VwGH Ro 2014/16/0014

VwGHRo 2014/16/001428.2.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, in der Rechtssache der revisionswerbenden R & D GmbH in B, vertreten durch Dr. Markus Frank, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neustiftgasse 3/5, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates vom 11. Dezember 2013, Zlen. ZRV/0093-Z2L/09 ua., betreffend Eingangsabgaben und Abgabenerhöhung, den Beschluss gefasst:

Normen

31996R0384 SchutzV gedumpte Einfuhren;
31999R1796 AntidumpingzollV;
32004R0760 AntidumpingzollV;
BFGG 2014 §28 Abs5;
VwGbk-ÜG 2013 §4;
VwGG §28 Abs1 Z4;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat der unabhängige Finanzsenat im Instanzenzug sieben Mitteilungen des Hauptzollamtes Wien vom 19. März 2003 an die revisionswerbende GesmbH (Revisionswerberin) über die nachträgliche buchmäßige Erfassung von Anti-Dumping-Zöllen und die mit diesen Bescheiden erfolgte Festsetzung einer Abgabenerhöhung bestätigt.

Der unabhängige Finanzsenat stellte fest, dass für die Revisionswerberin als Warenempfängerin durch zwei näher genannte Speditionen als indirekte Vertreter mit sieben Anmeldungen zwischen dem 24. November 2000 und dem 15. Oktober 2001 Stahldrahtseile der KN Codes 7312 1082 und 7312 1084 in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt und die darauf entfallenden Zollbeträge unter Zugrundelegung eines Zollsatzes von 1,7 % buchmäßig erfasst und mitgeteilt worden seien. Diese Stahlseile seien in den Jahren 2000 und 2001 von der Firma S, einem Stahldraht- und Seilwerk in der Ukraine erzeugt worden. Die Seile seien nach Bulgarien ausgeführt und dort in ein Zolllager eingelagert worden. Die Revisionswerberin habe diese Seile von einer näher bezeichneten Firma Sp, Bulgarien, deren Rechnungen den Anmeldungen angeschlossen worden seien, gekauft. In der Anmeldung sei (im Feld 44) jeweils kein Ursprungszeugnis oder Präferenzursprungszeugnis vermerkt oder erwähnt worden; mit der Eintragung im Feld 36 der Anmeldung sei die Einfuhrverzollung zum "Regelzollsatz" beantragt worden. Im Feld 34 der Anmeldung sei als Ursprungsland Bulgarien angeführt worden.

Tatsächlich seien diese von der Firma S hergestellten Seile ukrainischen Ursprungs gewesen. Deshalb sei auf diese Seile ein Anti-Dumping-Zoll in Höhe von 51,8 % der Bemessungsgrundlage zu erheben gewesen. Der demnach nachträglich buchmäßig erfasste Zollbetrag sei der Revisionswerberin daher mitzuteilen gewesen, ebenso sei die Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz festzusetzen gewesen.

Rechtlich stützte sich der unabhängige Finanzsenat auf die Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 des Rates vom 12. August 1999, nach deren Art. 1 Abs. 1 auf Einfuhren u.a. von Kabeln und Seilen der KN Codes ex 7312 1082 und 7312 1084 mit Ursprung in der Ukraine ein endgültiger Anti-Dumping-Zoll eingeführt wurde, welcher nach Art. 1 Abs. 2 dieser Verordnung 51,8 % ausmacht. Die in Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung festgelegte Ausnahme dieses endgültigen Anti-Dumping-Zolls für Einfuhren von den in Art. 2 Abs. 3 genannten Unternehmen, darunter die Joint Stock Company, S, wende der unabhängige Finanzsenat deshalb nicht an, weil die in Art. 2 Abs. 2 dieser Verordnung dafür festgelegte Voraussetzung nicht erfüllt gewesen sei. Diese Bestimmung verlange nämlich für die Zollbefreiung, dass bei der Anmeldung zur Überführung in den freien Verkehr im Rahmen einer Verpflichtung eine gültige Verpflichtungsrechnung, die von S hätte ausgestellt werden müssen, vorgelegt werde. Im Fall des ukrainischen Herstellers, der Firma S, hätte die Verpflichtungsrechnung zusammen mit einer gültigen von den Behörden der Ukraine ausgestellten Exportlizenz vorgelegt werden müssen.

Zur nachträglichen buchmäßigen Erfassung des Zollbetrages hielt der unabhängige Finanzsenat fest, dass kein Irrtum der Zollbehörden iSd Rsp vorgelegen sei.

Die dagegen erhobene Revision ist unzulässig.

Gemäß § 28 Abs. 5 des Bundesfinanzgerichtsgesetzes (BFGG) iVm § 4 Abs. 1 erster Satz des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetzes (VwGbk-ÜG) kann gegen einen Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, der vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen worden ist und gegen den nicht bereits bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben wurde, bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 in sinngemäßer Anwendung des Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Gemäß § 28 Abs. 5 BFGG iVm § 4 Abs. 5 zweiter und dritter Satz VwGbk-ÜG ist die Revision gegen einen solchen Bescheid unzulässig, wenn die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen, und hat eine solche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, warum die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen.

Gemäß § 28 Abs. 5 BFGG iVm § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG gelten für die Behandlung einer solchen Revision die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß mit der Maßgabe, dass statt der Ablehnung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung die Revision als unzulässig zurückgewiesen werden kann.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist eine Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vor dem Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision die bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer (sinngemäß: der Revisionswerber) verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte; sinngemäß: Revisionspunkte) zu enthalten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. August 2013, 2013/16/0162, mwN) kommt bei der Prüfung eines angefochtenen Bescheides dem Beschwerdepunkt nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, denn der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt worden ist, sondern nur, ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung der Beschwerdeführer behauptet. Durch den Beschwerdepunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist. Wird der Beschwerdepunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang einer Beschwerde nicht zugänglich. Für die gemäß § 28 Abs. 5 BFGG iVm § 4 VwGbk-ÜG eingebrachte Revision gilt nichts anderes.

Die Revisionswerberin erachtet sich in ihrem subjektiven Recht verletzt, dass "Zölle mangels Fehlens einer rechtlichen Grundlage nicht vorgeschrieben werden dürfen - insbesondere eine nachträgliche buchmäßige Erfassung von Anti-Dumping-Zoll für Einfuhren von Waren mit Ursprung von der Firma S (Ukraine) in die Europäische Union nicht erfolgen darf".

Auf Grund des solcherart eindeutig und unmissverständlich formulierten Revisionspunktes hat der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid, soweit er die Abgabenerhöhung gemäß § 108 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz betrifft, nicht weiter zu prüfen und hängt die Revision nicht von der Lösung einer Rechtsfrage zur Abgabenerhöhung ab. Mit der Abgabenerhöhung zusammenhängende Rechtsfragen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. September 2012, 2012/16/0090, die Änderung des § 30a Abs. 5 Finanzstrafgesetz durch das FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14, Art. 5 Z 6, und die Glosse von Sutter in AnwBl 2013/1, 34) sind in der vorliegenden Revisionssache daher unbeachtlich.

Die Revisionswerberin führt in den gesonderten Gründen der Zulässigkeit ihrer Revision (§ 28 Abs. 5 BFGG iVm § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG) aus:

"Die angefochtene Entscheidung verstößt gegen die offenkundige Rechtsansicht des Rates der Europäischen Union und

der Kommission, wie ... aufzeigen. Schafft der Gesetzgeber eine

individuelle Befreiung von einer Anti-Dumping-Zoll-Last für Waren von einem bestimmten Unternehmen mit Sitz in einem Drittland und ist sonst in einer allgemeinen Rechtsvorschrift für die Einfuhr in die Europäische Union von Waren mit Ursprung aus diesem Land ein Anti-Dumping-Zoll vorgesehen, so hat die Aufhebung dieser individuellen Befreiung nicht zur Folge, dass jene allgemeine Rechtsvorschrift für den Anti-Dumping-Zoll automatisch wieder für Waren mit Ursprung von dem ehemals befreiten Unternehmen gilt. Vielmehr bedarf es nach ständiger Judikatur einer ausdrücklichen neuen Vorschrift, um die Anti-Dumping-Zoll-Last auch für Waren mit Ursprung von diesem ehemals befreiten Unternehmen wieder zu begründen. Obwohl eine solche neuerliche Vorschrift zur Einführung von Anti-Dumping-Zoll für Waren mit Ursprung von der Fa. S in der Ukraine nicht geschaffen wurde, also keine Rechtsgrundlage für einen Anti-Dumping-Zoll für Waren mit Ursprung der Firma S im hier gegenständlichen Einfuhrzeitraum bestanden hat, hat die belangte Behörde die Rechtmäßigkeit der nachträglichen buchmäßigen Erfassung von Antidumping-Zoll für die hier gegenständlichen Einfuhren von Waren mit Ursprung von der Fa. S in der Ukraine bestätigt."

Mit Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 des Rates vom 12. August 1999, ABlEG Nr. 217 vom 17. August 1999, (im Folgenden: Verordnung Nr. 1796/1999 ) wurde ein endgültiger Anti-Dumping-Zoll u.a. auf die Einfuhr von Seilen aus Stahl mit Ursprung in der Ukraine eingeführt. Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1796/1999 sah einen Zollsatz von 51,8 % für die von "unten genannten Unternehmen" hergestellten Waren vor. In der anschließenden Tabelle sind in der Spalte "Unternehmen" für die Ukraine "alle Unternehmen" genannt.

Gemäß Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1796/1999 gilt der endgültige anti-Dumping-Zoll nicht für Einfuhren solcher Seile, die von in Art. 2 Abs. 3 der Verordnung genannten Unternehmen hergestellt, direkt in die Gemeinschaft ausgeführt und einem einführenden Unternehmen in der Gemeinschaft in Rechnung gestellt werden. Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1796/1999 nennt u.a. die Joint Stock Company, S, Ukraine. Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1796/1999 sieht zusätzliche Voraussetzungen für diese Zollbefreiung vor.

Mit der Verordnung (EG) Nr. 1858/2005 des Rates vom 8. November 2005, ABlEU Nr. L 299 vom 16. November 2005, (im Folgenden: Verordnung Nr. 1858/2005 ) wurde ein endgültiger Anti-Dumping-Zoll auf die Einfuhr von Seilen aus Stahl mit Ursprung u. a. in der Ukraine eingeführt, wobei eine Ausnahme für bestimmte Unternehmen der Ukraine nicht mehr aufscheint.

Die Revisionswerberin hat offensichtlich die Verordnung Nr. 1858/2005 im Auge, übersieht aber, dass eine von ihr angesprochene Rückwirkung einer "Aufhebung dieser individuellen Befreiung" betreffend die Joint Stock Company, S, im Revisionsfall gar nicht zum Tragen kommt, weil der unabhängige Finanzsenat die Mitteilung der buchmäßigen Erfassung des Anti-Dumping-Zolls gerade nicht auf die Verordnung Nr. 1858/2005 des Rates gestützt hat. Der unabhängige Finanzsenat hat als Rechtsgrundlage nämlich die Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 des Rates herangezogen.

Damit stellt sich die von der Revisionswerberin aufgeworfene Rechtsfrage einer Rückwirkung im Revisionsverfahren gar nicht.

Die Revisionswerberin führt zu den Zulassungsvoraussetzungen (§ 28 Abs. 5 BFGG iVm § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG) weiters aus, es sei

"von grundsätzlicher rechtlicher Bedeutung, ob die belangte Behörde im Verfahren gemäß Art 220 Abs 2 ZK zur Objektivität verpflichtet ist oder - ähnlich einer Anklagebehörde - nur solche Sachverhalts-Elemente zu prüfen hat und sich auf solche Feststellungen beschränken darf, welche Indizien gegen die Erfüllung der Voraussetzungen für einen Anspruch des Beschwerdeführers auf Absehen von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung einer Zollgebühr im Sinn des Art 220 ZK darstellen; ob die belangte Behörde nicht vielmehr objektiv auch jene (vorgebrachten oder ihr sonst zur Kenntnis gelangten) Sachverhalte zu prüfen hat, welche der Beschwerdeführer vorgebracht hat; und ob die belangte Behörde nicht auch all jene Beweise heranzuziehen hat, die der Beschwerdeführer ihr angeboten hat; und ob die belangte Behörde darüber hinaus nicht auch solche Sachverhalts-Elemente von Amts wegen zu prüfen hat, von welchen nur sie Kenntnis erlangen kann (z.B. Irrtümer der Behörde) und solche Beweise heranzuziehen hat, über die nur sie verfügen kann (zum Nachweis für den Irrtum der Behörde) - auch wenn diese Sachverhalts-Elemente bzw. Beweise sich zu Gunsten des Beschwerdeführers und gegen eine (nachträgliche Erfassung einer) Zollgebühr auswirken."

Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABlEG Nr. L 302 vom 19. Oktober 1992, (Zollkodex - ZK) lautet:

"(2) Außer in den Fällen gemäß Artikel 217 Absatz 1 Unterabsätze 2 und 3 erfolgt keine nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn

  1. a) ...
  2. b) der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat.

    Wird der Präferenzstatus einer Ware im Rahmen eines Systems der administrativen Zusammenarbeit unter Beteiligung der Behörden eines Drittlands ermittelt, so gilt die Ausstellung einer Bescheinigung durch diese Behörden, falls sich diese Bescheinigung als unrichtig erweist, als ein Irrtum, der im Sinne des Unterabsatzes 1 vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte.

    Die Ausstellung einer unrichtigen Bescheinigung stellt jedoch keinen Irrtum dar, wenn die Bescheinigung auf einer unrichtigen Darstellung der Fakten seitens des Ausführers beruht, außer insbesondere dann, wenn offensichtlich ist, dass die ausstellenden Behörden wussten oder hätten wissen müssen, dass die Waren die Voraussetzungen für eine Präferenzbehandlung nicht erfüllten.

    Der Abgabenschuldner kann Gutgläubigkeit geltend machen, wenn er darlegen kann, dass er sich während der Zeit des betreffenden Handelsgeschäfts mit gebotener Sorgfalt vergewissert hat, dass alle Voraussetzungen für eine Präferenzbehandlung erfüllt worden sind.

    Der Abgabenschuldner kann Gutgläubigkeit jedoch nicht geltend machen, wenn die Kommission in einer Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften darauf hingewiesen hat, dass begründete Zweifel an der ordnungsgemäßen Anwendung der Präferenzregelung durch das begünstigte Land bestehen;"

    Der unabhängige Finanzsenat hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 2002, 99/16/0179, und das Urteil des EuGH vom 18. Oktober 2007 in der Rs C-173/06 (Agrover Srl)) angenommen, dass kein aktiver Irrtum der Zollbehörden vorgelegen sei.

    Die von der Revisionswerberin ersichtlich angesprochene Pflicht der Abgabenbehörden, von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabenpflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind (§ 115 Abs. 1 BAO) und die Pflicht der Abgabenbehörden, Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen (§ 115 Abs. 3 BAO) steht im Revisionsfall außer Frage.

    Welche einen Verstoß gegen tragende Verfahrensgrundsätze darstellende konkrete schwerwiegende Verletzung von Verfahrensvorschriften der unabhängige Finanzsenat zu verantworten hätte, weshalb er zum Ergebnis gekommen sei, dass ein Irrtum der Zollbehörden im Sinn der zitierten Rechtsprechung nicht vorliege, legt die Revisionswerberin im Rahmen der gemäß § 28 Abs. 5 BFGG iVm § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG gesondert darzulegenden Zulässigkeitsgründe nicht dar.

    Liegt aber Irrtum der Zollbehörden nicht vor, kommt es auf eine Gutgläubigkeit des Zollschuldners nicht an. Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b zweiter Unterabsatz ZK und die daran anschließenden Bestimmungen sind im Revisionsfall (der sich insoweit im Sachverhalt von demjenigen unterscheidet, der dem hg. Erkenntnis vom 21. März 2012, 2009/16/0217, zugrunde lag) nicht einschlägig, weil im Revisionsfall nicht der Präferenzstatus der Seile im Rahmen eines Systems der administrativen Zusammenarbeit unter Beteiligung der Behörden eines Drittlands ermittelt wurde. Die in Rede stehenden Seile wurden zum "Regelzollsatz" in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt und es wurde kein Präferenzstatus ermittelt.

    Schließlich bezweifelt die Revisionswerberin die Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 1796/1999 auf den vorliegenden Revisionsfall, weil die in Rede stehenden Waren nicht aus der Ukraine, sondern aus dem (damaligen) Drittstaat Bulgarien eingeführt worden waren.

    Mit der Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern, ABlEG Nr. L 56 vom 6. März 1996, (im Folgenden: Verordnung Nr. 384/96 ) wurde ein Verfahren festgelegt, das damit enden konnte, dass vorläufige oder endgültige Anti-Dumping-Zölle durch Verordnung eingeführt werden, die von den Mitgliedstaaten "in der Form, zu dem Satz und nach den sonstigen Modalitäten erhoben" werden, die in der Verordnung zur Einführung dieser Zölle festgelegt sind. Gemäß Art. 1 Abs. 3 der Verordnung Nr. 384/96 ist das Ausfuhrland normalerweise (Art. 14 der Verordnung Nr. 384/96 ) das Ursprungsland; jedoch kann es sich auch um ein Zwischenland handeln, ausgenommen in den Fällen, in denen die Ware nur Gegenstand eines Durchfuhrverkehrs durch dieses Land ist oder nicht in diesem Land hergestellt wird, oder wenn es dort keinen vergleichbaren Preis für sie gibt.

    Gemäß Art. 11 Abs. 2 der Verordnung Nr. 384/96 tritt eine endgültige Anti-Dumping-Maßnahme fünf Jahre nach ihrer Einführung oder fünf Jahre nach dem Datum des Abschlusses der letzten Überprüfung außer Kraft.

    Mit Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1796/1999 wurde auf die Einfuhren von näher angeführten Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung u.a. in der Ukraine ein endgültiger Anti-Dumping-Zoll eingeführt. Art. 2 der Verordnung lautet auszugsweise:

    "Artikel 2 (1) Ungeachtet des Artikels 1 gilt der endgültige Zoll nicht für die Einfuhren der in Artikel 1 Absatz 1 beschriebenen Ware, die von den in Absatz 3 genannten Unternehmen, deren Preisverpflichtungen von der Kommission mit Beschluss 1999/572/EG über die Annahme von Verpflichtungen im Rahmen der Anti-Dumping-Verfahren gegenüber den Einfuhren von

    Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung in der ... und der

    Ukraine angenommen wurden, hergestellt, direkt in die Gemeinschaft ausgeführt und einem einführenden Unternehmen in der Gemeinschaft in Rechnung gestellt werden.

(2) Bei der Anmeldung zur Überführung in den freien Verkehr im Rahmen einer Verpflichtung ist die Zollbefreiung von der Vorlage einer gültigen Verpflichtungsrechnung - in der im Anhang zur vorläufigen Verordnung bestimmten Form - die von einem der in Absatz 3 genannten Unternehmen ausgestellt wurde, bei den zuständigen einzelstaatlichen Zollstellen abhängig. Im Falle des ukrainischen Herstellers muss die Verpflichtungsrechnung zusammen mit einer gültigen von den Behörden der Ukraine ausgestellten Exportlizenz - in der im Anhang bestimmten Form - vorgelegt werden.

(3) Die im Rahmen einer angenommenen Verpflichtung getätigten Einfuhren sind unter folgenden TARIC-Zusatzcodes anzumelden:

...

Ukraine Joint Stock Company, S, (Anschrift), Ukraine,

A 025"

Mit Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 760/2004 des Rates vom 22. April 2004, ABl. EU Nr. L 120 vom 24. April 2004 wurde der mit der Verordnung Nr. 1796/1999 eingeführte endgültige Anti-Dumping-Zoll auf die Einfuhren der gleichen, aus der Republik Moldau versandten Kabel und Seile ausgeweitet, und zwar unabhängig davon, ob ihr Ursprung in der Anmeldung mit Republik Moldau angegeben ist oder nicht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH (vgl. etwa das Urteil vom 18. April 2013 in der Rs. C-595/11 (Steinel Vertrieb GmbH), Rn 37) sind bei der Auslegung einer unionsrechtlichen Vorschrift nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Kontext und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung verfolgt werden, zu der sie gehört.

Die Verordnung Nr. 384/96 des Rates legt nicht zwingend fest, wie die Waren näher zu bestimmen sind, für welche eine Anti-Dumping-Maßnahme getroffen wird. Die vom unabhängigen Finanzsenat angewendete Verordnung Nr. 1796/1999 stellt auf den Ursprung der Ware ab. Die von der Revisionswerberin gesehene Einschränkung, es müsse sich darüber hinaus auch um Waren handeln, die vom Ursprungsland direkt in die Europäische Union versandt worden sind, ist dieser Verordnung nicht zu entnehmen. Eine solche Einschränkung würde die Maßnahme wegen der leichten Umgehbarkeit wirkungslos machen.

Auch die Ausweitung der Anti-Dumping-Zölle auf Waren aus der Republik Moldau durch die Verordnung Nr. 760/2004 spricht nicht für eine solche Einschränkung. Diese Ausweitung ermöglichte die Erhebung eines Anti-Dumping-Zolls für Waren, die aus der Republik Moldau in die Union versandt worden sind, ohne den Ursprung der Waren näher prüfen zu müssen, weil das zu dieser Verordnung führende Verfahren ergeben hatte, dass die Republik Moldau, in welcher keine solchen Waren hergestellt wurden (vgl. den 17. Erwägungsgrund der Verordnung), zur Umgehung der Anti-Dumping-Maßnahme von Waren mit dem Ursprung in der Ukraine verwendet worden ist.

Dem Urteil des EuGH vom 11. Februar 2010 in der Rs. C-373/08 (Hoesch Metals and Alloys GmbH) lag der Sachverhalt zu Grunde, dass Waren (Silicium-Metall), die aus China stammten, in Indien bearbeitet wurden und dann aus Indien in die Union eingeführt wurden, wobei Indien als Ursprungsland angeführt war (Rn 23 bis 25 des Urteils). Fraglich war, ob die Bearbeitung in Indien ursprungsbegründend war, was der EuGH verneinte (Rn 55 des Urteils), oder ob die Waren einem Anti-Dumping-Zoll unterlagen, der für solche Waren mit Ursprung in China eingeführt worden war. Der EuGH hat eine - wie von der Revisionswerberin geforderte - Einschränkung auf Waren, die aus dem Ursprungsland in die Union ausgeführt werden, nicht vorgenommen und die Gültigkeit der Anti-Dumping-Verordnung geprüft (Rn 63 des Urteils).

Da aus den zitierten Rechtsvorschriften und aus dem erwähnten Urteil des EuGH vom 11. Februar 2010 nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes eindeutig hervorgeht, dass die von der Revisionswerberin ins Treffen geführte Einschränkung nicht vorzunehmen war, bestehen diesbezüglich für den Verwaltungsgerichtshof keine Zweifel im Sinn der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 6. Oktober 1982 in der Rs. C-283/81 (CILFIT)).

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG - durch einen gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am 28. Februar 2014

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