VwGH Ro 2015/07/0019

VwGHRo 2015/07/001929.10.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Revision der R GmbH in G, vertreten durch Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wollzeile 24, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 5. März 2015, Zl. LVwG-461-003/R6-2014, betreffend Feststellungen nach § 10 AlSAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Feldkirch; mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch das Zollamt Feldkirch Wolfurt, Galuragasse 3, 6800 Feldkirch), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §7;
ALSAG 1989 §10 Abs1 Z2;
ALSAG 1989 §10 Abs1 Z3 idF 2003/I/071;
ALSAG 1989 §10;
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1;
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z2;
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z3;
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z3a;
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z4 idF 2013/I/103;
ALSAG 1989 §4 Z2 idF 2013/I/103;
ALSAG 1989 §4 Z2;
ALSAG 1989 §4 Z3;
ALSAG 1989 §4;
AVG §56;
B-VG Art133 Abs5;
B-VG Art144 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang der Bestätigung des Spruchpunktes II des Bescheides der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

Soweit sich die Revision gegen die Bestätigung des Spruchpunktes I des Bescheides der belangten Behörde richtet, wird sie als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Revisionswerberin betreibt am Standort G eine Shredderanlage, in der schadstoffrechtliche Altfahrzeuge gemeinsam mit sonstigen Mischschrotten mit einer Hammermühle in maximal faustgroße Teile zerkleinert werden. Nach der Zerkleinerung werden die faustgroßen Teile in eine sogenannte Schwer- und Leichtfraktion getrennt. Die Shredder-Leichtfraktion wird im Anschluss mit einem Sternsieb abgesiebt, das Siebunterkorn wird zu einer Mischanlage der A G m.b.H. (A. GmbH) in B in Deutschland geliefert. Die A. GmbH stellt unter anderem für den Bergversatz der Grube B Versatzmaterial her.

Mit Schreiben vom 7. November 2013 stellte die Revisionswerberin den Antrag an die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch (BH), sie möge als zuständige Behörde gemäß § 10 Altlastensanierungsgesetz (AlSAG) feststellen, dass das in der Anlage der A. GmbH hergestellte Versatzmaterial kein Abfall gemäß § 2 Abs. 4 AlSAG sei, sowie in eventu, dass das Befördern der hier verfahrensgegenständlichen Shredderrestfraktion in das EU-Ausland zur stofflichen Verwertung unter Berücksichtigung des freien Warenverkehrs keine beitragspflichtige Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 4 in Verbindung mit Z 1 bis 3a AlSAG darstelle.

Mit Bescheid vom 26. Mai 2014 wies die BH unter Spruchpunkt I gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 4 AlSAG den Antrag der Revisionswerberin auf Feststellung, dass das in der Anlage der A. GmbH in Deutschland hergestellte Bergversatzmaterial kein Abfall gemäß § 2 Abs. 4 AlSAG sei, als unzulässig zurück und stellte unter Spruchpunkt II gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Z 4 und Z 1 lit. c AlSAG fest, dass die Beförderung der in der Abfallbehandlungsanlage in G anfallenden Shredderrestfraktion (Siebunterkorn der Shredder-Leichtfraktion) zur Anlage der A. GmbH dem Altlastenbeitrag unterliege.

Begründend führte die BH im Wesentlichen aus, dass die Revisionswerberin nicht Beitragsschuldnerin gemäß § 4 Z 1 AlSAG sein könne, weil sie nicht Inhaberin der von der A. GmbH betriebenen Anlage sei, welche zudem nicht in Österreich betrieben werde. Das Bergversatzmaterial an sich werde nicht von Österreich aus außerhalb des Bundesgebietes befördert, sodass die Revisionswerberin in Bezug auf dieses erst in Deutschland hergestellte Bergversatzmaterial mangels grenzüberschreitender Verbringung nicht notifizierungspflichtig sei. Daher sei die Revisionswerberin keine Beitragsschuldnerin iSd § 4 Z 2 AlSAG. Die Herstellung des Bergversatzmaterials sowie die Versatztätigkeit an sich liege nicht in der Verantwortung der Revisionswerberin und komme ihr daher auch auf Grundlage des § 4 Z 3 AlSAG keine Antragslegitimation zu.

§ 3 Abs. 1 Z 4 AlSAG normiere die Beitragspflicht für das Befördern von Abfällen zu einer Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3a AlSAG außerhalb des Bundesgebietes auch dann, wenn dieser Tätigkeit ein oder mehrere Behandlungsverfahren vorgeschaltet seien, um die jeweilige beitragspflichtige Tätigkeit zu ermöglichen. Daher werde nicht auf die Verbringung des Abfalles an sich abgestellt, sondern auf die Tätigkeit des Ablagerns. Für Abfall, der zum Bergversatz nicht aus dem Bundesgebiet verbracht werde, gelte ebenfalls eine Beitragspflicht nach § 3 AlSAG. Das AlSAG behandle daher Abfälle, die einer gleichen Tätigkeit zugeführt werden, gleich.

Bei einer Beförderung zu einer "vorgeschalteten Behandlung" werde im ersten Satzteil des § 3 Abs. 1 Z 4 AlSAG auch auf die nachfolgende Tätigkeit des Bergversatzes (§ 3 Abs. 1 lit. c AlSAG) Bezug genommen. Diese Bezugnahme werde für die Bestimmung des Beitragsschuldners im Falle einer notifizierungspflichtigen Verbringung als ausreichend erachtet. Als Beitragsschuldner komme sachlich im Falle einer Beförderung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 4 AlSAG nur die notifizierungspflichtige Person, also die Revisionswerberin, in Betracht.

Dagegen wandte sich die Revisionswerberin mit Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG).

Das LVwG erließ nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 4. November 2014 das nunmehr angefochtene Erkenntnis vom 5. März 2015, in welchem es der Beschwerde gegen den Bescheid der BH keine Folge gab und den Bescheid der BH bestätigte. Das LVwG erklärte die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a VwGG für zulässig.

Das LVwG führte begründend aus, in der Anlage der Revisionswerberin am Standort G würden schadstoffrechtliche Altfahrzeuge zerkleinert. Das durch einen Verarbeitungsprozess entstandene Siebunterkorn werde nach Deutschland zu einer Mischanlage der A. GmbH in B geliefert, welche Versatzmaterial für den Bergversatz herstelle. Das Bergversatzmaterial sei eine Mischung aus verschiedenen Abfällen und Rohstoffen. Die als Shredderrestfraktion bezeichneten Siebsande würden diesen Versatzstoffen an Stelle von anderen Rohstoffen beigemischt und übernähmen aufgrund ihrer Feinkörnigkeit bauphysikalisch gesehen die Funktion eines sogenannten Füllkorns.

Es sei unstrittig, dass es sich bei der von der Revisionswerberin an die A. GmbH verbrachten Shredderrestfraktion um Abfall im Sinne des § 2 Abs. 4 AlSAG iVm § 2 Abs. 1 bis 3 AWG 2002 handle, der in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 (Abfallverbringungsverordnung) falle.

Zu Spruchpunkt I des vom LVwG bestätigten Bescheides der BH führte das LVwG aus, die Revisionswerberin sei nicht Inhaberin der von der A. GmbH in Deutschland betriebenen Anlage und habe keinen Einfluss auf die weiteren Schritte nach der Verbringung der Shredderrestfraktion in der Anlage der A. GmbH. Ob, wie und wann das verbrachte Material dem Bergversatzmaterial beigegeben werde bzw. zum Bergversatz gelange, sei der Einflusssphäre der Revisionswerberin entzogen.

Unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 26. Juli 2012, 2010/07/0215, führte das LVwG aus, dass die Revisionswerberin hinsichtlich dieses von der A. GmbH in Deutschland hergestellten Bergversatzes keine Beitragspflicht im Sinne der Bestimmungen des AlSAG treffe und sie somit auch nicht berechtigt sei, einen diesbezüglichen Feststellungsantrag zu stellen.

Zu Spruchpunkt II des genannten Bescheides der BH führte das LVwG aus, die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z 4 AlSAG sei mit der Novelle zum AlSAG, BGBl. I Nr. 103/2013, aufgrund mehrerer Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Jahr 2012 neu eingeführt worden.

Nach Darlegung des Inhalts der Regierungsvorlage (2293 Beilagen XXIV. GP) zur AlSAG-Novelle, BGBl. I Nr. 103/2013, führte das LVwG aus, der Bergversatz mit Abfällen löse in Österreich die Beitragspflicht im Sinne des § 3 AlSAG aus, unabhängig davon, wen im Zuge weiterer Behandlungsschritte in Österreich die Beitragsschuld treffe.

Der Gesetzgeber habe mit der Novelle BGBl. I Nr. 103/2013 ausdrücklich das Befördern von Abfällen zu einer Tätigkeit gemäß Z 1 bis 3a außerhalb des Bundesgebietes als altlastenbeitragspflichtig bestimmt, auch dann, wenn dieser Tätigkeit ein oder mehrere Behandlungsverfahren vorgeschaltet seien, um die jeweilige beitragspflichtige Tätigkeit zu ermöglichen. Daher müsse zwangsläufig für diese Tätigkeit ein Beitragsschuldner bestehen und sei die einfachgesetzliche Regelung des § 4 Z 2 AlSAG durch Analogie so auszulegen, dass ein Beitragsschuldner auch derjenige sei, der eine Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 4 AlSAG durchführe. Ein Analogieschluss sei hier zwingend geboten und rechtlich zulässig, zumal es sich hier um eine "einfachgesetzliche Lücke" handle und somit ein Analogieschluss - anders als im Bundesverfassungsrecht - zulässig und unumgänglich sei.

Das LVwG ließ die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis zu, weil gegenständlich die Rechtsfrage aufgetreten sei, ob die Bestimmung des § 4 AlSAG per Analogieschluss in der Weise auszulegen sei, dass der Beitragsschuldner auch derjenige sei, der eine Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 4 AlSAG durchführe. Verfahrensgegenständlich sei eine Rechtsfrage zu lösen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukomme, wobei diesbezügliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle.

Die Revisionswerberin wandte sich gegen dieses Erkenntnis an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 11. Juni 2015, E 800/2015-4, die Behandlung der Beschwerde ablehnte. Näher begründet wurde dargelegt, dass und aus welchen Gründen die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z 4 AlSAG verfassungsrechtlich unbedenklich sei.

Parallel dazu wandte sich die Revisionswerberin mit einer ordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof und macht darin Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Im Wesentlichen bringt die Revisionswerberin vor, es liege keine Rechtslücke vor und die vom LVwG angenommene Analogie verstoße gegen den eindeutigen Wortlaut und die Systematik des § 4 AlSAG. § 4 AlSAG zähle taxativ die Beitragsschuldner für eine beitragspflichtige Tätigkeit im Sinne des AlSAG auf. Die Beitragsschuldnereigenschaft sei auch Voraussetzung dafür, dass eine Antragslegitimation gemäß § 10 Abs. 1 AlSAG bestehe. Damit hänge das weitere Schicksal der Revision von dieser Rechtsfrage ab.

Nun verneine das LVwG die Antragslegitimation der Revisionswerberin hinsichtlich der Frage, ob das bei der A. GmbH in Deutschland hergestellte Bergversatzmaterial als Abfall zu qualifizieren sei, und begründe dies mit Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juli 2012, 2010/07/0215. In dem genannten Erkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof die Antragslegitimation der Revisionswerberin letztlich deshalb verneint, weil er die Beitragspflicht des mit dem gegenständlichen Verfahren identen Sachverhaltes verneint habe. Anders als der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis bejahe das LVwG nun aber gerade eine Beitragspflicht und weiche insofern von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Der Verwaltungsgerichtshof habe auch ausgesprochen, dass das Entstehen einer Beitragspflicht die Kenntnis des beitragsauslösenden Tatbestandes voraussetze. Die Revisionswerberin habe aber keine Kenntnis darüber ob, wie, wann und gegebenenfalls wo ein Bergversatz mit Abfällen stattfinde.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten Revisionsbeantwortungen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

Das LVwG ließ die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis zu, weil die Rechtsfrage aufgetreten sei, ob die Bestimmung des § 4 AlSAG per Analogieschluss in der Weise auszulegen sei, dass Beitragsschuldner auch derjenige sei, der eine Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 4 AlSAG durchführe. Zu dieser Frage fehle es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Revisionswerberin bezieht sich in ihren Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision auch auf die vom LVwG als grundsätzlich bezeichnete Rechtsfrage und weist zusätzlich darauf hin, dass die Beitragsschuldnereigenschaft auch Voraussetzung dafür sei, dass überhaupt eine Antragslegitimation gemäß § 10 Abs. 1 AlSAG bestehe. Die von ihr in weiterer Folge geltend gemachten rechtlichen Aspekte stehen im Zusammenhang mit dem Verständnis des § 4 Abs. 2 AlSAG.

2. Die Revision erweist sich als zulässig, zumal Rechtsprechung sowohl zum Begriff des Beitragsschuldners des § 4 Z. 2 AlSAG als auch zur davon abgeleiteten Antragsbefugnis nach § 10 AlSAG, jeweils in der Fassung nach der AlSAG-Novelle BGBl. I Nr. 103/2013, fehlt. Sie ist teilweise begründet.

2.1. Bei einer Feststellung nach § 10 AlSAG sind jene materiellrechtlichen Bestimmungen des Gesetzes anzuwenden, die im Zeitpunkt der Verwirklichung des beitragspflichtigen Sachverhaltes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 8. Juli 2004, 2001/07/0110, 0155, und vom 25. Juni 2009, 2006/07/0105) bzw. nach Ablauf eines daran anschließenden Kalendervierteljahres (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 2008, 2005/17/0055) gegolten haben.

Im vorliegenden Fall ist dies die Rechtslage im Zeitpunkt der Antragstellung, in welcher § 3 Abs. 1 Z 4 AlSAG kraft der Novelle zum AlSAG, BGBl. I Nr. 103/2013, bereits geändert war. Der mit "Altlastenbeitrag, Gegenstand des Beitrags" überschriebene § 3 Abs. 1 Z 4 AlSAG, lautete vor der Novelle zum AlSAG, BGBl. I Nr. 103/2013, folgendermaßen:

"§ 3. (1) Dem Altlastenbeitrag unterliegen

(...)

4. das Befördern von Abfällen zu einer Tätigkeit gemäß Z 1 bis 3a außerhalb des Bundesgebietes."

In Reaktion auf die hg. Rechtsprechung, nämlich auf die Erkenntnisse vom 26. Juli 2012, 2010/07/0215 und 2012/07/0032, sowie vom 20. September 2012, 2011/07/0134 (siehe Regierungsvorlage, 2293 Beilagen XXIV. GP), wurde § 3 Abs. 1 Z 4 AlSAG mit der Novelle BGBl. I Nr. 103/2013, folgendermaßen geändert:

"§ 3. (1) Dem Altlastenbeitrag unterliegen

(...)

4. das Befördern von Abfällen zu einer Tätigkeit gemäß Z 1 bis 3a außerhalb des Bundesgebietes, auch dann, wenn dieser Tätigkeit ein oder mehrere Behandlungsverfahren vorgeschaltet sind, um die jeweilige beitragspflichtige Tätigkeit zu ermöglichen."

Unverändert blieb hingegen die Bestimmung des § 4 Abs. 2 AlSAG, die den Beitragsschuldner definiert. Diese Bestimmung hatte und hat folgenden Wortlaut:

"§ 4. Beitragsschuldner ist

1. der Inhaber einer im Bundesgebiet gelegenen Anlage, in der eine Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3a vorgenommen wird,

2. im Fall des Beförderns von gemäß den gemeinschaftsrechtlichen Abfallvorschriften notifizierungspflichtigen Abfällen zu einer Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3a außerhalb des Bundesgebietes die notifizierungspflichtige Person,

3. in allen übrigen Fällen derjenige, der die beitragspflichtige Tätigkeit veranlasst hat; sofern derjenige, der die beitragspflichtige Tätigkeit veranlasst hat, nicht feststellbar ist, derjenige, der die beitragspflichtige Tätigkeit duldet."

§ 10 AlSAG regelt das Feststellungsverfahren und hat folgenden Wortlaut:

"§ 10. (1) Die Behörde (§ 21) hat in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragsschuldners oder des Bundes, vertreten durch das Zollamt, durch Bescheid festzustellen,

  1. 1. ob eine Sache Abfall ist,
  2. 2. ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt,
  3. 3. ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt,
  4. 4. welche Abfallkategorie gemäß § 6 Abs. 1 vorliegt,
  5. 5. ob die Voraussetzungen vorliegen, die Zuschläge gemäß § 6 Abs. 2 oder 3 nicht anzuwenden,

    6. welche Deponie(unter)klasse gemäß § 6 Abs. 4 vorliegt."

    Das in § 10 AlSAG geregelte Feststellungsverfahren hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den Zweck, über strittige (Vor‑)Fragen bescheidmäßig abzusprechen und sie damit in verbindlicher Weise für die jeweiligen Abgabenfestsetzungen zu klären. Es soll damit zur Rechtsicherheit und Verfahrensbeschleunigung beitragen (vgl. die hg. Erkenntnis vom 10. Jänner 2011, 2010/17/0263, und vom 7. Oktober 2013, 2012/17/0147).

2.2. Der verfahrensauslösende Antrag der Revisionswerberin hatte nun zum einen die Feststellung der Abfalleigenschaft von Bergversatz (im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 1 AlSAG) im Auge; dieser Antrag wurde (durch Bestätigung des Spruchpunktes I des Bescheides der belangten Behörde) vom LVwG als unzulässig zurückgewiesen.

Zum anderen richtete sich der Feststellungsantrag auf die Feststellung, ob die Beförderung der Shredderrestfraktion in das EU-Ausland zur stofflichen Verwertung eine beitragspflichtige Tätigkeit ist oder nicht (§ 10 Abs. 1 Z 3 AlSAG). Das LVwG stellte diesbezüglich (durch Bestätigung des Spruchpunktes II des Bescheides der belangten Behörde) fest, dass die Beförderung der Shredderrestfraktion in das EU-Ausland zur stofflichen Verwertung dem Altlastenbeitrag unterliege; es traf somit eine Feststellung nach § 10 Abs. 1 Z 2 AlSAG.

Die beiden Anträge beziehen sich auf unterschiedliche Materialien (zum einen Bergversatz, zum anderen Shredderrestfraktion), die zwar in einem technischen Zusammenhang miteinander stehen, aber keinesfalls rechtlich zwingend das gleiche Schicksal teilen müssen. Dies gilt auch bei der rechtlichen Beurteilung der Person des Beitragsschuldners; auch diese kann für jeden Stoff getrennt beurteilt werden. Eine solche rechtlich unterschiedliche Bewertung lag auch dem Erkenntnis des LVwG zu Grunde.

3. Nach § 10 Abs. 1 AlSAG kann u.a. der "in Betracht kommende Beitragsschuldner" einen Feststellungsantrag stellen. Wer dies ist, ergibt sich aus § 4 AlSAG.

3.1. In diesem Zusammenhang stellt sich sowohl die vom LVwG (in Bezug auf die Aufrechterhaltung des Spruchpunktes II, somit bezogen auf die Beförderung der Shredderleichtfraktion ins Ausland) als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfene Frage nach dem Verständnis des § 4 Abs. 2 AlSAG als auch die Frage der Antragstellungsbefugnis der Revisionswerberin in Bezug auf das Versatzmaterial (aufrechterhaltener Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides).

Bei der Interpretation des § 4 Abs. 2 AlSAG hat das LVwG eine einfachgesetzliche Lücke angenommen und einen Analogieschluss dahingehend vorgenommen, dass - entgegen dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 leg. cit., der nur auf Tätigkeiten nach § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3a verweist - auch eine Tätigkeit nach § 3 Abs. 1 Z 4 AlSAG dazu führt, als Beitragsschuldner in Bezug auf die Shredderrestfraktion angesehen zu werden.

3.2. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die grundsätzliche Zulässigkeit der Analogie auch im öffentlichen Recht wiederholt anerkannt. Voraussetzung hierfür ist freilich das Bestehen einer echten (d.h. planwidrigen) Rechtslücke. Sie ist dort anzunehmen, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist, und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Da das öffentliche Recht schon von der Zielsetzung her nur einzelne Rechtsbeziehungen unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses zu regeln bestimmt ist, muss eine auftretende Rechtslücke in diesem Rechtsbereich im Zweifel als beabsichtigt angesehen werden. Eine durch Analogie zu schließende Lücke kommt nur dann in Betracht, wenn das Gesetz anders nicht vollziehbar ist oder wenn das Gesetz in eine Regelung einen Sachverhalt nicht einbezieht, auf welchen - unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes und gemessen an den mit der Regelung verfolgten Absichten des Gesetzgebers - ebendieselben Wertungsgesichtspunkte zutreffen wie auf die im Gesetz geregelten Fälle und auf den daher - schon zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich bedenklichen Ungleichbehandlung - auch dieselben Rechtsfolgen angewendet werden müssen (vgl. die hg. Erkenntnis vom 25. März 2014, 2012/04/0145, sowie vom 18. Dezember 2014, Ro 2014/07/0033).

3.3. Dass im vorliegenden Fall eine solche Rechtslücke bestünde, ist nicht erkennbar. Das Gesetz weist keine Ergänzungsbedürftigkeit auf, zumal § 4 Z 3 AlSAG als Auffangtatbestand jedenfalls einen Beitragsschuldner bestimmt. Daher besteht kein Grund zur Annahme, dass der Bestimmung des § 4 Z 2 AlSAG seit dem Inkrafttreten der Novelle zum AlSAG, BGBl. I Nr. 103/2013, ein anderer Inhalt als bisher zuzuschreiben ist. Dies auch deshalb, weil der Gesetzgeber im Rahmen der Gesetzesänderung des § 3 Abs. 1 Z 4 AlSAG auf eine Anpassung des § 4 Z 2 leg. cit. verzichtet hat und seinen bisherigen Inhalt unverändert ließ.

Aus diesem Grund ist die bestehende Rechtsprechung zum Verständnis des § 4 Z 2 AlSAG vor der genannten Novelle nach wie vor anwendbar. So ist insbesondere das damalige rechtliche Verständnis des Begriffs "Befördern von Abfällen zu einer Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3a außerhalb des Bundesgebietes" - diese Umschreibung fand sich auch in § 3 Abs. 1 Z 4 AlSAG in der Fassung vor der genannten Novelle - weiterhin relevant. Demnach ist dafür unverändert die Tätigkeit ausschlaggebend, zu deren unmittelbaren Zweck die Verbringung der Abfälle erfolgt ("erste Tätigkeit"); auf eine nachfolgende, in weiterer (unbestimmter) Zukunft liegende Tätigkeit kommt es hingegen nicht an. Die einschlägige Tätigkeit, zu der die Revisionswerberin das Siebunterkorn der Shredderrestfraktion transportiert, ist aber nicht die hier nach § 3 Abs. 1 Z 1 lit c AlSAG zur Beitragspflicht führende Tätigkeit des Bergversatzes mit Abfällen, sondern erst dessen Herstellung. Eine Beförderung von Abfällen zu einer Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3a außerhalb des Bundesgebietes im Sinne des § 4 Abs. 2 AlSAG findet daher nicht statt.

4. Ausgehend davon ergibt sich folgende rechtliche Beurteilung der beiden vom LVwG aufrecht erhaltenen Spruchpunkte des Bescheides der belangten Behörde:

4.1. In Bezug auf die Zurückweisung des Antrags der Revisionswerberin auf Feststellung der Abfalleigenschaft des Versatzmaterials kann gemäß §§ 43 Abs. 2 VwGG auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 26. Juli 2012, 2010/07/0215, verwiesen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach in dem genannten Erkenntnis zum Antrag der damaligen Beschwerdeführerin (der nunmehrigen Revisionswerberin) auf Feststellung nach § 10 AlSAG, dass das Versatzmaterial kein Abfall sei, Folgendes aus:

"Das Versatzmaterial wird nun, wie bereits dargestellt, von der A. GmbH in Deutschland hergestellt, wobei das von der Beschwerdeführerin zur A. GmbH verbrachte Siebunterkorn der Shredderrestfraktion nur einen Bestandteil des Versatzmaterials darstellt. Das Versatzmaterial selbst wird nicht von Österreich aus außerhalb des Bundesgebietes befördert, sodass die Beschwerdeführerin in Bezug auf dieses erst in Deutschland hergestellte Material nicht notifizierungspflichtig sein kann. Sie ist daher keine Beitragsschuldnerin nach § 4 Z 2 AlSAG.

Denkbar wäre auch noch der Fall des § 4 Z 3 leg. cit. Davon, dass die Beschwerdeführerin im Sinne des § 4 Z 3 AlSAG eine beitragspflichtige Tätigkeit veranlasst hat, ist (...) ebenfalls nicht auszugehen. Die Beschwerdeführerin kommt daher auch in diesem Zusammenhang nicht als Beitragsschuldnerin in Betracht. Damit fehlt es ihr aber an der Antragslegitimation.

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Feststellung, dass das bei der A. GmbH hergestellte Versatzmaterial kein Abfall sei, war daher unzulässig und wäre somit zurückzuweisen gewesen (vgl. dazu Bumberger, Das Feststellungsverfahren nach § 10 des Altlastensanierungsgesetzes, in: Christian Piska u.a., Abfallwirtschaftsrecht Jahrbuch 2011, S. 113)."

Wie das LVwG unwidersprochen feststellte, hat die Revisionswerberin unverändert keinen Einfluss auf die weiteren Schritte nach der Verbringung der Shredderrestfraktion in die Anlage der A. GmbH. Ob, wie und wann das verbrachte Material dem Bergversatzmaterial beigegeben wird bzw. zum Bergversatz gelangt, war und ist der Einflusssphäre der Revisionswerberin entzogen.

Aus den bereits im Vorerkenntnis dargelegten Gründen ergibt sich daher, dass der Revisionswerberin in Bezug auf das Versatzmaterial nicht die Eigenschaft als Beitragsschuldnerin gemäß § 4 AlSAG zukommt und ihr daher auch die Legitimation zur Antragstellung nach § 10 Abs. 1 AlSAG fehlt.

Gegen die Zurückweisung des Antrags der Revisionswerberin (durch Aufrechterhaltung des Spruchpunktes I des Bescheides der BH) bestehen daher keine Bedenken.

Soweit die Revisionswerberin verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Zurückweisung des Feststellungsantrages äußert, ist ihr zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Prüfung einer Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, die gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG als Prozessvoraussetzungen für ein Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof umschrieben sind, gemäß Art. 133 Abs. 5 B-VG nicht berufen ist (vgl. den hg. Beschluss vom 28. November 2014, Ra 2014/01/0077). Im Übrigen wird sie auf die Begründung des die Beschwerde der Revisionswerberin ablehnenden Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2015, E 800/2015-4, verwiesen.

4.2. Zur Feststellung der Altlastenbeitragspflicht der Shredderrestfraktion:

4.2.1. Der seitens des LVwG für geboten erachteten Analogie durch die Erweiterung des Verweises in § 4 Z 2 AlSAG auch auf eine Tätigkeit nach § 3 Abs. 1 Z 4 leg. cit. fehlt es - wie oben (Punkt 3.3) dargestellt - an einer Rechtsgrundlage. Eine Beförderung von Abfällen zur Herstellung von Bergversatz außerhalb des Bundesgebietes stellt keine Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3a AlSAG dar; die Revisionswerberin ist daher keine Beitragsschuldnerin im Sinne des § 4 Abs. 2 AlSAG.

Ob die Revisionswerberin allenfalls - in Bezug auf die Shredderrestfraktion - als Beitragsschuldnerin nach § 4 Z 3 AlSAG anzusehen wäre und sich ihre Antragslegitimation daraus ableiten ließe, war nicht Gegenstand der Prüfung durch das LVwG. Feststellungen zu den diesbezüglich entscheidenden Umständen (Veranlassung oder Duldung der beitragspflichtigen Tätigkeit nach § 3 Abs. 1 Z 4 AlSAG) fehlen; daher war auf diesen Aspekt nicht näher einzugehen.

Die Annahme des LVwG, die Revisionswerberin wäre Beitragsschuldnerin nach § 4 Z 2 AlSAG und zur Antragstellung nach § 10 AlSAG befugt, erweist sich als inhaltlich rechtswidrig. Schon aus diesem Grund war das angefochtene Erkenntnis im Umfang der Aufrechterhaltung des Spruchpunktes II des Bescheides der belangten Behörde aufzuheben.

4.2.2. Die Feststellung der Altlastenbeitragspflicht der Beförderung der Shredderrestfraktion erweist sich aber noch aus folgendem Grund als inhaltlich rechtswidrig:

Der Antrag der Revisionswerberin war im Zusammenhang mit der Shredderrestfraktion auf die Feststellung gerichtet, dass das Befördern in das EU-Ausland zur stofflichen Verwertung unter Berücksichtigung des freien Warenverkehrs keine beitragspflichtige Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 4 in Verbindung mit Z 1 bis 3a AlSAG darstelle. Gegenstand des Antrags war daher eine Feststellung nach § 10 Abs. 1 Z 3 AlSAG.

Die belangte Behörde und das LVwG (in Bestätigung des Spruchpunktes II des vor ihm angefochtenen Bescheides) trafen nun eine Feststellung dahingehend, dass die Beförderung der Shredderrestfraktion (Siebunterkorn der Shredder-Leichtfraktion) zur Anlage der A. GmbH dem Altlastenbeitrag unterliege. Damit wurde inhaltlich aber eine Feststellung nach § 10 Abs. 1 Z 2 AlSAG getroffen.

Einen Antrag, der auf die Feststellung nach § 10 Abs. 1 Z 2 AlSAG, ob nämlich ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt, gerichtet gewesen wäre, hat die Revisionswerberin aber nicht gestellt.

Nun unterscheidet sich eine Feststellung der beitragspflichtigen Tätigkeit aber inhaltlich von der Feststellung der Altlastenbeitragspflicht eines Abfalls. Mit der Feststellung der beitragspflichtigen Tätigkeit nach § 10 Abs. 1 Z 3 AlSAG, die erst mit der Novelle BGBl. Nr. 71/2003 ins AlSAG eingefügt wurde, verband der Gesetzgeber die Absicht (vgl. dazu RV 59, XXII. GP, 148), angesichts der mit dieser Novelle neu hinzugekommenen beitragspflichtigen Tätigkeiten im Form einer Feststellung Klarheit schaffen zu können, ob eine solche beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt oder nicht. Diese auf eine bestimmte Tätigkeit und deren Qualifikation gerichtete Feststellung (des § 10 Abs. 1 Z 3 AlSAG) zielt inhaltlich aber auf etwas anderes ab als die Feststellung, ob ein Abfall (also eine konkrete Sache) dem Altlastenbeitrag unterliegt oder nicht (§ 10 Abs. 1 Z 2 AlSAG).

Das Feststellungsverfahren nach § 10 AlSAG ist gesetzlich als Antragsverfahren gestaltet, in welchem die antragstellende Partei mit ihrem Feststellungsbegehren den Verfahrensgegenstand dadurch abgrenzt, dass die Behörde jene Tatbestandsvoraussetzung der Beitragspflicht nach dem AlSAG festzustellen hat, deren Feststellung von der antragstellenden Partei im Feststellungsantrag begehrt wurde, und nicht mehr (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom 26. Juli 2012, 2010/07/0215).

Eine Behörde, welche einen antragsbedürftigen Bescheid erlässt, obwohl kein diesbezüglicher Antrag der Partei vorliegt, verletzt auf Verfassungsebene das Recht auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf einfachgesetzlicher Ebene das Recht auf Einhaltung der Zuständigkeitsordnung (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 25. April 2003, 2003/12/0032).

Das LVwG hätte daher diesen Teil des angefochtenen Bescheides (Spruchpunkt II) ersatzlos aufheben müssen; durch die stattdessen getroffene Sachentscheidung belastete das LVwG diesen Teil des angefochtenen Erkenntnisses mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

5. Nach dem Obgesagten war das angefochtene Erkenntnis - soweit es Spruchpunkt II des Bescheides der belangten Behörde aufrecht erhält - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.

Im Übrigen war die Revision als unbegründet abzuweisen.

6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung der Novelle BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 29. Oktober 2015

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