig erwerbstätige Dienstnehmer als Auftraggeber namhaft gemacht werden können, so hätte sie eine solche Festlegung wohl ausdrücklich getroffen.
8 Die verfehlte Auslegung des Verwaltungsgerichts führe zu einem gesetzwidrigen Ergebnis, weil sie die betroffenen Bieter ohne nachvollziehbaren Grund diskriminiere. So könne etwa ein Unternehmer, der eine natürliche Person sei und als Einzelunternehmer agiere, sich selbst nicht als Schlüsselperson einsetzen. Als selbständiger Unternehmer arbeite er nämlich nicht in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit für einen anderen, weshalb es für ihn als Einzelunternehmer auch kein anderes "arbeitgebendes Unternehmen" gebe, das er als Subunternehmer anführen könnte. Für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die ihr Unternehmen als juristische Person betreibe, dürfe nichts anderes gelten, wenn ihr Geschäftsführer selbst kein Unternehmer sei bzw. kein eigenes Unternehmen betreibe, sodass er auch nicht als Subunternehmer namhaft gemacht werden könnte.
4. Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt:
9 Zunächst ist vorauszuschicken, dass die Revision mit ihrem Argument, das in der Ausschreibungsbestimmung geforderte Arbeitsverhältnis könne auch durch einen "freien Dienstvertrag" begründet werden, von dem im angefochtenen Erkenntnis festgestellten Sachverhalt abweicht. Das Verwaltungsgericht hat nämlich die Feststellung getroffen, dass der von der Revisionswerberin als Schlüsselperson namhaft gemachte Ing. S bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft versichert sei.
10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Ausschreibungsbestimmungen nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen. Im Zweifel sind Festlegungen in der Ausschreibung gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen. Auf den vermuteten Sinn und Zweck der Ausschreibungsbestimmungen kommt es nicht an. Maßgeblich ist vielmehr der objektive Erklärungswert der Ausschreibungsbestimmungen (vgl. zu allem das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 2014, 2012/04/0066, mwN).
11 Ausgehend davon kann dem Verwaltungsgericht nicht entgegen getreten werden, wenn es in der vorliegenden Rechtssache fallbezogen festgehalten hat, dass Schlüsselpersonen im Sinn der gegenständlichen, bestandfest gewordenen Ausschreibungsbestimmung in einem "Arbeitsverhältnis" stehen, also Arbeitnehmer der Bieterin sein müssen und dies auf den als Geschäftsführer bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft versicherten Ing. S nicht zutrifft. Auf den vermuteten Sinn und Zweck der Ausschreibungsbestimmung, wie ihn die Revisionswerberin ihrem Vorbringen zugrunde legt, kommt es dabei nicht an. Ob eine gesetzeskonforme Auslegung der gegenständlichen Festlegung zu einem anderen Ergebnis hätte führen müssen, ist im vorliegenden Fall nicht relevant, weil eine solche nur im Zweifelsfall zum Tragen kommt.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 25. Oktober 2016
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