VwGH Ra 2015/12/0018

VwGHRa 2015/12/001827.5.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Zens und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Artmann, über die außerordentliche Revision des Ing. JS in D, vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 21. November 2014, Zl. LVwG-AB-14-0847, betreffend Feststellungen i.A. Versetzung gemäß § 26 Abs. 3 NÖ DPL 1972 (vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich belangte Behörde: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art130 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art7 Abs1;
DPL NÖ 1972 §26 Abs3;
DPL NÖ 1972 §27;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015120018.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Revisionswerber steht als Landesbeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich.

Bis 12. Jänner 2011 war seine Dienststelle eine Straßenbauabteilung in X. Mit Wirkung vom 13. Jänner 2011 war er von dort zu einer Straßenbauabteilung in Y versetzt worden.

Mit Weisung der Niederösterreichischen Landesregierung vom 19. September 2013 wurde er mit Wirksamkeit vom 23. September 2013 zu einer Straßenbauabteilung in Z versetzt.

Auf Grund eines Antrages des Revisionswerbers vom 7. Oktober 2013 sprach die Niederösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom 7. April 2014 über diese Weisung wie folgt ab:

"Die Dienstbehörde stellt fest, dass die Befolgung der schriftlichen Weisung vom 19. September 2013, mit der Sie mit Wirksamkeit vom 23. September 2013 zur NÖ Straßenbauabteilung Z versetzt und angewiesen wurden, sich an diesem Tag bei der Leitung der genannten Dienststelle zum Dienstantritt zu melden, zu Ihren Dienstpflichten zählt.

Gleichzeitig wird der Antrag festzustellen, ob diese Weisung rechtskonform oder rechtswidrig ist, abgewiesen."

In der Begründung dieses Bescheides gelangte die Dienstbehörde zur Auffassung, es liege kein der Befolgungspflicht der in Rede stehenden Weisung entgegenstehender Grund vor. Ein Feststellungsbescheid über die inhaltliche Rechtmäßigkeit einer Weisung sei im DVG nicht vorgesehen. Der Revisionswerber habe schon während seiner Verwendung in X lange "Krankenstände" aufgewiesen. So sei er im Jahr 2010 an 299 Tagen krankheitsbedingt nicht zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestanden. Entsprechendes gelte auch für seine Tätigkeit in Y. Dort sei er bis zum 20. September 2013 "in 18 Fällen insgesamt 203 Tage vom Dienst abwesend" gewesen. Infolge einer durch Zuweisung einer neu aufgenommenen akademischen Technikerin bestehenden besseren Personalausstattung der Zieldienststelle seien die beim Revisionswerber auf Grund seiner gesundheitlichen Verfassung auch weiterhin zu erwartenden überdurchschnittlichen "Krankenstände" dort leichter verkraftbar. Dies sei der Grund für die verfügte Versetzung des Revisionswerbers nach Z gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich. Dort brachte er - soweit für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision relevant - vor, er sei, insbesondere während seiner Dienstleistung in X von Vorgesetzten in vielfacher Weise schikaniert worden. Diese Schikanen hätten auch jene Krankheit ausgelöst, die Ursache der von der Dienstbehörde in ihrem Bescheid vom 7. April 2014 ins Treffen geführten "Krankenstände" gewesen sei. Auch die mit Weisung vom 19. September 2013 erfolgte Versetzung nach Z stelle eine schikanöse Maßnahme dar und bewirke in Hinblick auf die beträchtlich längere Fahrzeit vom Wohnsitz des Revisionswerbers zu seiner neuen Dienststelle eine zusätzliche Gefährdung der ohnedies bereits angeschlagenen Gesundheit des Revisionswerbers.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 21. November 2014 wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich diese Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

In den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Frage der Befolgungspflicht der in Rede stehenden Weisung aus, dass deren Verbindlichkeit - abgesehen von hier nicht behaupteten Umständen - nur dann entfallen wäre, wenn dem weisungserteilenden Vorgesetzten "Willkür" vorzuwerfen gewesen wäre. In diesem Zusammenhang habe lediglich eine "Grobprüfung" zu erfolgen. Unter diesem Gesichtspunkt sei der von der Dienstbehörde ins Treffen geführte Versetzungsgrund nicht als unsachlich zu erkennen. Vor diesem Hintergrund seien Feststellungen und Erhebungen betreffend die vom Revisionswerber behaupteten Schikanen seitens seiner Vorgesetzten entbehrlich. Ebenso wenig zeige der Revisionswerber mit seinem Beschwerdevorbringen betreffend die Gesundheitsgefährdung durch die erhöhte Fahrstrecke zu seiner neuen Dienststelle eine Mangelhaftigkeit des zur Erteilung der in Rede stehenden Versetzungsweisung führenden Verfahrens auf. Schließlich könnte eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden Weisung nur dann Platz greifen, wenn dem Revisionswerber in diesem Zusammenhang subjektive Rechte eingeräumt wären. Dies sei nach den maßgeblichen Bestimmungen der NÖ DPL 1972 aber nicht der Fall.

Die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Landesverwaltungsgericht mit dem Fehlen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung. Insbesondere weiche sein Erkenntnis weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehle eine solche, auch sei die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den hier relevanten Fragen nicht uneinheitlich.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof, welche sich jedoch aus folgenden Gründen als unzulässig erweist:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Hat das Verwaltungsgericht - wie im gegenständlichen Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof hingegen nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Als Zulässigkeitsgrund führt der Revisionswerber unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich zur Befolgungspflicht der in Rede stehenden Weisung (vgl. die in der Revision dazu zitierte Seitenzahl des angefochtenen Erkenntnisses) die Rechtsfrage ins Treffen, ob das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vorliegendenfalls berechtigt gewesen sei, sich auf eine Grobprüfung der Maßnahme zurückzuziehen. Dies sei nicht der Fall; das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich verwechsle insofern seine Rolle mit jener des Verwaltungsgerichtshofes.

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass sich das vom Revisionswerber kritisierte Begründungselement im Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich auf seine Entscheidung betreffend die Befolgungspflicht der in Rede stehenden Weisung bezogen hat. Im Rahmen dieser "Sache" war aber schon die Dienstbehörde bei Erlassung ihres diesbezüglichen Feststellungsbescheides lediglich gehalten, eine "Grobprüfung" derjenigen Weisung, deren Befolgungspflicht in Streit steht, auf "Willkür" vorzunehmen (vgl. hiezu insbesondere das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2002, Zl. 2001/12/0057, sowie darüber hinaus die hg. Erkenntnisse vom 12. Dezember 2008, Zl. 2008/12/0011, und vom 29. Jänner 2014, Zl. 2012/12/0152). Nichts anderes gilt aber für die hier vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (durch Abweisung der Beschwerde) getroffene Entscheidung in dieser "Sache".

Letzteres ist in diesem Zusammenhang (ohne sich im Tatsachenbereich auf einen Anscheinsbeweis gestützt zu haben) zum Ergebnis gelangt, dass der von der Dienstbehörde als Versetzungsgrund ins Treffen geführte Umstand vorliegt und ein sachliches Motiv für die getroffene Personalmaßnahme darstellt. Dieser Beurteilung tritt der Revisionswerber unter dem Gesichtspunkt der Zulässigkeitsbehauptungen nicht entgegen (vgl. im Übrigen zur Denkmöglichkeit der Heranziehung zukünftig zu befürchtender vermehrter Krankenstände als Versetzungsgrund das hg. Erkenntnis vom 6. September 1995, Zl. 95/12/0144). Er vertritt freilich die Auffassung, dass sich der Schikanecharakter der verfahrensgegenständlichen Weisung (unabhängig vom Vorgesagten) daraus erschließe, dass sie (sinngemäß) in ein Gesamtbild ständiger schikanöser (bossinghafter) Handlungen gepasst habe. Hiezu hätte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich Feststellungen zu treffen gehabt.

Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass ein einer objektiv sachlich begründbaren Personalmaßnahme vorangegangenes rechtswidriges Verhalten von Vorgesetzten gegenüber dem Beamten per se weder geeignet ist, subjektive noch objektive Willkür der erstgenannten im Ermessensbereich gesetzten Maßnahme zu begründen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. April 2014, Zl. 2013/12/0157, betreffend die Ermessensentscheidung einer Versetzung gemäß § 19 LDG 1984). Hinweise auf subjektive Willkür der Maßnahme im Verständnis einer Befangenheit des weisungserteilenden Organes ergaben sich im Verfahren nicht.

Soweit der Revisionswerber in seinen Zulässigkeitsbehauptungen weiters rügt, dass das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nicht auf sein Vorbringen betreffend die Ursachen und Folgen seiner (psychischen) Erkrankung eingegangen sei, zeigt er auch damit keine grundsätzliche Rechtsfrage auf:

Einerseits entspricht es den Grundsätzen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das Faktum einer Erkrankung und die daraus resultierenden Folgen für die zukünftige Dienstleistung eines Beamten auch dann als Grundlage dienstbehördlicher Verfügungen herangezogen werden dürfen, wenn die Krankheit Folge von erlittenem Mobbing, mag dieses auch von Dienstvorgesetzten ausgegangen sein, ist (vgl. zur Zulässigkeit einer amtswegigen Ruhestandsversetzung als Folge einer solchen Erkrankung etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2013, Zl. 2012/12/0169). Soweit sich der Revisionswerber in diesem Zusammenhang aber auf eine befürchtete Verschlechterung seines Gesundheitszustandes durch die verlängerten Anfahrtswege zu seiner neuen Dienststelle beruft, genügt es, ihn auf § 33 NÖ DPL 1972, LGBl. 2200-70, zu verweisen, wonach der Beamte seinen Wohnsitz so zu wählen hat, dass er in der Erfüllung seiner Dienstpflicht nicht behindert ist und aus der Lage seines Wohnsitzes keinen Anspruch auf Begünstigungen im Dienst ableiten kann (vgl. hiezu auch das zur entsprechenden Bestimmung des § 39 Abs. 1 LDG 1984 ergangene hg. Erkenntnis vom 16. September 2010, Zl. 2009/12/0172).

Der Abweisung des Antrages auf Feststellung der (schlichten) Rechtswidrigkeit der Personalmaßnahme tritt der Revisionswerber in seinen Zulässigkeitsbehauptungen nicht unter dem Gesichtspunkt einer grundsätzlichen Rechtsfrage entgegen (vgl. dazu im Übrigen das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1993, Zl. 91/12/0245).

Aus diesen Gründen zeigt der Revisionswerber mit seinem hiezu gesondert erstatteten Vorbringen keinen Zulässigkeitsgrund seiner außerordentlichen Revision auf, weshalb sie sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignet und daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen war.

Wien, am 27. Mai 2015

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