VwGH 2012/10/0184

VwGH2012/10/018424.6.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl, die Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Dr. Rigler als Richterinnen und Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Z P in Graz, vertreten durch Dr. Richard Benda, Dr. Christoph Benda und Mag. Stefan Benda, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Pestalozzistraße 3, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. August 2012, Zl. ABT11-B26-2735/2010-16, (erster Spruchteil) betreffend Hilfeleistung nach dem Steiermärkischen Behindertengesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
BehindertenG Stmk 2004;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AVG §59 Abs1;
BehindertenG Stmk 2004;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seines ersten Spruchteiles wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 28. Juli 2010 wurde der Beschwerdeführerin die Übernahme der Kosten für "Persönliche Assistenz" im Ausmaß von 240 Jahresstunden vom 1. November 2010 bis 31. Oktober 2012 gemäß §§ 2 Abs. 2, 3 Abs. 1 lit. m, 4 Abs. 2 und 22 des Steiermärkischen Behindertengesetzes - Stmk. BHG, LGBl. Nr. 26/2004 i.d.F. LGBl. Nr. 10/2012, bewilligt. Ihrer dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung teilweise Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid dahingehend abgeändert, dass im Zeitraum vom 1. November 2010 bis 31. Mai 2011 die Geldleistung "Persönliche Assistenz" für die mobile Leistung "Freizeitassistenz" im Ausmaß von 90 % der Kosten für 300 Jahresstunden zuerkannt wurde (erster Spruchteil). Die Gewährung der Geldleistung "Persönliche Assistenz" für die mobile Leistung "Familienentlastungsdienst" wurde hingegen abgewiesen (zweiter Spruchteil).

Die vorliegende Beschwerde richtet sich lediglich gegen den ersten Spruchteil des angefochtenen Bescheides, in der Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Die Beschwerdeführerin hat darauf repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass gemäß dem letzten Satz des § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren - soweit (wie für den vorliegenden "Altfall") durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist - die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.

Die Beschwerdeführerin bringt - soweit hier entscheidungswesentlich - vor, dass sie ihre zunächst gegen den gesamten Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides erhobene Berufung mit Datum vom 8. Juni 2011 hinsichtlich des Zeitraumes vom 1. Juni 2011 bis 31. Oktober 2012 zurückgezogen habe.

Der angefochtene Bescheid gründet hingegen auf der Auffassung der belangten Behörde, dass die Einschränkung des Berufungszeitraumes rechtlich nicht zulässig sei, da die Leistungsansprüche nach dem Stmk. BHG in zeitlicher Hinsicht nicht trennbar seien.

Dem hält die vorliegende Beschwerde entgegen, dass die beantragten Leistungen hinsichtlich der Zeiträume sehr wohl trennbare Ansprüche darstellten, weshalb hinsichtlich jenes Zeitraumes, über welchen die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid zurückgezogen worden war, Teilrechtskraft eingetreten sei. Die belangte Behörde sei sohin für einen Abspruch über diese Zeiträume funktionell unzuständig gewesen.

Wie die vorliegende Beschwerde richtig ausführt, ist eine Trennbarkeit von Absprüchen über Leistungen dann gegeben, wenn jeder Teil für sich allein ohne inneren Zusammenhang mit anderen Teilen einem gesonderten Abspruch zugänglich ist, also die Entscheidung über jeden dieser Punkte ohne Einfluss auf die Entscheidung über alle anderen Punkte ist, sodass jeder Punkt als Hauptfrage für sich entschieden werden und bestehen könnte. Die Trennbarkeit einer zeitraumbezogenen Leistung der Behindertenhilfe nach einzelnen Zeiträumen im Sinne der dargestellten Grundsätze ist gegeben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2013, Zl. 2012/10/0074, mwN).

Die Beschwerde ist daher damit im Recht, dass die belangte Behörde für eine Entscheidung über jene Leistungszeiträume nicht zuständig war, hinsichtlich derer sie mit Schreiben vom 8. Juli 2011 ihre Berufung zurückgezogen hat.

Nach dem Gesagten war die belangte Behörde zur Erlassung des ersten Spruchteiles ihres Bescheides nicht zuständig, sodass der erste Spruchteil des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. I Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 24. Juni 2015

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