VwGH Ra 2015/12/0024

VwGHRa 2015/12/00241.7.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Zens und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Artmann, über die außerordentliche Revision des WH in L, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 19/I, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9. April 2015, Zl. W 213 2011803- 1/6E, betreffend Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit gemäß § 50a BDG 1979 (vor dem Bundesverwaltungsgericht belangte Behörde: Landespolizeidirektion Tirol), den Beschluss gefasst:

Normen

BDG 1979 §50a Abs1;
BDG 1979 §50a;
BDG 1979 §50a Abs1;
BDG 1979 §50a;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Revisionswerber steht als Gruppeninspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Polizeiinspektion X.

Mit Antrag vom 12. Februar 2014 begehrte er unter Berufung auf § 50a des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (im Folgenden: BDG 1979), die Herabsetzung seiner regelmäßigen Wochendienstzeit auf 35 Stunden für die Zeit vom 1. Juni 2014 bis 1. Juni 2016.

Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol vom 18. Juni 2014 wurde dieser Antrag gemäß § 50a BDG 1979 iVm § 48a BDG 1979 abgewiesen.

Begründend ging die Dienstbehörde davon aus, dass der Herabsetzung wichtige dienstliche Interessen im Verständnis des § 50a Abs. 1 BDG 1979 entgegenstünden. Der Entfall der Arbeitsleistung des Revisionswerbers wäre durch Überstundenleistungen anderer Beamter seiner Dienststelle nicht zu kompensieren, weil sich dadurch das durchschnittliche Ausmaß der schon bisher von den Beamten dieser Polizeiinspektion zu leistenden Überstunden auf ein insgesamt - auch vor dem Hintergrund des § 48a BDG 1979 - nicht mehr zumutbares Ausmaß erhöhen würde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber anwaltlich vertreten Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht, in welcher er beantragte, dieses möge seinem Antrag vom 12. Februar 2014 "zur Gänze Folge geben".

Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9. April 2015 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

In den Entscheidungsgründen seines Erkenntnisses teilte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen die Rechtsauffassung der Dienstbehörde und vertrat in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Auffassung, dass sich aus dem Vorbringen des Revisionswerbers keine Hinweise auf eine fehlerhafte Personalplanung ergeben hätten und seinen diesbezüglichen Beweisanträgen nicht zu folgen sei.

Die Revision hänge nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukomme. Weder weiche die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehle es an einer solchen; schließlich sei die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht uneinheitlich. Insbesondere sei die Auslegung des Begriffes des wichtigen dienstlichen Interesses in § 50a Abs. 1 BDG 1979 durch die hg. Erkenntnisse vom 25. September 2002, Zl. 2001/12/0131, und vom 13. März 2009, Zl. 2007/12/0092, klargestellt.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof mit dem ausdrücklichen Antrag, dieser möge in der Sache selbst im Sinne der Stattgebung des Antrages auf Herabsetzung der Wochendienstzeit auf 35 Stunden "im Zeitraum vom 1. Juni 2014 bis 1. Juni 2016" entscheiden; hilfsweise wird die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.

Zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision bringt der Revisionswerber Folgendes vor:

"Entgegen der Ansicht des BVwG liegt eine zu lösende Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Es liegt - soweit erkennbar - keine Rechtsprechung vor, die eindeutig und widerspruchsfrei klärt, ob Mehrarbeitsbelastungen der restlichen Beamten dem Antrag eines Beamten gemäß § 50a BDG 1979 als wichtige dienstliche Interessen im Sinne dieser Gesetzesstelle dann entgegengehalten werden können, wenn eine Mehrarbeitsleistung auch ohne Herabsetzung vorläge, wenn eine Mehrarbeitsleistung auch oder nur auf einen nicht ausreichenden Personalstand bzw -einsatz zurückzuführen ist, und - schließlich - wenn auf Grund eines Planungs- oder Organisationsverschuldens der Dienstbehörden eine Herabsetzung nicht gewährt werden kann.

In der Klärung dieser Frage liegt eine über den gegenständlichen Rechtsfall hinausgehende Bedeutung, da diese Frage nicht nur alle anderen Polizeibeamten, sondern alle dem BDG unterliegende Beamte betrifft, die einen Antrag gemäß § 50a BDG 1979 stellen."

Die Revision ist unzulässig:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Hat das Verwaltungsgericht - wie im gegenständlichen Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof hingegen nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Mit seinem oben wiedergegebenen gesonderten Vorbringen gemäß § 28 Abs. 3 VwGG zeigt der Revisionswerber schon deshalb keine Zulässigkeit seiner außerordentlichen Revision auf, weil die Lösung des vorliegenden Rechtsfalles von den ins Treffen geführten Rechtsfragen nicht abhängt:

Der Revisionswerber hat nämlich eine Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit für den Zeitraum vom 1. Juni 2014 bis 1. Juni 2016 beantragt. Der Beginn des Herabsetzungszeitraumes war somit schon im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der Dienstbehörde vom 18. Juni 2014 und umso mehr im Zeitpunkt der durch das Bundesverwaltungsgericht durch Abweisung der Beschwerde getroffenen Entscheidung "in der Sache" mit Erkenntnis vom 9. April 2015 verstrichen.

Die vom Revisionswerber angestrebte Stattgebung seines Antrages hätte somit eine rückwirkende Rechtsgestaltung zum 1. Juni 2014 erfordert. Eine ausdrückliche oder implizite Ermächtigung zu einer rückwirkenden Rechtsgestaltung ist dem § 50a BDG 1979 aber nicht zu entnehmen. Eine rückwirkende Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit für Zeiträume, in denen ein Beamter bereits normal Dienst geleistet hat, erwiese sich daher als unzulässig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 2010, Zl. 2009/12/0062). Auch eine Teilstattgebung des Antrages des Revisionswerbers nur für Zeiten, die nach Ergehen des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes gelegen sind, kam nicht in Betracht. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich schon in seinem Erkenntnis vom 13. März 2009, Zl. 2007/12/0092, die Unteilbarkeit des Antrages gemäß § 50a Abs. 1 BDG 1979 in Ansehung des Zeitraumes, für den die Herabsetzung begehrt wird, betont und hervorgehoben, dass die Dienstbehörde nicht berechtigt ist, die begehrte Herabsetzung nur für Teile des beantragten Gesamtzeitraumes zu bewilligen. Diese Aussage versteht sich - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits zitierten Erkenntnis vom 12. Mai 2010 betont hat - vorbehaltlich der Zulässigkeit einer diesbezüglichen Modifizierung des Zeitraumes durch den Beamten.

Eine solche Modifizierung hat der Revisionswerber (vgl. hiezu seinen Beschwerdeantrag) jedoch bis zur Erlassung der vom Verwaltungsgerichtshof zu überprüfenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht vorgenommen. Eine Verletzung der Verpflichtung zur Einleitung eines Verbesserungsverfahrens durch die Dienstbehörde bzw. durch das Bundesverwaltungsgericht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 2010, Zl. 2009/12/0081) wurde im Rahmen des Vorbringens zur Zulässigkeit der Revision ebenso wenig wie in deren Ausführung ins Treffen geführt. Auch im Revisionsantrag vor dem Verwaltungsgerichtshof wird nach wie vor eine Bewilligung des Antrages für den ursprünglich gestellten, teilweise bereits verstrichenen Zeitraum begehrt.

Einer Stattgebung dieses Antrages durch das vom Verwaltungsgerichtshof nachprüfend zu kontrollierende angefochtene Erkenntnis stand aber schon die Unzulässigkeit einer rückwirkenden Rechtsgestaltung gemäß § 50a Abs. 1 BDG 1979 entgegen.

Im Übrigen entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass - sobald an einer Dienststelle das zumutbare durchschnittliche Höchstmaß an Überstunden erreicht ist -

ein wichtiges dienstliches Interesse an der Vermeidung jedweder weiteren Belastung, unabhängig von ihrem Ausmaß, besteht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 2010, Zl. 2009/12/0044). Der Umstand, dass eine "Mehrarbeitsleistung" der Beamten einer Dienststelle auch schon ohne Herabsetzung besteht, schließt somit nicht aus, die Vermeidung einer noch weiter gehenden Mehrbelastung für die übrigen Beamten der Dienststelle als wichtiges dienstliches Interesse für eine Versagung der Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit ins Treffen zu führen. In dem zitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof im Übrigen auch ausführlich dargelegt, unter welchen Voraussetzungen Umstände der Personalplanung und - bewirtschaftung Einfluss auf die Zulässigkeit der Versagung eines Antrages nach § 50a Abs. 1 BDG 1979 entfalten. Der Revisionswerber verkennt mit seinem Zulässigkeitsvorbringen aber jedenfalls, dass das Bundesverwaltungsgericht derartige Umstände nicht festgestellt hat. Dass das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht grundsätzliche Fragen des Prozessrechtes, welche eine Zulässigkeit der Revision begründen würden, aufgeworfen hätte, wird im Rahmen der Zulässigkeitsbehauptungen der Revision nicht geltend gemacht.

Die Revision war daher wegen Nichtvorliegens der Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung geeignet und folglich gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahrens zurückzuweisen.

Wien, am 1. Juli 2015

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