Normen
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
62012CJ0100 Fastweb VORAB
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:RA2014040021.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit dem angefochtenen Beschluss wurde der Antrag der Revisionswerberin auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung der erstmitbeteiligten Partei vom 5. Dezember 2013 betreffend die Vergabe eines Rahmenvertrages für Maler- und Anstreicherarbeiten hinsichtlich der Lose 1, 2 und 3 gemäß näher bezeichneter Bestimmungen des WVRG 2014 sowie des BVergG 2006 zurückgewiesen
(1.) und ausgesprochen, dass gegen diesen Beschluss eine ordentliche Revision nicht zulässig ist. (2.)
Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, mit Erkenntnis vom 6. März 2014 habe das Verwaltungsgericht über den Antrag der Revisionswerberin auf Nichtigerklärung der Entscheidung über ihr Ausscheiden aus diesem Vergabeverfahren entschieden und diesen Antrag nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgewiesen (die Revision der gegenständlichen Revisionswerberin gegen dieses Erkenntnis wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 18. Februar 2015, Ro 2014/04/0075, zurückgewiesen). Als somit rechtswirksam ausgeschiedener Bieter habe die Revisionswerberin keine Antragslegitimation zur Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung.
Im Anlassfall seien für das Los 1 dreizehn, für das Los 2 siebzehn und für das Los 3 sechzehn Angebote abgegeben worden. Auch wenn man berücksichtige, dass einzelne Angebote, darunter jedenfalls die Angebote der Revisionswerberin auf die einzelnen Lose, ausgeschieden worden seien bzw. auszuscheiden gewesen wären, so verblieben doch für jedes Los zahlreiche Angebote. Es bestünden keine Hinweise für die Annahme, dass sämtliche Angebote auszuscheiden wären. Die Revisionswerberin habe diesbezüglich kein Vorbringen erstattet. Das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 4. Juli 2013 in der Rechtssache C- 100/12 "Fastweb" sei auf den Anlassfall nicht übertragbar.
Die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, dass kein Grenzfall vorliege, in dem die Übertragbarkeit des EuGH-Urteils "Fastweb" zweifelhaft sein könnte.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 7 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wurde.
Die erstmitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Die Revisionswerberin erstattete hiezu eine Replik.
2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
3. Die Zulässigkeit der Revision setzt voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa den hg. Beschluss vom 18. Februar 2015, Ra 2015/04/0003, 0004). Diese Voraussetzung liegt fallbezogen nicht vor:
Soweit die Revisionswerberin als grundsätzliche Rechtsfrage behauptet, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Revisionswerberin nicht zu Recht ausgeschieden worden sei, so war diese Rechtsfrage nämlich bereits Gegenstand der Nachprüfung der Ausscheidensentscheidung und somit des genannten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes vom 6. März 2014. Im Übrigen wird auf den hg. Beschluss vom 18. Februar 2015, Ro 2014/04/0075, verwiesen.
4. Die Revisionswerberin behauptet weiters als grundsätzliche Rechtsfrage, das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-100/12 , Fastweb, lasse zumindest offen, auf welche weitere Fallkonstellationen der vom EuGH dort dargelegte "Gedanke" anwendbar sei. Auch habe das Verwaltungsgericht den angefochtenen Beschluss auf eine offenkundig aktenwidrige Annahme, nämlich dass die Revisionswerberin kein Vorbringen erstattet hätte, wonach sämtliche Angebote auszuscheiden wären, gestützt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit hg. Beschluss vom 20. Mai 2015, Ro 2014/04/0069, beschlossen, dem EuGH im Hinblick auf das Urteil in der Rechtssache C-100/12 , Fastweb, zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, darunter auch die Frage, ob einem rechtskräftig vom Auftraggeber ausgeschiedenen Bieter der Zugang zu einer Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung verwehrt werden kann. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz iVm Abs. 9 VwGG wird auf die Begründung dieses Beschlusses verwiesen.
Diese Fragen stellen sich fallbezogen nicht. Der EuGH setzt im Urteil "Fastweb" voraus, dass "die Ordnungsmäßigkeit des Angebotes jedes dieser Wirtschaftsteilnehmer" (also Bieter) "in Frage gestellt wird" (vgl. Rn. 33 des Urteils).
Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass für die verfahrensgegenständlichen Lose jeweils zahlreiche Angebote gelegt worden seien, und dass keine Hinweise für die Annahme bestünden, dass sämtliche Angebote auszuscheiden gewesen wären.
Dem hält die Revisionswerberin im Zusammenhang mit der gerügten Aktenwidrigkeit lediglich entgegen, sie habe im Punkt 6. ihres Nachprüfungsantrages vorgebracht, sie habe selbst bei Vorliegen der Ausscheidensgründe in ihrem Angebot die erforderliche Antragslegitimation, "weil auch alle übrigen noch im Vergabeverfahren in den Losen 1 bis 3 verbliebenen Bieter wegen mangelnder Ausschreibungskonformität und Unterpreisigkeit auszuscheiden gewesen wären".
Dieses nicht weiter konkretisierte Vorbringen ist aber nicht geeignet, den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes, es verblieben für jedes Los zahlreiche Angebote und es bestünden keine Hinweise für die Annahme, dass sämtliche Angebote auszuscheiden wären, wirksam entgegenzutreten, sodass schon aus diesem Grund fallbezogen davon ausgegangen werden kann, dass die Voraussetzungen für eine Konstellation wie im Urteil des EuGH in der Rechtssache C-100/12 , Fastweb, nicht vorliegen.
5. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverodnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 24. Juni 2015
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