Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
1 Bei der Mitbeteiligten, einer im internationalen Waffengeschäft tätigen Beratungs- und Handelsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH, wurde eine abgabenbehördliche Prüfung betreffend die Jahre 2006 bis 2008 und den Nachschauzeitraum Jänner bis Juni 2009 durchgeführt. Der Prüfer stellte fest, dass die Mitbeteiligte im Jahr 2008 Provisionsaufwendungen von 2,331.439 EUR als Betriebsausgabe geltend gemacht habe. Der Betrag sei auf dem Konto "Noch nicht verrechnete Leistungen" gegengebucht worden. Grundlage dieser Buchung sei eine Rechnung der Schweizer X AG vom 31. März 2009 gewesen, die im Jahr 2009 mittels Banküberweisung bezahlt worden sei. Im Jahr 2008 seien zudem unter dem Titel "Abschreibung von Wertpapieren" 917.500 EUR und unter dem Titel "Zinsen" 21.557,84 EUR als Betriebsausgaben geltend gemacht worden. Diese Aufwendungen resultierten aus dem Ankauf von Inhaberschuldverschreibungen, der zum gänzlichen Verlust des eingesetzten Kapitals geführt habe. Geschäftspartner dieser Finanztransaktion sei wiederum die Schweizer X AG gewesen, auf deren Bankkonto die Mitbeteiligte in diesem Zusammenhang am 20. Februar 2009 938.057,84 EUR überwiesen habe.
2 Da nicht auszuschließen sei, dass es sich bei der Schweizer X AG um eine untätige Domizilgesellschaft handle, forderte der Prüfer die Mitbeteiligte mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2009 gemäß § 162 BAO auf, die Empfänger der oben angeführten und als Betriebsausgabe abgesetzten Beträge genau zu bezeichnen. Zudem erging die Aufforderung, die Geschäftsverbindung zwischen der Y Corp und der X AG aufzuklären und alle Leistungen, die von diesen Gesellschaften gegenüber der Mitbeteiligten erbracht worden seien, bekanntzugeben und nachzuweisen. Weiters wurde die Mitbeteiligte ersucht die betrieblichen oder wirtschaftlichen Beweggründe für das Eingehen jener Finanztransaktion, die zur Wertpapierabschreibung bzw. zum Zinsaufwand geführt habe, offenzulegen und deren Ablauf im Detail darzustellen.
3 Unter Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 21. Oktober 2009 gab die Mitbeteiligte bekannt, dass die X AG die Rechtsnachfolgerin der Y Corp sei, mit der 2004 die dem Provisionsaufwand zugrundeliegende Vereinbarung getroffen worden sei. Direktor der X AG sei der deutsche Staatsangehörige FP und deren Hauptgeschäftsfelder bestünden in Consulting und Finanzdienstleistungen. Die X AG sei keine Briefkastengesellschaft. Sie sei für umsatzsteuerliche Zwecke in der Schweiz registriert, verfüge über vier Mitarbeiter und über Büroräumlichkeiten. An der X AG seien zu 99,12 % die Z Ltd. mit Sitz in Hongkong, deren Alleingesellschafter der in der Mongolei ansässige Dr. B sei, und zu 0,88 % die K GmbH mit Sitz in der Schweiz beteiligt. Gesellschafter der K GmbH seien BK, AK, JK und MS zu je 25%. Weder die X AG als unmittelbare Empfängerin der in Rede stehenden Zahlungen, noch deren unmittelbare bzw. mittelbare Gesellschafter seien in Österreich steuerpflichtig. Zum Nachweis dafür wurden von der Mitbeteiligten Aufwandsbelege der X AG, eine Bescheinigung der Eidgenössischen Steuerverwaltung, eine Abrechnung der Schweizer Sozialversicherung, ein Handelsregisterauszug der Z Ltd. Hongkong und diverse die Existenz von Dr. B betreffende Unterlagen vorgelegt. In zwei weiteren Schreiben stellte die Mitbeteiligte zudem die Gegebenheiten im Zusammenhang mit der in Rede stehenden Provisionszahlung und der missglückten Finanztransaktion dar. Diesbezüglich übermittelte sie diverse Vereinbarungen sowie Schriftverkehr mit der Y Corp bzw. der X AG.
4 Der Prüfer legte in den Textziffern 1 bis 18 des Berichtes über das Ergebnis der Außenprüfung den Gang des Verfahrens dar, würdigte die Angaben und Unterlagen der Mitbeteiligten zur X AG und vertrat die Auffassung, dass die Mitbeteiligte der Aufforderung zur Empfängerbenennung nicht nachgekommen sei. Zu den streitgegenständlichen Provisionszahlungen und zur missglückten Finanztransaktion führte er in der Textziffer 19 des Betriebsprüfungsberichts zudem Folgendes aus:
"Tz 19 Da hinsichtlich der Geschäftsabwicklung mit der (X AG) nur spärliche Unterlagen vorgelegt wurden, war ein Eingehen auf die einzelnen Transaktionen und eine wirtschaftliche Beurteilung durch die Betriebsprüfung nicht möglich. Bemerkenswert bzw. ungewöhnlich ist jedoch der Umstand, dass die (X AG) als Geschäftspartner für zwei völlig verschiedenartige Geschäftstransaktionen genannt worden sei. Zum einen werden Provisionszahlungen behauptet die iZm LKW Beschaffungen der britischen Armee stehen und zum anderen wird mit (der X AG) ein Spekulationsgeschäft in Millionenhöhe abgeschlossen. Im Dunkeln geblieben ist auch, welche konkreten Leistungen (die X AG) iVm den Provisionszahlungen tatsächlich für die (Mitbeteiligte) erbracht hat. Ungewöhnlich und für die Betriebsprüfung nicht nachvollziehbar ist auch die Angabe der (Mitbeteiligten), dass sie sich in ihrer Funktion als Zeichnerin der Privatplatzierung der Inhaberschuldverschreibung als professionelle Anlegerin mit langjähriger Erfahrung im Handel mit Aktien, Rohstoffen und derivativen Finanzinstrumenten bezeichnet. Aus den bisherigen Geschäftstätigkeiten lässt sich eine solche Bezeichnung nicht ableiten. Die betriebswirtschaftlichen Beweggründe dieses Spekulationsgeschäftes wurden ebenfalls nicht aufgeklärt."
In der Textziffer 20 des Berichtes über das Ergebnis der Außenprüfung stellte der Prüfer sodann fest, dass die an die X GmbH bezahlten Beträge auf Grund der in den vorhergehenden Textziffern aufgelisteten Umstände und den daraus gezogenen Schlussfolgerungen im Jahr der steuerlichen Geltendmachung (2008) nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen und dem steuerlichen Ergebnis außerbilanzmäßig hinzuzurechnen seien.
5 Das Finanzamt folgte dem Prüfer, verfügte die Wiederaufnahme des Körperschaftsteuerverfahrens 2008 und erließ den Prüfungsfeststellungen entsprechende Körperschaftsteuerbescheide. Zur Begründung der Wiederaufnahme verwies das Finanzamt auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. Prüfungsbericht zu entnehmen seien.
6 Die Mitbeteiligte berief gegen den Bescheid betreffend die Wiederaufnahme des Körperschaftsteuerverfahrens 2008 und den Körperschaftsteuerbescheid 2008, wiederholte im Wesentlichen ihr Vorbringen im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Provisionszahlungen und der missglückten Finanztransaktion und vertrat die Auffassung, dass sie der Aufforderung zur Empfängerbenennung gemäß § 162 BAO jedenfalls nachgekommen sei.
7 Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab, woraufhin die Mitbeteiligte deren Vorlage an die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragte.
8 Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Körperschaftsteuerverfahrens 2008 statt, hob den angefochtenen Bescheid auf und wies die Berufung gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2008 als unzulässig zurück. Begründend dazu führte die belangte Behörde im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides aus, die Mitbeteiligte sei ihren Mitwirkungspflichten bereits im Prüfungsverfahren nachgekommen und habe eine Vielzahl von Bestätigungen, Bescheinigungen, Auszügen und Erklärungen vorgelegt, die dafür sprächen, "dass es sich bei der (X AG) nicht um eine Briefkastenfirma, sondern um eine in der Schweiz ansässige Domizilgesellschaft handelt, die zumindest im Prüfungszeitraum auch operativ tätig gewesen ist". Die Darstellung der Mitbeteiligten über die Anbahnung des den Provisionszahlungen zugrunde liegenden Geschäftes und dessen Verlauf sei glaubwürdig. Die Mitbeteiligte habe mit ihrem Auftraggeber einen Vermittlungsvertrag abgeschlossen und der Vertrag mit der Y Corp (Anm: Rechtsvorgängerin der X AG) sei zeitnah zu diesem Vermittlungsvertrag abgeschlossen worden. Dass die Mitbeteiligte darlege, auf welche Weise die Y Corp bzw. ihre Rechtsnachfolgerin X AG den Auftraggeber der Mitbeteiligten beeinflusst habe, sei für die Zulässigkeit des Betriebsausgabenabzuges nicht erforderlich. Das im Vertrag mit der Y Corp bzw. X AG festgelegte Vertragsziel sei 2008 nachweislich verwirklicht und das vertraglich vereinbarte Honorar an die X AG überwiesen worden. Auch der Abschluss der letztlich missglückten Finanztransaktion sei durch Verträge belegt und im Hinblick auf die Vorlage ausführlicher Korrespondenz zur Abwicklung dieses Geschäftes schlüssig nachvollziehbar. Die Zahlung des die Inhaberschuldverschreibung betreffenden Betrages sei am 20. Februar 2009 erfolgt. Laut Prüfer sei dem Finanzamt im Zeitpunkt der Erlassung des Körperschaftsteuerbescheides 2008 nicht bekannt gewesen, dass die Mitbeteiligte Provisionszahlungen sowie Zahlungen im Zusammenhang mit einer Inhaberschuldverschreibung an eine Schweizer Domizilgesellschaft als Betriebsausgabe geltend gemacht habe. Es liege jedoch kein tauglicher Wiederaufnahmegrund vor, wenn die Kenntnis über neu hervorgekommene Tatsachen (allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens) nicht zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid geführt hätte, wenn also bei richtiger rechtlicher Subsumtion der Spruch des Bescheides auch ohne Kenntnis dieser Tatsachen hätte gleich lauten müssen. Da die Kenntnis der zur Begründung der Wiederaufnahme herangezogenen Tatsachen nach dem Gesagten keinem im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte, sei der Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens aufzuheben.
9 Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende vom Finanzamt erhobene Beschwerde. In der Beschwerde wird u.a. gerügt, dass die belangte Behörde trotz Einwandes des Finanzamtes unzureichende Ermittlungen über den wirtschaftlichen Sinn der misslungenen Finanztransaktion vorgenommen und die diesbezüglich sehr lückenhaften und nicht schlüssigen Angaben der Mitbeteiligten unzutreffend gewürdigt habe. Auch hinsichtlich der Vermittlungsprovision sei vieles unschlüssig geblieben. Ungeklärt geblieben sei insbesondere, was die Y Corp bzw. X AG zum Zustandekommen des Vermittlungsgeschäftes beigetragen habe.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
11 Gemäß § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.
12 Nach § 279 BAO idF vor dem FVwGG 2012 haben die Abgabenbehörden zweiter Instanz die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden erster Instanz auferlegt und eingeräumt sind.
13 Betriebsausgaben sind gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.
14 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedarf es seitens eines Betriebsausgaben geltend machenden Abgabepflichtigen für die Darlegung der betrieblichen Veranlassung von Zahlungen einer besonders exakten Leistungsbeschreibung, wenn Zahlungen für die Erbringung schwer fassbarer Leistungen, wie Kontaktvermittlung, Know-how-Überlassung, "Bemühungen", u.ä. erfolgt sein sollen. Die Anerkennung der betrieblichen Veranlassung solcher Zahlungen hat eine konkrete und detaillierte Beschreibung der erbrachten Leistungen - und auf dieser Sachverhaltsgrundlage die Beurteilung als betrieblich veranlasst - zur Voraussetzung (vgl. etwa VwGH vom 26. Jänner 2012, 2009/15/0032, und vom 30. Juni 2015, 2012/15/0165).
15 Im Verwaltungsverfahren haben der Prüfer und ihm folgend das Finanzamt Zweifel am tatsächlichen Bestand (und an der betrieblichen Veranlassung auf Seiten der Mitbeteiligten) einer "Finanztransaktion", für welche Betriebsausgaben geltend gemacht worden sind, sowie an der betrieblichen Veranlassung der von der Mitbeteiligten unter dem Titel Provision als Betriebsausgabe geltend gemachten Zahlungen geäußert und näher begründet. Abweichend dazu kommt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zur Überzeugung, dass das Bestehen und die betriebliche Veranlassung der (letztlich misslungenen) Finanztransaktion sowie die betriebliche Veranlassung der Provisionszahlungen durch die von der Mitbeteiligten vorgelegten Unterlagen hinreichend belegt seien, und vertritt in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Auffassung, dass eine konkrete und detaillierte Beschreibung jener Leistungen, die von der Y Corp bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin X AG in Bezug auf das in Rede stehende Vermittlungsgeschäft konkret erbracht worden seien, für die Zulässigkeit des Betriebsausgabenabzuges nicht erforderlich sei. Letzteres trifft nicht zu. Wie oben ausgeführt, bedarf es für die Anerkennung der Entlohnung für die Erbringung schwer fassbarer Leistungen, wie Kontaktvermittlung, als Betriebsausgaben nach der ständigen Rechtsprechung einer konkreten und detaillierten Beschreibung der erbrachten Leistungen. Erst auf der Basis solcher Sachverhaltsfeststellungen kann die Betriebsausgabeneigenschaft der Entlohnung beurteilt werden.
16 Aufgrund der - oben dargestellten - amtswegigen Ermittlungspflicht der belangten Behörde ist es im Berufungsverfahren grundsätzlich ihre Aufgabe, die tatsächlichen Grundlagen der zu treffenden Entscheidung zu ermitteln. Die belangte Behörde hat ihre Ermittlungspflicht verletzt, indem sie die unter dem Titel Provisionen geltend gemachten Beträge als Betriebsausgaben anerkannt hat, ohne konkrete Sachverhaltsfeststellungen über die diesen zugrundeliegenden (konkreten) Leistungen zu treffen.
17 Auch für das Zustandekommen der "Finanztransaktion" und deren betriebliche Veranlassung auf Seiten der mitbeteiligten Partei hat die belangte Behörde keine für die rechtliche Beurteilung hinreichenden Ermittlungen durchgeführt, worauf das Finanzamt zutreffend hinweist.
18 Die belangte Behörde hat die Verfügung der Wiederaufnahme der Verfahren durch das Finanzamt mit der Begründung als rechtswidrig beurteilt, dass die neu hervorgekommenen Tatsachen keinen im Spruch anders lautenden Abgabenbescheid zur Folge hätten. Aufgrund der vorstehend dargestellten Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht durch die belangte Behörde erweist sich folglich auch diese Beurteilung als nicht rechtmäßig. Im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung ist neu hervorgekommen, dass Provisionen an eine in der Schweiz ansässige Domizilgesellschaft geleistet und Verluste aus "Finanztransaktionen" gewinnmindernd geltend gemacht worden sind, wobei für beides die betriebliche Veranlassung nicht von vornherein einsichtig ist.
19 Der angefochtene Bescheid ist somit mit Rechtwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben war.
20 Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am 15. September 2016
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