VwGH Ra 2015/16/0069

VwGHRa 2015/16/006922.10.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klammer, über die Revision der V AG in B, vertreten durch DDr. Rene Laurer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Salesianergasse 1b/III/Top 11, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 26. Mai 2015, Zl. RV/1100416/2014, betreffend Feststellung der Höhe der Stabilitätsabgabe samt Sonderbeitrag für Jänner 2014 und April 2014 gemäß § 92 Abs. 1 BAO, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §56;
BAO §279 Abs1;
BAO §92 Abs1;
AVG §56;
BAO §279 Abs1;
BAO §92 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Die revisionswerbende Bank in der Rechtsform einer AG (Revisionswerberin) stellte. mit Schriftsatz vom 23. Mai 2014 einen "Feststellungsantrag gemäß § 92 Abs 1 BAO und Antrag auf Rückerstattung" sowie "in eventu Antrag auf Festsetzung nach § 201 BAO und Antrag auf Rückerstattung" betreffend die entrichtete Stabilitätsabgabe samt Sonderbeitrag. Die Anträge lauteten:

"das Finanzamt (F.) wolle

a. feststellen, dass die im Jänner 2014 und im April 2014 die von der Antragstellerin zu entrichtende Stabilitätsabgabe samt Sonderbeitrag EUR 0,- betragen hat und das iHv EUR 5.381.359,73 zu viel Geleistete zurückerstatten;

in eventu

b. die die Quartalszahlung Jänner 2014 zur Stabilitätsabgabe samt Sonderbeitrag. mit EUR 0,- und die Quartalszahlung April 2014 zur Stabilitätsabgabe samt Sonderbeitrag. mit EUR 0,- festsetzen und die als Quartalszahlungen Jänner und April 2014 entrichtete Stabilitätsabgabe samt Sonderbeitrag iHv EUR 5.381.359,73 rückerstatten;

in eventu

c.1. die Quartalszahlung Jänner 2014 zur Stabilitätsabgabe gem § 3 StabAbgG. mit EUR 0,- festsetzen und die als Quartalszahlung Jänner 2014 entrichtete Stabilitätsabgabe gem § 3 StabAbgG iHv EUR 1.500.725,74 rückerstatten sowie

c.2. die Quartalszahlung Jänner 2014 zum Sonderbeitrag gem § 7a StabAbgG. mit EUR 0,- festsetzen und die als Quartalszahlung Jänner 2014 entrichteten Sonderbeitrag gem § 7a StabAbgG iHv EUR 375.181,45 rückerstatten sowie

c.3. die Quartalszahlung April 2014 zur Stabilitätsabgabe gem § 3 StabAbgG. mit EUR 0,- festsetzen und die als Quartalszahlung April 2014 entrichtete Stabilitätsabgabe gem § 3 StabAbgG iHv EUR 2.261582,28 rückerstatten sowie

c.4. die Quartalszahlung April 2014 zum Sonderbeitrag gem § 7a StabAbgG. mit EUR 0,- festsetzen und die als Quartalszahlung Jänner 2014 entrichteten Sonderbeitrag gem § 7a StabAbgG iHv EUR 1.243.870,26 rückerstatten."

Das Finanzamt Feldkirch erließ einen Feststellungsbescheid gemäß § 92 Abs. 1 BAO vom 10. Juni 2014, wonach die Stabilitätsabgabe samt Sonderbeitrag 1.875.907,19 EUR für Jänner 2014 und 3.505.452,54 EUR für April 2014 betrage. Der Eventualantrag auf Festsetzung der Stabilitätsabgabe nach § 201 BAO sei dadurch gegenstandslos.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis hob das von der Revisionswerberin. mit Beschwerde vom 11. Juli 2014 angerufene Bundesfinanzgericht den Feststellungsbescheid gemäß § 92 Abs. 1 BAO auf und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Zum Zeitpunkt des Einbringens des Feststellungsantrages habe es keinen Grund zur Annahme gegeben, dass die Erlassung der Abgabenbescheide betreffend die Stabilitätsabgabe und den Sonderbeitrag zur Stabilitätsabgabe für das Jahr 2014 durch das Finanzamt nicht zeitnahe zur Einreichung der Abgabenerklärung erfolgen würde, weshalb das Abwarten der Abgabenbescheide betreffend die Stabilitätsabgabe und den Sonderbeitrag zur Stabilitätsabgabe für die Revisionswerberin nicht unzumutbar gewesen wäre. Die Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides sei zufolge des Grundsatzes der Subsidiarität von Feststellungsbegehren zu verneinen, wenn die Erlassung eines Abgabenbescheides. möglich sei. Da der Revisionswerberin jedenfalls ein Verfahren zur Verfügung gestanden habe, in dem über die strittige Frage abzusprechen gewesen wäre, hätte der angefochtene Feststellungsbescheid nicht ergehen dürfen und sei folglich gemäß § 279 BAO ersatzlos aufzuheben. Der in weiterer Folge unerledigte (Eventual)Antrag vom 23. Mai 2014 werde von der zuständigen Abgabenbehörde einer Erledigung zugeführt werden. müssen.

Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision sieht ihre Zulässigkeit in der Rechtsfrage, ob die Erlassung eines Feststellungsbescheides bei einer Selbstbemessungsabgabe, bei der die Unionsrechtswidrigkeit oder die Verfassungswidrigkeit der zugrundeliegenden einzelstaatlichen Norm vom Abgabepflichtigen behauptet werde, deswegen unzulässig sei, weil

"a) kein Grund zur Annahme besteht, dass die frühestens in 6 Monaten. mögliche Veranlagung durch Abgabenbescheid. mit größerer Zeitverzögerung erfolgen werde oder

b) der Abgabepflichtige eventualiter (d.h. im Falle der Zurückweisung oder Abweisung des Feststellungsantrages) eine Festsetzung des im Wege der Vorauszahlung geschuldeten Abgabenbetrags gem. 201 BAO beantragt."

Desweiteren liege eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dahingehend vor, ob das Bundesfinanzgericht im Falle der Aufhebung eines Feststellungsbescheides gemäß § 92 Abs. 1 BAO, über einen im Finanzamtsbescheid nicht abgesprochenen Eventualantrag auf Festsetzung nach § 201 BAO zu entscheiden habe.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Ein Feststellungsbescheid über Rechte und Rechtsverhältnisse hat zu ergehen, wenn dies von einer Partei beantragt wird, diese ein rechtliches Interesse an der Feststellung hat und es sich um ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung handelt oder wenn die Feststellung im öffentlichen Interesse liegt; dies jeweils unter der Voraussetzung, dass die. maßgeblichen Rechtsvorschriften eine Feststellung dieser Art nicht ausschließen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. August 2005, 2004/16/0281).

Ein im öffentlichen Interesse (oder im rechtlichen Interesse einer Partei) gegründeter Anlass zur Erlassung eines Feststellungsbescheides liegt dann nicht vor, wenn die für die Feststellung. maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens oder eines gerichtlichen Verfahrens zu entscheiden ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in seiner ständigen Rechtsprechung bereits ausgesprochen, dass kein Feststellungsbescheid zu erlassen ist, wenn die Erlassung eines Abgabenbescheides. möglich ist; ist die Erlassung eines Abgabenbescheides. möglich, so ist die Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides infolge des Grundsatzes der Subsidiarität von Feststellungsbegehren und Feststellungsbescheiden überhaupt zu verneinen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. September 2004, 2000/17/0245). Die behauptete Unionsrechts- oder Verfassungswidrigkeit der fraglichen. materiell rechtlichen Abgabennorm und der erwünschte Rechtsschutz gegen deren Anwendung ändern daran nichts (vgl. nochmals das erwähnte hg. Erkenntnis vom 13. September 2004, welches in einem Beschwerdefall ergangen ist, bei welchem die Verfassungswidrigkeit der. materiell rechtlichen Abgabennorm behauptet wurde).

Der Stabilitätsabgabe unterliegt gemäß § 1 des Stabilitätsabgabegesetzes (StabAbgG) der Betrieb von Kreditinstituten.

Die Stabilitätsabgabe ist vom Kreditinstitut gemäß § 7 Abs. 2 StabAbgG selbst zu berechnen und vierteljährlich jeweils bis zum 31. Jänner, 30. April, 31. Juli und 31. Oktober zu gleichen Teilen zu entrichten (Fälligkeitstage).

Gemäß § 7a Abs. 1 StabAbgG wird zusätzlich zur Abgabenschuld der Stabilitätsabgabe u.a. für das Kalenderjahr 2014 ein Sonderbeitrag erhoben, auf den der § 7 leg. cit. sinngemäß anzuwenden ist.

Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so sieht § 201 BAO die erstmalige Festsetzung der Abgabe. mit Abgabenbescheid vor, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Das Finanzamt hätte daher den Feststellungsantrag zurückweisen und über das Eventualbegehren im Antrag vom 23. Mai 2014 absprechen und dabei entweder die Abgabe festsetzen oder - wenn es die von der Revisionswerberin ursprünglich selbst berechnete Höhe als richtig erachtet hätte - den Festsetzungsantrag abweisen. müssen (zur Unzulässigkeit eines Feststellungsbescheides in diesem Zusammenhang vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 2003, 2001/15/0097). Das Bundesfinanzgericht ist demnach insoweit nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

Die Änderungsbefugnis im Sinne des § 279 Abs. 1 BAO - nach jeder Richtung - ist durch die Sache begrenzt. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. April 2013, 2012/15/0161). Angelegenheit des Spruches des beim Bundesfinanzgericht bekämpften Bescheides war die Feststellung der Höhe der Stabilitätsabgabe samt Sonderbeitrag für Jänner 2014 und April 2014. Mit Aufhebung des unzulässigen Feststellungsbescheides ist der Eventualantrag auf Festsetzung nach § 201 BAO wieder offen, dessen Erledigung nicht "Sache" des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeverfahrens war und über den das Finanzamt nunmehr zu entscheiden haben wird. Das Gericht ist daher auch insoweit nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

Da in der Revision demnach keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen wird, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung. mit Beschluss als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am 22. Oktober 2015

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