Normen
AVG §13 Abs7;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2014:RA2014220016.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Verwaltungsgericht Wien die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 13. Juni 2013 ausgesprochene Abweisung des Antrages des Revisionswerbers auf Verlängerung des Aufenthaltstitels für den Zweck "Studierender". Weiters erklärte das Verwaltungsgericht die ordentliche Revision für unzulässig.
Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Revisionswerber habe am 21. März 2013 die Verlängerung seiner zuletzt bis 22. März 2013 gültigen Aufenthaltsbewilligung für den Zweck "Student" beantragt. Erstmalig im Beschwerdeverfahren habe der Revisionswerber die Absicht einer Änderung des Aufenthaltszweckes auf "Schüler" geäußert. Da über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Schüler" noch kein Bescheid einer Verwaltungsbehörde und auch keine Beschwerde gegen einen solchen Bescheid vorliege, sei das Verwaltungsgericht für eine Entscheidung in der Sache selbst im gegenständlichen Fall nicht zuständig.
Die besonderen Erteilungsvoraussetzungen für den Aufenthaltszweck "Studierender" erfülle der Revisionswerber nicht mehr, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen sei.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision.
Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit der Revision geltend gemacht, das Verwaltungsgericht sei von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil eine Änderung des Verfahrensgegenstandes in einem Ausmaß vorgelegen sei, welche über die Entscheidung des Landeshauptmannes von Wien hinausgehe und die Beschwerdeinstanz für die Erledigung eines solchen Verfahrens nicht mehr zuständig gewesen sei (unter Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 21. November 1994, Zl. 94/10/0082 und vom 28. Oktober 1997, Zl. 95/04/0247).
Die Revision ist zulässig und berechtigt.
Im vorliegenden Fall waren gemäß § 81 Abs. 26 NAG die Bestimmungen des NAG i.d.F. vor dem Bundesgesetz BGBl. I
Nr. 87/2012 anzuwenden.
§ 63 Abs. 1 und § 64 Abs. 1 NAG lauten:
"Schüler
§ 63. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine Aufenthaltsbewilligung für Schüler ausgestellt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und
- 1. ordentliche Schüler einer öffentlichen Schule sind;
- 2. ordentliche Schüler einer Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht sind;
3. Schüler einer Statutschule mit Öffentlichkeitsrecht nach § 14 Abs. 2 lit. b des Privatschulgesetzes, BGBl. Nr. 244/1962, sind;
4. Schüler einer zertifizierten nichtschulischen Bildungseinrichtung sind (§ 70) oder
5. außerordentliche Schüler einer Schule nach Z 1 oder 2 sind, soweit es sich um die erstmalige Ausstellung einer Aufenthaltsbewilligung handelt.
Eine Haftungserklärung ist zulässig."
"Studierende
§ 64. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende ausgestellt werden, wenn sie
- 1. die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und
- 2. ein ordentliches oder außerordentliches Studium an einer Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, Pädagogischen Hochschule, anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule oder einen anerkannten privaten Studiengang oder anerkannten privaten Hochschullehrgang absolvieren und im Fall eines Universitätslehrganges dieser nicht ausschließlich der Vermittlung einer Sprache dient.
Eine Haftungserklärung ist zulässig."
Die Aufenthaltsbewilligung für den Zweck eines Bachelorstudiums an der Universität Wien wurde dem Revisionswerber zuletzt bis 22. März 2013 erteilt. Der Revisionswerber stellte am 21. März 2013 einen Antrag auf Verlängerung dieser Aufenthaltsbewilligung, der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 13. Juni 2013 aufgrund fehlender Erfolgsnachweise abgewiesen wurde. Dagegen erhob der Revisionswerber eine nunmehr als Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien zu qualifizierende Berufung.
In der vom Verwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 6. März 2014 führte der Revisionswerber aus, dass er nun vorhabe, ab Herbst 2014 eine Ausbildung an der V-Business School zu beginnen. Deshalb ersuche er, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und seine Sache an die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde zurückzuverweisen, damit er "dort einen Zweckänderungsantrag stellen" könne. Es handle sich - so der Revisionswerber in der mündlichen Verhandlung weiter - um eine andere Rechtssache, da nunmehr sein Aufenthaltszweck der eines "Schülers" gemäß § 63 NAG und nicht der eines "Studierenden" nach § 64 NAG wäre.
Damit gab der Revisionswerber eindeutig zu erkennen, dass er seinen ursprünglichen Verlängerungsantrag vom 21. März 2013 nicht mehr aufrechterhält.
Die (konkludente) Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags bewirkt den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit (nachträglich) dessen Rechtswidrigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2014, Zl. 2013/07/0235). Das Verwaltungsgericht wäre somit angehalten gewesen, den bekämpften Bescheid (ersatzlos) zu beheben.
Das Verwaltungsgericht ist somit - wie die Revision zutreffend aufzeigt - von der hg. Rechtsprechung abgewichen. Das angefochtene Erkenntnis war daher bereits aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 und § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 19. November 2014
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