VwGH Ra 2014/22/0202

VwGHRa 2014/22/02025.5.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrat Dr. Robl, Hofrätin Mag.a Merl und die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20. Oktober 2014, Zl. I405 1425266/2012-2/3E, betreffend Nichterteilung eines Aufenthaltstitels, Rückkehrentscheidung und Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung (mitbeteiligte Partei: A, vertreten durch Mag. Dr. Anton Karner & Mag. Dr. Michael Mayer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Steyrergasse 103/II), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 2005 §75 Abs20;
AsylG 2005 §8;
FrPolG 2005 §46a;
FrPolG 2005 §51;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AsylG 2005 §75 Abs20;
AsylG 2005 §8;
FrPolG 2005 §46a;
FrPolG 2005 §51;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

Mit Bescheid vom 8. September 2014 sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (die nunmehrige revisionswerbende Partei) aufgrund des Antrages des Mitbeteiligten vom 27. August 2014 aus, dass dem Mitbeteiligten ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und § 55 AsylG 2005 nicht erteilt werde, gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 erlassen werde und die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei.

Dies begründete die revisionswerbende Partei damit, dass der Mitbeteiligte am 7. Juni 2011 illegal eingereist sei und am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Mit Bescheid vom 16. Februar 2012 habe das Bundesasylamt diesen Antrag abgewiesen und gleichzeitig den Mitbeteiligten nach Nigeria ausgewiesen.

Dagegen habe der Mitbeteiligte Beschwerde erhoben.

Das Bundesverwaltungsgericht habe mit Erkenntnis vom 30. Juli 2014 die Beschwerde insoweit abgewiesen, als der Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen und festgestellt worden sei, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zulässig sei. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 sei das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an die revisionswerbende Partei zurückverwiesen worden.

Aufgrund der Beschwerde des Mitbeteiligen behob das Bundesverwaltungsgericht mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis den im Folgeverfahren erlassenen Bescheid der revisionswerbenden Partei vom 8. September 2014 gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 5 VwGVG ersatzlos. Weiters sprach es aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges im Wesentlichen aus, dass der Mitbeteiligte am 27. August 2014 einen Antrag "wegen § 46a FPG" gestellt habe. Diesen habe er im Wesentlichen mit einer Augenerkrankung begründet, die in Nigeria nicht heilbar wäre.

Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht, der Mitbeteiligte habe zwar den Antrag gestellt, ihm eine Duldungskarte auszustellen, weil seine Abschiebung nach Nigeria gemäß § 50 FPG iVm Art. 2 und 3 EMRK unmöglich wäre. Da er sich jedoch in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung befunden habe, "wäre sein Antrag - unbeschadet dessen, dass dieser sich auf § 46a FPG stützt, da der Begründung eindeutig zu entnehmen ist, dass dieser sich gegen die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria richtet -" von der revisionswerbenden Partei als Antrag auf internationalen Schutz zu behandeln gewesen. Die revisionswerbende Partei hätte daher ein Asylverfahren einleiten müssen.

Die Revision sei unzulässig, weil der Wortlaut der jeweiligen Bestimmung ("§ 28 Abs. 5 VwGVG und des § 58 Abs. 9 AsylG") klar sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde nach Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch den Mitbeteiligten erwogen:

Die außerordentliche Revision ist zulässig und auch berechtigt.

Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte mit Erkenntnis vom 30. Juli 2014 den den Antrag auf internationalen Schutz abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes. Weiters verwies es im Sinn des § 75 Abs. 20 AsylG 2005 das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das BFA zurück. In der Folge hat der Mitbeteiligte am 27. August 2014 den "Antrag gestellt bzw. angeregt, dem Antragsteller eine Karte für Geduldete auszustellen". Zur Begründung führte der Mitbeteiligte aus, dass die Abschiebung nach Nigeria "§ 50 FPG iVm Art. 2 EMRK" widerspreche, weil dort seine Krankheit nicht heilbar sei.

Zu Recht wirft die revisionswerbende Partei dem Verwaltungsgericht vor, dass es in unzulässiger Weise eine Umdeutung dieses Antrages vorgenommen habe. Dieser Antrag ist nämlich eindeutig auf die Ausstellung einer Karte für Geduldete nach § 46a FPG gerichtet. Schon aus diesem Grund durfte das Verwaltungsgericht nicht davon ausgehen, dass es sich um einen Antrag auf internationalen Schutz handle.

Es kann aber auch aus dem Stand des Verfahrens heraus dem Mitbeteiligten nicht unterstellt werden, er hätte in Wahrheit einen solchen Antrag gestellt. Eine subsidiäre Schutzberechtigung nach § 8 AsylG 2005 wurde nämlich mit der Abweisung der Beschwerde durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30. Juli 2014 rechtskräftig verneint. Genau diese Berechtigung wäre aber auch das Ziel eines derartigen Antrages.

Bei diesem Ergebnis kann die Revisionsrüge dahinstehen, dass das Verwaltungsgericht die Aufhebung auf die falsche Bestimmung des VwGVG gestützt habe.

Da somit das Verwaltungsgericht mit der Behebung des bekämpften Bescheides die Rechtslage verkannt hat, war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Ein Kostenzuspruch an den Mitbeteiligten hat nicht zu erfolgen, weil dieser gemäß § 47 Abs. 3 VwGG nur im Fall der Abweisung der Revision Anspruch auf Kostenersatz hätte. Wien, am 5. Mai 2015

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