VwGH 2013/17/0344

VwGH2013/17/034420.4.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Dr. Leonhartsberger als Richterinnen bzw Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Beschwerde der F GmbH in T, vertreten durch Hoffmann & Sykora Rechtsanwälte KG in 3430 Tulln, Nußallee 3, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 28. März 2013, RU1-BR-1798/001-2013, betreffend Vorschreibung einer Stellplatz-Ausgleichsabgabe (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde T), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §293;
BAO §293;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der beschwerdeführenden Partei wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 11. Mai 2009 die baubehördliche Bewilligung zur Aufstockung, Zu- und Umbau der bestehenden Wohn- und Geschäftsgebäude an einer näher bezeichneten Adresse im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde erteilt. Nr 41 der Auflagen sah vor, dass die Anzahl der zu errichtenden Stellplätze nach der Verordnung zum Bebauungsplan zu ermitteln sei. Daraus ergäben sich bei 11 Wohneinheiten (je Wohneinheit 1,5 Stellplätze) 17 Stellplätze und bei einer Bürofläche von 361,69 m2 (je angefangene 25 m2 Nutzfläche) 15 Stellplätze, somit wäre eine erforderliche Anzahl von 32 Stellplätzen am Bauplatz zu schaffen. Da nur 19 Stellplätze zur Ausführung gelangten, sei für die fehlenden 13 Stellplätze eine Abstellplatz-Ausgleichsabgabe zu entrichten. Diese werde mit eigenem Bescheid vorgeschrieben.

2 Der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde schrieb der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid vom 16. Oktober 2009 gemäß § 41 Abs 1 der Nö Bauordnung 1996 auf Grund der im Baubewilligungsbescheid vom 11. Mai 2009 vorgeschriebenen Anzahl von 13 erforderlichen und nicht herstellbaren Stellplätzen eine Stellplatz-Ausgleichsabgabe von EUR 38.350,-- vor. Die Höhe der Stellplatz-Ausgleichsabgabe richte sich nach dem vom Gemeinderat in der Sitzung vom 28. September 2005 beschlossenen Satz von EUR 2.950,-- pro Stellplatz.

3 Mit weiterem Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 24. September 2010 wurde der beschwerdeführenden Partei die baubehördliche Bewilligung zur wesentlichen Änderung der mit Bescheid vom 11. Mai 2009 bewilligten baulichen Maßnahmen erteilt. In der 3. Auflage ist festgehalten, dass auf Grund der Verordnung zum Bebauungsplan für 13 Wohneinheiten 20 Stellplätze (je Wohneinheit 1,5 Stellplätze) und für die Bürofläche von 219,14 m2 12 Stellplätze (für je 25 m2 ein Stellplatz) zu schaffen seien. Von den 32 zu errichtenden Stellplätzen würden jedoch nur 14 Stellplätze geschaffen, es sei daher eine Abstellplatz-Ausgleichsabgabe zu leisten, die mit eigenem Bescheid vorgeschrieben werde.

4 Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 5. Oktober 2011 wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 41 Abs 1 der Nö Bauordnung 1996 auf Grund der im Baubewilligungsbescheid vom 24. September 2010 vorgeschriebenen Anzahl von 5 erforderlichen und nicht herstellbaren Stellplätzen eine Stellplatz-Ausgleichsabgabe von EUR 14.750,-- vorgeschrieben. In der Begründung ist erläutert, dass sich der Fehlbedarf von 5 Stellplätzen daraus ergebe, dass 32 Stellplätze zu errichten seien, 14 Stellplätze am Bauplatz geschaffen worden und die bereits mit Ausgleichsabgabe abgegoltenen 13 Stellplätze abzuziehen seien.

5 Mit Bescheid vom 1. Februar 2012 "berichtigte" der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Abgabenbescheide vom 16. Oktober 2009 und vom 5. Oktober 2011 auf der Grundlage von § 293 der BAO. Unter Spruchpunkt I. wurde der Abgabenbescheid vom 16. Oktober 2009 über die Vorschreibung einer Stellplatz-Ausgleichsabgabe für 13 Stellplätze in der Höhe von EUR 38.350,-- dahingehend "berichtigt", dass auf Grund der Baubewilligung vom 11. Mai 2009 lediglich für 9 Stellplätze eine Stellplatz-Ausgleichsabgabe in der Höhe von EUR 26.550,-- vorgeschrieben werde (Spruchpunkt I.). Der Abgabenbescheid vom 5. Oktober 2011 über die Vorschreibung einer Stellplatz-Ausgleichsabgabe für 5 Stellplätze in der Höhe von EUR 14.750,-- wurde dahingehend "berichtigt", dass auf Grund der Baubewilligung vom 24. September 2010 für 4 Stellplätze eine Stellplatz-Ausgleichsabgabe in der Höhe von EUR 11.800,-- vorgeschrieben werde (Spruchpunkt II.). Es sei daher für insgesamt 13 erforderliche und nicht herstellbare Stellplätze für das gegenständliche Bauvorhaben eine Stellplatz-Ausgleichsabgabe in der Höhe von EUR 38.350,--zu entrichten. Begründend wurde ausgeführt, auf Grund der beiden baubehördlichen Bewilligungen ergebe sich ein Fehlbestand an Stellplätzen auf Eigengrund von insgesamt 18 Stellplätzen. Daher habe die Abgabenbehörde mit ihren Bescheiden vom 16. Oktober 2009 und vom 5. Oktober 2011 Stellplatz-Ausgleichsabgaben für insgesamt 18 Stellplätze vorgeschrieben. Bei der Vorschreibung der Stellplatz-Ausgleichsabgabe hätte jedoch nicht die Verordnung zum Bebauungsplan zur Anwendung gelangen dürfen, sondern die Nö Bautechnikverordnung. Gemäß § 155 der Nö Bautechnikverordnung seien pro Wohnung ein Stellplatz und pro 40 m2 Bürofläche ein Stellplatz erforderlich. Daraus ergebe sich ein Fehlbedarf von bloß 13 Stellplätzen.

6 Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 14. August 2012 abgewiesen, wogegen wiederum ein Vorlageantrag gestellt wurde.

7 Mit Berufungsbescheid des Stadtrats der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 11. Dezember 2012 wurde der Berufung insofern Folge gegeben, als der Bescheid des Bürgermeisters vom 1. Februar 2012 dahingehend abgeändert wurde, dass eine Stellplatz-Ausgleichsabgabe nur noch für 12 erforderliche und nicht herstellbare Stellplätze vorgeschrieben wurde. Da die Abgabe für 5 Stellplätze bereits entrichtet worden sei, sei eine Stellplatz-Ausgleichsabgabe nur mehr für 7 Stellplätze in der Gesamthöhe von EUR 20.650,-- zu entrichten. Dabei ging auch die Berufungsbehörde davon aus, dass gemäß der Verordnung zum Bebauungsplan 32 Stellplätze zu errichten gewesen seien. Nach Abzug der am Bauplatz geschaffenen 14 Stellplätze ergebe sich nach der Verordnung zum Bebauungsplan (1,5 Stellplätze pro Wohnung und ein Stellplatz pro 25 m2 Bürofläche) ein Fehlbedarf von 18 Stellplätzen. Bei der Berechnung nach der Nö Bautechnikverordnung (1 Stellplatz pro Wohnung und ein Stellplatz pro 40 m2 Bürofläche) ergebe sich ein Fehlbedarf von 13 Stellplätzen. Grundlage für die Berechnung der Stellplatz-Ausgleichsabgabe durch die Baubehörde erster Instanz sei die Aufteilung der nicht geschaffenen 18 Stellplätze anteilsmäßig auf die Wohnungen (62,5 %) und die Büroflächen (37,5 %) gewesen. Tatsächlich seien die auf Eigengrund geschaffenen Stellplätze jedoch mehrheitlich den Wohnungen zuzuordnen, nämlich 13, und nur einer der Bürofläche, sodass sich auch die Aufteilung der fehlenden Stellplätze verändere. Aufgrund dessen ergebe sich folgende Berechnung:

Für die bewilligten 13 Wohneinheiten seien nach der Verordnung der mitbeteiligten Stadtgemeinde 20 Stellplätze erforderlich. 13 Stellplätze seien auf Eigengrund geschaffen, sodass ein Fehlbedarf von 7 Stellplätzen gegeben sei. Die Ausgleichsabgabe sei gemäß der Nö Bautechnikverordnung dadurch zu berechnen, dass die Zahl der fehlenden Stellplätze durch 1,5 zu dividieren sei. Dies ergebe 5 fehlende Stellplätze. Hinsichtlich der Bürofläche von 219,14 m2 seien nach der Verordnung der mitbeteiligten Stadtgemeinde 12 Stellplätze zu schaffen. Ein Stellplatz sei auf Eigengrund geschaffen worden, sodass ein Fehlbedarf von 11 Stellplätzen gegeben sei. Nach der Nö Bautechnikverordnung sei die Zahl der fehlenden Stellplätze durch 40 zu dividieren und mit 25 zu vervielfachen, was einen Fehlbedarf von 7 Stellplätzen ergebe. Insgesamt handle es sich daher um 12 Stellplätze, für die eine Stellplatz-Ausgleichsabgabe zu entrichten sei.

8 Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Vorstellung keine Folge. Begründend führte sie nach Darstellung des Verfahrensganges im Wesentlichen aus, dass die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe nur auf Grund der in der Verordnung der Landesregierung (Nö Bautechnikverordnung) einheitlich festgelegten Mindestzahl erfolgen solle. Dies werde von der Aufsichtsbehörde so ausgelegt, dass die ermittelte Fehlanzahl der Stellplätze entsprechend auf die Werte des § 155 der Nö Bautechnikverordnung 1997 umzurechnen sei. Dies sei von der Berufungsbehörde auch umgesetzt worden. Nicht zutreffend sei es, dass auch bei der Ermittlung der Zahl der erforderlichen Stellplätze die Werte nach der Nö Bautechnikverordnung 1997 heranzuziehen seien. Die Berufungsbehörde habe daher rechtens auf Grund ihrer geltenden Verordnung zum Bebauungsplan den Stellplatzbedarf ermittelt. Die Berufungsbehörde habe in einer weiteren Verfahrensergänzung durch Änderung der Zuordnung zu den Wohneinheiten festgestellt, dass 7 Stellplätze bei den Wohneinheiten fehlten und 11 Stellplätze für die Büroflächen. Diese Zahlen seien durch die Werte des § 155 der Nö Bautechnikverordnung 1997 dividiert bzw umgerechnet worden, was zu einem Fehlbedarf von 5 Stellplätzen für Wohnungen und 7 Stellplätzen für die Büroflächen, insgesamt daher von 12 Stellplätzen, geführt habe. Auf Grund des vom Gemeinderat beschlossenen Satzes für einen Abstellplatz von EUR 2.950,-- habe sich daher nach Abzug der bereits entrichteten Stellplatz-Ausgleichsabgabe für 5 Stellplätze ein Fehlbedarf für Stellplätze in der Höhe von EUR 20.650,-- ergeben. Die beschwerdeführende Partei sei daher in keinen subjektiven Rechten verletzt worden.

9 Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, in eventu in der Sache selbst zu entscheiden.

10 Die belangte Behörde legte die Verfahrensakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

11 Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs 11 VwGG idF BGBl I Nr 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

12 Die beschwerdeführende Partei macht geltend, die belangte Behörde hätte aufgreifen müssen, dass die mitbeteiligte Partei die Berechnung der Stellplatz-Ausgleichsabgabe nach den Vorschriften der NÖ Bautechnikverordnung hätte vornehmen und die - einen anderen Regelungszweck verfolgende - Verordnung des Gemeinderates zum Bebauungsplan außer Acht lassen müssen.

13 Damit übersieht die beschwerdeführende Partei - ebenso wie die belangte Behörde - dass die Bescheide der mitbeteiligten Partei vom 16. Oktober 2009 und vom 5. Oktober 2011, mit welchen der beschwerdeführenden Partei eine Stellplatz-Ausgleichsabgabe für insgesamt 18 erforderliche, aber nicht herstellbare Stellplätze im Zusammenhang mit einem näher bezeichneten Bauvorhaben vorgeschrieben wurde, unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind.

14 Die mitbeteiligte Partei verfügte dennoch (zugunsten der beschwerdeführenden Partei) eine Berichtigung der ursprünglichen Bescheide gemäß § 293 der BAO. Eine solche Bescheidberichtigung dient jedoch nur der Bereinigung von Fehlern, die in einem Auseinanderklaffen von tatsächlichem Bescheidwillen und formeller Erklärung des Bescheidwillens bestehen. Nicht berichtigbar sind Fehler, die der Abgabenbehörde im Zuge ihrer Willensbildung unterlaufen (vgl dazu die bei Ritz, BAO5 § 293 Tz 1ff, wiedergegebene hg Judikatur). Die Begründung des Berichtigungsbescheides ist nicht geeignet, einen berichtigungsfähigen Fehler darzutun, sondern legt vielmehr offen, es sei eine andere Rechtsgrundlage anzuwenden gewesen. Damit beruft sich die Abgabenbehörde auf einen Mangel in der Willensbildung, der nicht auf der Grundlage des § 293 BAO saniert werden kann. In Ermangelung des Vorliegens der Voraussetzungen war eine Berichtigung der rechtskräftigen Bescheide vom 16. Oktober 2009 und vom 5. Oktober 2011 verfahrensgegenständlich nicht zulässig und der im Instanzenzug ergangene Bescheid der mitbeteiligten Partei vom 11. Dezember 2012 daher rechtswidrig.

15 Die Beschwerde gegen einen Berichtigungsbescheid kann sich in der Regel nur gegen die Zulässigkeit der Berichtigung und nicht auch gegen den berichtigten Bescheid selbst richten. Nur ausnahmsweise, nämlich wenn erst aus der berichtigten Fassung des Bescheids zu erkennen ist, dass oder in welchem Ausmaß dieser einen Eingriff in die Rechte oder rechtlichen Interessen des Beschwerdeführers bedeutet, besteht die Möglichkeit, in einem Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittelfrist gegen den Berichtigungsbescheid nicht nur die Überprüfung der Zulässigkeit der Berichtigung, sondern auch die Überprüfung des Bescheids in seiner berichtigten Fassung zu begehren (vgl VwGH vom 31. Juli 2013, 2010/13/0003, mwN, sowie Ritz, BAO5 § 293 Tz 20). Dies ist aber im vorliegenden Fall auszuschließen.

16 Die in der Beschwerde geltend gemachten Umstände betreffen nicht die (ausschließlich zu prüfenden) Voraussetzungen der Berichtigung, sondern das mit Bescheiden vom 16. Oktober 2009 und vom 5. Oktober 2011 abgeschlossene Verfahren über die Vorschreibung einer Stellplatz-Ausgleichsabgabe (vgl VwGH vom 16. April 1991, 90/08/0156). Durch die - wenn auch rechtswidrige - Herabsetzung einer rechtskräftigen Abgabenvorschreibung wurde die beschwerdeführende Partei in keinem Recht verletzt. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde die Vorstellung der beschwerdeführenden Partei abwies.

17 Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

18 Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013 idF BGBl II Nr 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 20. April 2016

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