VwGH Ra 2014/21/0034

VwGHRa 2014/21/003411.12.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, in der Revisionssache des A P in R, vertreten durch Dr. Alexander Lison, Rechtsanwalt in 5280 Braunau, Stadtplatz 43, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 17. Juni 2014, Zl. LVwG-750020/2/MB/JW, betreffend Aufenthaltsverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art51 Abs1;
AsylG 2005 §41 Abs7;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §67 Abs1 idF 2012/I/050;
FrPolG 2005 §67 Abs2 idF 2012/I/050;
MRK Art6 Abs1;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
VwGVG 2014 §24 Abs4;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2014:RA2014210034.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (VwG) über die Beschwerde des rumänischen Revisionswerbers gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 16. Dezember 2013 dahin entschieden, dass gegen den Revisionswerber gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 idF BGBl. I Nr. 50/2012 (FPG) ein neunjähriges Aufenthaltsverbot erlassen werde. Außerdem sprach das VwG gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt, oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt gemäß § 34 Abs. 1a VwGG nicht gebunden. Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

Unter diesem Gesichtspunkt macht der Revisionswerber geltend, dass das VwG nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im vorliegenden Fall eine öffentliche mündliche Verhandlung hätte durchführen müssen, und zwar ungeachtet dessen, dass sie in der noch ohne Vertreter verfassten Beschwerde nicht beantragt worden sei.

Richtig ist, dass nach der ins Treffen geführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. März 2013, Zl. 2011/21/0267, und vom 12. September 2013, Zl. 2013/21/0101) das Unterbleiben eines Verhandlungsantrages seitens einer nicht rechtskundig vertretenen Partei in Angelegenheiten der "Durchführung des Rechts der Union" im Sinn des Art. 51 Abs. 1 der Grundrechte-Charta (GRC) regelmäßig nicht als Verzicht auf die Durchführung einer Verhandlung gewertet werden darf. Auch ohne die Annahme eines solchen Verzichts und selbst dann, wenn eine Verhandlung ausdrücklich beantragt wurde, kann das Verwaltungsgericht jedoch gemäß dem im vorliegenden Fall anwendbaren § 24 Abs. 4 VwGVG von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. In Anbetracht der unstrittigen massiven Delinquenz des Revisionswerbers, der wegen im Jahr 2012 begangener Einbruchsdiebstähle zu einer viereinhalbjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, einerseits und des Umstandes, dass er sich auch nach eigenem Vorbringen erst seit 2010 - ohne Kernfamilie - in Österreich befindet, andererseits vermögen nämlich auch die Revisionsausführungen nicht aufzuzeigen, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache hätte erbringen können. Dass dann aber Art. 47 GRC (eine Konstellation, die Art. 6 Abs. 1 EMRK unterfallen könne, liegt von vornherein nicht vor) dem Unterbleiben einer Verhandlung nicht entgegenstand, ergibt sich schon aus den unschwer auf den vorliegenden Fall übertragbaren Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes zu § 41 Abs. 7 AsylG 2005 idF vor dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz in seinem Erkenntnis vom 14. März 2012, U 466/11 ua, denen der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2014, Zl. Ra 2014/21/0039, für die neue Rechtslage und in Bezug auf fremdenpolizeiliche Verfahren - wenn auch vor dem Hintergrund der hier (noch) nicht anwendbaren Sondervorschrift des § 21 Abs. 7 BFA-VG - gefolgt ist.

Insoweit liegt daher eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht (mehr) vor, weshalb die gegenständliche Revision zurückzuweisen war.

Wien, am 11. Dezember 2014

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