VwGH 2013/17/0705

VwGH2013/17/070516.3.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag.a Nussbaumer-Hinterauer als Richterinnen bzw Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde der Dr. JK in D, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 13. September 2013, Zl BMLFUW-LE.4.1.10/1117-I/7/2013, betreffend einheitliche Betriebsprämie 2012, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs1;
AVG §37;
AVG §39;
VwRallg;
AVG §13 Abs1;
AVG §37;
AVG §39;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Beschwerdeführerin beantragte mit Schreiben vom 30. April 2012 die Gewährung der einheitlichen Betriebsprämie für 2012. Dabei gab sie an, dass die Flächenausmaße, Flächennutzungen und Hangneigungen sowie die übrigen, den Berghöfekataster betreffenden Daten in dem ihr von der Agarmarkt Austria GmbH (in der Folge: AMA) (bereits ausgefüllt) übermittelten Mehrfachantrag Flächen (MFA) 2012 nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprächen. Da der MFA 2012 keine Möglichkeit biete, Änderungen darin anzuführen, beantrage die Beschwerdeführerin die Flächenausmaße und Nutzungen sowie Hangneigungen wie sie anlässlich der Vor-Ort-Kontrollen (in der Folge VOK) 2003 und 2004 ermittelt worden seien, bei der Betriebsprämienbemessung heranzuziehen. Im November 2011 sei eine weitere VOK durchgeführt worden, bei der das Kontrollorgan befangen gewesen sei. Während bei den Kontrollen 2003 und 2004 die Hangneigungen und Flächenausmaße mittels technischer Geräte ermittelt worden seien, habe das Kontrollorgan bei der VOK 2011 diese mit freiem Auge geschätzt. Die Beschwerdeführerin stelle daher ausdrücklich den Antrag, bei dem nunmehr gegenständlichen MFA 2012, insbesondere dem Mantelantrag mit den angeschossenen Unterlagen, den MFA 2010 mit den angeschlossenen Unterlagen und die darin angeführten Flächen und anderen Daten der Berechnung der Förderungen zugrunde zu legen. Sie erhebe die Angaben im MFA 2010 einschließlich des Mantelantrages 2010, des Flächenbogens 2010, der Flächennutzung 2010 und des Berghöfekatasters 2010 auch zum Vorbringen zum MFA 2012 einschließlich des Mantelantrages 2012, des Flächenbogens 2012, der Flächennutzung 2012 und des Berghöfekatasters 2012.

2 Als Beilage übermittelte die Beschwerdeführerin das ausgefüllte und unterfertigte Formular "Mehrfachantrag-Flächen 2012" sowie eine Ablichtung des - ebenfalls ihren Betrieb betreffenden - ausgefüllten Formulars "Mehrfachantrag-Flächen 2010". Dieses Formular MFA 2010 lautete auf ihren Betriebsvorgänger RK und war von diesem unter Beifügung des Datums 9. März 2010 auch unterfertigt worden.

3 Mit Bescheid vom 28. Dezember 2012 gewährte die AMA der Beschwerdeführerin die Betriebsprämie für das Jahr 2012 in Höhe von EUR 3.867,94 mit der Begründung, dass die Beschwerdeführerin die Beihilfe für eine beihilfefähige Fläche von 28,93 ha beantragt habe.

4 In ihrer dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, sie habe mit dem MFA 2012 unter Verweise auf den MFA 2010 (samt Beilagen) die einheitliche Betriebsprämie für 31,21 Zahlungsansprüche beantragt. Ihr sei jedoch Betriebsprämie nur für 28,93 Zahlungsansprüche zuerkannt worden. Die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides erweise sich somit als unrichtig.

5 Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und führte dabei nach Wiedergabe des Verfahrensganges und anzuwendender Rechtsvorschriften aus, die Beschwerdeführerin habe im Antragsjahr 2012 über 31,21 FZA verfügt, aber nur insgesamt 30,66 ha Grünlandflächen angemeldet. Da davon insgesamt 1,73 ha Hutweide mit dem Prämienstatus "N" nicht behilfefähig gewesen seien, seien nur 28,93 ha der Berechnung der Betriebsprämie 2012 zugrunde gelegt worden. Die nicht genutzten Zahlungsansprüche stünden der Beschwerdeführerin aber für die Folgejahre zur Verfügung. Da es sich bei der Betriebsprämie 2012 um einen jährlichen Antrag handle, sei die Bezugnahme der Beschwerdeführerin auf die Angaben des Jahres 2010 dafür ohne Relevanz. Ein allfälliger Fehler in der Antragstellung liege in der Einflusssphäre der Beschwerdeführerin und sei daher nicht geeignet, einen Mangel im Bescheid hervorzurufen.

6 Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

7 Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl I Nr 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

8 Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung gegen den Bescheid, mit dem über die Betriebsprämie 2012 abgesprochen wurde, mit der Begründung nicht stattgegeben, dass diesem Bescheid ohnehin die Angaben der Beschwerdeführerin in ihrem MFA 2012 zugrunde gelegt worden seien. In ihrer Gegenschrift stellt die belangte Behörde jedoch außer Streit, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom 30. April 2012 die Angaben im MFA 2010 auch zum Inhalt ihres Antrages betreffend die Betriebsprämie des Jahres 2012 erhoben hat. Ein Schreiben dieses Inhalts ist auch in den vorgelegten Verwaltungsakten enthalten.

9 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Auslegung von Parteianbringen auf das aus diesen erkenn- und erschließbare Ziel des Einschreiters an; Parteierklärung und damit auch Anbringen sind ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens ist es der Behörde verwehrt, diesem eine abweichende, eigene Deutung zu geben, selbst wenn das Begehren, so wie es gestellt wurde, von vornherein aussichtslos oder gar unzulässig wäre (vgl etwa VwGH vom 22. Mai 2014, Ro 2014/17/0024, mwN).

10 Aus dem Schreiben der Beschwerdeführerin vom 30. April 2012 ergibt sich eindeutig, dass die Beschwerdeführerin die Angaben im MFA 2010 auch zum Inhalt ihres Antrages für die Betriebsprämie für das Jahr 2012 gemacht hat. Wäre dies - trotz des eindeutigen Wortlauts des genannten Schreibens - für die AMA zweifelhaft gewesen, wäre es gemäß § 37 iVm § 39 AVG an ihr bzw in der Folge an der belangten Behörde gelegen, die Antragstellerin zu einer Präzisierung ihres Begehrens aufzufordern (vgl etwa VwGH vom 21. August 2014, 2013/17/0863).

11 Die belangte Behörde konnte ihre Entscheidung somit nicht damit begründen, die Beschwerdeführerin habe ihren Antrag ohnehin auf jene Angaben gestützt, die in dem von ihr (gemeinsam mit ihren Schreiben vom 30. April 2012) übermittelten Formular MFA 2012 bereits vorgedruckt waren. Daran vermögen auch die Ausführungen in der Gegenschrift, wonach die Beschwerdeführerin bereits bei einer früheren Gelegenheit selbst eine Korrektur des Flächenbogens für den MFA 2012 veranlasst habe, nichts zu ändern. Unbestritten ist nämlich, dass die Beschwerdeführerin ausdrücklich nicht die (allenfalls korrigierten) Angaben des MFA 2012, sondern jene des Formulars MFA 2010 zum Inhalt ihres Anbringens erhoben hat.

12 Die belangte Behörde verweist in ihrer Gegenschrift auch auf das Merkblatt der AMA "Mehrfachantrag Flächen 2012 - Merkblatt mit Ausfüllanleitung", das der Beschwerdeführerin "gemeinsam mit einem (weitgehend) vorausgefüllten MFA-Formular" zugesandt worden sei. Aus diesem Merkblatt ergebe sich, dass das bereits ausgefüllte Formular MFA 2012 sehr wohl hätte händisch korrigiert werden können. Dies sei aber im Beschwerdefall unstreitig nicht geschehen.

13 Auch die Zusendung des (68 Seiten umfassenden) Merkblatts vermochte die Behörde nicht davon zu entbinden, dem Antrag der Beschwerdeführerin seinen objektiven Erklärungswert beizumessen bzw im Falle von Zweifeln den wahren Willen der Partei zu erforschen.

14 Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift erstmals vorbringt, das Formular MFA 2010 habe den im Antragsjahr 2012 geltenden rechtlichen Erfordernissen nicht mehr entsprochen, weil beispielsweise die im Flächenbogen 2010 angegebenen Flächen nicht mehr mit den "lagegenau eingezeichneten" Flächen 2012 übereingestimmt hätten, so hätte sie dies zum Anlass für ein Ermittlungsverfahren über den Inhalt ihres Antrages samt Wahrung des Parteiengehörs nehmen müssen. Dass sie ein solches durchgeführt hätte, ist im Beschwerdefall aber nicht ersichtlich und wird von der belangten Behörde auch nicht behauptet. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Begründung, wonach bei der Bemessung der Betriebsprämie ohnehin antragsgemäß vorgegangen worden sei, als unrichtig und nicht geeignet, den Ausspruch über die Höhe der Betriebsprämie zu tragen.

15 Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben.

16 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, in der Fassung BGBl II Nr 8/2014.

Wien, am 16. März 2016

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