VwGH Ra 2014/20/0185

VwGHRa 2014/20/01859.6.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie Hofrat Mag. Straßegger und Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin MMag. Ortner, über die Revision der J A S in W, vertreten durch Univ.-Prof. Dr. Johannes Reich-Rohrwig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Gauermanngasse 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2014, Zl. W211 1403103-2/23E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005, den Beschluss gefasst:

Normen

32011L0095 Status-RL Art4 Abs3 lita;
AsylG 2005 §3 Abs1;
BFA-G 2014 §5 Abs3;
BFA-G 2014 §5 Abs5;
B-VG Art133 Abs4;
EURallg;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
32011L0095 Status-RL Art4 Abs3 lita;
AsylG 2005 §3 Abs1;
BFA-G 2014 §5 Abs3;
BFA-G 2014 §5 Abs5;
B-VG Art133 Abs4;
EURallg;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Wenn das Verwaltungsgericht - wie im gegenständlichen Fall - im Erkenntnis ausgesprochen hat, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Die Revisionswerberin macht im Rahmen der Zulässigkeitsbegründung geltend, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG betreffe die Frage, ob die (Rechtsmittel‑)Behörde vom Status des Herkunftslandes des Asylwerbers im Zeitpunkt der (Erst‑)Antragstellung oder vom Status des Herkunftslandes im Zeitpunkt der Entscheidung auszugehen habe. Außerdem sei auch die Frage, ob die ausschließliche Heranziehung der "Länderdokumentation" (gemeint: Staatendokumentation iSd § 5 BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G), vormals § 60 AsylG 2005) zur Begründung der Feststellungen über die Situation im Heimatland ausreiche und die herangezogenen Quellen "geheim" sein dürften, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.

Zur ersten Frage ist auf Art. 4 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie) zu verweisen, die im Sinne einer unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts zu berücksichtigen ist. Danach sind bei der individuellen Prüfung eines Antrages auf internationalen Schutz alle mit dem Herkunftsland verbundenen Tatsachen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag relevant sind, einschließlich der Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Herkunftslandes und der Weise, in der sie angewandt werden, zu berücksichtigen (vgl. die entsprechenden Ausführungen zur Prüfung eines möglichen Schutzes vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden zum Entscheidungszeitpunkt VwGH vom 24. Februar 2015, Ra 2014/18/0063; vgl. allgemein zur Ausrichtung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage VwGH vom 21. Oktober 2014, Ro 2014/03/0076). Das Verwaltungsgericht hatte daher bei der Prüfung, ob der Revisionswerberin der Status einer Asylberechtigten zuzuerkennen war, die zu seinem Entscheidungszeitpunkt maßgebliche Situation im Herkunftsland der Revisionswerberin zugrunde zu legen. Dass die Erhebung und Beurteilung der herkunftslandbezogenen Feststellungen durch das Bundesverwaltungsgericht entgegen diesem Grundsatz erfolgt wäre, wird nicht behauptet. Es wurde somit nicht dargetan, inwiefern die Revision von der Lösung der aufgezeigten Rechtsfrage abhinge.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 11. November 2008, Zl. 2007/19/0279, mit der Heranziehung der mit dem AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, erstmalig eingerichteten Staatendokumentation durch den unabhängigen Bundesasylsenat befasst und festgehalten, dass die Berufungsbehörde berechtigt war, das Bundesasylamt im Rahmen der Staatendokumentation um die Sammlung von verfügbaren Informationen und die Auswertung von vorhandenen oder zu sammelnden Informationen zu einer bestimmten Frage im Wege der Amtshilfe zu ersuchen und das Bundesasylamt solchen Ersuchen zu entsprechen hatte. Diese Aussagen sind auf die inhaltlich gleiche Neuregelung des § 5 BFA-G übertragbar, sodass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter anderem dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. Abs. 3 leg. cit.) die angefragten Informationen im Wege der Amtshilfe zur Verfügung zu stellen hat. Die Heranziehung der beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingerichteten Staatendokumentation, die im Übrigen öffentlich ist (vgl. § 5 Abs. 5 BFA-G), zur Feststellung relevanter Tatsachen zur Situation im Herkunftsland der Revisionswerberin wirft vor diesem Hintergrund keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf, zumal nicht dargestellt wird, inwiefern dem Bundesverwaltungsgericht bei der Beiziehung der Staatendokumentation eine Rechtswidrigkeit unterlaufen wäre.

Ausgehend von den zur Zulässigkeit vorgebrachten Gründen werden in der Revision daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Wien, am 9. Juni 2015

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