VwGH Ra 2015/07/0124

VwGHRa 2015/07/012417.12.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Revision des B Ö in L, vertreten durch die Advokatur Dr. Herbert Schöpf, LL.M., Rechtsanwalt-GmbH in 6020 Innsbruck, Arkadenhof, Maria-Theresien-Straße 34, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 22. Juli 2015, Zl. LVwG-2015/26/0049-4, betreffend Verpflichtung zur Erhaltung einer Einfriedung nach dem Tiroler Feldschutzgesetz 2000, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
FeldschutzG Tir 2000 §4 Abs3;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art133 Abs4;
FeldschutzG Tir 2000 §4 Abs3;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis (Spruchpunkt A) wurde der Revisionswerber als Eigentümer näher genannter Grundstücke gemäß §§ 4 und 5 Tiroler Feldschutzgesetz 2000 verpflichtet, eine Einfriedung innerhalb im Einzelnen bezeichneter Vermessungspunkte eines Lageplans vom 22. November 2013, die dem Schutz von landwirtschaftlichen Grundflächen und Waldweideflächen hinsichtlich des Grundstückes Nr. 1639 GB Leutasch diene, als ortsüblichen Bretterzaun zu erhalten.

2. In der Revision wird zu deren Zulässigkeit ausgeführt, der Rechtsmeinung des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (LVwG), es sei die angefochtene Entscheidung primär von der Lösung von Sachverhaltsfragen und nicht von Rechtsfragen abhängig gewesen, weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliege, sei nicht zu folgen. In der gegenständlichen Rechtssache - so der Revisionswerber - sei das Kernproblem die unzulässige, weil vom Gesetz nicht gedeckte Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter § 4 Abs. 3 Tiroler Feldschutzgesetz 2000. Zur Auslegung dieser Norm liege auch noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Ergänzend dazu gründe sich das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darauf, dass eine Konstellation vorliege, die es erforderlich mache, aus Gründen der Rechtssicherheit korrigierend einzugreifen.

In diesem Zusammenhang hält der Revisionswerber fest, durch § 4 Abs. 3 Tiroler Feldschutzgesetz 2000 könne der Eigentümer einer Liegenschaft dazu verpflichtet werden, auf seiner Liegenschaft Einfriedungen zu errichten, um fremdes Vieh davon abzuhalten, auf seine Liegenschaft zu kommen und dort Schäden anzurichten. Dies könne, wie im vorliegenden Fall, dazu führen, dass der Eigentümer "wider die Rechtsgrundsätze unserer Recht(s)ordnung" erhebliche Aufwendungen zu tätigen habe, von denen er gar nichts habe, die nicht einmal im öffentlichen Interesse seien, sondern nur einen Dritten (Privatperson) begünstigten, der weniger Aufwand habe, seiner Rechtspflicht nachzukommen, nämlich sein Vieh daran zu hindern, auf fremden Grund vorzudringen und dort Schäden zu verursachen.

Diese Norm sei also im Widerspruch zu den zivilrechtlichen Grundregeln, das Eigentum betreffend. Sie stelle einen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum selbst dar und stehe in einem Spannungsverhältnis zu Art. 7 B-VG, weil auch bei einer "gleichen" Situation einer davon betroffen sein könne (es bestehe die Übung) und ein anderer nicht (keine Übung). Schon das Gesetz selbst sei deshalb restriktiv formuliert, weshalb es wohl, sofern restriktiv angewendet, nicht verfassungswidrig sein dürfte. Es sei aber eben wohl Zurückhaltung und eine entsprechend restriktive Auslegung geboten. Der Verwaltungsgerichtshof müsse korrigierend eingreifen.

Ergänzende Ausführungen zur "Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung" finden sich in den "Beschwerdegründen" (Revisionsgründen).

3. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4. In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Gemäß § 4 Abs. 1 Tiroler Feldschutzgesetz 2000, LGBl. Nr. 58/2000, sind Einfriedungen zu erhalten, soweit sie zum Schutz von landwirtschaftlichen Grundflächen und Waldweideflächen gegen Weidevieh erforderlich sind.

Nach § 4 Abs. 2 leg. cit. gehört zur Erhaltung einer Einfriedung auch deren Wiederherstellung.

Gemäß § 4 Abs. 3 leg. cit. sind Einfriedungen, sofern sich nicht aufgrund eines besonderen Rechtstitels etwas anderes ergibt, von denjenigen zu erhalten, die oder deren Rechtsvorgänger sie aufgrund langjähriger Übung, die jedenfalls in die letzten 30 Jahre vor der Einleitung des Verfahrens hineinreichen muss, erhalten haben.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte. In den "gesonderten" Gründen ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Die Beurteilung der Zulässigkeit der außerordentlichen Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 24. September 2015, Ra 2015/07/0115, und die dort zitierte Rechtsprechung).

Durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung wird somit der gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gebotenen gesonderten Darstellung der Gründe, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird, nicht entsprochen.

Das in der Revision gesondert erstattete Revisionsvorbringen zum Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung beinhaltet zunächst eine inhaltliche Kritik des § 4 Abs. 3 Tiroler Feldschutzgesetz 2000, den der Revisionswerber selbst als "bei restriktiver Auslegung" nicht verfassungswidrig bezeichnet, sowie eine Forderung nach einer entsprechenden "restriktiven" Interpretation dieser Bestimmung. Bemängelt wird in allgemein gehaltenen Ausführungen, dass dem Eigentümer einer Liegenschaft - ohne einen damit verbundenen eigenen Vorteil - erhebliche Aufwendungen auferlegt würden.

Damit wird aber das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt trotz Fehlens von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist (vgl. dazu u.a. die hg. Beschlüsse vom 28. Mai 2014, Ro 2014/07/0053, und vom 2. September 2014, Ra 2014/18/0062, mwN). Das ist hier der Fall.

Gemäß § 4 Abs. 3 Tiroler Feldschutzgesetz 2000 trifft die Erhaltungspflicht von Einfriedungen (bei Nichtvorliegen eines besonderen Rechtstitels) diejenigen, die oder deren Rechtsvorgänger sie "aufgrund langjähriger Übung", die "jedenfalls in die letzten 30 Jahre vor der Einleitung des Verfahrens hineinreichen muss", erhalten haben.

Diese Bestimmung stellt bereits ihrem Wortlaut nach ohne Zweifel nicht darauf ab, dass der Erhaltungspflichtige aus seiner Verpflichtung bzw. seinen Aufwendungen einen allfälligen Vorteil zieht, sondern auf das Vorliegen einer "langjährigen Übung". Auch den Erläuternden Bemerkungen zum Tiroler Feldschutzgesetz, LGBl. Nr. 58/2000, (Regierungsvorlage, GZ 236/00) ist kein gegenteiliger Anhaltspunkt zu entnehmen.

Mit dem Vorbringen, dass der festgestellte Sachverhalt gesetzwidrig dem § 4 Abs. 3 Tiroler Feldschutzgesetz 2000 subsumiert worden sei, bemängelt der Revisionswerber im Ergebnis auch die Beweiswürdigung des LVwG hinsichtlich des Vorliegens der in § 4 leg. cit. normierten und zu seiner Erhaltungspflicht führenden Voraussetzungen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung aber nur dann vor, wenn das LVwG die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 29. Juli 2015, Ra 2015/07/0090, mwN). Davon kann im vorliegenden Fall jedoch keine Rede sein. Im Übrigen stehen der in der Revision vertretenen Ansicht, eine "langjährige Übung" der Erhaltungstätigkeit im Sinne des § 4 Abs. 3 Tiroler Feldschutzgesetz 2000 müsse bis kurz vor Einleitung des Verfahrens ausgeübt worden sein, sowohl der Wortlaut dieser Bestimmung als auch die erwähnten Erläuternden Bemerkungen zum Tiroler Feldschutzgesetz entgegen.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 17. Dezember 2015

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