VwGH 2013/16/0016

VwGH2013/16/001619.5.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Beschwerde der M U in W, vertreten durch Dr. Erich Hirt, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rudolfsplatz 5/28, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates vom 29. November 2012, Zl. RV/3262-W/11, betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §238;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
KO §9 Abs1;
BAO §238;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
KO §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin war Gesellschafterin und vom 29. Dezember 2000 bis 17. Dezember 2003 Geschäftsführerin der R GmbH, über deren Vermögen mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 13. Februar 2004 der Konkurs eröffnet worden war. Das Insolvenzverfahren wurde nach Verteilung einer Quote von 13,087898% mit Beschluss desselben Gerichtes vom 12. Jänner 2011 aufgehoben.

Mit Bescheid vom 17. August 2011 zog das Finanzamt die Beschwerdeführerin gemäß den §§ 9 und 80 BAO zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der R GmbH heran. Die Abgabenschulden betrafen die Umsatzsteuer und die Lohnsteuer für im Bescheid näher aufgegliederte Zeiträume.

Mit Schriftsatz vom 15. September 2011 berief die Beschwerdeführerin dagegen mit der Begründung, die im Konkurs an die Gläubiger gezahlte Quote sei nicht berücksichtigt worden. Ein wesentlicher Teil des Rückstandes stamme von einer Umsatzsteuervoranmeldung auf Grund des am 31. Juli 2003 abgeschlossenen Verkaufs der Einrichtung (des Friseursalons). Der Käufer habe während ihrer Geschäftsführertätigkeit den Kaufpreis nicht oder nur zu einem geringen Teil bezahlt, sodass der Masseverwalter das restliche Entgelt eingeklagt und den überwiegenden Teil des Kaufpreises erhalten habe. Durch einen Vergleich sei der Kaufpreis herabgesetzt worden, was zu einer Reduktion der Umsatzsteuer - von zumindest EUR 100.000,- nach Einschätzung der Beschwerdeführerin - geführt habe. Es entziehe sich jedoch ihrer Kenntnis, ob diese Gutschrift beantragt und dann auch ausgewiesen worden sei. Das Finanzamt habe als Gläubigerin im Konkursverfahren davon erfahren und wäre zur amtswegigen Korrektur der Umsatzsteuer verpflichtet gewesen. Am Verzug des Käufers treffe die Beschwerdeführerin kein Verschulden, jedenfalls habe bis zur Zurücklegung ihrer Geschäftsführertätigkeit die R GmbH "geordnete wirtschaftliche Bereiche" aufgewiesen. Die vorhandenen liquiden Mittel habe sie für alle Gläubiger gleichteilig verwendet, andernfalls wäre es zu Anfechtungsprozessen durch den Masseverwalter gekommen. Die genannte Kaufpreisforderung der R GmbH zeige, dass die Gesellschaft während der Geschäftsführungstätigkeit der Beschwerdeführerin weder zahlungsunfähig noch überschuldet gewesen sei. In dem vom Landesgericht für Strafsachen Wien gegen den nachfolgenden Geschäftsführer wegen Verdachtes der Krida geführten Verfahren sei ein Sachverständigengutachten eingeholt und kein strafbares Fehlverhalten festgestellt worden; das treffe umso mehr für die Beschwerdeführerin zu. Letztlich wandte sie noch Verjährung ein, weil die letzte ihr zurechenbare Verbindlichkeit vom Dezember 2003 stammen könne und die Frist von fünf Jahren im Dezember 2008 abgelaufen sei. Die Beschwerdeführerin beantragte die Beischaffung näher bezeichneter Akten des Konkurs-, Streit- und Strafverfahrens sowie die Vernehmung des Masseverwalters.

Daraufhin erließ das Finanzamt die Berufungsvorentscheidung vom 20. Oktober 2011, mit der es die Haftung der Beschwerdeführerin um die Konkursquote reduzierte. Im Übrigen wurde ausgeführt, der Beschwerdeführerin sei es nicht gelungen zu beweisen, dass sie nicht einmal leichte Fahrlässigkeit treffe. Zu den finanziellen Verhältnissen der R GmbH wurde festgehalten, dass deren Konto am 27. Oktober 2003 Abgabenschuldigkeiten von insgesamt EUR 307.005,07 aufgewiesen habe. Für eine Bedachtnahme auf eine geänderte Bemessungsgrundlage hätte eine berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung eingebracht werden müssen.

In dem dagegen erhobenen Vorlageantrag brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, die Aufbewahrungsfrist für die Geschäftsunterlagen aus dem Jahr 2003 sei bereits abgelaufen, weshalb sie keine Beweispflicht mehr treffen könne.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und schränkte die Haftung der Beschwerdeführerin auf im Einzelnen aufgelistete Abgabenschuldigkeiten ein. Die Abgabenschulden betrafen die Umsatzsteuer für die Monate Juni bis August 2003 und die Lohnsteuer für die Monate Mai bis September 2003. Nach Schilderung des bisherigen Verwaltungsgeschehens gab die belangte Behörde das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung wieder. Demnach habe sie eine schuldhafte Pflichtverletzung nicht begangen, weil sie ihre abgabenrechtlichen Pflichten als Geschäftsführerin erfüllt und die Gläubiger gleich behandelt habe, was sich aus dem Freispruch des nachfolgenden Geschäftsführers in einem Kridaverfahren ergebe. Die abverlangten Gleichbehandlungsnachweise seien wegen des großen Zeitraums seit Entstehen der Abgabenschuld, des Ablaufs der Aufbewahrungsfrist und der langen Dauer des Konkursverfahrens nicht zumutbar. Die Höhe der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten werde angezweifelt, weil der Kaufpreis aus dem Verkauf der Geschäftslokale nicht zur Gänze bezahlt worden sei. Eine Bezifferung der Höhe des Kaufpreisausfalls sei ihr nicht möglich.

Die belangte Behörde führte aus, die Verjährung der im Konkurs angemeldeten Forderung sei gemäß § 9 Abs. 1 IO unterbrochen worden und habe nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens am 12. Jänner 2011 neu zu laufen begonnen. Der Haftungsbescheid vom 17. August 2011 sei somit rechtzeitig erlassen worden. Die Uneinbringlichkeit der Forderung des Finanzamtes ergebe sich aus der Eröffnung des Konkursverfahrens, die dabei erzielte Quote sei allerdings zu berücksichtigen und führe in teilweiser Stattgebung der Berufung zur Reduktion der Haftung.

Die Umsatzsteuerschuld sei mit Ablauf des Monats der Lieferung entstanden, sodass es auf den vorgebrachten Zahlungsverzug nicht ankomme. Ebenso wenig sei eine nachträgliche Änderung der Bemessungsgrundlage relevant, weil der Beschwerdeführerin eine schuldhafte Pflichtverletzung wegen Nichtentrichtung der gemeldeten Selbstbemessungsabgaben zum jeweiligen Fälligkeitstag anzulasten sei. Aus den Prozessakten könne eine Berichtigung des in Rede stehenden Kaufpreises und somit eine Änderung der Umsatzsteuerbemessungsgrundlage nicht abgeleitet werden. Eine eventuelle Uneinbringlichkeit der Kaufpreisforderung falle nicht in die hier haftungsgegenständlichen Zeiträume. Da die Beschwerdeführerin bis zuletzt Gesellschafterin der R GmbH gewesen sei, könne sie als Vertreterin der aufgelösten Gesellschaft bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen eine berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung beim Finanzamt einbringen.

Mangels Relevanz für den Gegenstand des Berufungsverfahrens und wegen geklärter Sach- und Rechtslage sei von der Beischaffung des Konkurs- und des Strafaktes sowie von der Zeugenvernehmung abgesehen worden.

Die Höhe des Abgabenrückstandes ergebe sich - mit Ausnahme einer Lohnsteuernachforderung, hinsichtlich welcher der Berufung stattgegeben werde - aus den Meldungen im Zeitraum der Geschäftsführertätigkeit der Beschwerdeführerin.

Die Beschwerdeführerin habe nicht behauptet, dass ihr keine Mittel zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden seien. Sie sei in Kenntnis davon gewesen, dass sie die selbstgemeldeten Abgabenschuldigkeiten während der Zeit ihrer Geschäftsführertätigkeit nicht entrichtet habe und sie habe nach Ablauf des Konkursverfahrens damit rechnen müssen, dass diese Unterlagen für die Prüfung in einem eventuellen Haftungsverfahren von Bedeutung sein würden. Den im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungslast zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderten Liquiditätsstatus habe die Beschwerdeführerin nicht aufgestellt, weshalb eine Beschränkung ihrer Haftung nicht in Betracht komme. Dem Vorbringen, dass bei einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der Masseverwalter Anfechtungsprozesse geführt hätte, komme schon deshalb keine Bedeutung zu, weil die Anfechtungsfrist von 60 Tagen gemäß § 30 Abs. 1 IO sehr kurz sei und die Abgabenschuldigkeiten bereits lange vor Konkurseröffnung fällig gewesen seien.

Den gegen die Ausübung des Ermessens erhobenen Einwänden der Beschwerdeführerin könne nicht gefolgt werden, weil erst nach Beendigung des Konkursverfahrens das Ausmaß der Uneinbringlichkeit festgestanden sei und davon ausgehend der erstinstanzliche Bescheid zeitnah erlassen worden sei. Der Hinweis auf die wirtschaftliche Lage der Beschwerdeführerin lasse nur auf eine allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit schließen, stehe aber künftigen Einkünften oder Vermögen nicht entgegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff leg. cit. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabenpflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2014, 2012/16/0001).

Nach der ebenfalls ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haftet der Vertreter für nicht entrichtete Abgaben des Vertretenen auch dann, wenn die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten des Vertretenen nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung hat zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2014).

Dem Vertreter obliegt es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken - zu treffen. Dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, ist schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen (vgl. abermals das erwähnte hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2014, mwN).

Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie habe keine schuldhafte Rechtsverletzung begangen, weil sie bereits kurz nach Abschluss des Kaufvertrages und Rechnungslegung die Gesellschaft verlassen habe und erst danach der Käufer mit der Zahlung des Entgelts in Verzug geraten sei und es zur Reduktion des Kaufpreises gekommen sei. Dem hielt aber schon die belangte Behörde zutreffend entgegen, dass die Umsatzsteuer bereits zu einem Zeitpunkt zu entrichten gewesen wäre, als die Beschwerdeführerin noch Geschäftsführerin der R GmbH gewesen sei.

Als für das Verschulden nach § 9 BAO bedeutsam erachtet die Beschwerdeführerin weiters den Umstand, dass der Masseverwalter eine Umsatzsteuerkorrektur wegen des später herabgesetzten Kaufpreises nicht vorgenommen habe und sie selbst dazu nicht mehr befugt gewesen sei. Damit weicht die Beschwerde vom festgestellten Sachverhalt ab, wo von keiner Änderung des hier in Rede stehenden Kaufpreises und somit auch nicht von der Umsatzsteuerbemessungsgrundlage ausgegangen wurde. Aber auch der Zusatzbegründung der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin als Gesellschafterin der R GmbH gemäß § 93 Abs. 3 GmbHG iVm § 80 Abs. 3 BAO selbst zur Antragstellung nach § 16 UStG legitimiert gewesen sei, tritt sie nicht entgegen, sodass ihrem Vorbringen des fehlenden Verschuldens nach § 9 BAO nicht gefolgt werden kann.

Die Beschwerdeführerin wendet gegen den im angefochtenen Bescheid erhobenen Vorwurf des Fehlens einer Liquiditätsaufstellung ein, sie sei zur Aufbewahrung von Unterlagen der Gesellschaft weder berechtigt noch verpflichtet gewesen, zumal im Zeitpunkt ihres Ausscheidens als Geschäftsführerin kein Verfahren beim Finanzamt offen gewesen sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Unterlagen betreffend die in Rede stehenden Abgaben bereits im Jahr 2003 bei Entstehung der Zahlungspflicht und nicht vollständiger Entrichtung im Lichte der wiedergegebenen Rechtsprechung zu sichern gewesen wären (vgl. noch einmal das erwähnte hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2014). Darüber hinaus hätte die Beschwerdeführerin spätestens bei Eröffnung des Konkurses am 13. Februar 2004 erkennen müssen, dass diese - für sie als Gesellschafterin der R GmbH gemäß § 22 Abs. 2 GmbHG noch immer zugänglichen - Unterlagen für die Prüfung in einem Haftungsverfahren von Bedeutung sein würden.

Mit der allgemeinen Behauptung, die Unbilligkeit der Haftungsinanspruchnahme ergebe sich aus dem Alter der Beschwerdeführerin, die bald in Pension gehen werde und im Fall der Arbeitslosigkeit auf dem Arbeitsmarkt als unvermittelbar gelte, zeigt die Beschwerde nicht auf, dass die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung das ihr eingeräumte Ermessen überschritten oder missbraucht hätte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. September 2009, 2008/15/0139, mwN).

Den Verjährungseinwand begründet die Beschwerdeführerin damit, dass die Abgabenforderungen mit Eröffnung des Konkursverfahrens am 13. Februar 2004 fällig geworden seien und damit die fünfjährige Frist des § 238 BAO zu laufen begonnen habe. Erst nach deren Ablauf am 31. Dezember 2009 habe das Finanzamt mit Schreiben vom 17. Juli 2011 die Haftung gegenüber der Beschwerdeführerin erstmals angesprochen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid die in Rede stehenden Abgabenforderungen vom Finanzamt im Konkurs über das Vermögen der R GmbH angemeldet wurden. Damit wurde die Verjährung der gegenüber § 238 BAO spezielleren Bestimmung des § 9 Abs. 1 KO (nunmehr: IO) zufolge unterbrochen und sie begann mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Konkurses rechtskräftig geworden ist, von neuem zu laufen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 2011, 2011/16/0072, mwN). Hat demnach der Lauf der Verjährungsfrist von fünf Jahren (§ 238 Abs. 1 BAO) erst mit Rechtskraft des Beschlusses des Handelsgerichtes Wien vom 12. Jänner 2011 über die Aufhebung des Konkurses über das Vermögen der R GmbH (neuerlich) zu laufen begonnen, so wurde der Haftungsbescheid des Finanzamtes vom 17. Juli 2011 noch innerhalb der Verjährungsfrist erlassen.

Als Verfahrensfehler macht die Beschwerdeführerin geltend, die belangte Behörde habe ihre Beweisanträge auf Beischaffung von Gerichtsakten und Vernehmung des Masseverwalters übergangen. Damit hätte nachgewiesen werden können, dass der Beschwerdeführerin ein Verschulden an der Nichtbezahlung von Steuerrückständen nicht angelastet werden könne, eine unangemessene Haftungsinanspruchnahme vorliege und die Höhe des Abgabenrückstandes insbesonders wegen einer zu korrigierenden Umsatzsteuerzahllast verfehlt sei.

Von der Beischaffung des Konkurs- und des Strafaktes sowie von der Zeugenvernehmung nahm die belangte Behörde mit der Begründung fehlender Relevanz Abstand.

Beweisanträge sind von der Abgabenbehörde gemäß § 183 Abs. 3 BAO abzulehnen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen u.a. unerheblich sind. Erheblich ist ein Beweisantrag nur dann, wenn Beweisthema eine Tatsache ist, deren Klärung, wenn sie schon nicht (sachverhalts-)erheblich ist, zumindest mittelbar beitragen kann, Klarheit über eine (sachverhalts-)erhebliche Tatsache zu gewinnen (vgl. Ritz, BAO5, § 183 Tz 3, mwN). Der Beschwerdeführerin ist es nicht gelungen darzulegen, warum aus einem Freispruch ihres Nachfolgers als Geschäftsführer der R GmbH auf die Erfüllung ihrer Pflichten als Geschäftsführerin geschlossen werden könnte. Die Dauer des Konkursverfahrens, welche die Beschwerdeführerin bei der Ermessensübung berücksichtigt sehen wollte, konnte die belangte Behörde auch ohne Beischaffung des Gerichtsaktes feststellen. Eine Berichtigung der Umsatzsteuerbemessungsgrundlage nach § 16 Abs. 1 UStG wurde von der Beschwerdeführerin nicht behauptet, sodass es auf die Vernehmung des Masseverwalters über die Höhe der ausgefallenen Kaufpreisforderung nicht ankommt. Da somit eine Erheblichkeit der Beweisanträge nicht aufgezeigt wurde, kann der belangten Behörde der behauptete Verfahrensmangel nicht angelastet werden.

Soweit die Beschwerdeführerin die Verletzung des rechtlichen Gehörs wegen unterbliebener Mitteilung von Beweisergebnissen des beigeschafften und für die Feststellungen herangezogenen Zivilprozessaktes rügt, unterlässt sie darzustellen, was sie bei Einräumung der Möglichkeit zur Stellungnahme vorgebracht hätte und wie die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Damit zeigt die Beschwerdeführerin einen wesentlichen Verfahrensmangel nicht auf.

Die Beschwerde war daher - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der im Beschwerdefall noch anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 19. Mai 2015

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