VwGH Ra 2015/11/0053

VwGHRa 2015/11/005311.11.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Revision des Präsidenten der Ärztekammer für Wien, vertreten durch die PHH Prochaska Havranek Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Julius Raab-Platz 4, gegen den als "Erkenntnis" bezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 7. April 2015, Zl. VGW- 162/006/11960/2014-11, betreffend Kammerumlagen für das Jahr 2011 (mitbeteiligte Partei: Dr. A S in W, vertreten durch die Engin-Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KG in 1010 Wien, Sterngasse 11/4; weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

ÄrzteG 1998 §69 Abs1;
ÄrzteG 1998 §91;
EStG §68 Abs1;
EStG §68 Abs2;
UmlagenO ÄrzteK Wien §1 ;
UmlagenO ÄrzteK Wien §1 Abs2;
UmlagenO ÄrzteK Wien §1 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §28 Abs3;
ÄrzteG 1998 §69 Abs1;
ÄrzteG 1998 §91;
EStG §68 Abs1;
EStG §68 Abs2;
UmlagenO ÄrzteK Wien §1 ;
UmlagenO ÄrzteK Wien §1 Abs2;
UmlagenO ÄrzteK Wien §1 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §28 Abs3;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1. Der Mitbeteiligte ist als Arzt unselbständig in einer Krankenanstalt beschäftigt.

Mit Bescheid vom 31. Mai 2012 setzte der Präsident der Ärztekammer für Wien (belangte Behörde und nunmehriger Revisionswerber) die vom Mitbeteiligten für das Jahr 2011 zu zahlende Kammerumlage der Ärztekammer für Wien gemäß § 1 der Umlagenordnung der Ärztekammer für Wien (in der Folge kurz: Umlagenordnung) mit EUR 1.334,11 und die für das genannte Jahr zu leistende Kammerumlage zur Österreichischen Ärztekammer gemäß § 2 der Umlagenordnung mit EUR 317,65 fest.

In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass sich die Bemessungsgrundlage gemäß § 1 der Umlagenordnung aus dem Jahreseinkommen 2008 (drittvorangegangenes Kalenderjahr) ergebe, wobei die so durchgeführte Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die sich daraus errechnende Umlagenschuld betragsmäßig in einer Tabelle dargestellt wurden.

2. In seiner dagegen erhobenen Beschwerde brachte der Mitbeteiligte vor, dass gemäß § 1 Abs. 3 der Umlagenordnung bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht das gesamte Jahresbruttogehalt aus 2008 herangezogen werden dürfe, weil nach dieser Bestimmung die Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 sowie die Zulagen und Zuschläge gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht zu berücksichtigen seien.

3. Der Revisionswerber vertrat im Beschwerdeverfahren zum genannten Vorbringen des Mitbeteiligten eine teilweise gegenteilige Rechtsposition:

Es sei zwar richtig, dass die vom Mitbeteiligten empfangenen vier Sonderzahlungen sowie eine weitere Einmalzahlung Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 darstellten und daher bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage nicht berücksichtigt worden seien. Anderes gelte nach Ansicht des Revisionswerbers für die dem Mitbeteiligten ausbezahlten Zuschläge für Journaldienste (nach der vom Mitbeteiligten vorgelegten Aufstellung der Bruttobezüge im Jahr 2008 handelt es sich um Zulagen für Journaldienste einerseits am Tag und andererseits in der Nacht bzw. an Sonn- und Feiertagen) und für die Gefahrenzulage, die unter § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 fielen und - so der Revisionswerber - bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Umlagen nur in jenem Ausmaß außer Betracht zu bleiben hätten, als diese Zulagen und Zuschläge nach der letztgenannten Bestimmung steuerfrei seien. Der zu versteuernde Teil dieser Zulagen und Zuschläge sei daher in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.

4. Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG Folge, behob den Bescheid vom 31. Mai 2012 und verwies die Sache an die Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides zurück. Weiters wurde gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

In der Begründung wurde nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens und der maßgebenden Rechtsvorschriften ausgeführt, es sei unstrittig, dass die in Rede stehenden Gehaltsbestandteile - steuerrechtlich - solche nach § 67 Abs. 1 und 2 bzw. § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 seien. Strittig sei lediglich, ob jene Gehaltsbestandteile, die Zuschläge und Zulagen gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 darstellten, gänzlich aus der Bemessungsgrundlage für die Kammerumlagen oder, wie die belangte Behörde meine, nur bis zu den in § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 genannten Steuerfreigrenzen herausfielen.

Gemäß § 1 Abs. 3 Umlagenordnung seien bei Ärzten, die den ärztlichen Beruf im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausüben, sowohl die Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 als auch die Zulagen und Zuschläge gemäß § 68 Abs. 1 und 2 leg. cit. nicht zu berücksichtigen. Eine Einschränkung, dass diese Ausnahme nur bis zu einer Höchstgrenze gelte, finde sich in der Umlagenordnung nicht, sodass davon auszugehen sei, dass die genannten Gehaltsbestandteile bei der Bemessung der Kammerumlagen zur Gänze nicht zu berücksichtigen seien. Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, weshalb die belangte Behörde Gehaltsbestandteile einerseits gemäß § 67 Abs. 1 und 2 und andererseits gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 unterschiedlich behandle.

Zwar stehe § 1 Abs. 3 Umlagenordnung nach Ansicht des Verwaltungsgerichts in einem Widerspruch zu § 1 Abs. 2 leg. cit., weil letzterer normiere, dass die Bemessungsgrundlage "das gesamte zu versteuernde" Jahreseinkommen aus ärztlicher Tätigkeit des jeweils drittvorangegangenen Kalenderjahres sei, soweit es im Bereich des Bundeslandes Wien erzielt wurde. Doch sei § 1 Abs. 3 Umlagenordnung für sich gesehen klar verständlich und sehe keine Höchstgrenzen vor.

Ausgehend davon, dass im angefochtenen Bescheid die dem Mitbeteiligten ausbezahlten Zulagen und Zuschläge gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988, soweit sie die dort vorgesehenen steuerfreien Beträge überstiegen, zu Unrecht in die Bemessungsgrundlage für die Kammerumlage einbezogen habe, führte das Verwaltungsgericht mit Blick auf § 28 Abs. 3 VwGVG sodann aus:

"Zur genauen Berechnung des tatsächlichen Rückstands oder eines Guthabens aus der Kammerumlage wird der gegenständliche Bescheid behoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen".

5.1. Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision des Revisionswerbers (belangte Behörde), in welcher zur Zulässigkeit zusammengefasst ausgeführt wird, es fehle einerseits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Auslegung des § 1 Abs. 3 Umlagenordnung, nämlich ob die dort genannten Zulagen und Zuschläge gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 gänzlich oder nur bis zu den in den letztgenannten Bestimmungen angeführten Höchstgrenzen bei der Berechnung der Kammerumlagen unberücksichtigt zu bleiben hätten.

Außerdem weiche das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, soweit es die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverweise, weil nach der Rechtsprechung kassierende Entscheidungen des Verwaltungsgerichtes nach Möglichkeit zu vermeiden seien. Im Übrigen sei der entscheidungsrelevante Sachverhalt gegenständlich geklärt, die Neuberechnung der Kammerumlage sei dem Verwaltungsgericht anhand des Aktenmaterials und der Umlagenordnung möglich gewesen und nicht besonders aufwändig.

5.2. Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die Abweisung der Revision:

6. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6.1. Die Revision ist aus den von ihr aufgezeigten Gründen (insbesondere das Fehlen von Rechtsprechung zur Frage, wie weit Gehaltsbestandteile iSd § 1 Abs. 3 Umlagenordnung bei der Berechnung der Kammerumlage zu berücksichtigen sind) zulässig.

6.2. Das ÄrzteG 1998, BGBl. I Nr. 169/1998 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 80/2013, lautet auszugsweise:

"Pflichten und Rechte der Kammerangehörigen

§ 69. (1) Alle Kammerangehörigen sind verpflichtet, die von der Ärztekammer im Rahmen ihres gesetzlichen Wirkungskreises gefassten Beschlüsse zu befolgen sowie die in der Umlagenordnung und in der Beitragsordnung festgesetzten Umlagen und Wohlfahrtsfondsbeiträge zu leisten.

...

§ 91. (1) Zur Bestreitung des Sachaufwandes, des Aufwandes für die Organe, des Personalaufwandes und der anderen finanziellen Erfordernisse für die Durchführung der den Ärztekammern übertragenen Aufgaben (§ 84), ausgenommen für den Wohlfahrtsfonds, sowie zur Erfüllung der gegenüber der Österreichischen Ärztekammer bestehenden Umlageverpflichtung heben die Ärztekammern von sämtlichen Kammerangehörigen die Kammerumlage ein.

...

(3) Die Umlagen sind unter Bedachtnahme auf die

1. wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anhand der Einnahmen (Umsätze) und/oder Einkünfte sowie

2. Art der Berufsausübung

der Kammerangehörigen festzusetzen, wobei die Höhe der Umlagen betragsmäßig oder in Relation zu einer Bemessungsgrundlage festgesetzt werden kann. Bei Beteiligung eines Kammerangehörigen an einer Gruppenpraxis kann bei der Bemessungsgrundlage ein dem Geschäftsanteil an der Gruppenpraxis entsprechender Anteil am Umsatz (Umsatzanteil) oder ein entsprechender Anteil am Bilanzgewinn - unabhängig von dessen Ausschüttung - berücksichtigt werden. Die Höchstgrenze der Kammerumlage beträgt 3 vH der Einnahmen (Einkünfte) aus ärztlicher Tätigkeit einschließlich der Umsatzanteile an Gruppenpraxen. Die Umlagenordnung kann einen Mindestsatz für die Kammerumlage vorsehen. Näheres ist in der Umlagenordnung zu regeln. Für den Fall einer verspäteten Entrichtung der Kammerumlage durch Kammerangehörige kann die Umlagenordnung die Vorschreibung von angemessenen Mahnspesen vorsehen.

(4) Die Umlagenordnung hat nähere Bestimmungen, insbesondere über die Festsetzung und Entrichtung der Kammerumlage und der monatlichen oder vierteljährlichen Vorauszahlungen sowie über die Einbehalte der Kammerumlage und Vorauszahlungen vom Kassenhonorar durch die gesetzlichen Sozialversicherungsträger und Krankenfürsorgeanstalten bei Vertragsärzten, vorzusehen. Die Umlagenordnung kann vorsehen, daß Kammerangehörige verpflichtet sind, alljährlich bis zu einem in der Umlagenordnung zu bestimmenden Zeitpunkt schriftlich alle für die Errechnung der Kammerumlage erforderlichen Angaben zu machen und auf Verlangen die geforderten Nachweise über die Richtigkeit dieser Erklärung vorzulegen; wenn dieser Verpflichtung nicht rechtzeitig und vollständig entsprochen wird, erfolgt die Vorschreibung auf Grund einer Schätzung; ..."

6.3. Die für das gegenständliche Beitragsjahr 2011 maßgebende Umlagenordnung der Ärztekammer für Wien, beschlossen von der Vollversammlung am 14. Dezember 2010, lautet auszugsweise:

"UMLAGE ZUR ÄRZTEKAMMER FÜR WIEN

§ 1 Kammerumlage

(1) Die Kammerumlage beträgt, soweit in dieser Vorheriger Umlagenordnung nichts anderes festgelegt ist, jährlich 2,1 v.H. der Bemessungsgrundlage.

(2) Die Bemessungsgrundlage ist das gesamte zu versteuernde Jahreseinkommen aus ärztlicher Tätigkeit des jeweils drittvorangegangenen Kalenderjahres, soweit es im Bereich des Bundeslandes Wien erzielt wurde. Zu den Einkünften aus ärztlicher Tätigkeit zählen auch Gewinnanteile der Gesellschafter von Gesellschaften, deren Geschäftszweck nur unter der verantwortlichen Leitung eines/einer zur selbständigen Berufsausübung berechtigten Arztes/Ärztin verwirklicht werden kann; dazu gehören auch Einkünfte aus Gruppenpraxen. Der Bemessungsgrundlage sind die jährlich entrichteten Fondsbeiträge, die Beiträge für die Krankenunterstützung sowie die Beiträge für die Todesfallbeihilfe hinzuzurechnen.

...

(3) Bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach Abs. 2 sind bei ÄrztInnen, die den ärztlichen Beruf im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausüben, die Bezüge gem. § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 nicht zu berücksichtigen. Zulagen und Zuschläge gem. § 68 Abs. 1 und Abs. 2 EStG 1988 sind ebenfalls nicht zu berücksichtigen.

...

UMLAGE ZUR ÖSTERREICHISCHEN ÄRZTEKAMMER

§ 2 Kammerumlage

(1) Die Kammerumlage zur Österreichischen Ärztekammer beträgt, soweit in dieser Umlagenordnung nicht anderes festgelegt, zusätzlich zur Kammerumlage zur Ärztekammer für Wien 0,50 v.H. der Bemessungsgrundlage gemäß § 1, mindestens jedoch EUR 40,--.

..."

6.4. Das EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 102/2007, lautet auszugsweise:

"Sonstige Bezüge

§ 67. (1) Erhält der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (zum Beispiel 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen), so beträgt die Lohnsteuer, soweit die sonstigen Bezüge innerhalb eines Kalenderjahres 620 Euro übersteigen, 6%. Die Besteuerung der sonstigen Bezüge mit dem festen Steuersatz unterbleibt, wenn das Jahressechstel gemäß Abs. 2 höchstens 2.000 Euro beträgt. Der Freibetrag von 620 Euro und die Freigrenze von 2.000 Euro sind bei Bezügen gemäß Abs. 3 bis 8 und Abs. 10 nicht zu berücksichtigen.

(2) Soweit die sonstigen, insbesondere einmaligen Bezüge (Abs. 1) vor Abzug der in Abs. 12 genannten Beiträge innerhalb eines Kalenderjahres ein Sechstel der bereits zugeflossenen, auf das Kalenderjahr umgerechneten laufenden Bezüge übersteigen, sind sie dem laufenden Bezug des Lohnzahlungszeitraumes zuzurechnen, in dem sie ausgezahlt werden. Bei der Berechnung des Sechstels ist derjenige laufende Bezug, der zusammen mit dem sonstigen Bezug ausgezahlt wird, bereits zu berücksichtigen. Wird ein sonstiger Bezug in einem Kalenderjahr vor Fälligkeit des ersten laufenden Bezuges ausgezahlt, ist dieser erste laufende Bezug in seiner voraussichtlichen Höhe auf das Kalenderjahr umzurechnen. Steuerfreie laufende Bezüge gemäß § 3, ausgenommen laufende Einkünfte gemäß § 3 Abs. 1 Z 10, 11 und 15 lit. a, erhöhen nicht das Jahressechstel, steuerfreie sonstige Bezüge gemäß § 3, ausgenommen sonstige Einkünfte gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 und 11, werden auf das Jahressechstel nicht angerechnet.

...

Besteuerung bestimmter Zulagen und Zuschläge

§ 68. (1) Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge sind insgesamt bis 360 Euro monatlich steuerfrei.

(2) Zusätzlich zu Abs. 1 sind Zuschläge für die ersten fünf Überstunden im Monat im Ausmaß von höchstens 50 % des Grundlohnes, insgesamt höchstens jedoch 43 Euro monatlich, steuerfrei.

(3) Soweit Zulagen und Zuschläge durch Abs. 1 und 2 nicht erfaßt werden, sind sie nach dem Tarif zu versteuern.

..."

6.5. Im vorliegenden Fall geht es entscheidend um die Frage, ob bei der Bemessung der vom Mitbeteiligten für das Jahr 2011 zu entrichtenden Kammerumlagen (sowohl zur Ärztekammer für Wien als auch zur Österreichischen Ärztekammer) die dem Mitbeteiligten im Jahr 2008 (drittvorangegangenes Kalenderjahr gemäß § 1 Abs. 2 Umlagenordnung) von seinem Dienstgeber ausbezahlten Zulagen und Zuschläge gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 zufolge § 1 Abs. 3 der Umlagenordnung bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage gänzlich unberücksichtigt zu bleiben haben oder lediglich in jenem Ausmaß unberücksichtigt bleiben, in welchem sie gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 steuerfrei sind.

6.6. Die Revision verweist dazu primär auf § 1 Abs. 2 Umlagenordnung, nach welcher Bestimmung die Bemessungsgrundlage "das gesamte zu versteuernde Jahreseinkommen" aus ärztlicher Tätigkeit ist. Aus dem systematischen Zusammenhang mit dieser Grundregel folge nach Ansicht der Revision, dass gemäß § 1 Abs. 3 Umlagenordnung bei der Umlagenberechnung auch Zulagen und Zuschläge gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 zu berücksichtigen seien, soweit diese (wegen Überschreitung der dort vorgesehenen Höchstgrenzen) zu versteuern seien. Über die Höchstgrenzen des § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 hinausgehende Zulagen und Zuschläge seien nach Ansicht der Revision gar nicht als "Zulagen und Zuschläge gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988" im Sinne des § 1 Abs. 3 Umlagenordnung zu werten.

Für die Sichtweise des Revisionswerbers spreche auch der systematische Zusammenhang des § 1 Abs. 3 Umlagenordnung mit § 68 EStG 1988, weil die letztgenannte steuerrechtliche Bestimmung in ihrem Abs. 3 eine Steuerpflicht für Zulagen und Zuschläge außerhalb des Anwendungsbereiches des § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 vorsehe, dies ohne Unterschied, ob die Zulagen und Zuschläge die dort vorgesehen Höchstgrenzen überschreiten oder überhaupt nicht in den Anwendungsbereich der letztgenannten Norm fallen.

6.7. Zum letztgenannten Vorbringen der Revision ist darauf hinzuweisen, dass aus der steuerrechtlichen Regelung des § 68 Abs. 3 EStG 1988, wonach von Abs. 1 und 2 leg. cit nicht erfasste Zulagen und Zuschläge zu versteuern sind, noch nicht abzuleiten ist, dass diese zu versteuernden Gehaltsbestandteile auch bei der Berechnung der Kammerumlage zu berücksichtigen sind. Diese Frage ist vielmehr nach den zitierten Bestimmungen des ÄrzteG 1998 und (aufgrund des Verweises in § 91 Abs. 4 leg. cit.) und den Bestimmungen der Umlagenordnung zu beantworten.

Der Wortlaut des § 1 Abs. 3 Umlagenordnung, der bei der Berechnung der Kammerumlage die Nichtberücksichtigung "von Zulagen und Zuschlägen gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988" (ohne weitere Einschränkung) normiert, spricht zunächst jedenfalls für die Rechtsansicht des Mitbeteiligten und des Verwaltungsgerichts, dass die genannten Zulagen und Zuschläge - zur Gänze - bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Kammerumlage unberücksichtigt bleiben. Insbesondere ist dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 Umlagenordnung nicht zu entnehmen, dass nur die von der Einkommensteuer befreiten Teile der Zulagen und Zuschläge gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 bei der Kammerumlage unberücksichtigt bleiben (was etwa der Fall wäre, wenn die Nichtberücksichtigung nur in dem in § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 vorgesehenen Ausmaß angeordnet wäre).

6.8. Auch die systematische Interpretation führt zu diesem Ergebnis:

Gemäß § 1 Abs. 2 Umlagenordnung ist Bemessungsgrundlage für die Kammerumlage "das gesamte zu versteuernde Jahreseinkommen" aus ärztlicher Tätigkeit (soweit es im Bereich des Bundeslandes Wien erzielt wurde). Hätte der Normerzeuger der Umlagenordnung (Vollversammlung der Ärztekammer für Wien), wie der Revisionswerber meint, durch § 1 Abs. 3 Umlagenordnung die in § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 genannten Zulagen und Zuschläge nur so weit von der Berechnung der Kammerumlage ausnehmen wollen, als diese steuerfrei sind, also die einkommensteuerpflichtigen Teile dieser Zulagen und Zuschläge für die Berechnung der Kammerumlage heranziehen wollen, so hätte es keiner Erwähnung dieser Zulagen und Zuschläge in § 1 Abs. 3 Umlagenordnung bedurft, weil dieses Ergebnis ohnedies bereits durch die Grundregel des § 1 Abs. 2 Umlagenordnung herbeigeführt wird.

Da dem Normerzeuger des § 1 Abs. 3 Umlagenordnung nicht zu unterstellen ist, er habe mit dieser Vorschrift (in Bezug auf die Zulagen und Zuschläge gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988) eine Regelung ohne eigenständigen Sinn getroffen, ist davon auszugehen, dass im Einklang mit dem schon besprochenen Wortlaut dieser Bestimmung Zulagen und Zuschläge gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 ohne Einschränkung von der Berechnung der Kammerumlage auszunehmen sind.

6.9. Anders als die Revision meint, bewirkt § 1 Abs. 3 Umlagenordnung keine sachlich unbegründete, auffallend unterschiedliche Belastung zwischen niedergelassenen (gemeint: den Ärzteberuf selbständig ausübenden) und angestellten Ärzten (von denen die meisten nach dem Revisionsvorbringen in Krankenanstalten tätig sind).

Zwar betrifft die Grundregel des § 1 Abs. 2 Umlagenordnung sowohl selbständig als auch unselbständig erwerbstätige Ärzte, wohingegen die begünstigende Regelung des § 1 Abs. 3 Umlagenordnung nur die genannten Gehaltsbestandteile von Ärzten, die in einem Dienstverhältnis stehen, erfasst. Aus der letztgenannten Norm, wonach die Zulagen und Zuschläge gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 bei der Berechnung der Kammerumlage (lediglich) unselbständig erwerbstätiger Ärzte unberücksichtigt bleiben, ergibt sich aber für die Ärztegruppe der ausschließlich selbständig erwerbstätigen Ärzte kein unsachlicher Nachteil. Ausschließlich selbständig erwerbstätige Ärzte beziehen zwar, wie die Revision ausführt, keine Zulagen und Zuschläge gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988, sie müssen aber (typischerweise) auch die mit diesen Zulagen abgegoltenen Dienste, wie sie gegenständlich vom Mitbeteiligten erbracht wurden (wie erwähnt geht es gegenständlich primär um Journaldienstzulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtdienste in Krankenanstalten), nicht leisten.

6.10. Soweit die Revision im Übrigen Schwierigkeiten in der Vollziehung bei Zugrundelegung des erzielten Auslegungsergebnisses des § 1 Abs. 3 Umlagenordnung vorbringt (aus dem Einkommensteuerbescheid Pos. 215 seien Einkünfte gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 nur "bis zu deren Höchstgrenzen" ersichtlich, eine Herausrechnung dieser Zulagen und Zuschläge im gesamten Ausmaß sei daher gar nicht möglich), bleibt anzumerken, dass es (abgesehen davon, dass es beim genannten Ergebnis im Interesse des Umlagenpflichtigen liegen wird, die genannten Zulagen und Zuschläge von sich aus nachzuweisen) Sache der Vollversammlung der Ärztekammer für Wien ist, innerhalb der gesetzlichen Grenzen eine praktikable Umlagenordnung zu beschließen.

7. Auch wenn somit die Rechtsfrage, dass bei der Berechnung der Kammerumlage die Zulagen und Zuschläge gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 nach der hier maßgebenden Rechtslage (§ 1 Abs. 3 Umlagenordnung) zur Gänze unberücksichtigt zu bleiben haben, vom Verwaltungsgericht zutreffend beantwortet wurde, erweist sich der angefochtene Beschluss dennoch als rechtswidrig, weil mit diesem bei der dargestellten Sach- und Rechtslage der Bescheid der ersten Instanz behoben und die Sache zur neuen Entscheidung an diese zurückverwiesen wurde.

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG setzt die Zurückverweisung der Sache an die Erstinstanz voraus, dass die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Zl. Ro 2014/03/0063, insbesondere Pkt. 2.6.3., und die daran anschließende hg. Judikatur). Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht aber weder dargelegt, dass und gegebenenfalls welcher Sachverhalt noch zu ermitteln wäre, noch ist dies aus dem Gesamtzusammenhang offensichtlich. Die zahlenmäßige Präzisierung der Umlagenpflicht des Mitbeteiligten aufgrund der im Akt bereits befindlichen Unterlagen über sein aufgeschlüsseltes Jahreseinkommen anhand der erwähnten Rechtsvorschriften (insbesondere § 1 Umlagenordnung) ist jedenfalls kein Grund für die Zurückverweisung im Sinne der genannten Judikatur.

8. Da das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG verkannt hat, war der angefochtene Beschluss gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

9. Ein Kostenzuspruch an den Revisionswerber entfällt gemäß § 47 Abs. 4 VwGG in Verbindung mit Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG.

Ein Kostenzuspruch an den Mitbeteiligten kommt angesichts der Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses gemäß § 47 Abs. 3 VwGG nicht in Betracht.

Wien, am 11. November 2015

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