VwGH Ra 2016/03/0029

VwGHRa 2016/03/002918.10.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des A S in Z, vertreten durch die Donnerbauer & Hübner Rechtsanwälte GmbH in 2070 Retz, Hauptplatz 21, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 22. Dezember 2015, Zl. LVwG-S-2962/001-2015, betreffend Übertretung des NÖ Jagdgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
JagdG NÖ 1974 §2 Abs2;
MRKZP 07te Art4 Abs1;
TierschutzG 2005 §3 Abs4;
TierschutzG 2005 §5;
VStG §45 Abs1 Z2;
VStG §45;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016030029.L00

 

Spruch:

I. Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis dahingehend abgeändert, dass in Stattgebung der Beschwerde des Revisionswerbers das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn vom 22. September 2015, Zl. HLS2- V-15 5748/5 aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt wird. Der Revisionswerber hat gemäß § 52 Abs 8 VwGVG keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

II. Das Land Niederösterreich hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn vom 27. Februar 2015 wurde dem Revisionswerber vorgeworfen, er habe am 16. Mai 2014 auf einem näher bezeichneten Grundstück entgegen dem Verbot des § 5 Abs 1 und Abs 2 Z 4 Tierschutzgesetz einem Tier (Fuchs) ungerechtfertigte Schmerzen zugefügt, sowie es in schwere Angst versetzt, indem er ein Tier auf ein anderes Tier gehetzt habe. Er habe seinen Jagdhund auf den Fuchs gehetzt. Wegen Übertretung des § 5 Abs 1 iVm § 5 Abs 2 Z 4 Tierschutzgesetz wurde über den Revisionswerber eine Strafe von EUR 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 13 Stunden) verhängt.

2 Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gab der gegen diesen Strafbescheid erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers mit Erkenntnis vom 13. April 2015 Folge, hob den Bescheid auf und verfügte gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG die Einstellung des Strafverfahrens.

Begründend führte das Landesverwaltungsgericht aus, dass gemäß § 3 Abs 4 TSchG dieses Bundesgesetz nicht für die Ausübung der Jagd gelte. Im konkreten Fall ergebe sich bereits aus dem Akt, dass der Sachverhalt dem Jagdrecht zuzurechnen sei, sodass er aus dem Anwendungsbereich des TSchG ausgenommen sei. Inwieweit die Art und Weise der Tötung rechtens gewesen sei, sei folglich im Lichte jagdrechtlicher Bestimmungen (Weidgerechtigkeit) zu beurteilen. Die konkret zur Last gelegte Übertretung habe der Revisionswerber demgegenüber - mangels Anwendbarkeit des TSchG - nicht begehen können, sodass der Beschwerde Erfolg beschieden und die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen gewesen sei.

3 Daraufhin erließ die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn am 22. September 2015 zur Zl HLS2-V-15 5748/5 ein weiteres Straferkenntnis, mit welchem dem Revisionswerber vorgeworfen wurde, am 16. Mai 2014 auf einem näher bezeichneten Grundstück die Jagd nicht in einer allgemein als weidgerecht anerkannten Weise und unter Beobachtung der Grundsätze einer geordneten Jagdwirtschaft ausgeübt zu haben, da aus jagdfachlicher Sicht dem Gebot des raschen und sicheren Tötens eines Fuchses nicht entsprochen worden sei. Er habe dem Gebot der Weidgerechtigkeit zuwider gehandelt und dadurch eine Verwaltungsübertretung begangen. Der Revisionswerber habe hierdurch gegen § 2 Abs 2 NÖ Jagdgesetz verstoßen. Über ihn wurde eine Strafe von EUR 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden) verhängt.

4 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, welches mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis dem Rechtsmittel gemäß § 50 VwGVG keine Folge gab. Die ordentliche Revision erklärte es als nicht zulässig.

5 Das Verwaltungsgericht sah folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Der Revisionswerber habe im Tatzeitpunkt auf dem im Straferkenntnis genannten Grundstück aus ca 10 - 15 cm Entfernung einem in einer Gitterfalle befindlichen Fuchs mit einem Kleinkalibergewehr in den Rücken geschossen, somit nicht rasch und schmerzlos durch einen gezielten Kopfschuss getötet, sondern dadurch, dass er dem krankgeschossenen Fuchs durch Öffnen der Gitterfalle ein Hinauskriechen ermöglicht habe, um sodann seinen 12-jährigen Jagdhund auf diesen zu hetzen, dem Wildtier schwere und unnötige Qualen zugefügt.

Während der Revisionswerber in freier Verantwortung angegeben habe, den Fuchs bereits in der Falle getötet und dem Hund lediglich eine Lektion im Apportieren des toten Fuchses ermöglicht zu haben, hätten alle drei Zeugen schlüssig und widerspruchsfrei unter Wahrheitspflicht ausgeführt, der Jäger habe aus einigen Metern (wohl gemeint: Zentimetern) Entfernung in die Falle auf den Rücken des Tieres geschossen, sodass sich dieses "vor Schmerzen gekrümmt und gejault/gewinselt" habe. Dann habe er die Türe des Käfigs geöffnet, um dem lebenden, aber bereits an den Hinterläufen gelähmten Fuchs das Entweichen zu ermöglichen. Erst als der Fuchs aus der Falle gekrochen sei, habe er seinen Hund auf diesen gehetzt und der Hund habe den Fuchs zerfleischt.

Die Schilderung der Zeugen erscheine schon alleine deswegen glaubwürdig, weil alle drei Zeugen die Vorgangsweise des Jägers aus ein bis zwei Metern Entfernung hätten beobachten können und es ihnen daher zweifelsfrei möglich gewesen sei, festzustellen, ob der Fuchs unmittelbar nach der Schussabgabe noch gelebt habe oder sofort getötet worden sei. Es müsse ihnen weiters zugemutet werden, feststellen zu können, ob der Fuchs sich im Todeskampf noch im Fang des Hundes bewegt habe. Es erscheine auch widersinnig, den 12-jährigen Hund auf einen noch in der Falle befindlichen, bereits toten Fuchs zu hetzen, um ihm eine Lektion im Apportieren zu erteilen. Den Ausführungen der unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht einvernommenen Zeugen sei zu folgen.

Das Verwaltungsgericht hält im angefochtenen Erkenntnis weiters fest, die vom Revisionswerber eingewendete Doppelbestrafung wegen des zuvor vom Verwaltungsgericht in derselben Sache eingestellten Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung des § 5 TSchG liege nicht vor, weil die Bestimmungen des Tierschutzgesetzes gemäß § 3 Abs 4 TSchG nicht für die Ausübung der Jagd gelten. Die genannte Ausnahme erstrecke sich jedenfalls auf das Nachstellen, Verfolgen, Fangen und Erlegen jagdbarer Tiere (hier: Fuchs).

Im konkreten Fall ergebe sich bereits aus dem vorliegenden Akt, dass der Sachverhalt dem Jagdrecht zuzurechnen sei, sodass er aus dem Anwendungsbereich des TSchG ausgenommen sei. Die Art und Weise der Tötung des Fuchses sei daher im Lichte jagdrechtlicher Bestimmungen (Weidgerechtigkeit) zu beurteilen, weshalb die belangte Behörde dem Doppelbestrafungsverbot nicht zuwidergehandelt habe.

Das Verwaltungsgericht kommt zusammengefasst zum Ergebnis, dass die Vorgehensweise des Jägers klar und eindeutig jagdrechtlichen Vorschriften und weidgerechten Grundsätzen widersprochen habe. Die Art und Weise der Tötung des Wildtieres sei daher im Hinblick auf die Bestimmung des § 2 des NÖ Jagdgesetzes als schwerer Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit zu werten.

6 Gegen dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichts richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 VStG einstellen, in eventu zur neuerlichen Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverweisen sowie dem Land Niederösterreich die Verfahrenskosten auferlegen.

Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie im Wesentlichen der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts beipflichtete.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Die hier relevanten Bestimmungen des Tierschutzgesetzes (TSchG),  BGBl I Nr 118/2004 idF BGBl I Nr 114/2012, lauten auszugsweise wie folgt:

"Geltungsbereich

§ 3. (...)

(4) Dieses Bundesgesetz gilt nicht für die Ausübung der Jagd

und der Fischerei. Nicht als Ausübung der Jagd oder der Fischerei

gelten

1. die Haltung und Ausbildung von Tieren, die zur

Unterstützung der Jagd oder der Fischerei eingesetzt werden,

2. die Haltung von Tieren in Gehegen zu anderen als

jagdlichen Zwecken,

3. die Haltung von Fischen zu anderen Zwecken als der

Fischerei."

"Verbot der Tierquälerei

§ 5. (1) Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.

(2) Gegen Abs. 1 verstößt insbesondere, wer

(...)

4. ein Tier auf ein anderes Tier hetzt oder an einem

anderen Tier auf Schärfe abrichtet;"

8 Die Materialien zu § 3 Abs 4 TSchG (Erl zur RV 446 BlgNR, 22. GP ) führen zum Ausnahmebereich des Jagdrechtes Folgendes aus:

"Der Begriff der Weidgerechtigkeit ist zumeist - auch in den Jagdgesetzen - nicht definiert; er umfasst aber jedenfalls - abgesehen von hier nicht näher interessierenden Gesichtspunkten der Schonung des Wildbestandes und fremder Jagdrechte - insbesondere den Gesichtspunkt des Schutzes der Tiere vor Quälerei (so ausdrücklich § 27 Abs. 1 lit. d des Vorarlberger Gesetzes über das Jagdwesen); ein solcher spezifisch jagdlicher Gesichtspunkt des Tierschutzes ist die Einhaltung von Schussentfernungen, um Treffsicherheit, somit sofort tödliche Schusswirkung zu gewährleisten. Das Erfordernis der Weidgerechtigkeit erheischt es etwa auch, Fanggeräte derart aufzustellen und zu kennzeichnen, dass eine Gefährdung von Menschen und Haustieren möglichst ausgeschlossen ist (§ 19 Abs. 4 der Vorarlberger Jagdverordnung).

(...)

Dieser Gesichtspunkt des Tierschutzes soll weiterhin dem Jagd- und Fischereirecht der Länder überlassen bleiben. Dabei soll es dem Landesgesetzgeber insbesondere auch obliegen, Sanktionen für die nicht weidgerechte Ausübung der Jagd und Fischerei vorzusehen."

9 Die im Revisionsfall maßgebenden Bestimmungen des Niederösterreichischen Jagdgesetzes, LGBl 6500-0 idF LGBl 6500-29, lauten:

"Hege, Weidgerechtigkeit und Jagdwirtschaft

§ 2. (...)

(2) Die Jagd ist in einer allgemein als weidgerecht anerkannten Weise und unter Beobachtung der Grundsätze einer geordneten Jagdwirtschaft auszuüben. Sie kann auch in der Form der Beizjagd (Falknerei) und Hüttenjagd ausgeübt werden."

"Strafbestimmungen

§ 135. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wenn die Tat nicht einen Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, wer

(...)

31. einem in diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes

verfügten sonstigen Verbot oder Gebot zuwiderhandelt.

(2) Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 sind mit einer Geldstrafe bis zu EUR 15.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen."

10 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision unter anderem vor, das Verwaltungsgericht sei bei seiner Beurteilung, wonach kein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vorliege, von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. So führt der Revisionswerber aus, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Sache des Verwaltungsstrafverfahrens die dem Beschuldigten innerhalb der Verjährungsfrist zur Last gelegte Tat mit ihren wesentlichen Sachverhaltselementen sei, unabhängig von ihrer rechtlichen Beurteilung. Die Einstellung des Verfahrens habe zur Folge, dass eine Bestrafung wegen derselben Tat - auch unter Anwendung einer anderen Verwaltungsvorschrift - den Grundsatz "ne bis in idem" verletze und deshalb rechtswidrig sei.

Das Verwaltungsgericht habe in seinem Erkenntnis vom 13. April 2015 hinsichtlich des gleichen Sachverhaltes die "formale Einstellung des Strafverfahrens" verfügt, sodass die Einleitung eines weiteren Strafverfahrens und die Bestrafung des Revisionswerbers durch die Verwaltungsstrafbehörde und dementsprechend auch die Bestätigung dieses Straferkenntnisses durch das angefochtene Erkenntnis unzulässig und rechtswidrig sei. Ein nach Einstellung des Strafverfahrens dennoch erlassenes Straferkenntnis wäre vom Verwaltungsgericht ersatzlos aufzuheben gewesen.

11 Die Revision ist aus den in der Revision dargelegten Gründen zulässig und berechtigt:

12 Gemäß Art 4 Abs 1 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK darf niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden.

13 Im Revisionsfall ist daher zu klären, ob der Revisionswerber mit der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 13. April 2015 "in derselben Sache" bereits im Sinne des Art 4 Abs 1 7. ZPEMRK "rechtskräftig freigesprochen"

("finally acquitted"/"acquitte (...) par un jugement definitif") wurde.

14 Art 4 Abs 1 7. ZPEMRK verbietet die Wiederholung eines Strafverfahrens, welches mit einer endgültigen Entscheidungen beendet worden ist. Eine Entscheidung - Freispruch oder Verurteilung - ist dann als endgültig ("final") anzusehen, wenn sie die Wirkung einer res iudicata erlangt hat. Das ist der Fall, wenn sie unwiderruflich ist, dh wenn keine ordentlichen Rechtsmittel mehr vorhanden sind, alle Rechtsmittel ergriffen wurden oder Rechtsmittelfristen ergebnislos verstrichen sind (vgl VwGH vom 29. Mai 2015, 2012/02/0238, mwH).

15 Im Revisionsfall wurde das tierschutzrechtliche Strafverfahren gegen den Revisionswerber mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 13. April 2015 gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt, weil der Revisionswerber die ihm zur Last gelegte Übertretung mangels Anwendbarkeit des TSchG nicht begangen haben konnte. Die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach § 45 VStG hat zur Folge, dass eine Bestrafung wegen derselben Tathandlung unter Anwendung einer anderen Verwaltungsvorschrift den Grundsatz "ne bis in idem" verletzt und deshalb inhaltlich rechtswidrig ist (vgl das hg Erkenntnis vom 26. April 1994, Zl 93/04/0004). Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 13. April 2015 ist rechtskräftig, eine Revision wurde nicht erhoben und die Frist zur Erhebung einer Revision war bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des nunmehr angefochtenen Erkenntnisses abgelaufen. Damit lag in diesem Zeitpunkt bereits eine endgültige Entscheidung im Sinne des Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK vor.

16 Damit bleibt zu klären, ob die im ersten Verfahren verfolgte Tathandlung, aufgrund der dem Revisionswerber ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz zur Last gelegt wurde, und die im nunmehr gegenständlichen jagdrechtlichen Verfahren verfolgte Tathandlung dieselbe strafbare Handlung ("idem") betreffen.

17 Die hier relevanten Tatvorwürfe in den gegen den Revisionswerber eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren unterscheiden sich zwar insoweit, als dem Revisionswerber einerseits - im später eingestellten Verwaltungsstrafverfahren wegen einer Übertretung des TSchG - das Hetzen seines Jagdhundes auf den Fuchs, sowie andererseits - im hier gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren wegen einer Übertretung des NÖ Jagdgesetzes - die Missachtung des Gebots des raschen und sicheren Tötens eines Fuchses zum Tatvorwurf gemacht wurde. Beide Vorwürfe gehen jedoch auf dasselbe tatsächliche Verhalten des Revisionswerbers zum Tatzeitpunkt zurück; das dem Revisionswerber vorgeworfene Verhalten im bereits eingestellten Verwaltungsstrafverfahren - nämlich das Quälen des Fuchses durch das Aufhetzen seines Jagdhundes - bildet auch ein wesentliches Sachverhaltselement im Verwaltungsstrafverfahren nach dem NÖ Jagdgesetz. So hielt das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis fest, der Revisionswerber habe den Fuchs aus nächster Nähe in den Rücken geschossen, ihn somit nicht rasch und schmerzlos durch einen gezielten Kopfschuss getötet, sondern dadurch, dass er dem krankgeschossenen Fuchs durch Öffnen der Gitterfalle ein Hinauskriechen ermöglicht habe, um sodann seinen Jagdhund auf diesen zu hetzen, dem Wildtier schwere und unnötige Qualen zugefügt.

18 In beiden Verfahren war somit das Zufügen von Qualen durch Hetzen des Jagdhundes auf den bereits angeschossenen, aber noch lebenden Fuchs auf dem näher bezeichneten Grundstück am 16. Mai 2014 maßgeblich. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes kann auch aus der hier vorzunehmenden Beurteilung des Sachverhalts "im Lichte jagdrechtlicher Bestimmungen (Weidgerechtigkeit)" nicht abgeleitet werden, dass keine Doppelverfolgung vorliege, zumal nicht nur dasselbe tatsächliche Verhalten des Revisionswerbers zu beurteilen war, sondern auch die beiden herangezogenen Normen dieselbe Schutzrichtung aufweisen (vgl dazu die oben in Rz 8 zitierten Materialien zum TSchG, die deutlich machen, dass beiden Strafnormen, nach denen der Revisionswerber verfolgt wurde, das Ziel des Schutzes der Tiere vor Quälerei zugrunde liegt).

19 Da den Verwaltungsstrafverfahren somit nicht wesentlich verschiedene Sachverhaltselemente zugrunde lagen, sondern es sich beide Male um dieselbe einheitliche Tathandlung handelte, war im vorliegenden Fall eine Bestrafung des Revisionswerbers nach Einstellung des tierschutzrechtlichen Verwaltungsstrafverfahrens nicht mehr zulässig. Das angefochtene Erkenntnis erweist ich damit als inhaltlich rechtswidrig.

20 Gemäß § 42 Abs 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt. Da aufgrund des Doppelverfolgungsverbotes in der gegenständliche Strafsache keine Bestrafung des Revisionswerbers mehr erfolgen darf, hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs 1 VwGG in der Sache selbst entschieden und der Beschwerde des Revisionswerbers Folge gegeben.

21 Entscheidet der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs 4 VwGG in einer Verwaltungsstrafsache in der Sache selbst, tritt er insoweit an die Stelle des Verwaltungsgerichtes und hat daher auch über den Kostenbeitrag gemäß § 52 VwGVG abzusprechen. Gemäß § 52 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist, weshalb der Revisionswerber im vorliegenden Fall keine Kosten für das Beschwerdeverfahren zu tragen hat.

22 Der Ausspruch über den Aufwandersatz im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 18. Oktober 2016

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