VwGH 2011/06/0142

VwGH2011/06/014228.11.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag. Merl sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Beschwerde der Mag. A in R, vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 4. Juli 2011, Zl. RoBau-8-1/655/7-2011, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. B;

2. Marktgemeinde C), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Tir 2001 §25 Abs3 litd;
BauO Tir 2001 §25 Abs3;
BauO Tir 2001 §47 Abs3;
BauO Tir 2001 §47;
BauO Tir 2001 §6;
BauRallg;
ROG Tir 2006 §27 Abs2 litc;
ROG Tir 2006 §44 Abs5 litb;
ROG Tir 2006 §44 Abs5;
ROG Tir 2006 §54 Abs1;
ROG Tir 2006 §54;
ROG Tir 2006 §55 Abs1;
ROG Tir 2006 §56;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 17. Oktober 2009 beantragte der Erstmitbeteiligte (Bauwerber) die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung einer Hofstelle mit Wohnhaus, Carport, Gemüsehalle, Heulager, Rinder- und Pferdestall und Düngersammelanlage auf den Grundstücken Nr. 1791 und 1792 auf dem Gebiet der zweitmitbeteiligten Marktgemeinde. Die Grundstücke sind im gültigen Flächenwidmungsplan als "Sonderfläche Hofstelle" gemäß § 44 Tiroler Raumordnungsgesetz 2006 (TROG 2006) ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin ist (mittlerweile Allein)Eigentümerin des östlich unmittelbar an den Bauplatz angrenzenden Grundstückes Nr. 1790. In ihren Einwendungen vom 1. Februar 2010 brachte sie unter anderem vor, das Bauvorhaben verstoße gegen die Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes (Hinweis auf § 44 Abs. 5, 6 und 7 TROG 2006), wobei die flächenwidmungsrechtliche Zulässigkeit vor allem der betrieblichen Tätigkeiten ("Hofbewirtschaftung im Rahmen eines Kleinbetriebes") unter Zugrundelegung des Immissionsausmaßes zu klären sein werde. Es werde eingewendet, dass damit Immissionen verbunden seien, die das ortsübliche und zumutbare Ausmaß bei weitem überschritten. Dies betreffe die Kombination von Tierhaltung und Lagertätigkeit in einem sehr geringen Abstand zur Liegenschaft der Beschwerdeführerin. Für das Baugrundstück liege auch kein Bebauungsplan vor; die Ausnahmen gemäß § 55 Abs. 1 lit. b TROG 2006 seien nicht gegeben. Darüber hinaus wurden Einwendungen betreffend den Brandschutz und die Abstandsvorschriften erhoben.

Der Bürgermeister der zweitmitbeteiligten Marktgemeinde erteilte dem Bauwerber mit Bescheid vom 14. April 2010 die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen.

Die Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der zweitmitbeteiligten Marktgemeinde vom 1. Juli 2010 als unbegründet abgewiesen.

Auf Grund der Vorstellung der Beschwerdeführerin vom 16. Juli 2010 behob die belangte Behörde den Berufungsbescheid vom 1. Juli 2010 mit Bescheid vom 25. November 2010 und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass nicht geprüft worden sei, ob gemäß § 54 Abs. 1 TROG 2006 unter Bedachtnahme auf den festgelegten Verwendungszweck Hofstelle eine grundsätzliche Notwendigkeit für die Erlassung eines Bebauungsplanes im Hinblick auf die Interessen einer geordneten baulichen Entwicklung bestehe. Es sei unklar, ob im Gegenstandsfall die notwendige Beurteilung einer Erforderlichkeit einer Bebauungsplanung im Hinblick auf die Interessen einer geordneten baulichen Entwicklung sachverständig schlüssig und nachvollziehbar erfolgt sei. Die Berufungsbehörde werde das Ermittlungsverfahren zu ergänzen und durch eine geeignete fachliche Beurteilung abzuklären haben, ob gerade die Erlassung eines Bebauungsplanes im Hinblick auf die Interessen einer geordneten baulichen Entwicklung unter Bedachtnahme auf den festgelegten Verwendungszweck Hofstelle nach Lage des Falles erforderlich sei. Falls die Notwendigkeit zur Erlassung eines Bebauungsplanes im Sinn des § 54 Abs. 1 TROG 2006 bestehe, sei in weiterer Folge die Zulässigkeit der Anwendung des § 55 Abs. 1 leg. cit. zu prüfen.

Die Berufungsbehörde beauftragte sodann Architekt Dr. C mit der Erstellung eines raumplanerischen Gutachtens. Dieser kam in seinem Gutachten vom 12. Jänner 2011 zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass gemäß § 54 Abs. 1 TROG 2006 eine weitere Begutachtung nach den Bestimmungen des § 55 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 leg. cit. deshalb nicht erforderlich sei, weil auf Grund der räumlichen Anordnung und der Lage der geplanten Gebäude, der vorgesehenen Höhenentwicklung und der Integrierung in das geneigte Gelände des Bauplatzes eine landschaftsverträgliche Baumassenverteilung und Höhenentwicklung der Baukörper sichergestellt sei, die Baumaßnahme selbst auch den Richtlinien der Verordnung des örtlichen Raumordnungskonzeptes der mitbeteiligten Marktgemeinde gemäß den Bestimmungen des § 2 Abs. 3 sowie des § 3 Abs. 1 lit. b TROG 2006 entspreche und die Erlassung eines allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplanes aus raumordnungsfachlicher Sicht für das vorgelegte Projekt nicht erforderlich sei, weil ohnehin die Kriterien und Vorgaben, welche schon anlässlich des Widmungsverfahrens erstellt worden seien, nachweislich erfüllt seien.

Hinsichtlich des während des Verfahrens geänderten Bauansuchens betreffend die Errichtung von Geländeanschüttungen (§ 47 TROG 2006) führte Architekt Dr. C in seiner Stellungnahme vom 19. Jänner 2011 aus, dass entlang der ostseitigen Grundgrenze zum Grundstück der Beschwerdeführerin in keinem Bereich des Mindestabstandes von 3 m die Höhe der Geländeanschüttung mehr als 2 m betrage; die größte Höhe liege bei 1,94 m. Auch die geplante Hangstützmauer weise mit dem Geländer als Absturzsicherung keine größere Höhe als 1,98 m auf, sodass dafür nicht die Zustimmung der betroffenen Anrainer erforderlich sei. Auf Grund der vorgesehenen Änderungen der geplanten Wegerschließung im Osten würden jedoch Änderungen im Einreichplan notwendig, die nochmals korrigiert vorzulegen seien.

Die Beschwerdeführerin äußerte sich zu dem Gutachten und der Stellungnahme des Architekten Dr. C negativ und legte ein Gutachten von DI L und DI Dr. O vom 18. Februar 2011 vor, in dem diese im Wesentlichen ausführten, dass die Prüfung der Notwendigkeit der Erlassung eines Bebauungsplanes nicht anhand eines konkreten Bauvorhabens zu erfolgen habe, sondern auf Grund der raumordnungsfachlichen Gegebenheiten unabhängig von einem konkreten Bauvorhaben. Dies sei im Gutachten von Dr. C nicht erfolgt. Die Sonderfläche im räumlichen Verbund mit Bauland sei einer Bauland ähnlichen Widmung bzw. Nutzung gleichzuhalten; diese Nutzungssituation werde durch den rechtlichen "Emissionsschutz" der Sonderfläche verschärft. Im Interesse einer möglichst konfliktfreien baulichen Nutzung erscheine im gegenständlichen Bereich aus raumordnungsfachlicher Sicht die Erlassung eines allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplanes erforderlich.

Mit Bescheid des Gemeindesvorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 11. März 2011 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin neuerlich abgewiesen. Begründend verwies die Berufungsbehörde zum Erfordernis der Erlassung von Bebauungsplänen zunächst auf das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1997, Zl. 95/06/0047, wonach das Erfordernis zur Erlassung von Bebauungsplänen "nach der Lage des Falles für die (hier) zu bebauende Grundfläche" zu prüfen sei. Dazu habe Architekt Dr. C nachvollziehbar und widerspruchsfrei begründet ausgeführt, dass den maßgeblichen raumordnerischen Zielen für die verfahrensgegenständliche Fläche bereits mit den vorhandenen bebauungsrelevanten Vorschriften Genüge getan werde, ohne dass dafür die Erlassung von Bebauungsplänen erforderlich sei. Die im Gutachten von DI L und DI Dr. O angesprochenen Interessenkonflikte ("Nutzungskonflikte") seien bereits im örtlichen Raumordnungskonzept, im Flächenwidmungsplan und der Tiroler Bauordnung in angemessener und ausgleichender Weise berücksichtigt worden. Aus der von Architekt Dr. C dargestellten historischen Entwicklung in Zusammenhang mit der Flächenwidmung für die vorliegende Sonderfläche Hofstelle gehe hervor, dass die damals schon projektierten Gebäude und die sich daraus allenfalls ergebenden Nutzungskonflikte sowie die Vereinbarkeit mit örtlichen Raumordnungszielen berücksichtigt worden seien.

In der Vorstellung vom 29. März 2011 wiederholte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.

Der Bauwerber übermittelte der belangten Behörde das Gutachten von DI F vom 29. Juni 2011 betreffend den Standsicherheitsnachweis für die Böschung der Hofauffahrt.

Mit dem angefochtenen Bescheid (vom 4. Juli 2011) wies die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, im Fall einer Projektänderung reiche es aus, die Änderung planlich darzustellen; ein (neuer) Antrag für das gesamte Bauvorhaben sei nicht erforderlich. Den Parteien sei zu den Änderungen auch Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden. Ein Rechtsanspruch der Nachbarn auf Durchführung einer neuerlichen mündlichen Verhandlung bestehe nicht. Der Umfang der Baubewilligung ergebe sich eindeutig aus einer Zusammenschau von den mit dem Genehmigungsvermerk der Erstbehörde versehenen Planunterlagen und den die ursprüngliche Planung in Teilen abändernden, als Tektur bezeichneten Planunterlagen, die mit dem Genehmigungsvermerk der Berufungsbehörde versehen seien. Nachbarn hätten auch kein Recht darauf, dass die Planunterlagen und sonstigen Belege vollständig der Rechtslage entsprechend vorgelegt würden. Sofern die Beschwerdeführerin die Darstellung des Geländeverlaufes an der von ihrem Grundstück abgewandten Seite des Bauplatzes rüge, mache sie damit keine Verletzung ihrer subjektivöffentlichen Rechte geltend.

Aus dem Gutachten von Architekt Dr. C und dem von der Vorstellungsbehörde ergänzend eingeholten Gutachten von DI S (das dem Verwaltungsgerichtshof nicht vorliegt) ergebe sich, dass die im maßgeblichen Abstandsbereich von 4 m erfolgten Geländeveränderungen eine Höhe von 2 Meter nicht überstiegen, weshalb dafür keine Zustimmung der Beschwerdeführerin erforderlich sei. Nachbarn komme hinsichtlich der in § 47 TBO 2001 verankerten Erfordernissen nach Sicherheit, insbesondere nach bodenmechanischer Festigkeit und Rutschsicherheit, kein Mitspracherecht zu. Der Beschwerdeführerin sei daher das vom Bauwerber betreffend die Standsicherheit der Böschung vorgelegte Gutachten von DI F nicht im Rahmen des Parteiengehörs zu übermitteln gewesen, weil ihr diesbezüglich kein Nachbarrecht zukomme.

Hinsichtlich der Zulässigkeit der geplanten Ferienwohnungen werde ebenfalls auf das fehlende Mitspracherecht der Nachbarin hingewiesen; es sei ihr verwehrt, ein allgemeines Recht auf Einhaltung einer bestimmten Flächenwidmung, das heißt auf Einhaltung der nach dieser Flächenwidmungskategorie zulässigen Bauführung an sich, geltend zu machen. Das Nachbarrecht auf Einhaltung der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes bestehe nur insoweit, als damit ein Immissionsschutz verbunden sei. Die Widmungsart Sonderfläche Hofstelle gewährleiste jedoch keinen derartigen Immissionsschutz. Die Errichtung von Ferienwohnungen auf Sonderflächen dieser Art sei zulässig.

Sofern die Beschwerdeführerin die Unzuständigkeit des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde betreffend die Beauftragung zur Erstellung des baurechtlichen Ergänzungsgutachtens vorbringe, komme ihr diesbezüglich kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht zu.

Zur bindend geäußerten Rechtsansicht im aufhebenden Vorstellungsbescheid vom 25. November 2010 betreffend die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 lit. a TROG 2006 stellte die belangte Behörde nochmals klar, dass die Anwendbarkeit des § 55 Abs. 1 leg. cit. erst dann in Frage komme, wenn eine Verpflichtung zur Erlassung allgemeiner und ergänzende Bebauungspläne gemäß § 54 Abs. 1 TROG 2006 bestehe. Ziel der örtlichen Raumordnung sei unter anderem die weitestmögliche Vermeidung von Nutzungskonflikten und wechselseitigen Beeinträchtigungen beim Zusammentreffen verschiedener Widmungen (§ 27 Abs. 2 lit. c leg. cit.). Die im örtlichen Raumordnungskonzept festgelegten Ziele seien bindend für die Flächenwidmung und die Bebauungsplanung. Gemäß § 54 Abs. 1 TROG 2006 seien in den allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplänen unter Berücksichtigung der Ziele der örtlichen Raumordnung, des örtlichen Raumordnungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes und der Ergebnisse der Bestandsaufnahme die verkehrsmäßige Erschliessung und die Art der Bebauung unter anderem von Sonderflächen, bei denen dies im Hinblick auf den festgelegten Verwendungszweck im Interesse einer geordneten baulichen Entwicklung erforderlich sei, festzulegen. Regelungsinhalt der Bebauungsplanung im Bereich der örtlichen Raumordnung sei, speziell im Sinn des Zieles des § 27 Abs. 2 lit. e TROG 2006 Vorsorge für eine zweckmäßige und Boden sparende, auf die Bedürfnisse der Bevölkerung und die Erfordernisses des Schutzes des Orts-, Straßen- und Landschaftsschutzes abgestimmte Bebauung und eine verkehrsmäßige Erschließung der bebauten und zu bebauenden Gebiete und Grundflächen zu treffen. Dieser Auftrag werde in § 54 Abs. 1 TROG 2006 konkretisiert, wonach die Art der Bebauung festzulegen bzw. die Interessen einer geordneten baulichen Entwicklung zu berücksichtigen seien. Der Bebauungsplanung komme vor allem im Hinblick auf die Durchsetzung einer Boden sparenden, aufeinander abgestimmten Bebauung der vorhandenen Bauplätze Bedeutung zu. Die Vermeidung allfälliger Nutzungskonflikte und gegenseitiger Beeinträchtigungen sei nicht Regelungsgegenstand eines Bebauungsplanes. Gegenseitige Nutzungsbeeinträchtigungen seien grundsätzlich bereits im Widmungsverfahren zu berücksichtigen; im nachfolgenden Bauverfahren werde Nachbarn ein Immissionsschutz nur insofern eingeräumt, als mit der entsprechend verordneten Widmung ein derartiger Immissionsschutz verbunden sei. Sonderflächen Hofstellen gewährten nach ständiger Rechtsprechung keinen Immissionsschutz. In diesem Sinne lege das Gutachten von Architekt Dr. C vom 12. Jänner 2011 all jene entscheidenden Parameter dar, die zur Beurteilung der Frage einer Notwendigkeit zur Erlassung von Bebauungsplänen im Interesse einer geordneten baulichen Entwicklung erforderlich gewesen seien. Der Gutachter sei zu dem Ergebnis gekommen, dass auf Grund der räumlichen Anordnung und der Lage der geplanten Gebäude, der vorgesehenen Höhenentwicklung und der Integrierung in das geneigte Gelände des Bauplatzes eine landschaftsbildverträgliche Baumassenverteilung und Höhenentwicklung der Baukörper sichergestellt sei. Somit stehe fest, dass es im Interesse einer geordneten baulichen Entwicklung für das gegenständliche, als Sonderfläche Hofstelle ausgewiesene Grundstück nicht notwendig sei, die Art der Bebauung durch Erlassung von Bebauungsplänen zu regeln. Sofern der Privatgutachter der Beschwerdeführerin die Rechtsauffassung vertrete, dass die Prüfung unabhängig vom konkreten Bauvorhaben auf Grund der vorliegenden raumordnungsfachlichen Gegebenheiten erfolgen müsse, werde auf das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1997, Zl. 95/06/0047, verwiesen, wonach die Notwendigkeit zur Erlassung von Bebauungsplänen an Hand der Lage des (konkreten) Falles zu beurteilen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Da die Verwaltungsakten in Verstoß geraten waren, wurden dem Verwaltungsgerichtshof nur (unvollständig) rekonstruierte Aktenteile vorgelegt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Die im gegenständlichen Verfahren anzuwendenden Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2006 - TROG 2006, LGBl. Nr. 27/2006, lauten (auszugsweise):

"§ 27

Aufgaben und Ziele der örtlichen Raumordnung

(1) Die örtliche Raumordnung dient der geordneten räumlichen Entwicklung der Gemeinde. Sie hat im Einklang mit den Raumordnungsprogrammen und, soweit solche nicht bestehen, unter Bedachtnahme auf die Ziele und Grundsätze der überörtlichen Raumordnung zu erfolgen. Weiters ist auf die örtlichen Raumordnungsinteressen der Nachbargemeinden, insbesondere im Bereich der gemeinsamen Grenzen, Bedacht zu nehmen.

(2) Ziele der örtlichen Raumordnung sind insbesondere:

a) die ausgewogene Anordnung und Gliederung des Baulandes im Hinblick auf die Erfordernisse des Schutzes des Landschaftsbildes, der Sicherung vor Naturgefahren, der verkehrsmäßigen Erschließung, insbesondere auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln, der Erschließung mit Einrichtungen zur Wasser-, Löschwasser- und Energieversorgung, zur Abwasserbeseitigung und Abfallentsorgung sowie der Schaffung sonstiger infrastruktureller Einrichtungen, wie Kindergärten, Schulen und dergleichen,

b) die Sicherung ausreichender Flächen zur Befriedigung des Wohnbedarfes der Bevölkerung und für die Erhaltung und Weiterentwicklung der Wirtschaft,

c) die weitestmögliche Vermeidung von Nutzungskonflikten und wechselseitigen Beeinträchtigungen beim Zusammentreffen verschiedener Widmungen, insbesondere auch unter Bedachtnahme auf die Standorte von Betrieben im Sinn des § 1 Abs. 2 lit. e und die für die Ansiedlung oder Erweiterung solcher Betriebe vorgesehenen Standorte,

d) die Vorsorge für die bestimmungsgemäße Verwendung des Baulandes und der bestehenden Bausubstanz,

e) die Vorsorge für eine zweckmäßige und Boden sparende, auf die Bedürfnisse der Bevölkerung und die Erfordernisse des Schutzes des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes abgestimmte Bebauung und verkehrsmäßige Erschließung der bebauten und zu bebauenden Gebiete und Grundflächen,

f) die Vorsorge für eine ausreichende und einwandfreie Wasser- und Löschwasserversorgung und eine geordnete Abwasserbeseitigung,

g) die Erhaltung zusammenhängender land- und forstwirtschaftlich nutzbarer Gebiete,

h) die Erhaltung ökologisch besonders wertvoller Flächen und die Bewahrung erhaltenswerter natürlicher oder naturnaher Landschaftselemente und Landschaftsteile,

  1. i) die Erhaltung zusammenhängender Erholungsräume,
  2. j) die Sicherung geeigneter Grundflächen für Einrichtungen des Gemeinbedarfs,

    k) die Schaffung der erforderlichen Verkehrsflächen der Gemeinde unter weitestmöglicher Vermeidung von nachteiligen Auswirkungen des Verkehrs auf die Bevölkerung und die Umwelt,

    l) die Bewahrung erhaltenswerter Orts- und Straßenbilder sowie erhaltenswerter Gebäudegruppen.

    § 44

    Sonderflächen für Hofstellen

(1) Die Widmung von Grundflächen als Sonderflächen für Hofstellen ist nur zulässig, wenn

a) die Widmung der Beseitigung wirtschaftlich ungünstiger Orts- oder Hoflagen, der im Interesse der Landeskultur gelegenen Neugründung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe oder sonstigen Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur, insbesondere der Auflösung materiell geteilten Hauseigentums, dient oder aus besonderen raumordnungsfachlichen Gründen erforderlich ist,

b) die Widmung insbesondere den Zielen der örtlichen Raumordnung nach § 27 Abs. 2 lit. e, f, g und h nicht widerspricht; dabei ist insbesondere auf die Entfernung zum bestehenden Siedlungsgebiet Bedacht zu nehmen,

c) die betreffenden Grundflächen für eine dem besonderen Verwendungszweck entsprechende Bebauung in gesundheitlicher, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht geeignet sind.

(2) Auf Sonderflächen für Hofstellen dürfen nur Hofstellen, deren Wohnnutzfläche höchstens 300 m2 beträgt und deren betriebliche Nutzfläche unter Bedachtnahme auf die betriebswirtschaftlichen Erfordernisse des jeweiligen Betriebes angemessen ist, samt den dazugehörenden Nebengebäuden und Nebenanlagen errichtet werden. In begründeten Fällen kann anlässlich der Widmung als Sonderfläche für Hofstellen auch eine größere höchstzulässige Wohnnutzfläche festgelegt werden. Als Wohnnutzfläche gilt die gesamte Nutzfläche des Wohngebäudes bzw. des Wohnteiles einschließlich allfälliger Ferienwohnungen und allfälliger der Privatzimmervermietung, als Freizeitwohnsitz und als Altenwohnteil dienender Räume mit Ausnahme von Keller- und Dachbodenräumen, soweit sie nach ihrer baulichen Ausgestaltung nicht für Wohnzwecke geeignet sind, von Gängen, Treppen, offenen Balkonen, Loggien und Terrassen und von Räumen, die für landwirtschaftliche Zwecke besonders ausgestattet sind. Die Wohnnutzfläche mehrerer Gebäude im selben Hofverband einschließlich allfälliger Austraghäuser ist zusammenzuzählen.

(3) ...

(5) Im Rahmen von Hofstellen darf eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt werden, wenn dies durch eine Festlegung im Flächenwidmungsplan zusätzlich zur Widmung als Sonderfläche für Hofstellen für zulässig erklärt worden ist. Eine solche Festlegung muss die Art der gewerblichen Tätigkeit genau bezeichnen. Sie darf nur getroffen werden, wenn durch die Ausübung der gewerblichen Tätigkeit auf der betreffenden Grundfläche eine geordnete räumliche Entwicklung der Gemeinde entsprechend den Aufgaben und Zielen der örtlichen Raumordnung nicht beeinträchtigt wird. Insbesondere dürfen

a) kein zusätzlicher Aufwand für die verkehrsmäßige Erschließung der betreffenden Grundfläche und deren Erschließung mit Einrichtungen zur Wasser- und Löschwasserversorgung und zur Abwasserentsorgung entstehen sowie

b) unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten keine schädlichen Auswirkungen auf die Umgebung, keine unzumutbare Belästigung der Bevölkerung, insbesondere durch Lärm, Geruch, Luftverunreinigungen oder Erschütterungen, und keine erhebliche Beeinträchtigung des Orts-, Straßen- oder Landschaftsbildes zu erwarten sein.

(6) ...

Bebauungspläne

§ 54

Allgemeines

(1) In den allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplänen sind unter Berücksichtigung der Ziele der örtlichen Raumordnung, des örtlichen Raumordnungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes und der Ergebnisse der Bestandsaufnahme die verkehrsmäßige Erschließung und die Art der Bebauung des Baulandes, der Sonderflächen für Beherbergungsgroßbetriebe, der Sonderflächen für Handelsbetriebe, der Sonderflächen für Einkaufszentren sowie jener sonstigen Sonderflächen und jener Vorbehaltsflächen, bei denen dies im Hinblick auf den festgelegten Verwendungszweck im Interesse einer geordneten baulichen Entwicklung erforderlich ist, festzulegen. Die allgemeinen Bebauungspläne sind möglichst für größere funktional zusammenhängende Gebiete, die ergänzenden Bebauungspläne möglichst für funktional zusammenhängende Gebiete, zu erlassen.

(2) In die allgemeinen Bebauungspläne können auch Grundflächen einbezogen werden, die noch nicht als Bauland, als Sonderflächen oder als Vorbehaltsflächen gewidmet sind, sofern sie innerhalb der im örtlichen Raumordnungskonzept für Siedlungszwecke und betriebliche Zwecke vorgesehenen Bereiche liegen. Ergänzende Bebauungspläne dürfen frühestens gleichzeitig mit der Widmung der betreffenden Grundflächen als Bauland, als Sonderflächen oder als Vorbehaltsflächen erlassen werden.

(3) Ein ergänzender Bebauungsplan ist zu erlassen, sobald unter Bedachtnahme auf das örtliche Raumordnungskonzept im Hinblick auf die angestrebte bauliche Entwicklung in der Gemeinde ein Bedarf an der widmungsgemäßen Verwendung der betreffenden Grundflächen besteht und die Gemeinde finanziell in der Lage ist, die verkehrsmäßige Erschließung und die Erschließung mit den Einrichtungen zur Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung vorzunehmen.

(4) Für Grundflächen, die aufgrund der Lage, Form oder Größe der einzelnen Grundstücke insgesamt einer geordneten und Boden sparenden Bebauung entsprechend den Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes nicht zugänglich sind, dürfen ergänzende Bebauungspläne nicht erlassen werden.

(5) Die Baubewilligung für den Neubau von Gebäuden mit Ausnahme von Nebengebäuden darf außer in den Fällen des § 55 Abs. 1 und 2 nur erteilt werden, wenn für das betreffende Grundstück der allgemeine und der ergänzende Bebauungsplan bestehen und die darin festgelegte verkehrsmäßige Erschließung rechtlich sichergestellt ist.

 

§ 55

Ausnahmen, Befreiung

(1) Die Verpflichtung zur Erlassung allgemeiner und ergänzender Bebauungspläne nach § 54 Abs. 1 besteht nicht

a) für einzelne unbebaute Grundstücke im Bereich zusammenhängend bebauter Gebiete oder im unmittelbaren Anschluss an solche Gebiete, die aufgrund ihrer Größe nur mit Wohngebäuden mit höchstens fünf Wohnungen oder mit Gebäuden für Kleinbetriebe bebaut werden können, und

b) für bereits bebaute Grundstücke,

sofern die verkehrsmäßige Erschließung und die Erschließung dieser Grundstücke mit Einrichtungen zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung bereits besteht und die Erlassung von Bebauungsplänen zur Gewährleistung einer geordneten Bebauung bzw. weiteren Bebauung derselben nicht erforderlich ist.

(2) ...

§ 56

Inhalte

(1) Im allgemeinen Bebauungsplan sind hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung die Straßenfluchtlinien (§ 58) der Straßen nach § 53 Abs. 1 und hinsichtlich der Bebauung die Mindestbaudichten (§ 61) festzulegen. Im allgemeinen Bebauungsplan können weiters die Bauweisen (§ 60) festgelegt werden.

(2) In den ergänzenden Bebauungsplänen sind hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung die Straßenfluchtlinien der Straßen, die der inneren Erschließung des jeweiligen Gebietes dienen, und hinsichtlich der Bebauung die Höchstgröße der Bauplätze, die Baufluchtlinien (§ 59 Abs. 1 und 2), die Bauhöhen (§ 62 Abs. 1 bis 5) und, sofern diese nicht bereits im allgemeinen Bebauungsplan festgelegt worden sind, die Bauweisen festzulegen. In den ergänzenden Bebauungsplänen können weiters die Firstrichtungen und Dachneigungen, die Baugrenzlinien (§ 59 Abs. 3) und die Höhenlage (§ 62 Abs. 6) festgelegt sowie ergänzende Festlegungen über die Baudichten (§ 61) getroffen werden. Weiters kann in den ergänzenden Bebauungsplänen festgelegt werden, dass statt der Mindestabstände nach § 6 Abs. 1 lit. b der Tiroler Bauordnung 2001 jene nach § 6 Abs. 1 lit. a der Tiroler Bauordnung 2001 einzuhalten sind. Gegenüber den Grenzen zu Grundstücken, für die diese Festlegung nicht gilt, sind jedoch stets die Mindestabstände nach § 6 Abs. 1 lit. b der Tiroler Bauordnung 2001 einzuhalten.

(3) Liegen die Voraussetzungen nach § 54 Abs. 3 vor und ist ein allgemeiner Bebauungsplan noch nicht erlassen, so können die Festlegungen nach den Abs. 1 und 2 in einem Bebauungsplan getroffen werden."

§§ 6, 25 und 49 Tiroler Bauordnung 2001 - TBO 2001, LGBl. Nr. 94/2001, in der Fassung LGBl. Nr. 40/2009, lauten auszugsweise:

"§ 6 Abstände baulicher Anlagen von den übrigen Grundstücksgrenzen und von anderen baulichen Anlagen

(1) Sofern nicht aufgrund der in einem Bebauungsplan festgelegten geschlossenen oder besonderen Bauweise oder aufgrund von darin festgelegten Baugrenzlinien zusammenzubauen bzw. ein anderer Abstand einzuhalten ist, muss jeder Punkt auf der Außenhaut von baulichen Anlagen gegenüber den Grenzen des Bauplatzes zu den angrenzenden Grundstücken mindestens einen horizontalen Abstand aufweisen, der

a) im Gewerbe- und Industriegebiet, im Kerngebiet, auf Sonderflächen nach den §§ 43 bis 47 und 50 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001 und im Freiland das 0,4fache des lotrechten Abstandes zwischen dem betreffenden Punkt und dem Geländeniveau darunter, jedenfalls aber drei Meter, zum übrigen Bauland, zu Sonderflächen nach den §§ 48, 48a, 49, und 51 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001 und zu Vorbehaltsflächen jedoch das 0,6fache dieses Abstandes, jedenfalls aber vier Meter, und

b) ...

§ 25 Parteien

(1) Parteien im Bauverfahren sind der Bauwerber, die Nachbarn und der Straßenverwalter.

(2) ...

(3) Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist,

  1. b) der Bestimmungen über den Brandschutz,
  2. c) der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe,
  3. d) der Abstandsbestimmungen des § 6;
  4. e) im Fall, dass ein allgemeiner Bebauungsplan und ein ergänzender Bebauungsplan oder ein Bebauungsplan mit den Festlegungen des allgemeinen und des ergänzenden Bebauungsplanes nicht bestehen, das Fehlen der Voraussetzungen nach § 55 Abs. 1 oder § 113 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001.

(4) ...

§ 47 Aufschüttungen, Abgrabungen

(1) Die Durchführung von Aufschüttungen und Abgrabungen im Bauland, auf Sonderflächen und auf Vorbehaltsflächen, die eine Veränderung gegenüber dem ursprünglichen Geländeniveau von mehr als 1,50 m herbeiführen, ist der Behörde schriftlich anzuzeigen. Der Anzeige sind ein Lageplan, eine Beschreibung der technischen Ausführung der Aufschüttung oder Abgrabung und ein Geländeschnitt in zweifacher Ausfertigung anzuschließen. § 22 Abs. 2 zweiter und dritter Satz gilt sinngemäß.

(2) ...

(3) Die Durchführung einer anzeigepflichtigen Aufschüttung oder Abgrabung ist unzulässig, wenn die Aufschüttung oder Abgrabung im Hinblick auf die Boden- und Geländebeschaffenheit den Erfordernissen der Sicherheit, insbesondere der bodenmechanischen Festigkeit und Rutschsicherheit, nicht entspricht. In den Mindestabstandsflächen von 3 bzw. 4 m (§ 6 Abs. 1) darf das ursprüngliche Geländeniveau oder, wenn im Bebauungsplan eine Höhenlage festgelegt ist, das durch die Höhenlage bestimmte Geländeniveau durch die Aufschüttung oder Abtragund höchstens um 2 m, im Gewerbe- und Industriegebiet höchstens um 2,80 m, verändert werden, außer der betroffene Nachbar stimmt einer Veränderung in einem größeren Ausmaß nachweislich zu. Die Durchführung einer anzeigepflichtigen Aufschüttung innerhalb geschlossener Ortschaften ist weiters unzulässig, wenn das Orts- oder Straßenbild dadurch erheblich beeinträchtigt würde.

(4) ..."

Die Beschwerdeführerin vertritt weiterhin die Rechtsauffassung, dass die Erlassung von Bebauungsplänen erforderlich gewesen sei. In diesem Zusammenhang verweist sie auf § 55 TROG 2006 und auf "allgemeine verfassungsrechtliche Erwägungen", wonach eine Interessenabwägung im Hinblick auf die von einer beabsichtigten baulichen Maßnahme ausgehenden möglichen Nutzungskonflikte vorzunehmen sei. Diese Nutzungskonflikte und wechselseitigen Beeinträchtigungen im Fall der Errichtung der gegenständlichen baulichen Anlage zu Lasten des betroffenen Nachbargrundstückes seien nicht untersucht worden. Wenn die belangte Behörde darauf verweise, dass diese Interessenkonflikte bereits in den bestehenden bebauungsrelevanten Festlegungen in angemessener und ausgleichender Weise berücksichtigt worden seien, stehe dies im offenen Gegensatz zu den tragenden Aufhebungsgründen des Vorstellungsbescheides vom 25. November 2010. Bisher sei nicht untersucht worden, welche nachteiligen Auswirkungen die beantragte Bauführung auf die Liegenschaft der Beschwerdeführerin habe. Noch bei Erlassung des Flächenwidmungsplanes, der das gegenständliche Vorhaben erst ermöglicht habe, sei eine Lage, Form und Situierung der zu errichtenden Baukörper angedacht gewesen, die eine wesentliche Entlastung der Beschwerdeführerin bedeutet hätte; die emmissionsintensiven Anlagenteile wären alle weit entfernt vom Haus der Beschwerdeführerin errichtet worden. Die nun vorgesehene Situierung beeinträchtige die Beschwerdeführerin in unzumutbarer Weise.

Die belangte Behörde legte der Begründung ihres Bescheides - basierend auf dem Gutachten von Architekt Dr. C vom 12. Jänner 2011 - die Rechtsansicht zugrunde, für die hier relevante Sonderfläche für Hofstellen sei gemäß § 54 Abs. 1 TROG 2006 eine Festlegung der verkehrsmäßigen Erschliessung und der Art der Bebauung des Baulandes in Hinblick auf den festgelegten Verwendungszweck im Interesse einer geordneten baulichen Entwicklung in Bebauungsplänen nicht erforderlich.

Mit der aufhebenden Vorstellungsentscheidung vom 25. November 2010 war der Berufungsbehörde aufgetragen worden, im weiteren Verfahren in Ergänzung des Ermittlungsverfahrens durch eine geeignete fachliche Beurteilung abzuklären, ob gerade die Erlassung eines Bebauungsplanes im Hinblick auf die Interessen einer geordneten baulichen Entwicklung unter Bedachtnahme auf den festgelegten Verwendungszweck Hofstelle nach Lage des Falls erforderlich sei; erst bei Bejahen einer Notwendigkeit für die Erlassung eines Bebauungsplanes im Sinn des § 54 Abs. 1 TROG 2006 bestünde die grundsätzliche Zulässigkeit zur Anwendung des § 55 Abs. 1 leg. cit., somit die Möglichkeit, von der Verpflichtung zur Erlassung von allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplänen abzusehen.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin steht es im Einklang mit der aufhebenden Vorstellungsentscheidung, wenn die belangte Behörde zunächst die Notwendigkeit der Erlassung von Bebauungsplänen gemäß § 54 Abs. 1 TROG 2006 prüfte. Auf die diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde geht die Beschwerde jedoch mit keinem Wort ein.

Gemäß § 54 Abs. 1 TROG 2006 ist die Gemeinde grundsätzlich verpflichtet, neben dem örtlichen Raumordnungskonzept und dem Flächenwidmungsplan zur weiteren Konkretisierung der Bebauungsentwicklung allgemeine und ergänzende Bebauungspläne zu erlassen. Dies gilt allerdings nur für das Bauland, Sonderflächen für Beherbergungsgroßbetriebe und Sonderflächen für Einkaufszentren sowie für jene Sonderflächen und Vorbehaltsflächen, "bei denen dies im Hinblick auf den festgelegten Verwendungszweck im Interesse einer geordneten baulichen Entwicklung erforderlich ist" (vgl. dazu auch die Ausführungen von Schwaighofer, Der fehlende Bebauungsplan als Eigentumseingriff, in baurechtliche blätter 2005, 230-241,

IV.B.).

Dazu führte der Sachverständige Architekt Dr. C im Rahmen seines Gutachtens vom 12. Jänner 2011 zusammenfassend aus, dass die Erlassung eines allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplanes aus raumordnungsfachlicher Sicht für das vorgelegte Projekt nicht erforderlich sei, weil auf Grund der räumlichen Anordnung und der Lage der geplanten Gebäude, der vorgesehenen Höhenentwicklung und der Integrierung in das geneigte Gelände des Bauplatzes eine landschaftsverträgliche Baumassenverteilung und Höhenentwicklung der Baukörper sichergestellt sei und die Baumaßnahme auch den Richtlinien der Verordnung des örtlichen Raumordnungskonzeptes der Marktgemeinde Rum entspreche. Dem entgegneten die Privatsachverständigen DI L und DI Dr. O in ihrem Gutachten vom 18. Februar 2011, dass die Beurteilung nicht anhand des konkreten Bauvorhabens, sondern aufgrund der raumordnungsfachlichen Gegebenheiten unabhängig von einem konkreten Bauvorhaben erfolgen müsse, um Nutzungskonflikte hintanzuhalten; die Sonderfläche im räumlichen Verbund mit Bauland sei aus raumordnungsfachlicher Sicht einer Bauland ähnlichen Widmung bzw. Nutzung gleichzuhalten, weshalb die Erlassung von Bebauungsplänen aus raumordnungsfachlicher Sicht erforderlich sei. Dem hielt die belangte Behörde zutreffend das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1997, Zl. 95/06/0047, entgegen, wonach die Frage der Erforderlichkeit der Erlassung von Bebauungsplänen "nach der Lage des Falles für die hier zu bebauende Grundfläche" zu beurteilen ist (in dem genannten Verfahren wurde der Beurteilung ebenfalls die konkrete Situierung der Gebäude zugrunde gelegt). Der belangten Behörde ist auch zuzustimmen, dass die Vermeidung gegenseitiger Nutzungsbeeinträchtigungen (§ 27 Abs. 2 lit. c TROG 2006) in erster Linie Aufgabe der Flächenwidmungspläne (arg.:

weitestmögliche Vermeidung von Nutzungskonflikten und wechselseitigen Beeinträchtigungen beim Zusammentreffen verschiedener Widmungen), nicht der Bebauungspläne ist. Durch die Festlegung von Straßenfluchtlinien und der Mindestbaudichte, der Bauplatzgröße, der Baufluchtlinien, der Bauhöhe und der Bauweise in Bebauungsplänen (§ 56 TROG 2006) könnten mögliche Konflikte zwischen einer Wohnnutzung und - wie im gegenständlichen Fall - einem landwirtschaftlichen Betrieb nur sehr bedingt hintangehalten werden. Es ist somit nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde fallbezogen die Notwendigkeit zur Erlassung von Bebauungsplänen gemäß § 54 Abs. 1 leg. cit. verneinte, weil dies im Interesse einer geordneten baulichen Entwicklung nicht erforderlich war. Die Frage von Ausnahmen bzw. einer Befreiung gemäß § 55 TROG 2006 stellte sich - angesichts der von der Vorstellungsbehörde mit Bescheid vom 25. November 2010 überbundenen Rechtsansicht - daher nicht.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend machte (vgl. das hg Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Zl. 2011/06/0040, mwN).

Die Beschwerdeführerin vertritt die Rechtsansicht, § 47 TBO 2001 habe nachbarrechtliche Schutzinhalte, anderenfalls wäre die Zustimmung des Nachbarn zu der Vornahme höherer Abgrabungen und Aufschüttungen gar nicht nötig. Dadurch, dass der Beschwerdeführerin das im Vorstellungsverfahren vom Bauwerber vorgelegte Gutachten von DI F vom 29. Juni 2011 betreffend die Böschungsneigung nicht im Rahmen des Parteiengehörs übermittelt worden sei, sei sie in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt worden.

Dem ist entgegenzuhalten, dass nach ständiger hg. Judikatur die Aufzählung der subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte in § 25 Abs. 3 TBO 2001 abschließend ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. November 2003, Zl. 2002/06/0084). In dieser Aufzählung sind Aufschüttungen und Abgrabungen gemäß § 47 leg. cit. nicht enthalten. Die Zustimmung des Nachbarn für Aufschüttungen über einer bestimmten Höhe ist nur dann erforderlich, wenn diese innerhalb der Mindestabstandsflächen erfolgen sollen; die Abstandsbestimmungen des § 6 TBO 2001 sind ausdrücklich in § 25 Abs. 3 lit. d leg. cit. als Nachbarrecht genannt. Der Umstand, dass gemäß § 47 Abs. 3 TBO 2001 bauliche Schutzinteressen wie etwa das Erfordernis der Sicherheit, insbesondere der bodenmechanischen Festigkeit und Rutschsicherheit zu berücksichtigen sind, bedeutet nicht, dass diese Schutzinteressen von Nachbarn als subjektivöffentliche Interessen geltend gemacht werden können (vgl. dazu die bei Schwaighofer, Tiroler Baurecht, Rz 5 zu § 25 TBO 2001 zitierte hg. Judikatur). Da der Beschwerdeführerin somit fallbezogen kein Mitspracherecht betreffend die Aufschüttungen und Abgrabungen zukommt, kann sie auch nicht in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt werden, weil die Verfahrensrechte von Parteien nicht weiter reichen können als ihre materiellen Rechte.

Die Beschwerdeführerin bemängelt auch das Gutachten von Architekt DI C betreffend die Aufschüttungen im Abstandsbereich, weil dieser die Beurteilung der zulässigen Höhen lediglich für einen Abstandsbereich von 3 m getroffen habe, die Mindestabstandsfläche jedoch 4 m betrage. Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend. § 47 Abs. 3 zweiter Satz TBO 2001 verweist hinsichtlich der Mindestabstandsflächen von 3 bzw. 4 m auf § 6 Abs. 1 leg. cit. Gemäß dieser Bestimmung hat eine bauliche Anlage gegenüber den Grenzen des Bauplatzes zu den angrenzenden Grundstücken auf - wie hier relevant - Sonderflächen gemäß § 44 TROG 2006 jedenfalls einen Abstand von 3 m aufzuweisen. Eine Mindestabstandsfläche von 4 m ist etwa im Bauland, betreffend Sonderflächen für Beherbergungsgroßbetriebe, für Einkaufszentren oder für Widmungen in verschiedenen Ebenen vorgesehen. Da das gegenständliche Bauvorhaben auf einer Sonderfläche für Hofstelle errichtet werden soll, ist demnach ein Mindestabstand von 3 m einzuhalten. Da den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Architekten DI C zufolge innerhalb dieses Mindestabstandes das ursprüngliche Geländeniveau um weniger als 2 m verändert wird, war eine Zustimmung der Nachbarin nicht erforderlich. Dass sich die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang in anderen Rechten verletzt fühle, wurde nicht vorgebracht.

Soweit die Beschwerdeführerin die Genehmigung der Hofstelle inklusive der gewerblichen Nutzung durch Privatzimmervermietung bzw. Vermietung von Ferienwohnungen als Verstoß gegen den Flächenwidmungsplan rügt, weil eine solche gewerbliche Tätigkeit gemäß § 44 Abs. 5 TROG 2006 in der Widmung nicht ausdrücklich für zulässig erklärt worden sei, ist festzuhalten, dass entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsansicht § 44 Abs. 5 lit. b TROG 2006 grundsätzlich einen Schutz der Nachbarn vor unzumutbaren Belästigungen, die von einer im Rahmen von Hofstellen ausgeübten gewerblichen Tätigkeit ausgehen, gewährt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 2010, Zl. 2010/06/0059). Im gegenständlichen Fall brachte die Beschwerdeführerin in ihren Einwendungen jedoch nicht vor, durch von den drei Ferienwohnungen verursachte Immissionen unzumutbar belästigt zu werden; sie brachte lediglich vor, das Immissionsausmaß betreffend die Kombination von Tierhaltung und Lagertätigkeit überschreite das ortsübliche und zumutbare Ausmaß bei weitem. Hinsichtlich allenfalls von den Ferienwohnungen verursachter Immissionen - abgesehen davon, dass diese in keiner Weise konkretisiert wurden - ist die Beschwerdeführerin somit präkludiert.

Sofern die Beschwerdeführerin neuerlich rügt, die "Plan- und Gesuchsunterlagen" seien mangelhaft, legt sie nicht dar, inwiefern sie dadurch daran gehindert gewesen wäre, Nachbarrechte im Sinn des § 25 Abs. 3 TBO 2001 gegen das Bauvorhaben geltend zu machen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 2013, Zl. 2010/06/0197).

Schließlich rügt die Beschwerdeführerin, der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde habe im Berufungsverfahren das baurechtliche Ergänzungsgutachten in Auftrag gegeben, sei diesbezüglich jedoch objektiv unzuständige Behörde gewesen. Auch diesbezüglich legt die Beschwerde nicht dar, in welchem subjektivöffentlichen Recht die Beschwerdeführerin dadurch verletzt worden sei, weshalb diesem Einwand schon aus diesem Grund der Erfolg zu versagen war.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG weiter anzuwendenden §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014).

Wien, am 28. November 2014

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