Normen
AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs3;
EheG §55a;
StbG 1985 §11a idF 1998/I/124;
AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs3;
EheG §55a;
StbG 1985 §11a idF 1998/I/124;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am 23. Februar 2004 bei der belangten Behörde die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft. In seinem Antrag brachte er vor, er sei ägyptischer Staatsangehöriger, habe seit August 2001 seinen ununterbrochenen Hauptwohnsitz in Österreich und sei seit 2. August 2002 mit der österreichischen Staatsbürgerin BD verheiratet.
Mit dem am 7. Oktober 2004 vom Beschwerdeführer übernommenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. September 2004 wurde diesem gemäß § 20 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft für den Fall zugesichert, dass er binnen zwei Jahren den Nachweis über das Ausscheiden aus dem ägyptischen Staatsverband erbringt. Im Zuge der dabei aufgenommenen Niederschrift gab der Beschwerdeführer (u.a.) an, seine Ehe mit BD sei nicht aufgelöst und er lebe mit ihr im gemeinsamen Haushalt.
Der Beschwerdeführer legte in weiterer Folge eine Bestätigung der Botschaft der Arabischen Republik Ägypten in Wien vom 7. Oktober 2004 vor, wonach er mit Annahme der österreichischen Staatsbürgerschaft seine ägyptische Staatsangehörigkeit verliere.
Bei einer niederschriftlichen Einvernahme vor der belangte Behörde am 29. Oktober 2004 gab der Beschwerdeführer (u.a.) nochmals an, er sei noch immer mit BD verheiratet und lebe mit ihr im gemeinsamen Haushalt.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 29. Oktober 2004 wurde dem Beschwerdeführer mit Wirkung vom selben Tag gemäß § 11a StbG die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen.
Die Ehe des Beschwerdeführers mit BD wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 28. Dezember 2004 im Einvernehmen gemäß § 55a Ehegesetz geschieden.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12. Februar 2013 wurde das mit Bescheid der belangten Behörde vom 29. Oktober 2004 abgeschlossene Staatsbürgerschaftsverfahren gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 iVm § 69 Abs. 3 AVG zum Zeitpunkt vor Zusicherung der Verleihung, sohin vor 7. Oktober 2004, wieder aufgenommen.
Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der maßgeblichen Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, zwischen dem Beschwerdeführer und seiner mittlerweile (im Juni 2011) verstorbenen geschiedenen Ehegattin BD habe zu keinem Zeitpunkt, also weder zum Zeitpunkt der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft am 29. Oktober 2004 noch zum Zeitpunkt der Zusicherung am 7. Oktober 2004, "die häusliche Gemeinschaft" bestanden. Die (gegenteiligen) Angaben des Beschwerdeführers bei seinen niederschriftlichen Einvernahmen am 18. August 2011 entsprächen nicht den Tatsachen. Der Beschwerdeführer habe die Tatsache, dass während des Einbürgerungsverfahrens und im Zeitpunkt der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft mit seiner österreichischen Ehegattin kein gemeinsamer Haushalt bestanden habe, der Behörde bewusst verschwiegen und daher die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft erschlichen.
Beweiswürdigend stützte sich die belangte Behörde dabei auf Zeugenaussagen der beiden erwachsenen Söhne der verstorbenen BD vom 29. September 2011 bzw. 5. Oktober 2011.
Die Söhne der verstorbenen BD hätten angegeben, dass sie im fraglichen Zeitraum bei der Mutter gelebt hätten. Sie hätten daher über die Umstände des Zusammenlebens aussagen können. Übereinstimmend sei von den Söhnen bestätigt worden, dass zu keinem Zeitpunkt ein gemeinsamer Haushalt zwischen dem Beschwerdeführer und BD bestanden habe. An der Adresse der BD sei der Beschwerdeführer zwar (mit Hauptwohnsitz) gemeldet gewesen, er habe sich dort aber zu keiner Zeit aufgehalten und dort nicht den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen gehabt. Seine Angaben, wonach er bis Ende Oktober 2004 mit BD zusammengelebt habe bzw. vielleicht erst im November 2004 ausgezogen sei, seien als Schutzbehauptungen zu werten. Die vernommenen Zeugen (Söhne der verstorbenen BD) seien - entgegen der Stellungnahme des Beschwerdeführers - keineswegs kleine Kinder sondern im Zeitpunkt der Verleihung dreizehn- und fünfzehnjährige Jugendliche gewesen. Während des vom Beschwerdeführer behaupteten gemeinsamen Haushalts von über 17 Monaten hätten die Söhne aber keinen Ehegatten ihrer Mutter wahrgenommen.
Die belangte Behörde begründete im Weiteren unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union im Urteil vom 3. März 2010 in der Rechtssache C 135/08 , Rottmann, ihre Ermessensübung nach § 69 Abs. 3 AVG.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass es sich vorliegend um keinen Übergangsfall nach dem VwGbk-ÜG handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
Die Bestimmung des § 11a Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311/1985 in der (im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des das wiederaufzunehmende Verfahren beendenden Bescheides maßgeblichen) Fassung BGBl. I Nr. 124/1998 (StbG) lautete:
"Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 und Abs. 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn
1. sein Ehegatte Staatsbürger ist und im gemeinsamen Haushalt mit ihm lebt,
2. die Ehe weder von Tisch und Bett noch sonst ohne Auflösung des Ehebandes gerichtlich geschieden ist,
3. er nicht infolge der Entziehung der Staatsbürgerschaft nach § 33 Fremder ist und
4. a) die Ehe seit mindestens einem Jahr aufrecht ist und er seinen Hauptwohnsitz seit mindestens vier Jahren ununterbrochen im Gebiet der Republik hat oder bei einer Ehedauer von mindestens zwei Jahren ein solcher Wohnsitz seit mindestens drei Jahren besteht oder
b) die Ehe seit mindestens fünf Jahren aufrecht und sein Ehegatte seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen österreichischer Staatsbürger ist oder
c) der Ehegatte die Staatsbürgerschaft durch Verleihung gemäß § 10 Abs. 4 Z 2 oder durch Erklärung gemäß § 58c erworben hat und der Fremde seinen Hauptwohnsitz vor dem 9. Mai 1945 im Bundesgebiet hatte und sich damals gemeinsam mit seinem späteren Ehegatten ins Ausland begeben hat."
Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 3 AVG kann ein mit Bescheid abgeschlossenes Verfahren von Amts wegen wieder aufgenommen werden, wenn der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist.
Die für die Erschleichung eines Bescheides notwendige Irreführungsabsicht setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass die Partei wider besseres Wissen gehandelt hat, um einen vielleicht sonst nicht erreichbaren Vorteil zu erlangen. Ob Irreführungsabsicht vorliegt, kann nur aus den das rechtswidrige Verhalten der Partei begleitenden Umständen geschlossen werden, die von der Behörde in freier Beweiswürdigung festzustellen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2013, Zl. 2013/01/0138, mwN).
Die Beschwerde macht geltend, die Aussagen der Söhne seiner verstorbenen Ehefrau seien unrichtig. Den beiden sei nur ein Foto gezeigt worden, wobei sie angegeben hätten, dass ihnen der Beschwerdeführer vollkommen unbekannt sei. Er habe sich aber in der Ehewohnung aufgehalten; es habe auch gemeinsame Veranstaltungen gegeben und die Verleihung der Staatsbürgerschaft sei mit den Kindern gefeiert worden. Warum die Söhne "diese Angaben" gemacht hätten, sei ihm unerfindlich; ein Irrtum sei nicht ausgeschlossen. Auch sei es möglich, dass die Söhne der verstorbenen Frau sich nicht mehr erinnern könnten. Bei richtiger Beweiswürdigung hätte die belangte Behörde zum Ergebnis kommen müssen, dass das Staatsbürgerschaftsverleihungsverfahren nicht wieder aufgenommen werde.
Mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt:
Die Beweiswürdigung ist nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter diesen Gesichtspunkten standhält, mit der Begründung entgegenzutreten, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. das genannte Erkenntnis Zl. 2013/01/0138, mwN).
Die Beweiswürdigung der belangten Behörde hält dieser Schlüssigkeitsprüfung stand. Die Schlussfolgerungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid sind schlüssig und können durch den bloßen Verweis auf eine angebliche Unrichtigkeit der Zeugenaussagen bzw. die Möglichkeit, die Zeugen hätten sich geirrt oder könnten sich nicht erinnern, nicht in Frage gestellt werden. Vor diesem Hintergrund ist der belangten Behörde nicht entgegen zu treten, wenn sie davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer weder zum Zeitpunkt der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft am 29. Oktober 2004 noch zum Zeitpunkt der Zusicherung am 7. Oktober 2004 mit seiner damaligen österreichischen Ehegattin BD im gemeinsamen Haushalt gelebt hat und dieser Umstand im Verleihungsverfahren vom Beschwerdeführer bewusst verschwiegen wurde, um die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft zu erreichen.
Dass die belangte Behörde von der ihr in § 69 Abs. 3 AVG eingeräumten Befugnis nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Inwieweit fallbezogen Umstände vorliegen, die dazu führen, dass die Entziehung der (vom Beschwerdeführer erschlichenen) Staatsbürgerschaft ausnahmsweise unverhältnismäßig ist, wurde nicht konkret dargelegt.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 23. September 2014
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