Normen
31998L0034 Notifikations-RL;
32006L0012 Abfall-RL Art7 Abs3;
32006L0012 Abfall-RL Art7 Abs4;
32006R1013 Abfälle-VerbringungsV;
AVG §46;
AVG §52;
AWG 2002 §8;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit Eingabe vom 30. Dezember 2009 stellte die beschwerdeführende Partei an die Bezirkshauptmannschaft A (im Folgenden: BH) unter Anschluss von weiteren Unterlagen den Antrag, "entsprechend dem § 6 des AWG, die Einstufung der Abfallfraktion 'Mahlgut Mischkunststoffe 2' bezüglich 'Grüne Liste' vorzunehmen". Dazu brachte sie (u.a.) vor, dass der Abfall kontinuierlich durch einen Dichteschnitt über einen Zyklon aus einem Mahlgutgemisch erzeugt werde, aus welchem zuvor Leiterplatten, PVC und stark flammgehemmte Kunststoffe durch eine fluide Dichtetrennung entfernt worden seien. Dieser Vorgang stelle sicher, dass schwere Kunststoffe wie Polyamid, Polycarbonat und gefüllte Kunststoffe nicht in die Fertigprodukte gelangten. Die Zusammensetzung dieser schweren Kunststofffraktion sei in den angeschlossenen Beilagen als "Doppelbestimmung mittels Nahinfrarotspektrometrie" beschrieben. Alle Informationen seien in einer Einstufungstabelle zur Übersicht zusammengefasst worden, und es werde gebeten, die Richtigkeit dieser Einstufungstabelle zu bestätigen, um zukünftige Feststellungsbegehren einfacher bearbeiten zu können.
Die BH übermittelte die Unterlagen dem umwelttechnischen Amtssachverständigen Dr. M. zur abfalltechnischen Begutachtung gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 und 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 - AWG 2002. Dieser erstattete die chemisch-technische Stellungnahme vom 9. Februar 2010, worin er u.a. ausführte, dass, wie aus den vorgelegten, von externen Prüfstellen erstellten Untersuchungsbefunden ersichtlich sei, die Mischkunststoffe keine gefahrenrelevanten Eigenschaften aufwiesen, weil die entsprechenden Grenzwerte für Schwermetallgehalte der Anlage 3 der Abfallverzeichnisverordnung nicht überschritten würden. Ebenso seien die ermittelten Gehalte an Gesamtchlor und Gesamtbrom sowie spezifischen organischen Inhaltsstoffen (PCB (6) sowie PBDE und TBBPA) begrenzt, sodass sich aus diesen Gesamtgehalten ebenfalls keine gefahrenrelevante Eigenschaft des Kunststoffgemenges ableiten lasse. Das "Mahlgut Mischkunststoffe 2" stelle daher keinen gefährlichen Abfall dar. Würden die aktuellen Informationen des Kapitels 5.3 zum Bundesabfallwirtschaftsplan 2006 ("Anwendungshinweise zu den Anhängen III bis V der EG Abfallverbringungsverordnung") berücksichtigt, so entsprächen diese Kunststoffabfälle in qualitativer Hinsicht dem Eintrag B3010 der Grünen Liste und stellten diese keinen notifizierungspflichtigen Kunststoffabfall dar. Der Abfall könne daher in der vorliegenden Form direkt einer Verwertung zugeführt werden.
Mit Bescheid vom 26. Februar 2010 traf die BH (unter Spruchpunkt I.) zum Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 30. Dezember 2009 die Feststellung, dass die Abfallfraktion "Mahlgut Mischkunststoffe 2", die am Betriebsanlagenstandort der beschwerdeführenden Partei als aufbereitete Abfallfraktion entstehe und ins Ausland verbracht werden solle, keinen notifizierungspflichtigen Kunststoffabfall gemäß den gemeinschaftsrechtlichen Abfallvorschriften, insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen (im Folgenden: EG-VerbringungsV), ABl. Nr. L 190 vom 12. Juli 2006, darstelle. Bei dieser Entscheidung stützte sich die BH auf die von ihr als schlüssig erachteten Ausführungen des genannten Amtssachverständigen.
Die BH legte gemäß § 6 Abs. 4 AWG 2002 im Wege des Landeshauptmanns von Niederösterreich (vorerst nur) den Bescheid an die belangte Behörde als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde vor.
Die belangte Behörde holte die Stellungnahme des abfalltechnischen Amtssachverständigen Mag. A. vom 10. März 2010 ein.
Dieser führte in seiner Stellungnahme (u.a.) Folgendes aus:
"(...)
Technische Stellungnahme
Feste Kunststoffabfälle (mit Ausnahme von PVC) sind im Code B3010 des Anhangs III der (EG-VerbringungsV) genannt. Als solche unterliegen sie bei der Verbringung zur Verwertung in einer genehmigten Anlage in einem Land, für welches der OECD-Ratsbeschluss C(2001)107 endg. gilt, keiner Notifizierungspflicht. Es sind stattdessen lediglich die allgemeinen Informationen gemäß
Artikel 18 bei der Verbringung mitzuführen.
Dem Wortlaut der Anhänge der (EG-VerbringungsV) nach beziehen sich diese auf 'reine Abfälle'. Die Feststellung, bis zu welchem Ausmaß einer Verunreinigung Abfälle unter den einzelnen Einträgen zu subsumieren sind, eröffnet einen gewissen Interpretationsspielraum. Gemäß der Präambel des Anhangs III liegt jedenfalls dann trotz Nennung im Anhang III eine Notifizierungspflicht vor, wenn auf Grund einer Kontaminierung durch andere Materialien
a) die Risiken im Zusammenhang mit den Abfällen so weit erhöht sind, dass unter Berücksichtigung der in Anhang III der Richtlinie 91/689/EWG genannten Eigenschaften die Anwendung des Verfahrens der schriftlichen Notifizierung und Zustimmung angemessen erscheint, oder
b) die umweltgerechte Verwertung der Abfälle verhindert wird.
Um einen einheitlichen Rahmen zur Interpretation des Anhangs III zu schaffen, wurden in Österreich im Kapitel 5.3 des Bundesabfallwirtschaftsplans Erläuterungen zur 'Grünen Liste' aufgenommen und der Kommission notifiziert. Letztmalig 2009 wurde das Kapitel 5.3 aktualisiert. Folgende Festlegungen finden sich dabei zu dem für Kunststoffe (außer PVC) relevanten Code B3010:
Kunststoffabfälle: Bezeichnung: Grüne Liste B 3010
Nach einer Spezifikation aufbereitete Kunststoffe und Mischkunststoffe, sofern sie nicht mit anderen Abfällen vermischt sind:
Kunststoffabfälle aus nicht halogenierten Polymeren und Copolymeren
Physikalische Eigenschaften: (...)
Andere Bezeichnungen:
(...)
Bezeichnung gemäß EAV:
(...)
Nähere Beschreibung:
Mahlgut und Granulat von Kunststoffabfällen ist - auch sofern diese Handelsformen in einer minderwertigeren Qualität vorliegen - als Abfall der Grünen Liste anzusehen, wenn eine umweltverträgliche Verwertung möglich ist. Granulate von sortenreinen Kunststoffen (insbesondere Produktionsabfälle) können auf Grund ihres direkten stofflichen Einsatzes ohne weitere Aufbereitungsschritte Rohstoffen (kein Abfall) gleichgesetzt werden.
Die enthaltene Auflistung von Kunststoffabfällen ist grundsätzlich nicht abschließend. Dies bedeutet, dass auch andere Kunststoffabfälle als die explizit genannten sinngemäß der Grünen Liste zugeordnet werden können. Im Allgemeinen handelt es sich nur um ausgehärtete, feste Kunststoffe, welche frei von gefährlichen Kontaminationen sind. Der Eintrag auf der Grünen Liste umfasst auch Gemische von verschiedenen, nicht mit kunststofffremden Materialien (wie Metalle, Holz, Papier, Verbundkartons ('Tetrabricks')) vermischten bzw. verunreinigten Kunststoffsorten, sofern eine umweltverträgliche stoffliche Verwertung (z.B. Polyethylenabfälle vermischt mit Polypropylenabfällen) oder thermische Verwertbarkeit (in industriellen Anlagen wie Zementwerken, Kraftwerken _ limitierende Faktoren: Schwermetalle, Halogengehalte) gegeben ist.
(...)
Die (beschwerdeführende Partei) betreibt eine spezialisierte Anlage zur Fraktionierung gemischter Kunststoffabfälle, insbesondere aus dem Bereich der EAG-Verwertung. Dabei werden aus solchen Mischfraktionen Wertmetalle, sortenreine Kunststoffe und Mischkunststoffe zurückgewonnen. Auf Grund des Inputmaterials (teilweise aus der EAG-Verwertung) sind in den Kunststoffen zum Teil auch polybromierte Flammhemmer und auch andere Flammhemmer (zB. auf Basis von Antimonverbindungen) enthalten.
Nach den Angaben der (beschwerdeführenden Partei) in Importverfahren für Abfälle zur Aufbereitung werden mit polybromierten Flammhemmern versetzte Kunststoffabfälle gezielt in bestimmten Fraktionen angereichert (und damit in anderen Fraktionen abgereichert).
Wie dem Kapitel 5.3 des Bundesabfallwirtschaftsplans zu entnehmen, werden Fraktionen mit höheren Konzentrationen an bestimmten (zum Teil durch die Stockholm-Konvention über persistente organische Schadstoffe verbotenen oder beschränkten) bromierten Verbindungen nicht unter dem Eintrag B3010 subsumiert.
Die (beschwerdeführende Partei) beantragte nun für eine intern als 'Mahlgut Mischkunststoffe 2' bezeichnete, aufbereitete Fraktion einen Feststellungsbescheid hinsichtlich einer allfälligen Notifizierungspflicht.
(...)
Der (erstinstanzliche Bescheid) bleibt im Spruch aber insofern unkonkret, als er nicht die, durch die Qualitätssicherung gesicherte, Qualitäten (zB. Parameter wie Gehalt an Chlor, Brom, Schwefel oder spezifischen Bromverbindungen, wie PBDE) nennt, für welche diese Feststellung gilt.
Da die dem Bescheid zugrundeliegenden Unterlagen zur Qualität der Abfälle und zum QS-System nicht übermittelt wurden, kann zur sachlichen Richtigkeit der Feststellung in der Bescheidbegründung (der BH) nicht Stellung genommen werden.
Aus ho Sicht ist aber festzuhalten, dass der Bescheid keine konkreten (und im Kontrollfall überprüfbaren) Angaben zur Qualität und Zusammensetzung der Mischkunststofffraktion enthält. Es liegt lediglich eine Referenzierung auf eine betriebsinterne Bezeichnung vor.
Aus ho Sicht wäre es daher angebracht, den Gegenstand der Feststellung, dass kein notifizierungspflichtiger Abfall vorliegt, so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung von Kunststoffen zu dieser Fraktion möglich wird (d.h. die der Entscheidung zugrundeliegenden Qualitätskriterien in den Bescheid mit aufzunehmen).
(...)"
Diese gutachterliche Stellungnahme wurde der beschwerdeführenden Partei mit dem Schreiben vom 12. März 2010 und dem Hinweis darauf, dass nach Auffassung des Amtssachverständigen eine Konkretisierung der Qualität der als "Mahlgut Mischkunststoffe 2" bezeichneten Abfallfraktion vorzunehmen sei und die belangte Behörde im Hinblick darauf, dass der erstinstanzliche Bescheid keine konkreten Angaben zur Qualität und zur Zusammensetzung der Mischkunststofffraktion enthalte, beabsichtige, von ihrem Abänderungsrecht gemäß § 6 Abs. 4 Z 1 und 2 AWG 2002 Gebrauch zu machen, zur Stellungnahme übermittelt. Mit weiterem Schreiben vom 12. März 2010 forderte die belangte Behörde die BH auf, ehestmöglich eine Kopie des Verfahrensaktes zu übermitteln.
Die beschwerdeführende Partei legte die Kopien ihrer Einreichunterlagen (u.a.) mit dem Hinweis darauf vor, dass die Verwertung in Belgien stattfinden solle und eine Verbringung in eine genehmigte Anlage in einem OECD-Mitgliedsstaat vorliege (Mail vom 22. März 2010).
Die belangte Behörde beauftragte den Amtssachverständigen Mag. A., zu den Antragsunterlagen aus fachlicher Sicht Stellung zu nehmen. Dieser führte in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 25. März 2010 u.a. Folgendes aus:
"Technische Stellungnahme
Den vorliegenden Unterlagen zufolge (...) enthält die als Mischkunststoff II bezeichnete Fraktion Rückstände von bromierten Flammhemmern und Flammhemmern auf Basis von Antimon.
Die in den einzelnen Analysen ausgewiesenen Antimonwerte liegen bei 5.080 mg/kg bis 5.160 mg/kg. Eine Reihe von Antimonverbindungen sind als krebserzeugend einstuft, das als Flammhemmer überwiegend eingesetzte Antimonpentoxid ist allerdings nicht eingestuft, so dass der Antimongehalt nicht weiter einstufungsrelevant ist.
Ebenso weisen die Analysen polybromierte Diphenylether aus, wobei die Summe von PentaBDE mit 4.098 mg/kg und von DecaBDE 2.390 mg/kg angegeben wird. Ein Summenwert von HexaBDE ist nicht angegeben, doch liegt der Gehalt an zwei Kongeneren bei rund 150 mg/kg. Ein Summenwert für OctaBDE ist ebenfalls nicht ausgewiesen, ein Einzelkongener liegt allerdings bei 330 mg/kg.
Penta- und OctaBDE sind mittlerweile als POPs-Abfälle eingestuft (allerdings wurde noch kein Grenzwert für den low POPs content festgelegt).
Der Gesamtbromgehalt der Fraktion liegt bei 1,65%, was ebenfalls für höhere Gehalte an Flammhemmern spricht.
Da die meisten der für den Bromgehalt in Frage kommenden Verbindungen nicht eingestuft sind, ist nachvollziehbar, dass kein H-Kriterium zutrifft.
Dennoch liegt der Gehalt an bromierten Flammhemmern weit über den in der nationalen Interpretation der 'grünen Liste' (Bundesabfallwirtschaftsplan, Kapitel 5.3) und weit über den üblichen, bisher für POPs-Abfälle festgelegten Grenzwerten (50 mg/kg) und unter den Beschränkungen nach ROHS (100 mg/kg). Eine Verwertung R1 (oder R3 Verwertung/Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden als Reduktionsmittel), in welcher der POPs-Gehalt zerstört wird, stellt eine zulässige Verwertung dar. Auf Grund des POPs-Gehaltes/Flammhemmergehaltes besteht ein legitimes Interesse, den Stoffstrom bis zur Endbehandlung zu verfolgen.
In den Erläuterungen zum Eintrag B3010 in Kapitel 5.3 des Bundesabfallwirtschaftsplans finden sich folgende Anmerkungen:
Kunststoffabfälle aus der Aufbereitung von Elektro- und Elektronikabfällen
- Kunststoffe aus der Aufbereitung von Elektro- und Elektronikabfällen, die nachweislich nur von Telefongehäusen (keine Mobiltelefone), Staubsaugergehäusen, aus Gehäusen von Küchengeräten (z.B. Kaffeemaschine) oder großen Haushaltsgeräten (z.B. Waschmaschine, Kühlgeräte) stammen (in diesen Fraktionen sind in der Regel kaum oder keine gefährlichen Flammhemmer, insbesondere polybromierte Biphenlyether, enthalten)
- gemischt vorliegende Kunststoffgehäusefraktionen aus Haushalts-Elektro-/Elektronikaltgeräten, sofern der Gehalt an Penta-/Octa-Decabromdyphenlyether in Summe 0,1% nicht überschreitet (siehe Vorgabe der ROHs-RL).
Hinweis:
Kunststofffraktionen aus der Elektro- /Elektronikaltgeräteaufarbeitung, deren Gehalt an Penta-, Octa- und Decabromdiphenylether in Summe 0,1% und/oder deren Gehalt an
Polybromierten
Biphenylen 50 ppm (= 0,005%) überschreitet, unterliegen der Notifikationspflicht (nicht gelisteter Abfall oder im Falle des Überschreitens des PBB-Grenzwertes: A3180 Gelbe Liste), unabhängig von dem anschließenden Verwertungsverfahren.
Bei höheren Gehalten an den oben genannten Flammhemmern, insbesondere bei Überschreiten des Gehaltes an 0,5% an Octabromdiphenlyether wird ein Gefahrenmerkmal (teratogen) ausgelöst (gefährliche Abfälle; Exportverbot in Nicht-OECD Staaten).
Gemäß EAG-Verordnung sind Kunststoffe mit bromierten Flammhemmern abzutrennen und einer geeigneten Entsorgung zuzuführen, eine Vermischung dieser Fraktionen mit anderen Kunststoffen zwecks Schadstoffverdünnung ist verboten.
Aus ho Sicht ist daher eine Zuordnung zum Anhang III der VBVO 1013/2006 unzutreffend. Entsprechend der österreichischen Interpretation des Anhang III (notifiziert an die Kommission) liegt bei der Qualität des Mischkunststoffs II ein nicht gelisteter Abfall vor."
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 22. April 2010 änderte die belangte Behörde den Bescheid der BH vom 26. Februar 2010 gemäß § 6 Abs. 4 Z 2 AWG 2002 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes ab und sprach aus, dass die Abfallfraktion "Mahlgut Mischkunststoffe 2", die am Betriebsanlagenstandort der beschwerdeführenden Partei als aufbereitete Abfallfraktion entstehe und ins Ausland verbracht werden solle, einen notifizierungspflichtigen Kunststoffabfall gemäß den gemeinschaftsrechtlichen Abfallvorschriften, insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen (EG-VerbringungsV), darstelle.
Dazu führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die beschwerdeführende Partei eine spezialisierte Anlage zur Fraktionierung gemischter Kunststoffabfälle, insbesondere aus dem Bereich der EAG-Verwertung, betreibe. Dabei würden aus solchen Mischfraktionen Wertmetalle, sortenreine Kunststoffe und Mischkunststoffe zurückgewonnen. Auf Grund des Inputmaterials (teilweise aus der EAG-Verwertung) seien in den Kunststoffen zum Teil auch polybromierte Flammhemmer und auch andere Flammhemmer (z.B. auf Basis von Antimonverbindungen) enthalten. Nach den Angaben der beschwerdeführenden Partei in Importverfahren für Abfälle zur Aufbereitung würden mit polybromierten Flammhemmern versetzte Kunststoffabfälle gezielt in bestimmten Fraktionen angereichert (und damit in anderen Fraktionen abgereichert). Grundsätzlich seien feste Kunststoffabfälle (mit Ausnahme von PVC) im Code B3010 des Anhanges III der EG-VerbringungsV genannt. Als solche unterlägen sie bei der Verbringung zur Verwertung in einer genehmigten Anlage in einem Land, für welches der OECD-Ratsbeschluss C(2001)107 endg. gelte, keiner Notifizierungspflicht. Es seien stattdessen lediglich die allgemeinen Informationen gemäß Artikel 18 bei der Verbringung mitzuführen. Wie dem Kapitel 5.3 des Bundesabfallwirtschaftsplans zu entnehmen sei, würden Fraktionen mit höheren Konzentrationen an bestimmten (zum Teil durch die Stockholm-Konvention über persistente organische Schadstoffe verbotenen oder beschränkten) bromierten Verbindungen nicht unter dem Eintrag B3010 subsumiert.
Laut Darstellung des Amtssachverständigen (Mag. A in dessen gutachterlichen Stellungnahme vom 25. März 2010) liege der Gehalt an bromierten Flammhemmern weit über den in der nationalen Interpretation der "Grünen Liste" (Bundesabfallwirtschaftsplan, Kapitel 5.3) und weit über den üblichen, bisher für POPs-Abfälle festgelegten Grenzwerten (50 mg/kg) sowie unter den Beschränkungen "nach ROHS" (100 mg/kg). Eine Verwertung R1 (oder R3 Verwertung/Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet würden als Reduktionsmittel), in welcher der POPs-Gehalt zerstört werde, stelle eine zulässige Verwertung dar. Auf Grund des POPs-Gehaltes/Flammhemmergehaltes bestehe ein legitimes Interesse, den Stoffstrom bis zur Endbehandlung zu verfolgen.
Nach Hinweis auf die in dieser gutachterlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen genannten Anmerkungen zu den Erläuterungen betreffend den Eintrag B3010 in Kapitel 5.3 des Bundesabfallwirtschaftsplanes vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass gemäß der schlüssigen Stellungnahme des Amtssachverständigen "daher" eine Zuordnung zum Anhang III der EG-VerbringungsV unzutreffend sei. Vielmehr liege entsprechend der österreichischen Interpretation des Anhanges III (notifiziert an die Kommission) bei der Qualität der Abfallfraktion "Mischkunststoffe 2" ein nicht gelisteter Abfall vor. Im Hinblick auf die vollständige Erhebung des Sachverhaltes durch die BH sehe sich die belangte Behörde nicht gezwungen, den erstinstanzlichen Bescheid aufzuheben, sondern sie nehme vielmehr ihr Abänderungsrecht in Anspruch.
Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 9. Juni 2011, B 747/10, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Die beschwerdeführende Partei übersehe insbesondere, dass sich die Notifizierungspflicht aus der Zuordnung nach der EG-VerbringungsV ergebe und nicht durch den Eintrag in den (die EG-VerbringungsV bloß erläuternden und beispielhafte Aufzählungen für den Eintrag B3010 enthaltenden) Bundes-Abfallwirtschaftsplan (für den gemäß § 8 Abs. 4 AWG 2002 im Übrigen verfassungsrechtlich zulässig besondere Kundmachungsregelungen vorgesehen seien).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzte die beschwerdeführende Partei die Beschwerde mit Schriftsatz vom 30. August 2011 und beantragte, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 AWG 2002 in der bei Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung BGBl. I Nr. 43/2007 hat die Bezirksverwaltungsbehörde, wenn begründete Zweifel bestehen, ob eine Sache gemäß den gemeinschaftsrechtlichen Abfallvorschriften, insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen (EG-VerbringungsV), ABl. Nr. L 190 vom 12. Juli 2006 S. 1, bei der Verbringung notifizierungspflichtiger Abfall ist, dies entweder von Amts wegen oder auf Antrag des Verfügungsberechtigten mit Bescheid festzustellen.
Gemäß § 6 Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde den Bescheid samt einer Kopie der diesbezüglichen Akten unverzüglich an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde zu übermitteln und kann ein Feststellungsbescheid von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde innerhalb von sechs Wochen nach Erlassung abgeändert oder aufgehoben werden, wenn (Z 1) der dem Bescheid zugrunde liegende Sachverhalt unrichtig festgestellt oder aktenwidrig angenommen wurde oder (Z 2) der Inhalt des Bescheides rechtswidrig ist; die Zeit des Parteiengehörs ist nicht in die Frist einzurechnen.
Für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines - wie im Beschwerdefall - gemäß § 6 Abs. 4 Z 2 leg. cit. erlassenen Bescheides ist daher auf die Rechtslage bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides abzustellen.
Die EG-VerbringungsV in der bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides (wie auch des angefochtenen Bescheides) geltenden Fassung lautet auszugsweise:
"Artikel 3
Allgemeiner Verfahrensrahmen
(1) Die Verbringung folgender Abfälle unterliegt dem Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung im Sinne der Bestimmungen dieses Titels:
a) falls zur Beseitigung bestimmt:
alle Abfälle;
- b) falls zur Verwertung bestimmt:
- i) in Anhang IV aufgeführte Abfälle, einschließlich u. a. der in den Anhängen II und VIII des Basler Übereinkommens aufgeführten Abfälle;
ii) in Anhang IVA aufgeführte Abfälle;
iii) nicht als Einzeleintrag in Anhang III, IIIB, IV oder IVA eingestufte Abfälle;
iv) nicht als Einzeleintrag in Anhang III, III B, IV oder IVA eingestufte Abfallgemische, sofern sie nicht in Anhang IIIA aufgeführt sind.
(2) Die Verbringung folgender zur Verwertung bestimmter Abfälle unterliegt den allgemeinen Informationspflichten gemäß
Artikel 18, sofern die verbrachte Abfallmenge mehr als 20 kg beträgt:
- a) in Anhang III oder IIIB aufgeführte Abfälle;
- b) nicht als Einzeleintrag in Anhang III eingestufte Gemische aus zwei oder mehr in Anhang III aufgeführten Abfällen, sofern die Zusammensetzung dieser Gemische ihre umweltgerechte Verwertung nicht erschwert und solche Gemische gemäß Artikel 58 in Anhang IIIA aufgeführt sind.
(3) Auf die in Anhang III aufgeführten Abfälle werden die einschlägigen Bestimmungen in Ausnahmefällen so angewandt, als wären sie in Anhang IV aufgeführt, wenn sie eine der in Anhang III der Richtlinie 91/689/EWG aufgeführten gefährlichen Eigenschaften aufweisen. Diese Fälle werden gemäß Artikel 58 behandelt.
(...)"
"Artikel 4
Notifizierung
Beabsichtigt der Notifizierende die Verbringung von Abfällen gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a oder b, so muss er bei und über die zuständige Behörde am Versandort eine vorherige schriftliche Notifizierung einreichen und im Falle einer Sammelnotifizierung Artikel 13 beachten.
(...)"
"Artikel 18
Abfälle, für die bestimmte Informationen mitzuführen sind
(1) Die beabsichtigte Verbringung von Abfällen im Sinne des Artikels 3 Absätze 2 und 4 unterliegt folgenden Verfahrensvorschriften:
a) a) Damit die Verbringung solcher Abfälle besser verfolgt werden kann, hat die der Gerichtsbarkeit des Versandstaats unterliegende Person, die die Verbringung veranlasst, sicherzustellen, dass das in Anhang VII enthaltene
Dokument mitgeführt wird.
b) Das in Anhang VII enthaltene Dokument ist von der Person, die die Verbringung veranlasst, vor Durchführung derselben und von der Verwertungsanlage oder dem Labor und dem Empfänger bei der Übergabe der betreffenden Abfälle zu unterzeichnen.
(...)"
Anhang III der EG-VerbringungsV umfasst die "Liste der Abfälle, die den allgemeinen Informationspflichten nach Artikel 18 unterliegen ('Grüne' Abfallliste)". Darin heißt es einleitend:
"Unabhängig davon, ob Abfälle in dieser Liste aufgeführt sind oder nicht, dürfen diese Abfälle nicht den allgemeinen Informationspflichten nach Artikel 18 unterliegen, wenn aufgrund der Kontaminierung durch andere Materialien
a) die Risiken im Zusammenhang mit den Abfällen so weit erhöht sind, dass unter Berücksichtigung der in Anhang III der Richtlinie 91/689/EWG genannten gefährlichen Eigenschaften die Anwendung des Verfahrens der schriftlichen Notifizierung und Zustimmung angemessen erscheint, oder
b) die umweltgerechte Verwertung der Abfälle verhindert wird. Teil I
Folgende Abfälle unterliegen den allgemeinen Informationspflichten nach Artikel 18:
In Anlage IX des Basler Übereinkommens aufgeführte Abfälle (2).
(...)"
Die im Anhang V ("Abfälle, für die das Ausfuhrverbot des Artikels 36 gilt") Teil I Liste B der EG-VerbringungsV aufgeführte Anlage IX des Basler Übereinkommens - darunter ist das Basler Übereinkommen vom 22. März 1989 über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von gefährlichen Abfällen und ihrer Entsorgung zu verstehen (vgl. Art. 2 Z 16 der EG-VerbringungsV) - führt unter Code B3010 "Feste Kunststoffabfälle" die nach einer Spezifikation aufbereiteten Kunststoffe und Mischkunststoffe, sofern sie nicht mit anderen Abfällen vermischt sind, an.
Anhang IV der EG-VerbringungsV umfasst die "Liste von Abfällen, die dem Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung unterliegen ('Gelbe' Abfallliste)".
Die belangte Behörde erachtete im angefochtenen Bescheid die Notifizierungspflicht hinsichtlich der - im Feststellungsantrag vom 30. Dezember 2009 bezeichneten, laut den Angaben der beschwerdeführenden Partei (vgl. deren Mail vom 22. März 2010) zur Verwertung im Ausland bestimmten - Abfallfraktion nach der EG-VerbringungsV im Wesentlichen deshalb für gegeben, weil die als "Mischkunststoffe 2" bezeichnete Fraktion Rückstände von bromierten Flammhemmern und Flammhemmern auf Basis von Antimon enthalte, laut Darstellung des Amtssachverständigen der Gehalt an bromierten Flammhemmern weit über den in der "nationalen Interpretation der 'Grünen Liste' (Bundesabfallwirtschaftsplan, Kapitel 5.3) und weit über den üblichen, bisher für POPs-Abfälle festgelegten Grenzwerten (50 mg/kg) und unter den Beschränkungen nach ROHS (100 mg/kg)" liege und auf Grund des "POPs-Gehaltes/Flammhemmergehaltes" ein legitimes Interesse bestehe, den Stoffstrom bis zur Endbehandlung zu verfolgen. Nach den in den Erläuterungen zum Eintrag B3010 in Kapitel 5.3 des Bundesabfallwirtschaftsplans enthaltenen Anmerkungen ("Hinweis") unterlägen Kunststofffraktionen aus der Elektro- /Elektronikaltgeräteaufarbeitung, deren Gehalt an Penta-, Octa- und Decabromdiphenylether in Summe 0,1% und/oder deren Gehalt an polybromierten Biphenylen 50 ppm (= 0,005%) überschreite, der Notifikationspflicht (nicht gelisteter Abfall oder im Falle des Überschreitens des PBB-Grenzwertes: A3180 Gelbe Liste), unabhängig von dem anschließenden Verwertungsverfahren. Gemäß der schlüssigen Stellungnahme des Amtssachverständigen sei "daher" eine Zuordnung zum Anhang III der EG-VerbringungsV unzutreffend.
Im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides (und auch des angefochtenen Bescheides) stand der Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2006 in der Fassung "Aktualisierung des Kapitels 5.3. - Version 2009 Anwendungshinweise zu den Anhängen III bis V der EG-Abfallverbringungsverordnung Nr. 1013/2006" (im Folgenden: BAWP) in Geltung, sodass sich die Ausführungen der belangten Behörde - wovon auch die Beschwerde ausgeht - auf diese Fassung des Bundesabfallwirtschaftsplanes beziehen.
Die Beschwerde bringt vor, dass die im österreichischen Recht und in der EG-VerbringungsV nicht enthaltene, jedoch im BAWP erfolgte Festlegung, dass Kunststoffabfälle aus der Aufbereitung von Elektro- und Elektronikaltgeräten nur dann der "Grünen Liste" (Eintrag B 3010) zugeordnet werden könnten, wenn sie einen Grenzwert von 0,1% Gehalt an Penta-, Octa- und Decabromdiphenylether einhielten, rechtswidrig sei, weil diese Festlegung gegen den Europäischen Abfallbegriff und den österreichischen Abfallbegriff verstoße sowie in Widerspruch zu § 2 Abs. 4, § 5 AWG 2002 und zur Abfallverzeichnisverordnung stehe. Ferner vertritt die Beschwerde die Auffassung, dass der BAWP auch deshalb gesetzwidrig sei, weil er mit seinen Zuordnungen von Kunststoffabfällen nach dem Listensystem der EG-VerbringungsV normative Anordnungen treffe, die über den bestehenden Rahmen hinausgingen, sodass er insoweit gesetzesergänzende oder sogar gesetzesändernde Wirkung habe. Auch liege keine gehörige Kundmachung als Verordnung (Art. 89 Abs. 1 und Art. 139 Abs. 3 lit. c B-VG) vor, sodass der BAWP nicht hätte angewendet werden dürfen.
In Bezug auf die Erstellung des BAWP durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ist auf folgende Bestimmungen hinzuweisen:
Art. 7 der (bei Kundmachung des BAWP und bis 11. Dezember 2010 in Geltung stehenden) Richtlinie 2006/12/EG lautet:
"Artikel 7
(1) Zur Verwirklichung der Ziele der Artikel 3, 4 und 5 erstellt (erstellen) die in Artikel 6 genannte(n) zuständige(n) Behörde(n) so bald wie möglich einen oder mehrere Abfallbewirtschaftungspläne. Diese Pläne umfassen insbesondere Folgendes:
a) Art, Menge und Ursprung der zu verwertenden oder zu beseitigenden Abfälle;
- b) allgemeine technische Vorschriften;
- c) besondere Vorkehrungen für bestimmte Abfälle;
- d) geeignete Flächen für Deponien und sonstige Beseitigungsanlagen.
(2) In den in Absatz 1 genannten Plänen können beispielsweise angegeben sein:
a) die zur Abfallbewirtschaftung berechtigten natürlichen oder juristischen Personen;
- b) die geschätzten Kosten der Verwertung und der Beseitigung;
- c) Maßnahmen zur Förderung der Rationalisierung des Einsammelns,
Sortierens und Behandelns von Abfällen.
(3) Die Mitgliedstaaten arbeiten bei der Erstellung dieser Pläne gegebenenfalls mit den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission zusammen. Sie übermitteln diese Pläne der Kommission.
(4) Die Mitgliedstaaten können die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um das Verbringen von Abfällen, das ihren Abfallbewirtschaftungsplänen nicht entspricht, zu unterbinden. Sie teilen der Kommission und den Mitgliedstaaten derartige Maßnahmen mit."
§ 8 AWG 2002 hat folgenden Wortlaut:
"Bundes-Abfallwirtschaftsplan
§ 8. (1) Zur Verwirklichung der Ziele und Grundsätze des § 1 Abs. 1 und 2 hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft mindestens alle fünf Jahre einen Bundes-Abfallwirtschaftsplan zu erstellen. Der Entwurf des Bundes-Abfallwirtschaftsplans ist über die Internetseite des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft der Öffentlichkeit zugänglich zu machen; dies ist in zwei im Bundesgebiet weit verbreiteten Tageszeitungen bekannt zu machen. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, dass jedermann innerhalb von sechs Wochen ab der Bekanntmachung beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft eine Stellungnahme abgeben kann. Die Landesregierungen, der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, der Österreichische Städtebund, der Österreichische Gemeindebund, die Wirtschaftskammer Österreich, die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte und die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs werden schriftlich auf die Stellungnahmemöglichkeit hingewiesen. Die Stellungnahmen sind bei der Überarbeitung des Entwurfs zu berücksichtigen. Der Bundes-Abfallwirtschaftsplan ist auf der Internetseite des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu veröffentlichen. Sofern keine zusammenfassende Erklärung gemäß § 8a Abs. 6 zu veröffentlichen ist, hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gemeinsam mit dem Bundes-Abfallwirtschaftsplan die getroffenen Entscheidungen über die eingelangten Stellungnahmen und die Gründe, auf denen die Entscheidungen beruhen, und Angaben zum Verfahren zur Beteiligung der Öffentlichkeit auf der Internetseite des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung ist in zwei im Bundesgebiet weit verbreiteten Tageszeitungen bekannt zu machen.
(2) Der Bundes-Abfallwirtschaftsplan hat - unbeschadet der den Bundesländern zustehenden Planungsbefugnisse - mindestens zu umfassen:
- 1. eine Bestandsaufnahme der Situation der Abfallwirtschaft;
- 2. die regionale Verteilung der Anlagen zur Beseitigung von Abfällen;
3. aus § 1 abgeleitete konkrete Vorgaben
- a) zur Reduktion der Mengen und Schadstoffgehalte der Abfälle,
- b) zur umweltgerechten und volkswirtschaftlich zweckmäßigen Verwertung
von Abfällen,
c) zur Beseitigung der nicht vermeidbaren oder verwertbaren Abfälle,
d) zur Verbringung von Abfällen nach oder aus Österreich zur Verwertung
oder Beseitigung und
e) zur Förderung der Verwertung von Abfällen, insbesondere im Hinblick auf
eine Ressourcenschonung;
4. die zur Erreichung dieser Vorgaben geplanten Maßnahmen des Bundes;
5. besondere Vorkehrungen für bestimmte Abfälle, insbesondere Behandlungspflichten und Programme.
(3) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat den Bundes-Abfallwirtschaftsplan dem Nationalrat vorzulegen. Bei der Vorlage sind die getroffenen Maßnahmen zur Abfallvermeidung, die Effizienz dieser Maßnahmen und die getroffenen Maßnahmen zur Kontrolle der Behandlungsanlagen, der Abfallströme und der Abfallsammler und -behandler, einschließlich der Sammel- und Verwertungssysteme, darzustellen.
(4) Der Landeshauptmann hat den erstellten Landes-Abfallwirtschaftsplan dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vorzulegen. Die Inhalte der Landes-Abfallwirtschaftspläne betreffend Anlagen zur Beseitigung nicht gefährlicher Abfälle sind in den Bundes-Abfallwirtschaftsplan aufzunehmen. Inhalte des Landes-Abfallwirtschaftsplans, welche gemäß der Richtlinie 2001/42/EG über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, ABl. Nr. L 197 vom 21. 7. 2001, S 30, einer Umweltprüfung unterzogen werden müssen, dürfen nur dann in den Bundes-Abfallwirtschaftsplan aufgenommen werden, wenn die Umweltprüfung bereits auf Landesebene durchgeführt wurde. Diese Inhalte sind keiner Umweltprüfung gemäß § 8a zu unterziehen."
Der im Beschwerdefall herangezogene BAWP wurde auf der Internetseite der belangten Behörde veröffentlicht (vgl. die Internetadressen www.lebensministerium.at mit weiterem Hinweis auf www.bundesabfallwirtschaftsplan.at ). Ferner wurde der BAWP - in Entsprechung der Richtlinie 98/34/EG und des Notifikationsgesetzes 1999, BGBl. I Nr. 183, sowie des Art. 7 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 2006/12/EG - der Europäischen Kommission zur Notifikationsnummer 2009/386/A zur Kenntnis gebracht (vgl. die Mitteilung der Kommission - SG(2009) D/51646, abrufbar über die Datenbank "TRIS" der Kommission über die Internetseite http://ec.europa.eu ).
Ob dem BAWP in Bezug auf die im Beschwerdefall herangezogenen Detailregelungen Verordnungscharakter zukommt, braucht hier nicht erörtert zu werden. Die von der belangten Behörde herangezogenen Regelungen des BAWP stellen nämlich technische Vorschriften und einen Leitfaden zur Interpretation der Anhänge der EG-VerbringungsV dar. Insoweit haben diese Regelungen jedenfalls den Charakter eines Regelwerkes (vergleichbar mit jenem von ÖNORMEN) mit der Wirkung eines objektivierten, generellen Gutachtens, das gegebenenfalls durch ein fachliches Gegengutachten widerlegt werden könnte (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2001, Zl. 98/04/0181, mwN; ferner etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2013, Zl. 2012/05/0187, mwN).
Dass die von der belangte Behörde unter Zugrundelegung der gutachterlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen vom 25. März 2010 im angefochtenen Bescheid angeführten, im BAWP enthaltenen Grenzwerte aus technischer Sicht unrichtig seien oder sonst in Widerspruch zu konkreten Grenzwerten, die in unionsrechtlichen Verordnungen oder Richtlinien oder in innerstaatlichen Rechtsvorschriften normiert sind, stünden, wird von der Beschwerde nicht dargestellt. Insoweit begegnet es daher keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde die im BAWP angeführten Grenzwerte als für die Beurteilung der Notifizierungspflicht relevant erachtet hat.
Dennoch reichen die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen nicht aus, die rechtliche Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass mit der gegenständlichen Abfallfraktion ein "nicht gelisteter" - also jedenfalls nicht in der "Grünen" Abfallliste (Anhang III der EG-VerbringungsV) genannter - Abfall vorliege, auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. So zitiert die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Anmerkungen zu den Erläuterungen in Kapitel 5.3 des BAWP, wonach Kuntstofffraktionen aus der Elektro-/Elektronikaltgeräteaufarbeitung, deren Gehalt an Penta-, Octa- und Decabromdiphenylether in Summe 0,1% und/oder deren Gehalt an polybromierten Dyphenylen 50 ppm (=0,005%) überschreitet, der Notifikationspflicht unterliegen. In weiterer Folge führt die belangte Behörde aus, dass "daher" eine Zuordnung zum Anhang III der EG-VerbringungsV unzutreffend sei. Weder der Darstellung der gutachterlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen vom 25. März 2010 im angefochtenen Bescheid noch den weiteren, insoweit im angefochtenen Bescheid nicht wiedergegebenen Ausführungen der gutachterlichen Stellungnahme vom 25. März 2010 - diese wurde im Übrigen nach Ausweis der Verwaltungsakten der beschwerdeführenden Partei vor Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zur Kenntnis gebracht - kann mit der erforderlichen Deutlichkeit und Nachvollziehbarkeit entnommen werden, dass die dem Feststellungsantrag der beschwerdeführenden Partei zugrunde liegende Abfallfraktion tatsächlich die genannten Grenzwerte von 0,1% bzw. 50 ppm überschreitet.
Die Beschwerde bringt unter Hinweis auf die Richtlinie 2002/95/EG ("ROHS-Richtlinie") und dazu ergangene Entscheidungen der Kommission vor, dass nunmehr ein Konzentrationshöchstwert von 0,1 Gewichtsprozent PBB und PBDE je Werkstoff (in neuen Elektro- und Elektronikgeräten) toleriert werde. Dazu bringt die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift vor, dass zwar für die Zwecke des Art. 5 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2002/95/EG ein solcher Konzentrationshöchstwert toleriert werde, "gleichsam jedoch eine Überschreitung dieses Grenzwertes nicht tolerabel" sei. Weiters führt sie in ihrer Gegenschrift aus, dass durch die Angaben der beschwerdeführenden Partei keinesfalls belegt sei, dass die Konzentrationshöchstwerte für PBDE gemäß der "ROHS-Richtlinie" bzw. der Grenzwert von 50 ppm für PBB von dem bei der beschwerdeführenden Partei hergestellten "Mahlgut Mischkunststoffe 2" tatsächlich eingehalten würden bzw. dass die Einhaltung dieser Konzentrationshöchstwerte nicht durch ein entsprechendes Qualitätssicherungssystem gewährleistet sei. Es sei daher davon auszugehen, dass es sich bei dem gegenständlichen "Mahlgut Mischkunststoffe 2" um einen notifizierungspflichtigen Kunststoffabfall handle, weil immer das Risiko der Überschreitung bestehender Grenzwerte bestehe.
Damit geht die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift offenbar davon aus, dass eine Überschreitung der genannten Grenzwerte (0,1% bzw. 50 ppm) zwar nicht nachgewiesen sei, aber auch nicht ausgeschlossen werden könne, weil ein entsprechendes Qualitätssicherungssystem fehle. Ob diese Argumentation die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung zu tragen vermag, kann jedoch dahingestellt bleiben, weil solche begründenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid nicht getroffen wurden und in einem Bescheid fehlende Begründungselemente in der Gegenschrift nicht nachgetragen werden können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2013, Zl. 2011/07/0084, mwN). Dies gilt auch für die in der Gegenschrift enthaltenen, weitere unionsrechtliche Bestimmungen ins Treffen führenden Ausführungen, die in der Begründung des angefochtenen Bescheides noch nicht getroffen wurden.
Da - wie oben dargelegt - die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht nachvollziehbar dargelegt hat, auf Grund welcher Überschreitung eines als maßgeblich erachteten Grenzwertes eine Zuordnung zu einer bestimmten, in den Anhängen der EG-VerbringungsV genannten Abfallart vorzunehmen ist bzw. ausscheidet - wie erwähnt, wurde im angefochtenen Bescheid nicht mit dem Fehlen eines ausreichenden Qualitätssicherungssystems argumentiert -‚ liegt ein wesentlicher Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides vor, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 20. Februar 2014
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)