VwGH Ra 2015/20/0167

VwGHRa 2015/20/016722.1.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Mag. Eder und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ortner, in der Revisionssache des M S in W, vertreten durch Mag. Martin Breunig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Herrengasse 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 1. Juni 2015, Zl. I408 418670- 1/25E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005, den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §75 Abs20;
AsylG 2005 §8 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
EMRK Art8;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §75 Abs20;
AsylG 2005 §8 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
EMRK Art8;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 1. Juni 2015 wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15. März 2011 gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen und gemäß § 75 Abs. 20 leg. cit. das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen; weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art 133. Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Das Bundesverwaltungsgericht stellte unter anderem fest, dass der Revisionswerber, ein ägyptischer Staatsangehöriger, mit einer in Österreich aufenthaltsberechtigten Unionsbürgerin, einer Staatsangehörigen der Slowakei, verheiratet sei.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

In der außerordentlichen Revision wird zu deren Zulässigkeit ausgeführt, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insoweit abgewichen als es nach Durchführung einer Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK nicht ausgesprochen habe, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegenüber dem Revisionswerber auf Dauer unzulässig sei. Weiters komme gegenüber dem Revisionswerber keine Rückkehrentscheidung, sondern nur mehr die Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes in Betracht.

Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 hat das Bundesverwaltungsgericht, wenn es in den Fällen des § 75 Abs. 18 und 19 AsylG 2005 in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz ua. den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes (Z 1) bestätigt, in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das (mit 1. Jänner 2014 geschaffene) Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht bindend.

Gemäß § 9 Abs. 3 zweiter Satz BFA-Verfahrensgesetz ist die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens (im Sinn des Art. 8 EMRK) auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.

Das Bundesverwaltungsgericht hat - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - eine Interessenabwägung vorgenommen und dabei den Aufenthalt des Revisionswerbers in Österreich seit Herbst 2010, seine Deutschkenntnisse und die Eheschließung am 2. Jänner 2015 berücksichtigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits zum Ausdruck gebracht, dass die im Einzelfall durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ist (vgl. den Beschluss vom 2. September 2015, Ra 2015/20/0023, mwN). Das trifft im vorliegenden Fall zu.

Vor dem Hintergrund, dass das Bundesverwaltungsgericht zudem keine (die Verwaltungsbehörde bindenden) Ausführungen zum (un)rechtmäßigen Aufenthalt des Revisionswerbers gemacht hat und die Verwaltungsbehörde im weiteren Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung (auch) zu prüfen haben wird, ob dem Revisionswerber ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zukommt, zeigt die Revision nicht auf, dass ihre Lösung von einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt.

Schließlich erblickt der Revisionswerber die Zulässigkeit der Revision darin, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, indem es die exilpolitische Tätigkeit des Revisionswerbers als Nachfluchtgrund außer Acht gelassen und bei seiner Entscheidung keine aktuellen Länderberichte herangezogen habe. Es könne nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Teilnahme des Revisionswerbers an Demonstrationen in Österreich nicht derart beobachtet worden sei, dass sie den ägyptischen Behörden zur Kenntnis hätte gelangen können und somit einen begründeten Nachfluchtgrund bildete.

Im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG obliegt es dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe in hinreichend konkreter Weise anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. den hg. Beschluss vom 2. September 2015, Ra 2015/19/0194, mwN).

Unter Bedachtnahme auf diese Rechtsprechung vermag der Revisionswerber mit seinen allgemein gehaltenen Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision nicht darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. den hg. Beschluss vom 23. Juni 2015, Ra 2015/01/0045). Soweit eine fehlende Aktualität der im angefochtenen Erkenntnis herangezogenen Länderberichte angesprochen wird, zeigt der Revisionswerber zudem nicht auf, welche anderen Feststellungen - das Bundesverwaltungsgericht zog Länderberichte von einem Zeitraum bis Jänner 2015 heran - im Hinblick auf seinen individuell zu prüfenden Fall zu einer für ihn günstigeren Entscheidung hätten führen können (vgl. den hg. Beschluss vom 2. September 2015, Ra 2015/19/0178).

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am 22. Jänner 2016

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