VwGH Ra 2015/22/0029

VwGHRa 2015/22/002928.5.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrat Dr. Robl und Hofrätin Mag.a Merl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Lechner, in der Revisionssache der *****, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 8. Oktober 2014, Zl. VGW-151/V/084/30287/2014-1, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §13 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
NAG 2005 §19 Abs8;
NAG 2005 §2 Abs1 Z3;
VwGG §34 Abs1;
AVG §13 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
NAG 2005 §19 Abs8;
NAG 2005 §2 Abs1 Z3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Revisionswerberin, eine indische Staatsangehörige, beantragte im Jahr 2007 die Erteilung eines Aufenthaltstitels als Familienangehörige eines österreichischen Staatsbürgers. Der diesem Antrag angeschlossene Reisepass der Revisionswerberin war bis 20. April 2013 gültig. Der Landeshauptmann von Wien (im Folgenden: Behörde) forderte die Revisionswerberin mit Schreiben vom 24. April 2014 auf, bis 15. Mai 2014 unter anderem eine Kopie eines gültigen Reisedokumentes nachzureichen. Diese Aufforderung enthielt auch den Gesetzestext des § 19 Abs. 8 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG).

Mit dem mit 14. Mai 2014 datierten Schriftsatz brachte die Revisionswerberin vor, die Vorlage eines gültigen Reisedokumentes sei "zurzeit nicht möglich, zumal der Reisepass (...) abgelaufen ist". Die indische Botschaft in Wien würde ein Schreiben der Behörde benötigen, dass die Vorlage eines neuen Reisepasses zwecks Erlangung des Visums notwendig wäre.

Da ein Reisepass nicht vorgelegt wurde, wies die Behörde den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 19 Abs. 3 NAG in Verbindung mit § 13 Abs. 3 AVG zurück. Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis keine Folge. Es wies darauf hin, dass die Revisionswerberin weder die Kopie eines gültigen Reisedokumentes vorgelegt noch einen Antrag gemäß § 19 Abs. 8 Z 3 NAG gestellt habe.

Das Ersuchen, eine Bestätigung für die Botschaft auszustellen, dass die Vorlage eines neuen Passes notwendig sei, sei nicht nachvollziehbar, weil dies ohnedies der Unterlagenanforderung zu entnehmen sei.

Letztlich erklärte das Verwaltungsgericht die ordentliche Revision für unzulässig, weil keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu beurteilen gewesen sei.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision, eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 19 NAG lautet auszugsweise:

"§ 19. (1)

...

(3) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise für den jeweiligen Aufenthaltszweck (Abs. 2) dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten.

...

(8) Die Behörde kann auf begründeten Antrag von Drittstaatsangehörigen die Heilung eines Mangels nach Abs. 1 bis 3 und 7 zulassen:

1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17) zur Wahrung des Kindeswohls;

2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3) oder

3. im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Die Stellung eines solchen Antrages ist nur bis zur Erlassung des Bescheides zulässig. Über diesen Umstand ist der Fremde zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

..."

§ 2 Abs. 1 NAG definiert auszugsweise:

"§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

...

1. ein Reisedokument gültig: wenn es von einem hiezu berechtigten Völkerrechtssubjekt ausgestellt wurde, die Identität des Inhabers zweifelsfrei wiedergibt, zeitlich gültig ist und sein Geltungsbereich die Republik Österreich umfasst; außer bei Konventionsreisepässen und Reisedokumenten, die für Staatenlose oder für Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit ausgestellt werden, muss auch die Staatsangehörigkeit des Inhabers zweifelsfrei wiedergegeben werden; die Anbringung von Zusatzblättern im Reisedokument muss bescheinigt sein;

..."

Die Revisionswerberin meint im Wesentlichen, dass die Aufforderung zur Vorlage eines gültigen Reisepasses zu Unrecht ergangen sei, weil die Identität der Revisionswerberin nach einem siebenjährigen Verfahren unstrittig sei und die Nichtvorlage eines gültigen Reisepasses keinen Mangel darstelle, der die Zurückweisung des Antrages rechtfertige. Nur wegen der kurzen Fristsetzung der Behörde und der fehlenden Ausstellung der begehrten Bestätigung habe der Reisepass nicht fristgerecht vorgelegt werden können.

Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 13. Dezember 2011, 2010/22/0146, die Berechtigung der Behörde bejaht hat, wegen des bevorstehenden Ablaufs eines Reisepasses einen neuen bzw. verlängerten Reisepass anzufordern. Die fehlende Urkundenvorlage begründe einen Mangel nach § 13 Abs. 3 AVG. Zu Recht hat somit die Behörde auf der Vorlage eines gültigen Reisepasses bestanden, zumal die Vorlage eines gültigen Reisepasses nicht allein der Identitätsfeststellung dient. Wie aus der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z 3 NAG hervorgeht, muss auch die (aktuelle) Staatsangehörigkeit des Antragstellers zweifelsfrei festzustellen sein.

Weiters kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die dafür eingeräumte Frist von drei Wochen für die Ausstellung eines Reisepasses zu kurz ist. Die Revisionswerberin hat auch nicht behauptet, dass der Botschaft grundsätzlich die Ausstellung eines neuen Reisepasses innerhalb dieser Frist nicht möglich wäre. Die Revisionswerberin stellt sich - wie bereits erwähnt - demgegenüber auf den Standpunkt, dass die Botschaft eine Bestätigung des Erfordernisses der Vorlage eines gültigen Reisepasses benötigt habe. Dem ist zu entgegnen, dass einerseits eine derartige Notwendigkeit - worauf schon das Verwaltungsgericht hingewiesen hat - der Unterlagenanforderung zweifelsfrei zu entnehmen ist und schon diese Aufforderung die begehrte Bestätigung darstellt. Zum anderen ist die Niederlassungsbehörde nicht verpflichtet, allfällige Bestätigungen auszustellen, um dem Antragsteller die Erlangung von bestimmten Urkunden zu ermöglichen.

Da somit die Aufforderung zu Recht ergangen ist, diese aber weder befolgt noch ein Antrag nach § 19 Abs. 8 NAG gestellt wurde, durfte die Behörde den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückweisen.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das Verwaltungsgericht - wie dargelegt - nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb die außerordentliche Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.

Wien, am 28. Mai 2015

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