Normen
AVG §56 impl;
AVG §56;
AVG §68 Abs1 impl;
AVG §68 Abs1;
AVG §8;
AWG 1990 §32;
AWG 2002 §73 Abs1;
AWG 2002 §73 Abs4;
AWG 2002 §73;
AWG 2002 §74 Abs1;
AWG 2002 §74 Abs2;
AWG 2002 §74 Abs3;
VwRallg;
WRG 1959 §138 Abs4;
WRG 1959 §31 Abs4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit rechtskräftigem Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (LH) vom 23. Jänner 2009 wurde auf Grundlage des § 73 Abs. 4 AWG 2002 Herrn W S. die Durchführung näher umschriebener Sanierungsmaßnahmen auf dem Grundstück Nr. 269 KG R im Bereich des (in einer näher bezeichneten Karte eingezeichneten) Schurfes 1 aufgetragen. Im Wesentlichen handelte es sich bei den Sanierungsmaßnahmen um Räumungsarbeiten abgelagerter, stark kontaminierter Materialien, um deren Zwischenlagerung und Entsorgung sowie um die Nachsorge im kontaminierten Bereich.
Aus der Begründung dieses Bescheides ergibt sich, dass Ende der 70er Jahre bekannt geworden sei, dass Chemikalien und giftige Schadstoffe in großteils undichten Fässern auf dem zitierten (und einem weiteren) Grundstück abgelagert worden seien. W S. sei der ehemalige Betreiber eines Fasslagers auf diesen Grundstücken gewesen, es handle sich bei ihm daher um den Verursacher im Sinne des § 73 Abs. 4 AWG 2002.
Der Verpflichtete kam diesem Auftrag nicht nach, weshalb bei der Bezirkshauptmannschaft K ein Verwaltungsvollstreckungsverfahren eingeleitet und mit Bescheid dieser Behörde vom 8. Oktober 2010 eine bereits angedrohte Ersatzvornahme angeordnet wurde.
Aus den Akten ergibt sich, dass der Verpflichtete am 26. September 2011 verstarb.
Die Beschwerdeführerin ist seit dem Jahr 2009 Eigentümerin des Grundstückes Nr. 269.
Der LH teilte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 28. März 2012 mit, dass diese als nunmehrige Grundeigentümerin zur Durchführung der Maßnahmen verpflichtet werde, da sie als Rechtsnachfolgerin des (seinerzeitigen) Liegenschaftseigentümers, der W AG, Kenntnis von der Lagerung seit zumindestens 10. Oktober 2007 gehabt habe.
Die Beschwerdeführerin nahm dazu mit Schreiben vom 28. Juni 2012 Stellung und brachte vor, man hätte aus der Verlassenschaft oder bei den Erben des Verpflichteten die Ersatzvornahme geltend machen können; § 74 AWG 2002 könne hier nicht zur Anwendung kommen.
Mit Bescheid vom 31. August 2012 verpflichtete der LH die Beschwerdeführerin zur Durchführung der Sanierungsmaßnahmen auf dem Grundstück Nr. 269 im Bereich des Schurfes 1 bis spätestens 30. Dezember 2012. Inhaltlich sind diese Aufträge mit den dem verstorbenen Verursacher aufgetragenen Maßnahmen ident.
Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht nach Wiedergabe der Bestimmungen des § 73 Abs. 4 und des § 74 AWG 2002 hervor, die Heranziehung der W AG sei nicht zu prüfen, da diese nicht mehr Eigentümerin des Grundstückes 269 sei. Die Regelung der Grundeigentümerhaftung in § 74 AWG 2002 stelle nicht darauf ab, ob ein vorheriger Eigentümer haftbar sei, da die Verantwortung des Rechtsnachfolgers nicht von der seiner Rechtsvorgänger abgeleitet sei. Eine Prüfung der Verantwortlichkeit dieser Gesellschaft sei daher nicht erforderlich. Die Haftungsbeschränkung des § 74 Abs. 3 AWG 2002 gelte nicht für den Fall des Eigentumserwerbs nach dem 1. Juli 1990. Die Beschwerdeführerin als nunmehrige Grundeigentümerin habe von der Ablagerung der Fässer und der Bodenkontaminationen seit mehr als 30 Jahren Kenntnis (wird näher dargestellt). Sie habe daher als Rechtsnachfolgerin und nunmehrige Grundeigentümerin des Grundstückes Nr. 269 verpflichtet werden müssen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, welcher mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. Juli 2013 keine Folge gegeben wurde.
In der Begründung des Bescheides wird auf einzelne Aspekte der Berufung näher eingegangen. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie als Liegenschaftseigentümerin hätte die Ablagerung niemals gestattet oder eine Vergütung dafür erhalten und sie sei zum Zeitpunkt des Stichtages nach § 74 Abs. 3 AWG (1. Juli 1990) noch nicht Eigentümerin gewesen, sei entgegenzuhalten, dass § 74 Abs. 3 AWG 2002 eine von Abs. 2 abweichende Sonderregelung nur für den ursprünglichen Liegenschaftseigentümer, nicht aber für dessen Rechtsnachfolger enthalte. Diese Bestimmung ordne im Übrigen uneingeschränkt die Geltung des Abs. 2, also auch von dessen Bestimmungen über die Haftung des Rechtsnachfolgers des Liegenschaftseigentümers, an. Die Haftungsbeschränkung des ursprünglichen Liegenschaftseigentümers sei untrennbar daran gekoppelt, dass er durch die Gestattung von Anlagen etc. einen Vorteil gezogen habe. Da für den Rechtsnachfolger die Gestattung keine Haftungsvoraussetzung sei, komme für ihn auch diese Koppelung von Gestattung und daraus gezogenem Vorteil nicht in Betracht. Der Rechtsnachfolger hafte daher, wenn er von der Lagerung oder Ablagerung Kenntnis gehabt oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben hätte müssen. Hingegen sei es keine Voraussetzung für seine Haftung, dass er einen Vorteil im Sinne des Abs. 3 erlangt habe. Seine Haftung sei auch nicht beschränkt. Dies gelte jedenfalls im Fall eines Liegenschaftserwerbs nach dem 1. Juli 1990.
Die Beschwerdeführerin habe das Grundstück im Jahre 2009 erworben. Nun sei am 10. Oktober 2007 im Gemeindeamt in Anwesenheit des damaligen Bürgermeisters und am 29. November 2007 am Grundstück an Ort und Stelle, ebenfalls in Anwesenheit von Gemeindevertretern, abzuklären gewesen, ob der Boden nächst dem ehemaligen Fasslager durch Auslaufen von Flüssigkeiten verunreinigt worden sei. Es seien dazu insgesamt sechs Schürfe zur Bodenerkundung durchgeführt und in einem Bereich bei Schurf 1 verfärbte Bodenschichten, pastöse Anteile sowie starker Geruch von Lösungsmitteln festgestellt worden, was Maßnahmen zum Schutz des Grundwassers erfordert hätte. Die Beschwerdeführerin sei im Ermittlungsverfahren beteiligt gewesen, was von ihr auch nicht in Abrede gestellt werde. Die Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin der damaligen Liegenschaftseigentümerin habe daher Kenntnis über die Vornutzung und die Örtlichkeit von Kontaminationen gehabt und es verabsäumt, vor dem Ankauf (nochmals) die gehörige Aufmerksamkeit darauf zu verwenden, dass auf Grund der ihr bekannten Nutzungsgeschichte keine Kontaminationen vorlägen. Dennoch habe sie das Grundstück am 18. August 2009 gekauft.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die Beschwerde stellt außer Streit, dass unmittelbarer Verursacher der Kontamination W S. und Eigentümerin der Liegenschaften im Zeitpunkt der Verschmutzung die W AG gewesen sei. Unstrittig sei weiters, dass die Beschwerdeführerin die gegenständliche Liegenschaft erst nach erfolgter Kontaminierung gekauft habe und dass sie als Rechtsnachfolgerin der vormaligen Liegenschaftseigentümerin ausschließlich eine subsidiäre Haftung treffen könnte.
Die Beschwerdeführerin macht als unrichtige rechtliche Beurteilung geltend, dass der Fall der subsidiären Haftung als Rechtsnachfolgerin des Liegenschaftseigentümers deshalb nicht eingetreten sei, weil man überprüfen hätte müssen, inwieweit das Verlassenschaftsverfahren nach dem Verursacher abgehandelt worden sei und ob ein derartiger Behandlungsauftrag auch gegen die Erben noch hätte durchgesetzt werden können. Jedenfalls hätte sich die Behörde mit einem entsprechenden Kostenersatz im Verlassenschaftsverfahren nach W S. anmelden können. Aus diesem Grunde sei die Haftung des Verursachers bzw. dessen Erben gemäß § 73 AWG 2002 immer noch gegeben.
Selbst wenn dieser Rechtsansicht nicht zu folgen sein sollte, wäre in zweiter Linie die Liegenschaftseigentümerin zum Zeitpunkt des haftungsbegründenden Ereignisses heranzuziehen gewesen, zumal die Haftung des Rechtsnachfolgers des Liegenschaftseigentümers erst als drittes Glied in der Haftungskette in Frage komme. Schließlich sei die belangte Behörde auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Haftungsvoraussetzungen des § 74 Abs. 2 bzw. 3 AWG 2002 auf die Beschwerdeführerin zuträfen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen der §§ 73 Abs. 4 und 74 Abs. 1 bis 4 AWG 2002 haben folgenden Wortlaut:
"Behandlungsauftrag
§ 73. (1) ...
(4) Sind nach rechtlicher oder faktischer Stilllegung oder Schließung bei einer Deponie gemäß § 2 Abs. 7 Z 4 Maßnahmen, wie Untersuchungen, regelmäßige Beprobungen, die Vorlage eines Sicherungs- oder Sanierungskonzeptes, Sicherungs- oder Sanierungsmaßnahmen, im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, so hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen demjenigen, der die Deponie betrieben hat, innerhalb einer angemessenen Frist mit Bescheid aufzutragen.
(5) ...
Subsidiäre Haftung für Behandlungsaufträge
§ 74. (1) Ist der gemäß § 73 Verpflichtete nicht feststellbar, ist er zur Erfüllung des Auftrags rechtlich nicht imstande oder kann er aus sonstigen Gründen nicht beauftragt werden, so ist der Auftrag nach Maßgabe der folgenden Absätze dem Eigentümer der Liegenschaft, auf der sich die Abfälle befinden, zu erteilen. Ersatzansprüche des Liegenschaftseigentümers an den gemäß § 73 Verpflichteten bleiben unberührt.
(2) Eine Haftung des Liegenschaftseigentümers besteht, wenn er der Lagerung oder Ablagerung entweder zugestimmt oder diese geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Die Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers haften, wenn sie von der Lagerung oder Ablagerung Kenntnis hatten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben mussten. Die Haftung des Liegenschaftseigentümers und der Rechtsnachfolger besteht nicht bei gesetzlichen Duldungspflichten.
(3) Erfolgte die Lagerung oder Ablagerung von Abfällen vor dem 1. Juli 1990, so ist Abs. 2 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Liegenschaftseigentümer nur dann zur umweltgerechten Behandlung herangezogen werden darf, wenn er die Ablagerungen auf eigenem Boden ausdrücklich gestattet und daraus in Form einer Vergütung für die Inanspruchnahme seines Eigentums einen Vorteil gezogen hat. Seine Leistungspflicht ist jedoch auf jenen Wert des Vorteiles begrenzt, der die übliche Vergütung für die Inanspruchnahme seines Eigentums überstieg. Lässt sich die übliche Vergütung nicht vergleichsweise feststellen, ist sie nach dem Wert des verursachten Nutzungsentgangs und der verursachten sonstigen Nachteile - ausgenommen die Leistungspflicht nach Abs. 1 - zu bemessen.
(4) Kann auch der Liegenschaftseigentümer nicht in Anspruch genommen werden, hat die Gemeinde Siedlungsabfälle, die in ihrem Gebiet widerrechtlich gelagert oder abgelagert werden, auf ihre Kosten zu entfernen und umweltgerecht zu behandeln oder behandeln zu lassen. Dies gilt nicht für § 73 Abs. 4. Ersatzansprüche der Gemeinde gegen den Verpflichteten bleiben unberührt.
(5) ..."
Die erste Argumentationslinie der Beschwerdeführerin geht dahin, dass sich die Behörde angesichts des Ablebens des Verursachers an die Verlassenschaft bzw. an die Erben zu wenden und zu prüfen gehabt hätte, ob nicht der Behandlungsauftrag gegen den Erben durchgesetzt hätte werden können. Diese Ausführungen, wie auch der Hinweis auf eine mögliche Überwälzung der Kostentragung auf die Verlassenschaft bzw. den Erben, beziehen sich auf das Vollstreckungsverfahren in Bezug auf den gegenüber dem Verpflichteten ergangenen Auftrag. Damit macht die Beschwerdeführerin aber implizit auch geltend, es bestehe ein vollstreckbarer Auftrag gegenüber einem nach § 73 AWG 2002 heranzuziehenden Adressaten und ein weiterer Auftrag ihr gegenüber wäre rechtswidrig, weil die Voraussetzung des § 74 Abs. 1 AWG 2002 nicht erfüllt wären.
Nun ist unstrittig, dass dem Verpflichteten gegenüber ein rechtskräftiger Auftrag nach § 73 AWG 2002 erteilt worden war. Dabei handelte es sich aber um keinen Auftrag mit dinglicher Wirkung (vgl. dazu das zu diesbezüglich vergleichbaren wasserpolizeilichen Aufträgen ergangene hg. Erkenntnis vom 28. April 2005, 2004/07/0196, mwN). Das AVG enthält keine besonderen Vorschriften über die Rechtsnachfolge in die Parteistellung. Rechtsprechung und Lehre gehen davon aus, dass in Fällen, in denen die zu erlassenden Bescheide dingliche Wirkung haben, eine Rechtsnachfolge in die Parteistellung stattfindet, eine Rechtsnachfolge bei "persönlichen" Verwaltungssachen hingegen im allgemeinen nicht in Betracht kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 1992, 91/07/0080).
In Bezug auf die Rechtsnachfolge als Verpflichteter eines abfallwirtschaftsrechtlichen Auftrages nach § 73 AWG 2002 hat der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 21. November 2012, 2009/07/0118, unter Hinweis auf Vorjudikatur ausgesprochen, dass eine Rechtsnachfolge in die Verursacherposition in öffentlichrechtlicher Hinsicht, die einen Behandlungsauftrag an den Rechtsnachfolger des Verursachers erlaubte, nicht vorgesehen ist.
Dies gilt aber gleichermaßen für das dem Titelverfahren akzessorische Vollstreckungsverfahren. Eine Vollstreckung eines abfallwirtschaftsrechtlichen Auftrages gegenüber der Verlassenschaft oder dem Erben des Verpflichteten kommt daher nicht in Frage.
Daraus folgt, dass der Verpflichtete im Sinne des § 74 Abs. 1 AWG 2002 "zur Erfüllung des Auftrages rechtlich nicht imstande ist", weshalb die belangte Behörde zu Recht zu prüfen hatte, ob die Beschwerdeführerin als Liegenschaftseigentümerin subsidiär als Adressatin des Auftrages heranzuziehen war.
Dazu vertritt die Beschwerdeführerin in ihrer zweiten Argumentationslinie den Standpunkt, dass der Auftrag richtigerweise an denjenigen zu richten gewesen wäre, der Eigentümer der Liegenschaft im Zeitpunkt der Kontamination war, und nicht an sie als Rechtsnachfolgerin dieses Liegenschaftseigentümers.
§ 74 Abs. 1 AWG 2002 verweist auf den "Eigentümer der Liegenschaft" und dessen Beauftragung nach Maßgabe der folgenden Absätze. § 74 Abs. 2 AWG 2002 regelt nun die unterschiedlichen Voraussetzungen für die Heranziehung des Liegenschaftseigentümers im Zeitpunkt der Kontamination (erster Satz) zum einen und die der Rechtsnachfolger dieses Liegenschaftseigentümers zum anderen. Daraus ist aber - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - nicht zu folgern, dass der Liegenschaftseigentümer im Zeitpunkt der Kontamination auch dann heranzuziehen ist, wenn er nicht mehr Eigentümer des Grundstückes ist. § 74 Abs. 1 AWG 2002 verweist auf den aktuellen Eigentümer des Grundstückes; je nachdem, ob es sich dabei um den Eigentümer im Ablagerungszeitpunkt handelt oder um seinen Rechtsnachfolger, gelten für seine Heranziehung unterschiedliche Voraussetzungen.
Dies ergibt sich zum einen aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum AWG 2002 (984 BlgNR XXI. GP, 104), wo es zu § 74 heißt: "Die Verantwortung des 'Rechtsnachfolgers' ist nicht abgeleiteter Natur und setzt daher auch nicht voraus, dass der Eigentümer, während dessen Eigentumsperiode die Abfälle abgelagert wurden, kraft Zustimmung oder Duldung haftbar geworden wäre. Vielmehr genügt die Kenntnis der Ablagerung, ja sogar die fahrlässige Unkenntnis des Nacheigentümers. Die Zahl der 'Zwischeneigentümer' und die (zivilrechtliche) Art des Eigentumserwerbes sind nicht relevant."
Die §§ 31 Abs. 4 und 138 Abs. 4 WRG 1959 weisen in Bezug auf die subsidiäre Liegenschaftseigentümerhaftung eine dem § 74 AWG 2002 vergleichbare gesetzliche Regelung auf. Zu § 31 Abs. 4 WRG 1959 führen Oberleitner/Berger, WRG3, aus, dass die subsidiäre Haftung des ursprünglichen Liegenschaftseigentümers nach Abs. 4 dann endet, wenn das Liegenschaftseigentum an einen Rechtsnachfolger übergeht (Rz 37 zu § 31). Auch Bumberger/Hinterwirth, WRG2, vertreten die Ansicht, dass mit dem Übergang des Liegenschaftseigentums auf einen Rechtsnachfolger die subsidiäre Haftung des Voreigentümers endet und die Haftung des aktuellen Eigentümers beginnt (vgl. in diesem Sinn K 16 und K 20 zu § 31).
Gegen die Heranziehung der Beschwerdeführerin als aktuelle Eigentümerin der kontaminierten Liegenschaft bestehen daher keine Bedenken.
Im vorliegenden Fall stammen die Kontaminationen aus den 70er Jahren, somit aus einem Zeitraum vor dem 1. Juli 1990. Für Ablagerungen aus dieser Zeit enthält § 74 Abs. 3 AWG 2002 Sonderbestimmungen für die Haftung.
Diese von Abs. 2 abweichende Sonderregelung des § 74 Abs. 3 AWG 2002 gilt nur für den ursprünglichen Liegenschaftseigentümer, nicht aber für den Rechtsnachfolger, ordnet aber im Übrigen uneingeschränkt die Geltung des Abs. 2, also auch von dessen Bestimmungen über die Haftung des Rechtsnachfolgers des Liegenschaftseigentümers, an. Die Haftungsbeschränkung des ursprünglichen Liegenschaftseigentümers ist untrennbar daran gekoppelt, dass er durch die Gestattung von Anlagen etc. einen Vorteil gezogen hat (arg.: "daraus"). Da für den Rechtsnachfolger die Gestattung keine Haftungsvoraussetzung ist, kommt für ihn auch diese Koppelung von Gestattung und daraus gezogenem Vorteil nicht in Betracht. Der Rechtsnachfolger haftet daher, wenn er von der Lagerung oder Ablagerung Kenntnis hatte oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben musste. Hingegen ist es keine Voraussetzung für die Haftung des Rechtsnachfolgers, dass er einen Vorteil im Sinne des Abs. 3 erlangt hat. Seine Haftung ist auch nicht beschränkt. Dies gilt jedenfalls im Fall eines Liegenschaftserwerbes nach dem 1. Juli 1990 (vgl. dazu des bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 21. November 2012, 2009/07/0118).
Es bleibt daher noch zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin von der Ablagerung Kenntnis hatte oder bei gehöriger Aufmerksamkeit haben musste.
Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid fest, die Beschwerdeführerin habe jedenfalls im Jahr 2007 Kenntnis von der Kontaminierung erlangt, weil sie dem Ermittlungsverfahren im Herbst 2007 beigezogen gewesen sei und ihr die gewonnenen Erkenntnisse bekannt geworden seien.
In der Beschwerde macht die Beschwerdeführerin diesbezüglich einen Verfahrensmangel geltend, wenn sie meint, sie habe mit Anträgen vom 6. Februar 2013 und 19. Juni 2013 Akteneinsicht in die Schriftstücke verlangt, die ihre Kenntnis von der Kontamination des Grundstückes belegten. Dieser Antrag sei seitens der Behörde negiert worden, weshalb vom Vorliegen von Aktenbestandteilen auszugehen sei, die die Behörde "wohl begründetermaßen nicht herausgebe."
Diesem geltend gemachten Verfahrensmangel fehlt es an der Relevanz für das Verfahrensergebnis, behauptet die Beschwerdeführerin doch gar nicht, sie habe keine Kenntnis von der Kontamination gehabt. Darüber hinaus begehrte die Beschwerdeführerin mit den genannten Anträgen vom 6. Februar 2013 und vom 19. Juni 2013 nicht die Akteneinsicht, sondern die Übermittlung der Urkunden (Akteninhalte) an sie, aus denen sich ihre Kenntnis von der Kontamination ergebe.
Die belangte Behörde stützte ihre Annahme der Kenntnis der Beschwerdeführerin von der Kontamination auf die Teilnahme der Beschwerdeführerin an der mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 2007 und eines Vertreters der Gemeinde bei der Vornahme der Schürfe im November 2007. Aus der Verhandlungsschrift vom 10. Oktober 2007 ergibt sich nicht nur die Teilnahme des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde an dieser Verhandlung, sondern auch, dass mit ihm die Bereitstellung eines Baggerfahrers für Grabungsarbeiten im Bereich der ehemaligen Lagerstätte der Fässer vereinbart wurde. Thema der mündlichen Verhandlung war die Feststellung der Situierung des ehemaligen Fasslagers, dies wegen der Kontamination als Folge der Beschädigung der Fässer. Nach dem Inhalt dieser Niederschrift wurde eine Kopie dieser Verhandlungsschrift dem Vertreter der beschwerdeführenden Gemeinde ausgefolgt. Die Beschwerdeführerin befand sich daher im Besitz der Unterlagen, aus denen sich ihre Kenntnis von der Kontamination ergab.
Aus einem Aktenvermerk vom 4. Dezember 2007 über die Schürfung geht weiters hervor, dass der Bürgermeister vom Ergebnis der Schürferkundung und von der Notwendigkeit der Entfernung des Bodens rund um Schurf 1 zudem telefonisch in Kenntnis gesetzt worden sei. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass - wie sich aus dem Verwaltungsakt ergibt - der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde bereits im Jahr 1979 die Entfernung der schadhaften Fässer gefordert hatte (vgl. die Niederschrift der Verhandlung der BH K vom 16. April 1979).
Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt daher ebenfalls nicht vor. Es begegnet daher keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde davon ausging, die Beschwerdeführerin habe von der Ablagerung Kenntnis gehabt oder bei gehöriger Aufmerksamkeit haben müssen.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-AufwErsV, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 20. Februar 2014
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