VwGH Ro 2014/10/0095

VwGHRo 2014/10/009520.5.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision des B K in N, vertreten durch Dr. Alexandra Schwarzmayr-Peterleitner, Rechtsanwältin in 5730 Mittersill, Zellerstraße 11, gegen den Bescheid des Vizerektors für Lehre und Studienangelegenheiten der Medizinischen Universität Innsbruck vom 21. Dezember 2012 betreffend Auskunftserteilung (weitere Partei: Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft), zu Recht erkannt:

Normen

AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs2;
AVG §35;
B-VG Art20 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs2;
AVG §35;
B-VG Art20 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Die medizinische Universität Innsbruck hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid des Vizerektors für Lehre und Studienangelegenheiten der Medizinischen Universität Innsbruck (MUI) vom 21. Dezember 2012 wurde der Antrag des Revisionswerbers auf Erteilung der nachstehenden Auskunft gemäß § 1 Abs. 2 Auskunftspflichtgesetz, BGBl. Nr. 287/1987, abgewiesen:

"Ich ersuche mit Hinweis auf die Anfrage 1b meines Antrages vom 22. Dezember 2011 um Offenlegung der Anzahl von Studierenden des Wintersemesters 2009/2010, die nach Absolvierung der Summativen Integrierten Prüfung (SIP 1) einen der 290 Studienplätze im 3. Semester zugewiesen bekamen, aber nach Ablauf der Inskriptionsfrist Mitte November 2009 ihr Medizinstudium Q 202 nicht mehr fortgesetzt haben und exmatrikuliert wurden."

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass der Revisionswerber bereits am 22. Dezember 2011 und am 3. Februar 2012 umfangreiche Auskunftsbegehren gestellt habe, welche jeweils beantwortet worden seien. Daraufhin habe der Revisionswerber mit Schreiben vom 9. März 2012 sein Begehren auf die oben wiedergegebene Frage eingeschränkt.

Davor sei dem Revisionswerber mit Schreiben vom 6. März 2012 Folgendes mitgeteilt worden:

"Mit Schreiben vom 17.01.2012 haben wir Ihnen mitgeteilt, dass die finanzielle und personelle Ausstattung der Verwaltung der medizinischen Universität Innsbruck die Beantwortung überschießender Anträge auf Auskunft nach dem Auskunftspflichtgesetz nicht zulässt. Selbstverständlich haben wir alle Anfragepunkte Ihrer Anfrage vom 29.12.2011, welche wir durch Ihr Rechtsschutzinteresse begründet erachtet haben, im Detail beantwortet.

Bei den überschießenden Anträgen müssen wir uns darauf beschränken darzulegen, warum die Anfragen in der gestellten Form grundsätzlich irrelevant sind.

Die medizinische Universität geht im Zusammenhang mit Ihrem Antrag auf Auskunft nach dem Auskunftspflichtgesetz vom 29.12.2011 und 03.02.2012 davon aus, dass die erzielte Auskunft Ihrer Rechtsdurchsetzung im anhängigen Verwaltungsgerichtsverfahren dienen soll. Für die Zwecke dieses Verfahrens wurden Ihnen mit Schreiben vom 17. Jänner 2012 alle an der medizinischen Universität Innsbruck verfügbaren für das Verfahren relevanten Auskünfte erteilt. Nicht beantwortet wurden lediglich Ihre für das anhängige Verfahren grundsätzlich irrelevanten Fragen."

Das vom Revisionswerber gestellte Auskunftsbegehren stelle eine für das anhängige Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof (über die Beschwerde des Revisionswerbers gegen die Nichtzulassung zum Diplomstudium Humanmedizin (Q 202) als Quereinsteiger für das Studienjahr 2009/2010; hg. Zl. 2011/10/0183) grundsätzlich irrelevante Frage dar.

Die Aufnahme des Humanmedizinstudiums sei gemäß dem Studienplan an der MUI nur jeweils mit Beginn des Wintersemesters zulässig. Die Verlautbarung der Verordnung über den Quereinstieg müsse vorher erfolgen und könne nur von den in diesem Zeitpunkt freien Plätzen in den Lehrveranstaltungen mit beschränkter Platzzahl ausgehen. Für die Frage, wie viele Plätze in den genannten Lehrveranstaltungen im Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung im Juni 2009 frei gewesen seien, sei die vom Revisionswerber gestellte Frage, wie viele für das 3. Semester zugelassene Studierende im November 2009 exmatrikuliert worden seien, völlig irrelevant.

Da die finanzielle und personelle Ausstattung der Verwaltung der MUI die Beantwortung überschießender Anträge auf Auskunft nicht zulasse, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides enthält den Hinweis, dass gegen diesen Bescheid binnen 14 Tagen Berufung erhoben werden könne.

Die entsprechend dieser Rechtsmittelbelehrung erhobene Berufung wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 11. Juni 2013 zurückgewiesen, weil gegen den angefochtenen Bescheid des Vizerektors keine Berufung zulässig sei.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 5. Juni 2014, B 753/2013-9, dem Revisionswerber die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen den Ablauf der Frist zur Einbringung einer Beschwerde bewilligt und die Behandlung der gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag eingebrachten Beschwerde abgelehnt. Mit Beschluss vom 19. August 2014, B 753/2013-11, hat er die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens erwogen:

Vorweg sei festgehalten, dass auf die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof erst im Jahr 2014 abgetretene Revision § 4 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, sinngemäß anzuwenden ist (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 25. April 2014, Ro 2014/10/0029). Gemäß § 4 Abs. 5 leg. cit. gelten für die Behandlung dieser Revision die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung - mit einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme - sinngemäß.

Das Auskunftspflichtgesetz, BGBl. Nr. 287/1987 idF BGBl. I Nr. 158/1998, hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"§ 1. (1) Die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.

(2) Auskünfte sind nur in einem solchen Umfang zu erteilen, der die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung nicht

wesentlich beeinträchtigt; ... Sie sind nicht zu erteilen, wenn

sie offenbar mutwillig verlangt werden.

§ 2. Jedermann kann schriftlich, mündlich oder telephonisch Auskunftsbegehren anbringen. ...

...

§ 4. Wird eine Auskunft nicht erteilt, so ist auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen. Als Verfahrensordnung, nach der der Bescheid zu erlassen ist, gilt das AVG, sofern nicht für die Sache, in der Auskunft erteilt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist.

..."

Der angefochtene Bescheid geht von der Auffassung aus, dass die vom Revisionswerber begehrte Auskunft für dessen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof betreffend die Nichtzulassung zum Medizinstudium als Quereinsteiger nicht relevant und daher "überschießend" sei. Die finanzielle und personelle Ausstattung der MUI lasse die Erteilung solcher Auskünfte nicht zu.

Der Revisionswerber führt dagegen u.a. ins Treffen, dass es der Behörde nach dem Auskunftspflichtgesetz nicht zustehe, ein Auskunftsbegehren auf die Relevanz der angefragten Information für den Antragsteller zu überprüfen und "überschießende" Begehren abzuweisen.

Bereits dieses Vorbringen führt die Revision im Ergebnis zum Erfolg:

Gemäß § 1 Abs. 2 zweiter Satz Auskunftspflichtgesetz sind Auskünfte nicht zu erteilen, wenn sie offenbar mutwillig verlangt werden. Mutwillig handelt derjenige, der sich in dem Bewusstsein der Grundlosigkeit und Aussichtslosigkeit, der Nutzlosigkeit und Zwecklosigkeit seines Anbringens an die Behörde wendet, sowie wer (ausschließlich) aus Freude an der Behelligung der Behörde handelt. Der Begriff der "Zwecklosigkeit" eines Auskunftsersuchens ist dabei spezifisch vor dem Hintergrund jener Zwecke zu sehen, denen die Auskunftspflicht dient, also dem Gewinn von Informationen, über die der Antragsteller nicht verfügt, an denen er jedoch ein konkretes Auskunftsinteresse besitzt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 8. Juni 2011, Zl. 2009/06/0059, vom 27. Juni 2006, 2004/06/0214, vom 23. März 1999, Zl. 97/19/0022, und - zum Wiener Auskunftspflichtgesetz - vom 18. November 2014, Zl. 2013/05/0026). Dass das Auskunftsbegehren des Revisionswerbers in diesem Sinn zwecklos sei, hat die belangte Behörde nicht angenommen; sie hat die Auskunft daher auch nicht wegen Mutwilligkeit des Begehrens verweigert.

Nach der zitierten Judikatur ist hingegen das Vorliegen eines rechtlichen Interesses an einer begehrten Auskunft nicht erforderlich. Bei einem nicht mutwillig gestellten Begehren entfällt die Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht schon dann, wenn der Antragsteller nicht von sich aus und konkret dargetan hat, dass an der Beantwortung einer Frage ein Auskunftsinteresse besteht (vgl. auch dazu das zitierte hg. Erkenntnis zur Zl. 2013/05/0026, mwN). Entgegen der Ansicht der belangten Behörde berechtigte demnach der Umstand, dass der Revisionswerber die begehrte Auskunft nicht für das vor dem Verwaltungsgerichtshof geführte Verfahren benötigte und er somit kein rechtliches Interesse an der Auskunftserteilung hatte, nicht zur Verweigerung der Auskunft.

Die belangte Behörde hat auch ausgeführt, dass "die finanzielle und personelle Ausstattung" die Erteilung überschießender Auskünfte nicht zulasse. Damit hat sie erkennbar auch auf § 1 Abs. 2 erster Halbsatz Auskunftspflichtgesetz Bezug genommen, wonach die Auskunft verweigert werden darf, wenn durch deren Erteilung die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung wesentlich beeinträchtigt würde. Nach der hg. Judikatur ist über das Vorliegen dieses Verweigerungsgrundes auf der Grundlage von Tatsachenfeststellungen - insbesondere betreffend die konkreten Gegebenheiten der Verwaltungsorganisation, von denen es abhängt, welcher Aufwand mit dem Auffinden der Daten verbunden ist, die zur richtigen und vollständigen Erledigung der begehrten Auskünfte erforderlich sind - zu entscheiden (vgl. das Erkenntnis vom 23. Oktober 1995, Zl. 93/10/0009). Derartige Feststellungen fehlen jedoch im angefochtenen Bescheid zur Gänze.

Auf Grund der oben aufgezeigten Verkennung der Rechtslage durch die belangte Behörde war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 20. Mai 2015

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