VwGH Ra 2015/17/0109

VwGHRa 2015/17/010914.12.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterin bzw Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des P J S in S, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 2. Juli 2015, LVwG-410469/17/MS, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems), den Beschluss gefasst:

Normen

GSpG 1989 §52 Abs2;
StGB §168;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2015170109.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, auf Grundlage der vom Gerichtshof der Europäischen Union geforderten Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erlassen worden sind und unter denen sie durchgeführt werden, eine Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nicht festgestellt. Dieser Rechtsansicht hat sich der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Oktober 2016, E 945/2016-24, E 947/2016-23, E 1054/2016-19, angeschlossen.

5 Das Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revision zeigt nichts auf, was hier zu einer anderen Beurteilung führen könnte.

6 Auch das Zulässigkeitsvorbringen bezüglich der Frage einer im Tatzeitpunkt vorliegenden Subsidiarität der verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit zeigt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG auf:

7 Das Landesverwaltungsgericht führt im angefochtenen Erkenntnis aus, dass nicht beurteilt werden brauche, ob aufgrund des Umfangs der möglichen Spiele oder des möglichen Spieleinsatzes eventuell auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht wurde, da auch in diesem Fall gemäß § 52 Abs 3 GSpG jedenfalls die verwaltungsbehördliche Strafbarkeit vorgehe.

8 § 52 Abs 2 GSpG in der im Tatzeitraum (10. Jänner 2013 bis 20. Februar 2013) geltenden Fassung vor der Novelle BGBl I Nr 13/2014 bestimmt jedoch, dass eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktritt, wenn in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über EUR 10,- von Spielern oder anderen geleistet werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dieser Rechtslage bereits mehrmals ausgesprochen, dass im Ergebnis keine (verfolgbare) Verwaltungsübertretung anzunehmen ist, wenn eine an sich bestehende verwaltungsrechtliche hinter die gerichtliche Strafbarkeit zurücktritt. Der Täter verwirklicht allein den einschlägigen Kriminalstraftatbestand. Nach Feststehen der Möglichkeit zur Überschreitung der Einsatzhöhe von EUR 10,- ist damit vom Vorliegen der ausschließlichen Gerichtszuständigkeit auszugehen (vgl VwGH vom 7. Oktober 2013, 2012/17/0507, sowie vom 20. Jänner 2016, Ra 2015/17/0068). Das Landesverwaltungsgericht stellte (trotz unrichtiger Rechtsansicht) fest, dass am gegenständlichen Gerät mit einem Höchsteinsatz von EUR 5,-

gespielt werden könne. Im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens wurden keine Tatsachen behauptet, die zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte geführt hätten.

9 Mit dem Vorbringen zur behaupteten Verfolgungsverjährung zeigt der Revisionswerber ebenfalls keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG auf. Der Bestimmung des § 44a Z 1 VStG wird - aus Rechtschutzüberlegungen - dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten im Spruch des Strafbescheides bzw der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, die beschuldigte Person rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Diese Rechtschutzüberlegungen sind auch für die Prüfung der Frage anzustellen, ob eine taugliche Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs 2 VStG gegeben ist. Das bedeutet, dass die der beschuldigten Person vorgeworfene Tat (lediglich) unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit diese in die Lage versetzt wird, dem Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit ihr Rechtschutzinteresse zu wahren (vgl beispielsweise VwGH vom 28. Mai 2014, 2012/07/0033, und vom 10. Dezember 2001, 2000/10/0024).

10 Im Revisionsfall ist die Aufforderung zur Rechtfertigung von der belangten Behörde als erste Verfolgungshandlung nicht einmal zwei Monate nach der Bestrafung des zu Grunde gelegten Tatzeitraums an den Revisionswerber ergangen und entspricht diesem Konkretisierungsgebot. Es ist nicht ersichtlich - und wurde vom Revisionswerber im Zulässigkeitsvorbringen nicht dargelegt -, inwiefern gegenständlich den Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG nicht entsprochen sein sollte.

11 Die vorliegende Revision war daher nach § 34 Abs 1 iVm Abs 3 VwGG wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Eine Kostenentscheidung hatte mangels eines Antrages zu unterbleiben.

Wien, am 14. Dezember 2016

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