VwGH 2012/07/0003

VwGH2012/07/000328.5.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des R M in O, vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 2. November 2011, Zl. UVS-MIX/V/42/2179/2010-12, betreffend Schließung nach § 62 Abs. 2a und 2c AWG 2002 (weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Normen

62000CJ0444 Mayer Parry Recycling VORAB;
AWG 2002 §1 Abs2 Z3 idF 2011/I/009;
AWG 2002 §2 Abs1 Z1;
AWG 2002 §2 Abs5 Z2 idF 2011/I/009;
AWG 2002 §2 Abs5 Z7 idF 2011/I/009;
AWG 2002 §37 Abs1 idF 2011/I/009;
AWG 2002 §37 Abs2 Z1 idF 2011/I/009;
AWG 2002 §37 idF 2011/I/009;
AWG 2002 §5 Abs1 idF 2011/I/009;
AWG 2002 §5 idF 2011/I/009;
AWG 2002 §62 Abs2a idF 2011/I/009;
AWG 2002 §62 Abs2b idF 2011/I/009;
AWG 2002 §62 Abs2c idF 2011/I/009;
AWG 2002 idF 2011/I/009;
GewO 1994 §360 Abs3;
GewO 1994 §366 Abs1 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zum Sachverhalt und zur Vorgeschichte dieser Beschwerdesache wird auf das hg. Erkenntnis vom 28. April 2011, Zl. 2010/07/0021, verwiesen.

Der Beschwerdeführer ist Inhaber einer Deponie zur Lagerung von "Aushub und Bauschutt in Form der Wiederanschüttung" in W, "R-Berg", nächst der X-Straße. Diese wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien (LH) vom 1. September 1987 gemäß § 32 Abs. 2 lit. c iVm § 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959 bewilligt.

Mit Bescheid des LH vom 21. April 2009 wurde die sofortige Schließung der Behandlungsanlage zum Brechen von Baurestmassen, bestehend aus einer Brecheranlage inklusive Aufgabetrichter und nachgeschalteter Siebanlage sowie einer weiteren mobilen Brecheranlage mit Aufgabetrichter und Siebstation sowie Radlader und diversen Zwischenlagerflächen, die vom Beschwerdeführer auf seinem Deponiegelände betrieben würden, durch Stilllegung der Brecher- und Siebanlagen und Unterlassung jeglicher weiterer Zulieferungen von Baurestmassen zur Behandlungsanlage verfügt.

Mit ihrem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 29. September 2009 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge.

Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 2011, Zl. 2010/07/0021, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Mit dem nunmehr im zweiten Rechtsgang ergangenen angefochtenen Bescheid vom 2. November 2011 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers erneut keine Folge und bestätigte den Erstbescheid des LH vom 21. April 2009.

Begründend führte die belangte Behörde aus, es gehe aus dem "beigeschafften Akteninhalt" hervor, dass im Bereich der gegenständlichen Abfallbehandlungsanlage bislang noch nie eine Genehmigung zur Durchführung dieser Abfallbehandlungen (weder nach der GewO 1994 noch nach dem AWG 2002) erteilt worden sei. Wenn der Beschwerdeführer behaupte, dass ihm im Jahre 1997 eine Bewilligung zur Behandlung von Abfällen erteilt worden sei, sei auf die Ausführungen des LH hinzuweisen, wonach der Beschwerdeführer dem LH regelmäßig Angaben über die Menge und die Art der aufbereiteten Baurestmassen übermittelt habe und dass ihm jeweils vom LH mitgeteilt worden sei, dass diese Stellungnahmen zur Kenntnis genommen würden. Aus diesen Schreiben könne nun aber offenkundig nicht abgeleitet werden, dass durch diese auf die Tätigkeit als Abfallsammler und Abfallbehandler bezogenen Kenntnisnahmeschreiben jeweils eine Abfallbehandlungsanlagengenehmigung iSd.

§ 37 AWG 2002 erteilt worden sei. Es sei daher davon auszugehen, dass die gegenständliche Abfallbehandlungsanlage bislang niemals eine behördliche Genehmigung erfahren habe.

Bei Baurestmassen, welche einer Verwertung in der Form einer Zerbrechung zugänglich seien, handle es sich offenkundig um Abfälle im objektiven wie auch subjektiven Sinne.

Vom Vorliegen einer Abfalleigenschaft im subjektiven Sinn sei schon deshalb auszugehen, da nach der höchstgerichtlichen Judikatur eine Sache stets dann als Abfall zu beurteilen sei, wenn bei irgendeinem Voreigentümer oder Vorinhaber die Entledigungsabsicht bestanden habe.

Die zur Abfallbehandlungsanlage angelieferten Baurestmassen würden demnach zerkleinert und in weiterer Folge bis zu deren Abtransport in unmittelbarer Nähe zur gegenständlichen Abfallbehandlungsanlage zwischengelagert.

Diese durch die Brecheranlagen gebrochenen Baurestmassen - so führte die belangte Behörde in ihrer Begründung weiter aus - würden in weiterer Folge nicht in die Deponie verfüllt, sondern als Altstoff wieder weiterveräußert, und etwa zur Verfüllung von Künetten, als Sand für Tennisplätze oder zum Straßenbau verwendet. Das gebrochene Material werde daher keinesfalls in weiterer Folge auf der gegenständlichen Deponie abgelagert. Eine solche Deponierung wäre zudem schon aufgrund des Umstandes, dass die Deponie bereits überverfüllt worden sei, gesetzlich nicht zulässig und daher mit dem Deponiekonsens unvereinbar gewesen. Damit stehe unstrittig fest, dass die gegenständliche Abfallbehandlungsanlage in keinem unmittelbaren rechtlichen und sachlichen Zusammenhang zur gegenständlichen Deponie betrieben werde.

Folglich sei schon aus diesem Grunde dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass diese Abfallbehandlungsanlage Teil des Deponiekonsenses sei, nicht zu folgen.

Durch die Behandlungsanlagen des Beschwerdeführers würde keine "ausschließliche stoffliche Verwertung" iSd § 2 Abs. 5 Z. 2 AWG 2002 vorgenommen. Es handle sich höchstens um eine Vorbereitungshandlung vor einer Verwertung iSd § 2 Abs. 5 Z. 1 AWG 2002 bzw. um eine Vorbehandlung für die stoffliche Verwertung iSd § 37 Abs. 2 Z. 2 AWG 2002.

Der LH habe schon bei der ersten Kontrolle der gegenständlichen Abfallbehandlungsanlage erkennen müssen, dass es sich bei den angelieferten Baurestmassen um Abfälle (jedenfalls im subjektiven Sinn, aber unstrittig und offenkundig auch im objektiven Sinn) gehandelt habe. Auch habe die Behörde bereits "beim ersten Anblick der gegenständlichen Abfallbehandlungsanlage" zwingend Kenntnis davon gehabt, dass die durch die Brecheranlage gebrochenen Baurestmassen nicht im Behandlungsanlagenbereich bereits wieder einer unmittelbaren Substitution iSd § 5 Abs. 1 AWG 2002 wie auch iSd § 2 Abs. 5 Z. 2 AWG 2002 zugeführt würden.

Da es somit evident gewesen sei, dass diese Betonteile nicht bereits im Bereich der Abfallbehandlungsanlage einer Substitution iSd § 5 Abs. 1 AWG 2002 zugeführt würden, sei somit, und zwar auch im Falle der Qualifizierung dieser gebrochenen Baurestmassen als Altstoffe, "offenkundig" keine unmittelbare Substitution iSd § 2 Abs. 5 Z. 2 AWG 2002 vorgelegen.

Sohin sei evidentermaßen (daher "offenkundig") davon auszugehen, dass hinsichtlich der als Abfälle angelieferten Baurestmassen am Ort der Abfallbehandlungsanlage keine "ausschließliche stoffliche Verwertung" iSd § 2 Abs. 5 Z. 2 AWG 2002 erfolgt sei.

Sohin habe es sich bei der gegenständlichen Behandlungsanlage, durch welche unstrittig (bloß) Baurestmassen aufbereitet und zu Altstoffen verarbeitet würden, nicht um eine Anlage gemäß § 37 Abs. 2 Z. 1 AWG 2002 gehandelt. Da die abschließende Verwertung der in dieser Behandlungsanlage gewonnenen Altstoffe stets an einem anderen Ort als dem Ort der Behandlungsanlage erfolgt sei - ein Einbau an der an Ort und Stelle bestehenden Deponie werde auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet - handle es sich bei dieser offenkundig und zwingend auch nicht um eine solche gemäß § 37 Abs. 2 Z. 2 AWG 2002.

Bei Zugrundelegung des durch § 2 Abs. 5 Z. 2 AWG 2002 definierten Begriffs der "stofflichen Verwertung" sei schon bei der ersten Kontrolle der Behandlungsanlage zwingend davon auszugehen gewesen, dass die durch die gegenständliche Abfallbehandlungsanlage geschaffenen gebrochenen Baurestmassen weder in der Abfallbehandlungsanlage noch in unmittelbarer Nähe zu dieser einer ausschließlichen stofflichen Verwertung (daher einer unmittelbaren Substitution iSd § 5 Abs. 1 AWG 2002) zugeführt worden seien. Die durch die Brecheranlage gebrochenen Baurestmassen würden im Bereich der gegenständlichen Abfallbehandlungsanlage "offenkundig" keiner "ausschließlichen stofflichen Verwertung" iSd § 37 Abs. 2 Z. 1 AWG 2002 zugeführt werden. Sohin sei es aber schon zum Zeitpunkt der ersten Kontrolle der gegenständlichen Abfallbehandlungsanlage und somit jedenfalls zum Zeitpunkt der gegenständlichen Abfallbehandlungsanlagensperre iSd § 62 Abs. 2a AWG 2002 auch "offenkundig" gewesen, dass durch die gegenständliche Anlage keine stoffliche Verwertung iSd § 2 Abs. 5 Z. 2 AWG 2002 abschließend durchgeführt worden sei.

Sohin sei davon ausgehen gewesen, dass es sich bei der gegenständlichen Abfallbehandlungsanlage evidentermaßen (daher "offenkundig") auch nicht um eine "Behandlungsanlage zur ausschließlichen stofflichen Verwertung" iSd § 37 Abs. 2 Z. 1 AWG 2002 gehandelt habe.

Sohin sei aber "offenkundig" (iSd § 62 Abs. 2a AWG 2002) auch nicht ein Ausnahmefall von der Genehmigungspflicht iSd § 37 Abs. 2 Z. 1 AWG 2002 vorgelegen.

Da der Beschwerdeführer über keine abfallbehördliche Anlagengenehmigung betreffend die gegenständliche Brecheranlage verfügt habe, seien alle Voraussetzungen für eine Schließung iSd § 62 Abs. 2a AWG 2002 vorgelegen. Auch lägen diese weiterhin vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Sie erstattete jedoch keine Gegenschrift.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des AWG 2002 in der hier maßgeblichen Fassung der AWG-Novelle 2010, BGBl. I Nr. 9/2011, haben folgenden Wortlaut:

"§ 2 ...

(5) Im Sinne dieses Bundesgesetzes

1. umfasst 'Abfallbehandlung' die im Anhang 2 genannten Verwertungs- und Beseitigungsverfahren

2. ist 'stoffliche Verwertung' die ökologisch zweckmäßige Behandlung von Abfällen zur Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Ausgangsmaterials mit dem Hauptzweck, die Abfälle oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe unmittelbar für die Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten zu verwenden, ausgenommen die Abfälle oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe werden einer thermischen Verwertung zugeführt.

...

5. ist 'Verwertung' jedes Verfahren, als deren Hauptergebnis Abfälle innerhalb der Anlage oder in der Wirtschaft in umweltgerechter Weise einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem

a) sie andere Materialien ersetzen, die ansonsten zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären, oder

b) - im Falle der Vorbereitung zur Wiederverwendung - die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese Funktion erfüllen.

Als Verwertung gilt die Vorbereitung zur Wiederverwendung, das Recycling und jede sonstige Verwertung (zB die energetische Verwertung, die Aufbereitung von Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff bestimmt sind, oder die Verfüllung) einschließlich der Vorbehandlung vor diesen Maßnahmen. Anhang 2 Teil 1 enthält eine nicht erschöpfende Liste von Verwertungsverfahren.

6. ist 'Vorbereitung zur Wiederverwendung' jedes Verwertungsverfahren der Prüfung, Reinigung oder Reparatur, bei dem Produkte sowie Bestandteile von Produkten, die zu Abfällen geworden sind, so vorbereitet werden, dass sie ohne weitere Vorbehandlung wiederverwendet werden können.

7. ist 'Recycling' jedes Verwertungsverfahren, durch das Abfallmaterialien zu Produkten, Sachen oder Stoffen entweder für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke aufbereitet werden. Es schließt die Aufbereitung organischer Materialien ein, aber nicht die energetische Verwertung und die Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder zur Verfüllung bestimmt sind.

...

§ 5. (1) Soweit eine Verordnung gemäß Abs 2 nicht anderes bestimmt, gelten Altstoffe so lange als Abfälle, bis sie oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe unmittelbar als Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten verwendet werden. Im Falle einer Vorbereitung zur Wiederverwendung im Sinne von § 2 Abs. 5 Z 6 ist das Ende der Abfalleigenschaft mit dem Abschluss dieses Verwertungsverfahrens erreicht.

...

§ 37. (1) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen bedarf der Genehmigung der Behörde.

(2) Der Genehmigungspflicht gemäß Abs 1 unterliegen nicht

1. Behandlungsanlagen zur ausschließlichen stofflichen Verwertung von nicht gefährlichen Abfällen, sofern sie der Genehmigungspflicht gemäß den §§ 74 ff GewO 1994 unterliegen,

2. Behandlungsanlagen zur Vorbehandlung (Vorbereitung für die stoffliche Verwertung) von nicht gefährlichen Abfällen, sofern diese Behandlungsanlagen im unmittelbaren örtlichen Zusammenhang mit einer in Z 1 genannten Behandlungsanlage stehen und der Genehmigungspflicht gemäß den §§ 74 ff GewO 1994 unterliegen,

...

§ 62 ...

(2a) Ist es offenkundig, dass eine Behandlungsanlage ohne Genehmigung betrieben wird oder der Inhaber der Behandlungsanlage gefährliche Abfälle sammelt oder behandelt, ohne über eine Erlaubnis gemäß § 24a zu verfügen, hat die Behörde ohne vorausgehendes Verfahren die Schließung des gesamten der Rechtsordnung nicht entsprechenden Betriebs bescheidmäßig zu verfügen.

(2b) Wird durch den Betrieb einer Behandlungsanlage die Gesundheit, das Leben oder das Eigentum eines Dritten gefährdet, hat die Behörde ohne vorausgehendes Verfahren die erforderlichen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung, bescheidmäßig zu verfügen.

(2c) Die Bescheide gemäß Abs 2a oder 2b sind sofort vollstreckbar. Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs 2, 2a oder 2b nicht mehr vor, so hat die Behörde die getroffenen Maßnahmen ehestmöglich zu widerrufen.

...

Anhang 2

Behandlungsverfahren

1. Verwertungsverfahren

...

R5 Recycling/Rückgewinnung von anderen anorganischen Stoffen 3)

...

3) Dies schließt die Bodenreinigung, die zu einer Verwertung des Bodens und zu einem Recycling anorganischer Baustoffe führt, ein."

In seinem Vorerkenntnis vom 28. April 2011, Zl. 2010/07/0021, sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass "offenkundig" nach § 62 Abs. 2a AWG 2002 im Sinne der hg. Judikatur zu § 360 Abs. 3 GewO 1994 zu verstehen sei. Aus den Materialien ergebe sich nämlich, dass § 62 Abs. 2a bis 2c AWG 2002 der Bestimmung des § 360 GewO 1994 nachgebildet sei. Dabei sei eine Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 im Sinne des § 360 Abs. 3 GewO 1994 "offenkundig", wenn bei Bedachtnahme auf den der Behörde offenliegenden Sachverhalt daran keine Zweifel bestünden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. April 2003, Zl. 2002/04/0112, mwN; in diesem Sinne auch Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung3, 2011, § 360 Rz 30).

Der vorliegende Sachverhalt ist ein "offenkundiger" iSd zitierten hg. Judikatur. Die vom Beschwerdeführer in seiner Anlage vorgenommene Behandlung der angelieferten Baurestmassen in der bereits von der Erstbehörde festgestellten Art und Weise steht außer Streit.

Abfall liegt vor, wenn entweder der objektive oder der subjektive Abfallbegriff erfüllt ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2014, Zl. 2012/07/0212, mwN).

Nach ständiger hg. Judikatur ist eine Sache als Abfall zu beurteilen, wenn bei irgendeinem Voreigentümer oder Vorinhaber die Entledigungsabsicht bestanden hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2014, Zl. 2012/07/0017, mwN).

Nach der Lebenserfahrung geht es einem Bauherrn oder Bauführer, wenn bei der Realisierung von Bauvorhaben das angefallene Abbruchmaterial von der Baustelle weggeführt wird, im Regelfall hauptsächlich darum, das Bauvorhaben, ohne durch das Material behindert zu werden, zu vollenden, und ist somit üblicherweise mit dessen Fortschaffung von der Baustelle eine Entledigungsabsicht verbunden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2009, Zl. 2008/07/0182).

Folglich ist die belangte Behörde im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Baurestmassen zutreffend vom Vorliegen des subjektiven Abfallbegriffes ausgegangen.

Für Baurestmassen und aus diesen hergestellte Produkte - im vorliegenden Fall Material etwa zur Verfüllung von Künetten, Sand für Tennisplätze oder Straßenbaumaterial - gilt im Geltungsbereich des AWG 2002 idF der AWG-Novelle 2010, was der Verwaltungsgerichtshof zur früheren Rechtslage (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2011, Zl. 2009/07/0208) ausgesprochen hat:

Die Aufbereitung von Baurestmassen führt nicht das Abfallende dieser Baurestmassen nach § 5 Abs. 1 AWG 2002 herbei. Dies bewirkt erst deren unmittelbarer Einsatz als Baustoff. Lediglich der Einbau bzw. die Verbauung bewirkt eine Verwendung "unmittelbar als Substitution". Die Beendigung der Abfalleigenschaft setzt ferner auch voraus, dass die beim Einbau bzw. bei der Verbauung eingesetzten Materialien einer "zulässigen Verwertung" zugeführt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. November 2012, Zl. 2012/10/0086 mwN).

Ein Ende der Abfalleigenschaft konnte auch nicht nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz AWG 2002 eintreten, da die Aufbereitung von Baurestmassen keine "Vorbereitung zur Wiederverwendung" im Sinne dieser Bestimmung ist (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis vom 27. November 2012, Zl. 2012/10/0086, mit Hinweis auf die ErläutRV zur AWG-Novelle 2010, 1005 BlgNR XXIV. GP , S 12 f, 18, in denen im Zusammenhang mit der Änderung des § 5 AWG 2002 darauf hingewiesen wird, dass nicht jede Verwertungsmaßnahme zu einem Abfallende führt).

Nach dem System des § 37 AWG 2002 können Behandlungsanlagen entweder der stofflichen Verwertung, also der endgültigen Verwertung von Abfällen, oder der diesen Schritt vorbereitenden Vorbehandlung von Abfällen dienen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2006, Zl. 2005/07/0087).

Die "stoffliche Verwertung" im Sinne des § 2 Abs. 5 Z. 2 AWG 2002 ist so zu verstehen, "dass darunter nur der abschließende Verwertungsschritt fällt und nicht eventuelle Vorbereitungsschritte für die noch folgende Verwertung" (vgl. dazu bereits die Erläuterungen zur Stammfassung des § 2 Abs. 5 Z. 2 AWG 2002, 984 BlgNR XXI. GP , 87).

Eine stoffliche Verwertung iSd § 37 Abs. 2 Z. 1 AWG 2002 - also eine endgültige Verwertung der Baurestmassen - findet in der Anlage des Beschwerdeführers nicht statt.

Von einer Verwertung der Baurestmassen in der Anlage des Beschwerdeführers "unmittelbar für die Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten" ist nicht auszugehen. Diese Wortfolge ist begrifflich sowohl Voraussetzung für die stoffliche Verwertung nach § 2 Abs. 5 Z. 2 AWG 2002 als auch für das Ende der Abfalleigenschaft nach § 5 Abs. 1 AWG 2002. Dass dabei § 2 Abs. 5 Z. 2 AWG 2002 von "unmittelbar für die Substitution von Rohstoffen" handelt und § 5 Abs. 1 AWG 2002 von "unmittelbar als Substitution von Rohstoffen" spricht, macht entgegen den Beschwerdeausführungen keinen Unterschied.

Die "stoffliche Verwertung" tritt nämlich ebenso wie das Ende der Abfalleigenschaft erst mit dem unmittelbaren Einbau der in der Behandlungsanlage des Beschwerdeführers gewonnenen Materialien ein. Lediglich dieser Einbau bzw. die Verbauung bewirkt eine Verwendung "unmittelbar als Substitution" iSd § 5 Abs. 1 AWG 2002 bzw. "unmittelbar für die Substitution" iSd § 2 Abs. 5 Z. 2 AWG 2002.

Wie die belangte Behörde zutreffend ausführt, erfolgt die endgültige Verwertung der in der Behandlungsanlage des Beschwerdeführers gewonnenen Materialien stets an einem anderen Ort als dem der Behandlungsanlage. Damit handelt es sich bei der Behandlungsanlage des Beschwerdeführers auch offenkundig nicht um eine solche gemäß § 37 Abs. 2 Z. 2 AWG 2002, haben doch Behandlungsanlagen zur Vorbehandlung (Vorbereitung für die stoffliche Verwertung) von nicht gefährlichen Abfällen nach dieser Vorschrift stets zur Voraussetzung, dass diese Behandlungsanlagen zur Vorbehandlung im unmittelbaren örtlichen Zusammenhang mit einer Behandlungsanlage zur ausschließlichen stofflichen Verwertung nach § 37 Abs. 2 Z. 1 AWG 2002 stehen. Dies ist offenkundig nicht der Fall.

Im vorliegenden Beschwerdefall kann dahinstehen, ob die Definition der stofflichen Verwertung in § 2 Abs. 5 Z. 2 AWG 2002 mit der durch BGBl. I Nr. 9/2011 in § 2 Abs. 5 Z. 5 AWG 2002 angefügten Definition der Verwertung eine inhaltliche Änderung erfahren hat.

Demnach gilt als Verwertung die Vorbereitung zur Wiederverwendung.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits zitierten Erkenntnis vom 27. November 2012, Zl. 2012/10/0086, ausgeführt hat, stellt die Aufbereitung von Baurestmassen - wie im Beschwerdefall - keine Vorbereitung zur Wiederverwendung dar.

Zudem gilt als Verwertung das "Recycling".

Der Begriff "Recycling" umfasst Maßnahmen, die Materialien im Kreislauf führen, sowie die Aufbereitung organischer Materialien. Die Definition ist aus dem Urteil des EuGH vom 19. Juni 2003, C- 444/00 , Mayer Parry, abgeleitet, welches sich bei Recycling auf die Nutzung derselben chemisch-physikalischen Materialeigenschaften (z.B. Metall zu Metall; Altpapier zu Papier; eisenhältige Beizlösung zu Eisenchlorid, Eisensulfat oder Eisenoxid) bezieht (vgl. dazu die ErläutRV 1005 BlgNR XXIV. GP , S 13 zur AWG-Novelle 2010). Die beschwerdegegenständliche Aufbereitung der Baurestmassen kann nicht unter diese Definition des Begriffes "Recycling" subsumiert werden.

Schließlich gilt als Verwertung jede sonstige Verwertung (z.B. die energetische Verwertung, die Aufbereitung von Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff bestimmt sind, oder die Verfüllung). Auch davon ist im Beschwerdefall nicht auszugehen.

Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 Z. 1 und 2 AWG 2002 unterliegt die Abfallbehandlungsanlage der beschwerdeführenden Partei einer Bewilligungspflicht nach dem AWG 2002.

Die belangte Behörde ging daher zu Recht von einer Offenkundigkeit nach § 62 Abs. 2a AWG 2002 aus, dass die Behandlungsanlage der beschwerdeführenden Partei ohne Genehmigung betrieben wird.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 28. Mai 2015

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