VwGH 2013/10/0165

VwGH2013/10/016522.10.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde

1. des RH und 2. der SH, beide in Z, beide vertreten durch Dr. Karin Prutsch, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Joanneumring 6/III, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 29. März 2013, Zl. ABT06-09.03-49/2013-20, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens in einer Angelegenheit einer Schulauflassung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §69 Abs1;
AVG §8;
PSchErhG Stmk 2004 §3;
PSchErhG Stmk 2004 §41 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
AVG §69 Abs1;
AVG §8;
PSchErhG Stmk 2004 §3;
PSchErhG Stmk 2004 §41 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 29. März 2013 hat die Steiermärkische Landesregierung den Antrag der Beschwerdeführer auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Auflassung der Volksschule T. mit Ablauf des Schuljahres 2012/13 gemäß § 69 Abs. 1 iVm § 8 AVG und § 3 Steiermärkisches Pflichtschulerhaltungsgesetz 2004 - StPEG 2004, LGBl. Nr. 71, zurückgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, die Volksschule T. sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. Juni 2012 mit Ablauf des Schuljahres 2012/13 gemäß § 41 Abs. 3 iVm § 7 Abs. 1 und § 42 Abs. 2 StPEG 2004 von Amts wegen aufgelassen worden. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen.

Zur Stellung eines Wiederaufnahmeantrages gemäß § 69 Abs. 1 AVG seien nur die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens legitimiert. Gemäß § 3 StPEG 2004 komme in Verfahren zu Auflassung einer Volksschule dem gesetzlichen Schulerhalter und den zum Schulsprengel gehörenden oder in sonstiger Weise beteiligten Gebietskörperschaften Parteistellung zu. Die Beschwerdeführer seien erziehungsberechtigte Eltern eines Schülers der nunmehr aufgelassenen Volksschule. Als solchen komme ihnen im Verfahren zur Auflassung keine Parteistellung zu. Durch die Auflassung der Schule würden lediglich ihre faktischen Interessen berührt.

Mangels Parteistellung im wiederaufzunehmenden Verfahren komme den Beschwerdeführern daher keine Legitimation zur Stellung eines Wiederaufnahmeantrages zu.

Über die dagegen gerichtete - vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 7. Juni 2013, B 578/2013, abgetretene - Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 69 Abs. 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und einer der in den Z. 1 bis 3 genannten Wiederaufnahmegründe vorliegt. Gemäß dem ersten Satz des Abs. 3 dieser Bestimmung kann unter den Voraussetzungen des Abs. 1 die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden.

Ob ein Verfahren von Amts wegen wieder aufgenommen wird, liegt im Ermessen der Behörde. Ein Rechtsanspruch auf amtswegige Wiederaufnahme besteht nicht (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG-Kommentar, Rz 76 zu § 69, und die dort zitierte hg. Judikatur). Schon deshalb vermögen die Beschwerdeführer mit dem umfangreichen Vorbringen, dass und aus welchen Gründen das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren betreffend die Auflassung der Volksschule T. von Amts wegen wiederaufgenommen hätte werden müssen, keine Verletzung in Rechten aufzuzeigen.

Zur Stellung eines Antrages auf Wiederaufnahme nach § 69 Abs. 1 AVG sind nur die Parteien des wiederaufzunehmenden Verfahrens legitimiert (vgl. Hengstschläger/Leeb, aaO, Rz 49, und die dort zitierte hg. Judikatur).

Voraussetzung für die Zulässigkeit des gegenständlichen Wiederaufnahmeantrages ist somit, dass den Beschwerdeführern Parteistellung im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren über die Auflassung der Volksschule T. zukam.

Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

Die Frage, welchen Personen Parteistellung in einem bestimmten Verwaltungsverfahren zukommt, bedarf regelmäßig der Auslegung der von der Behörde in diesem Verfahren anzuwendenden Vorschriften des materiellen Rechts. Wurde eine Norm nicht ausschließlich im öffentlichen Interesse, sondern zumindest auch im Interesse einer im Besonderen betroffenen und damit von der Allgemeinheit abgrenzbaren Person erlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass dieser Person ein die Parteistellung vermittelndes subjektives Recht eingeräumt wird. Das bloß faktische Interesse einer Person an der Einhaltung von Vorschriften des objektiven Rechts vermittelt jedoch keine Parteistellung.

Im gegenständlichen Fall erfolgte die Auflassung der Volksschule T. nach den Bestimmungen des Steiermärkischen Pflichtschulerhaltungsgesetzes 2004 - StPEG 2004, LGBl. Nr. 71, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 82/2012. Die hier maßgeblichen Bestimmungen dieses Gesetzes haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"§ 3

Parteien

In den Verwaltungsverfahren, die sich in Vollziehung dieses Gesetzes ergeben, kommt den gesetzlichen Schulerhaltern sowie den zu einem Schulsprengel gehörenden oder in sonstiger Weise an einer öffentlichen Pflichtschule beteiligten Gebietskörperschaften Parteistellung im Sinne des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 zu.

§ 7

Öffentliche Volksschulen

(1) Öffentliche Volksschulen haben überall dort zu bestehen, wo sich in einer Gemeinde oder in Teilen derselben nach einem dreijährigen Durchschnitt mindestens 30 schulpflichtige Kinder befinden, sofern für sie unter Bedachtnahme auf die örtlichen Verkehrsverhältnisse nicht ein zumutbarer Schulweg zu einer benachbarten Volksschule besteht.

...

§ 11

Expositurklassen

Um den schulpflichtigen Kindern den Besuch der Pflichtschulen auch in verkehrsungünstiger Lage und zu jeder Jahreszeit zu ermöglichen, können im Verband einer Pflichtschule, aber doch in örtlicher Entfernung von ihr, vom gesetzlichen Schulerhalter Expositurklassen errichtet werden, falls nicht die Voraussetzungen für die Errichtung einer selbstständigen Pflichtschule gegeben sind.

§ 41

Auflassung, Stilllegung und Aufhebung der Bestimmung als

ganztägige Schulform

(3) Eine bestehende Pflichtschule (Expositurklasse) kann aufgelassen werden, wenn die Voraussetzungen für ihren Bestand (§§ 7 bis 11) nicht mehr vorliegen. Eine Pflichtschule ist aufzulassen, wenn ihr Weiterbestehen wegen Rückganges der Schülerzahl und infolge des damit nicht im gleichen Verhältnis abfallenden Aufwandes für die Schule (Expositurklasse) auf die Dauer nicht mehr gerechtfertigt werden kann.

§ 42

Behördenzuständigkeit und Verfahren

(1) Die Auflassung und die Stilllegung einer bestehenden Pflichtschule (Expositurklasse) sowie die Aufhebung der Bestimmung einer Pflichtschule als ganztägige Schulform bedürfen der Bewilligung der Landesregierung. …

(2) Die gemäß Abs. 1 erforderliche Bewilligung wird auf Antrag des gesetzlichen Schulerhalters erteilt, der das Vorliegen der Voraussetzungen für die Auflassung bzw. Stilllegung nachzuweisen hat. Die Landesregierung kann nach Anhörung des Landesschulrates die Auflassung sowie die Stilllegung einer Pflichtschule auch von Amts wegen anordnen, wenn die Voraussetzungen für ihren Bestand nicht mehr gegeben sind.

…"

Das StPEG 2004 regelt - im Interesse der Bevölkerung der beteiligten Gebietskörperschaften - u.a. wo Volksschulen zu bestehen haben und unter welchen Voraussetzungen sie aufgelassen werden können bzw. müssen. In diesem Verfahren ist daher neben den gesetzlichen Schulerhaltern auch den beteiligten Gebietskörperschaften Parteistellung eingeräumt. Ein den Eltern der Schüler einer bestimmten Volksschule eingeräumtes subjektives Recht auf Weiterbestand der Schule kann aus diesem Gesetz jedoch nicht abgeleitet werden.

Die Beschwerdeführer machen geltend, dass ihr Sohn, der die Volksschule T. bis zu deren Auflassung besucht habe, an Trisomie 21 leide und für ihn die Umstellung auf den Besuch einer anderen Volksschule mit umfangreichen Schwierigkeiten verbunden sei. Er könne das in der bisherigen Umgebung erlernte Wissen nicht mehr anwenden, könne die Gefahren des Verkehrs nicht einschätzen und neige dazu, auf derartige Umstellungen mit stundenlangen nächtlichen Wanderungen zu reagieren. Aus Schlafmangel sei es ihm dann nicht möglich, am nächsten Tag in der Schule konzentriert mitzuarbeiten. Weiters sei die Frage der Anreise in eine andere Volksschule noch nicht geklärt. Dem Sohn der Beschwerdeführer sei es auf Grund seiner Behinderung nicht möglich, mit dem Linienbus zu fahren.

Aus all diesen Umständen kann jedoch kein subjektives Recht der Beschwerdeführer auf Weiterbestand der Volksschule T. abgeleitet werden, vielmehr ergibt sich daraus lediglich deren faktische Betroffenheit, aus der nach den obigen Ausführungen jedoch eine Parteistellung im Verfahren zur Schulauflassung nicht abgeleitet werden kann.

Die belangte Behörde hat den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zur Auflassung der Volksschule T. daher zu Recht mangels Parteistellung der Beschwerdeführer im wiederaufzunehmenden Verfahren zurückgewiesen, ohne darauf einzugehen, ob die geltend gemachten Wiederaufnahmegründe vorliegen.

Soweit die Beschwerdeführer mehrfach geltend machen, es hätte zumindest am Standort der aufgelassenen Volksschule T. eine Expositurklasse einer anderen Volksschule errichtet werden müssen, vermögen sie schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil damit nicht über die Errichtung einer Expositurklasse entschieden wurde.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. Oktober 2013

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