VwGH 2011/15/0065

VwGH2011/15/006526.6.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des F F in H, vertreten durch Mag. Christian Steurer, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Rathausstraße 37, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom 17. Februar 2011, Zl. RV/0293-F/10, betreffend Einkommensteuer 2009, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art14 Abs6;
EStG §34 Abs9;
PrivSchG 1962 §2;
PSchEGG §14 Abs1;
PSchEGG §14 Abs2;
SchOG 1962 §2;
SchOG 1962 §8 litj sublitcc;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2014:2011150065.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer machte in seiner Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) 2009 Ausgaben für die Betreuung seiner beiden Kinder (geboren 1999 bzw. 2000) in Höhe von 1.654 EUR und 2.734 EUR geltend.

Das Finanzamt forderte den Beschwerdeführer auf, hiezu entsprechende Unterlagen und Belege vorzulegen, die insbesondere auch eine Aufteilung der bezahlten Beträge in Betreuungskosten und allenfalls andere Aufwendungen (z.B. Verpflegungsaufwand) beinhalteten.

Der Beschwerdeführer legte hiezu Zahlungsbestätigungen vor, wonach der Verein L den Erhalt der Beträge von 2.730 EUR bzw.

1.650 EUR im Rahmen der Kinderbetreuungseinrichtung Schulstube H bestätige. Auch legte der Beschwerdeführer ein Schreiben des Bezirksschulrates B vor, wonach gemäß § 11 Abs. 3 Schulpflichtgesetz zur Kenntnis genommen werde, dass die beiden Kinder des Beschwerdeführers häuslichen Unterricht erhalten.

Mit Bescheid des Finanzamtes vom 18. März 2010 wurde die Einkommensteuer festgesetzt. Kinderbetreuungskosten in Höhe von 304,54 EUR wurden berücksichtigt. Im Übrigen wurde ausgeführt, Schulgeld sei nicht als Kinderbetreuungskosten absetzbar.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung gegen diesen Bescheid und beantragte die Anerkennung der Kinderbetreuungskosten in vollem Ausmaß. Es handle sich ausschließlich um Kosten der Kinderbetreuung; Kosten der Verpflegung seien darin nicht enthalten. Der betreuende Verein habe auch keinen Status als Privatschule. Die Kinder seien im häuslichen Unterricht angemeldet, sodass der Lernerfolg im Verantwortungsbereich der Eltern liege und jährlich durch eine Externistenprüfung an einer öffentlichen Schule nachgewiesen werden müsse.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 21. April 2010 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Laut den Statuten des Vereins L sei es der Zweck dieses Vereins, offenes, selbsttätiges und aktives Spielen und Lernen zu ermöglichen. Hierbei stehe das Lernen ganz offensichtlich im Vordergrund. Allein das auf der Homepage erklärte Ziel (Schulstatus mit Öffentlichkeitsrecht) sowie die dort angeführten Aussagen (in der Schulstube gehe es um die Umsetzung in die pädagogische Praxis; es werde eine positive Grundhaltung zu Lernen, Leistung und Arbeit geschaffen; es solle Lernen gelernt werden; Lernen finde in einer weitgehend selbstbestimmten, aktiven und vertieften Auseinandersetzung mit dem konkreten Lerngegenstand statt) implizierten, dass es sich um eine Art Schule handle. Kosten aus Leistungen, bei denen die Vermittlung von Wissen und Kenntnissen im Vordergrund stehe, seien aber nicht nach § 34 Abs. 9 EStG 1988 steuerlich absetzbar.

Der Beschwerdeführer beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es werde nicht bestritten, dass die Schulstube H keine Schule im Rechtssinn sei. Auch werde nicht bestritten, dass die Schulstube H die Voraussetzungen einer Kinderbetreuungseinrichtung iSd § 34 Abs. 9 Z 3 EStG 1988 erfülle. Nach den getroffenen Erhebungen stehe allerdings auch zweifelsfrei fest, dass sich die dort verfolgten Lehrziele am österreichischen Rahmenlehrplan orientierten, dass dort Unterricht erteilt werde, der jenem an einer öffentlichen Schule gleichwertig sei, dass die Anerkennung als Schule im Rechtssinn Ziel des Trägervereines sei, dass die Einrichtung für sich selbst umgangssprachlich bzw. - laut Vorhaltsbeantwortung - "unsauber" die Bezeichnung "Schule" verwende und dass die dortigen Öffnungszeiten an die üblichen Schul- und Ferienzeiten angelehnt seien. Strittig sei hingegen, ob die vom Beschwerdeführer für seine Kinder aufgewendeten Beträge den Zweck hätten, "Betreuungsleistungen" iSd § 34 Abs. 9 EStG 1988 abzugelten. Nur die Kosten für die ausschließliche Kinderbetreuung könnten berücksichtigt werden.

Die vom Beschwerdeführer getragenen Kosten würden nicht für Kinderbetreuung iSd § 34 Abs. 9 EStG, sondern für die Erteilung von häuslichem Unterricht iSd § 11 Abs. 2 Schulpflichtgesetz aufgewendet. Aus dem ins Internet gestellten Konzept der Errichtung gehe klar hervor, dass die (alternative) Vermittlung von bestimmten Inhalten das zentrale wesentliche Anliegen sei, wobei bereits der Name der Einrichtung in diese Richtung weise. Dies erhelle auch aus einer Reihe von - im angefochtenen Bescheid näher angeführten - Umständen und werde auch durch den Namen und die Statuten des Trägervereins bestätigt.

Für die zuständige Schulbehörde werde in der in Rede stehenden Einrichtung häuslicher Unterricht erteilt, der dem Unterricht an einer öffentlichen Schule gleichwertig sei. Die Ehefrau des Beschwerdeführers habe in jährlichen, die Überschrift "Anmeldung zum häuslichen Unterricht" tragenden Schreiben an den Bezirksschulrat ausgeführt, ihre Kinder würden gemeinsam mit anderen in der Schulstube "unterrichtet". Dass das Wort "unterrichten" nicht der Realität entsprechen solle, werde in der Vorhaltsbeantwortung wenig überzeugend behauptet. Denn auch wenn in der Schulstube "selbstbestimmtes Lernen" ermöglicht werde bzw. im Vordergrund stehe, wenn also Frontalunterricht vermieden werde und neben der kognitiven Entwicklung gleichwertig die soziale und emotionale Entwicklung durch eine Reihe von Aktivitäten unterstützt werde, die keinen unterrichtenden Charakter im klassischen Sinn hätten, ändere dies nichts daran, dass Kern der Leistung die Vermittlung von Fähigkeiten und Wissen sei, deren zureichender Erfolg jährlich durch eine Externistenprüfung an einer Schule iSd § 5 Schulpflichtgesetz nachzuweisen sei bzw. nachgewiesen werde. Diese Leistung sei nicht als "Betreuung von Kindern" iSd § 34 Abs. 9 EStG 1988 zu verstehen. Dies deshalb, weil die "Betreuung" in der Schulstube auch unter Anerkennung gewichtiger Unterschiede in der Art, mit dem Ziel und zu der Zeit stattfinde, welche für eine schulische Betreuung im umgangssprachlichen Sinn charakteristisch sei. Eine solche "Betreuung" sprenge aber den Rahmen der "Kinderbetreuung", welche § 34 Abs. 9 EStG 1988 begünstige. Der Absicht des Gesetzgebers entspreche es offensichtlich nicht, alternative schulische Betreuung außerhalb der bereits sichergestellten "Betreuung" an Pflichtschulen durch § 34 Abs. 9 EStG 1988 zu fördern. Dabei werde dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau durchaus idealistische Gesinnung, "bürgerschaftliches Engagement" und gesellschaftspolitische Akzentsetzung eingeräumt.

Lediglich der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, dass in den geltend gemachten Kosten auch Mitgliedsbeiträge enthalten seien, die selbst im weitesten Sinn wohl schwerlich als Betreuungskosten angesehen werden könnten.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

§ 34 Abs. 9 EStG 1988 (idF BGBl. I Nr. 79/2009) lautet:

"(9) Aufwendungen für die Betreuung von Kindern bis höchstens 2 300 Euro pro Kind und Kalenderjahr gelten unter folgenden Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung:

1. Die Betreuung betrifft

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