VwGH 2011/17/0248

VwGH2011/17/024821.8.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 2. August 2011, Zl. Senat-PP-11-0002 (nunmehr belangte Behörde gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich), betreffend Beschlagnahme nach § 53 GSpG (mitbeteiligte Partei:

C GmbH in G, vertreten durch Mag. Martin Paar, Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §53 Abs1 Z3;
GSpG 1989 §53 Abs1 Z3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Begründung

1.1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion S vom 13. Dezember 2010 wurde die Beschlagnahme eines am 2. November 2010 in einem Cafe vorläufig beschlagnahmten "Glücksspielgerät(s) mit der Bezeichnung Media PC für Power Races" mit näher genannter Seriennummer gemäß § 53 GSpG angeordnet.

1.2. Über Berufung der mitbeteiligten Partei erging der angefochtene Bescheid, mit welchem der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG Folge gegeben und der Beschlagnahmebescheid aufgehoben wurde.

Begründend führte der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Niederösterreich aus, dass zunächst die Zuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde bestritten worden sei; des Weiteren sei vorgebracht worden, dass auf einem Media PC keine Wetten abgeschlossen werden könnten. Es sei auch unrichtig, dass die Wetten einen Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes bewirkten. Mit dem beschlagnahmten Media PC sei weder eine Wette abgeschlossen noch sonst eine Interaktion durchgeführt worden. Die Beschwerdeführerin veranstalte auch keine verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG, noch organisiere sie sie oder biete sie an.

Nach Wiedergabe des weiteren Vorbringens in der Berufung (insbesondere zur Europarechtsfrage) und Darstellung des Verfahrensganges führte der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Niederösterreich aus, dass vom Rechtsvertreter der mitbeteiligten Partei außer Streit gestellt worden sei, dass die beschlagnahmten Geräte im Eigentum der mitbeteiligten Partei stünden; die Wetten würden jedoch von einem Unternehmen auf Malta angeboten. Zum beschlagnahmten Media PC habe der Rechtsvertreter vorgebracht, dass dieser lediglich dazu diene, das Bild zu generieren. Es könnten damit keine Wetten angeboten werden. Auch ohne den PC sei es möglich, die Wetten auf den Ausgang von Hunderennen abzuschließen. Der Wettkunde habe dann lediglich kein Bild dazu. Auf dem Bildschirm, der im Wettterminal integriert sei, sei alles sichtbar, was für den Kunden zur Abgabe einer Wette notwendig sei, insbesondere auch die dem Kunden angebotenen Informationen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Niederösterreich legte seiner Entscheidung den Sachverhalt zu Grunde, bei der Kontrolle am 2. November 2010 sei im betreffenden Lokal ein Gerät mit der Bezeichnung "Typomat Y-Line" vorläufig beschlagnahmt worden. Mit diesem Gerät hätten normale Sportwetten und Wetten im Hinblick auf aufgezeichnete Hunderennen abgeschlossen werden können. An der Kontrolle habe auch der Zeuge W L teilgenommen. Im Lokal hätten sich hinter der Theke mehrere Bildschirme befunden, auf einem der Bildschirme seien die sogenannten Power Races gezeigt worden. Der Media PC, der im Zuge der Amtshandlung ebenfalls beschlagnahmt worden sei, habe sich im Serverraum befunden. Als der Media PC vom Netz genommen worden sei, hätten sich auf den Bildschirmen keine Bilder mehr gezeigt. Am Typomat Y-Line, der über zwei Bildschirme verfüge (einerseits im Gerät selbst und oberhalb des Gerätes), sei auf dem oberen Bildschirm ebenfalls kein Bild mehr erschienen. Bei den gezeigten Rennen handle es sich um aufgezeichnete Hunderennen, die irgendwann stattgefunden hätten.

Die Information, dass ohne den Media PC auf dem Gerät mit der Bezeichnung "Typomat Y-Line" keine Wetten mehr hätten abgegeben werden können, stamme von G Z, dem Betreiber des Lokales, in dem die Apparate aufgestellt gewesen seien.

Vom Zeugen W L sei dazu allerdings nur festgestellt worden, dass nach Trennung des Media PCs vom Netz auf dem Bildschirm oberhalb des Typomat Y-Line kein Bild mehr ersichtlich gewesen sei. Aus Erfahrung sei dem Zeugen bekannt, dass bei anderen Terminals die Kunden auch Wetten abgegeben hätten, ohne dass der obere Bildschirm in Betrieb gewesen sei. Ungeachtet dessen sei er zum Ergebnis gekommen, dass es sich beim Media PC um einen Eingriffsgegenstand im Sinne des Glücksspielgesetzes handle.

Demgegenüber habe der Zeuge B (der Vertriebsleiter der mitbeteiligten Partei) angegeben, dass der Media PC für die Power Races lediglich als Graphikkarte diene. Mit ihm könne das Bild auf dem Fernseher dargestellt werden. Er habe die Angaben des Zeugen W L insofern bestätigt, als dann, wenn der Media PC vom Internet getrennt werde, die bildliche Darstellung der Rennen auf den Bildschirmen wegfalle. Die Quotenblätter und auch die Informationen auf dem Gerät Typomat Y-Line könnten aber auch ohne Media PC eingesehen werden. Die Kunden hätten auch ohne Media PC die Möglichkeit, Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen abzuschließen. Diesbezüglich habe der Zeuge W L im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben, dass von ihm nicht beurteilt werden könne, ob ohne den Media PC ein Wettabschluss im Hinblick auf aufgezeichnete Hunderennen möglich gewesen sei, zumal sich die Kontrolle damit nicht beschäftigt hätte.

Rechtlich beurteilte der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Niederösterreich nach Wiedergabe des § 53 Abs. 1 GSpG den festgestellten Sachverhalt dahingehend, dass - selbst wenn man zum Ergebnis kommen sollte, dass der Abschluss von Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen dem Glücksspielmonopol des Bundes unterliegen sollte - sich kein ausreichender Verdacht ergeben habe, dass der Media PC als technisches Hilfsmittel im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 7 GSpG anzusehen sei. Es habe sich insbesondere auch nicht ergeben, dass ohne Inbetriebnahme des Media PCs der "Typomat Y-Line", mit welchem die Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen hätten abgeschlossen werden können, nicht hätte bedient werden können.

1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen (nunmehr Bundesminister für Finanzen).

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Niederösterreich hat als ursprünglich belangte Behörde eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Die Bundesministerin für Finanzen hat auf die Gegenschriften repliziert.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

2.2. § 53 GSpG in der im Beschwerdefall anwendbaren Fassung BGBl. I Nr. 54/2010 lautet auszugsweise:

"Beschlagnahmen

§ 53. (1) Die Behörde kann die Beschlagnahme der

Glücksspielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände und der

technischen Hilfsmittel anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall

als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn

1. der Verdacht besteht, dass

a) mit Glücksspielautomaten oder sonstigen

Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des

Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere

Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird, oder

b) durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen

§ 52 Abs. 1 Z 7 verstoßen wird oder

2. fortgesetzt oder wiederholt mit

Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen gemäß

Z 1 lit. a gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1

verstoßen wird oder

3. fortgesetzt oder wiederholt durch die Verwendung

technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs. 1 Z 7 verstoßen wird."

§ 52 Abs. 7 GSpG in der im Beschwerdefall anwendbaren Fassung BGBl. I Nr. 73/2010 lautet:

"§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

...

7. wer technische Hilfsmittel (z.B. eine entsprechend geeignete Fernbedienung) bereit hält, mit sich führt oder einsetzt, die geeignet sind, sich selbst oder anderen einen unlauteren Spielvorteil zu verschaffen oder den Spielablauf zu beeinflussen;"

2.3. Der angefochtene Bescheid beruht auf der Auffassung, dass der gegenständliche Media PC weder ein technisches Hilfsmittel im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 7 GSpG noch für die Durchführung der Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen erforderlich gewesen sei.

Die Beschwerde vertritt demgegenüber die Auffassung, dass diesbezüglich widersprüchliche Beweisergebnisse vorgelegen seien. Der (ursprünglich) belangten Behörde seien somit keine Gründe vorgelegen, welche den von den Kontrollorganen und der Behörde gehegten Verdacht nach § 53 Abs. 1 GSpG entkräften hätten können. Die Beschwerde wendet sich damit insbesondere gegen die Beweiswürdigung des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Niederösterreich.

2.4. Es kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob der verfahrensgegenständliche "Media PC" für den Abschluss der sogenannten Wetten unbedingt erforderlich war oder ob ein Abschluss der "Wetten" auch ohne die bildliche Darstellung der vom Zufallsgenerator ausgesuchten Rennen möglich gewesen wäre. Nach den insofern auch von der mitbeteiligten Partei unbestrittenen Feststellungen des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Niederösterreich bestand die technische Einrichtung, mit der den Kunden das Spielen ermöglicht wurde, sowohl aus dem Apparat mit der Bezeichnung "Tipomat Y-line" als auch dem (nach der Auffassung der mitbeteiligten Partei nur als Graphikkarte dienenden) "Media PC". Genauso wenig wie es bei Glücksspielgeräten ganz allgemein für die Frage, worauf sich die Beschlagnahme beziehen kann, darauf ankommt, ob alle Komponenten unbedingt für die Durchführung des Spieles erforderlich sind (so könnte man die Auffassung vertreten, dass etwa die Beleuchtung des Apparates oder die Audioanlage als nicht erforderlicher Bestandteil nicht der Beschlagnahme unterläge), kommt es im vorliegenden Fall des Angebots von Wetten auf virtuelle Hunderennen darauf an, ob die Abwicklung der sogenannten Wetten auch ohne bildliche Darstellung der Rennen möglich gewesen wäre. Bestandteil des dem Kunden Gebotenen war die Darstellung der Rennen, für die der Kunde seine Tipps abgegeben hatte. Dass der Kunde auch ohne die Möglichkeit, das Rennen auf dem Bildschirm zu verfolgen, zuvor seine Tipps hätte abgegeben können, ändert nichts daran, dass die Wiedergabe der Videos von den gewählten Rennen Teil des mit der Anlage angebotenen Spieles war. Dass der Media PC für diesen Teil erforderlich war, wurde auch von der mitbeteiligten Partei nicht bestritten.

2.5. Aus diesen Erwägungen folgt, dass nicht näher zu prüfen ist, ob der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Niederösterreich in einem ordnungsgemäßen Verfahren zu seiner Schlussfolgerung gekommen ist, der beschlagnahmte Media PC sei nicht für die Durchführung der Wetten erforderlich gewesen. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides hängt nicht von der - von der Beschwerdeführerin in ihrer Replik neuerlich angesprochenen - Frage ab, ob auf Grund der vorliegenden Beweisergebnisse davon ausgegangen werden konnte, dass auch ohne den Media-PC die "Wetten" hätten abgeschlossen werden können.

2.6. Die belangte Behörde hat ihren Bescheid somit mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aF aufzuheben war.

Wien, am 21. August 2014

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