VwGH Ra 2015/19/0212

VwGHRa 2015/19/021215.12.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte Mag. Eder und Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Revision des S B H in W, vertreten durch Dr. Constanze Emesz, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Am Heumarkt 9/I/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. August 2015, Zl. W192 2112000-1/2E, betreffend Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005, den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §5 Abs1;
BFA-VG 2014 §21 Abs3;
AsylG 2005 §5 Abs1;
BFA-VG 2014 §21 Abs3;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen, weshalb er auch nicht berechtigt ist, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. den hg. Beschluss vom 2. September 2015, Ra 2015/20/0023).

In der Revision wird zur Zulässigkeit vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Seit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. September 2015, Ra 2015/18/0113- 0120, bestehe die gesetzliche Vermutung nicht mehr, dass Ungarn für Asylwerber sicher sei. Die "Anordnung einer Überstellung" sei "bisher" auf Lageberichte aus dem Sommer 2014 gestützt worden. Die Lage in Ungarn habe sich jedoch seit Oktober 2014 deutlich verändert, weil ein massiver Zustrom von asylsuchenden Personen stattgefunden habe. Eine Überstellung in einen Staat, in dem eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nicht ausgeschlossen werden könne, dürfe nicht erfolgen. Eine medizinische Behandlung, die der Revisionswerber brauche, sei nicht zu erwarten. Der Revisionswerber sei derartig erkrankt, dass eine weitere stationäre Behandlung notwendig sei. Dazu legte der Revisionswerber eine Mitteilung des Landeskrankenhauses R vom 24. August 2015 vor, wonach auf Grund einer schweren depressiven Reaktion mit selbstgefährdender Tendenz eine weitere stationäre Behandlung notwendig sei. Schließlich erachtet sich der Revisionswerber in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt, weil das Bundesverwaltungsgericht keine Verhandlung durchgeführt habe.

Mit diesen allgemeinen Ausführungen wird nicht hinreichend dargetan, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte.

Die Ausführungen des Revisionswerbers sind schon insofern nicht zutreffend, als er offenbar meint, dass die Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes auf Lageberichten vom Sommer 2014 beruhen. Die herangezogenen Berichte zur Unterbringung und zur medizinischen Versorgung stammen jedoch von Februar und März 2015. Allfällige seit Oktober 2014 eingetretene Lageänderungen wären somit in diesen Berichten berücksichtigt.

Unabhängig davon legt der Revisionswerber in Zusammenhang mit dem Vorbringen, das Bundesverwaltungsgericht habe sich nicht mit ausreichend aktuellen Länderberichten auseinandergesetzt, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels für den Verfahrensausgang nicht hinreichend dar (vgl. den hg. Beschluss vom 10. November 2015, Ra 2015/19/0173-0175). Der Revisionswerber zeigt nämlich mit seinem Vorbringen, dass eine Art. 3 EMRK entgegenstehende Behandlung nicht "ausgeschlossen werden könne", nicht konkret auf, in welcher Form oder durch welche Umstände ihm eine solche drohe, zumal das Bundesverwaltungsgericht auch nicht verkannte, dass der Revisionswerber an einer Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion und einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet. Der Revisionswerber führte nicht einmal ansatzweise aus, welche medizinisch notwendige Behandlung er in Ungarn nicht erhalten könnte.

Das erstmals im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattete Vorbringen zu einem (weiteren) stationären Krankenhausaufenthalt Ende August 2015 widerspricht dem vor dem Verwaltungsgerichtshof zu beachtenden Neuerungsverbot.

Soweit der Revisionswerber rügt, das Bundesverwaltungsgericht hätte eine mündliche Verhandlung durchzuführen gehabt, übersieht er, dass das Bundesverwaltungsgericht nach § 21 Abs. 6a BFA-VG über Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann und gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG im Zulassungsverfahren der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamts stattzugeben ist, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht hat in einem solchen Fall nicht zu erfolgen (vgl. den schon zu § 21 Abs. 3 BFA-VG idF vor dem FrÄG 2015 ergangenen hg. Beschluss vom 2. September 2015, Ra 2015/19/0178).

In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 15. Dezember 2015

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