VwGH 2013/22/0138

VwGH2013/22/013826.6.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des O, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 29. März 2013, Zl. 161.346/2-III/4/12, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

EMRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §43 Abs3;
NAG 2005 §44 Abs3;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2013:2013220138.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 43 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei am 20. November 2004 unerlaubt eingereist und habe am 25. November 2004 einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19. August 2005 in Verbindung mit einer Ausweisung abgewiesen worden sei. Die dagegen eingebrachte Beschwerde habe der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 10. Jänner 2011 abgewiesen.

Am 6. April 2011 habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gemäß § 44 Abs. 3 NAG gestellt, der mit Inkrafttreten des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 als auf die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 3 NAG gerichtet zu werten gewesen sei.

Die Bezirkshauptmannschaft L sei zum Schluss gekommen, dass eine inhaltliche Beurteilung des Antrages des Beschwerdeführers auf Grundlage des Art. 8 EMRK erforderlich und eine Neubewertung vorzunehmen sei. Der Beschwerdeführer sei alleinstehend und führe in Österreich kein wie auch immer geartetes Familienleben. Zu einer während des ca. achtjährigen Aufenthaltes in Österreich entstandenen Integration sei festzuhalten, dass dieser Aufenthalt auf einer unerlaubten Einreise und auf einem letztlich unbegründeten Asylantrag beruht habe. Nach erstinstanzlicher Zurückweisung des Asylantrages habe der Beschwerdeführer von einem nicht gesicherten Aufenthaltsstatuts ausgehen müssen. Der Beschwerdeführer habe eine Deutschprüfung auf dem Niveau A2 abgelegt und sei zeitweise erwerbstätig gewesen. Es lägen Zusicherungsbestätigungen über einen Arbeitsplatz vor. Bis Jänner 2011 sei der Beschwerdeführer immer wieder als Pizzakoch bzw. Küchenhilfe erwerbstätig gewesen.

Die vorgebrachten Faktoren stellten jedoch keine derart außergewöhnlichen Umstände dar, die bewirken könnten, dass die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens überwiegen würden.

Der Beschwerdeführer sei bereits 18 Jahre alt gewesen, als er nach Österreich gereist sei. Seine Eltern und fünf Geschwister lebten in der Türkei. Es sei nicht ersichtlich, warum die durch den Aufenthalt in Österreich unterbrochenen Kontakte zu den Eltern bzw. zu den noch in der Türkei aufhältigen Geschwistern nicht wieder hergestellt werden könnten.

Bei Abwägung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens mit den gegenläufigen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an der Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels überwögen die öffentlichen Interessen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Eingangs ist anzumerken, dass angesichts der Zustellung des angefochtenen Bescheides am 2. April 2013 die Bestimmungen des NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 50/2012 anzuwenden sind.

Die Erteilung der vom Beschwerdeführer begehrten Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 3 NAG setzt unter anderem voraus, dass dies gemäß § 11 Abs. 3 NAG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

Die belangte Behörde gelangte nach diesbezüglicher Interessenabwägung zum Ergebnis, dass die öffentlichen Interessen an der Versagung des Aufenthaltstitels die gegenläufigen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers überwögen. Diese Ansicht ist nicht zu beanstanden.

Der Beschwerdeführer verweist auf die Vorlage eines arbeitsrechtlichen Vorvertrages, seinen achtjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet und seine Kenntnisse der deutschen Sprache.

Diese Umstände wurden von der belangten Behörde gewürdigt. Aus diesem Grund nahm sie auch an, dass mit der Versagung des Aufenthaltstitels ein relevanter Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden ist. Sie durfte aber auch berücksichtigen, dass ein großes öffentliches Interesse an einem geordneten Fremdenwesen besteht, das von Fremden nach Abweisung ihrer Asylanträge verlangt, den rechtmäßigen Zustand durch Ausreise wiederherzustellen. Spätestens nach erstinstanzlicher Abweisung seines Asylantrages war dem Beschwerdeführer bewusst, über einen unsicheren Aufenthaltsstatus zu verfügen. Die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers weisen nicht eine derartige Intensität auf, dass das genannte öffentliche Interesse zurückzutreten hätte.

Bedeutsam ist, dass die Eltern und Geschwister des Beschwerdeführers in der Türkei leben und er keine familiären Bindungen in Österreich hat. Er bringt auch keine konkreten Umstände vor, die gegen die Möglichkeit einer Wiedereingliederung im Heimatland sprechen würden. Der langjährige Aufenthalt in Österreich allein ist entgegen der Beschwerdebehauptung für sich genommen kein Grund für die Annahme, dass nicht eine Existenz in der Türkei wieder aufgebaut werden könnte.

Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde eine antizipierende Beweiswürdigung vorwirft, legt er nicht dar, welche konkreten Feststellungen unrichtig seien. Die Behauptung, die belangte Behörde hätte zum Schluss kommen müssen, dass sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels vorliegen, reicht für die erforderliche Relevanz eines Verfahrensmangels nicht aus.

Dies trifft auch auf den Vorwurf zu, dass die belangte Behörde kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt habe. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, auf Grund welcher Beweisergebnisse die belangte Behörde für ihn günstige Sachverhaltsfeststellungen hätte treffen können. Es ist auch unrichtig, dass die Bescheidbegründung eine bloße "Formalbegründung" darstelle, legte die belangte Behörde doch nachvollziehbar dar, welche Feststellungen sie trifft und wie sie diese rechtlich beurteilt.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 26. Juni 2013

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